1 Grundsätze

  • Ob ein Vorstandsmitglied (in diesem Fall einer kirchlichen Stiftung) selbstständig oder abhängig beschäftigt ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung.
  • Im Falle einer abhängigen Beschäftigung besteht grundsätzlich Sozialversicherungspflicht.
  • Die Vorschriften über die Rentenversicherungspflicht von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft sind nicht entsprechend anzuwenden.

2 Der Fall

Das Vorstandsmitglied konnte weitgehend weisungsfrei handeln und seine Arbeitszeit selbst bestimmen. Es hatte sich verpflichtet, seine volle Arbeitskraft der Stiftung zur Verfügung zu stellen. Zu einzelnen zustimmungspflichtigen Geschäften musste der Vorstand zunächst die Einwilligung des Stiftungsrates einholen. Das Vorstandsmitglied erhielt eine jährliche Vergütung von 75.000 Euro und sonst keine Sonderleistungen. Die Vergütung wurde monatlich ausgezahlt. Im Krankheitsfalle hatte es einen Anspruch auf Vergütung für die Dauer von sechs Monaten. Es hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 31 Tagen. Eine Abberufung war nur aus wichtigem Grund möglich.

Die beklagte Krankenkasse stellte mit Bescheid fest, dass Versicherungspflicht zur Sozialversicherung bestehe. Dagegen klagten das Vorstandsmitglied und die Stiftung mit der Begründung, dass das Vorstandsmitglied selbstständig tätig sei.

3 Die Entscheidung

Das LSG kam zu dem Ergebnis, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt.

Anhaltspunkte dafür sind eine Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Unternehmens. Maßgeblich sei das Gesamtbild der Arbeitsleistung, also ob die Merkmale für eine selbstständige oder unselbstständige abhängige Beschäftigung überwiegen.

Nach Ansicht des LSG war der Kläger danach nicht weisungsfrei, was sich aus dem Gesetz, der Satzung und der Geschäftsordnung für den Vorstand ergäbe. Auch dass er hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Tätigkeit im Einzelnen und hinsichtlich Arbeitszeit und -ort kaum Beschränkungen unterlag, rechtfertige die Annahme einer weisungsfreien Tätigkeit nicht.

Das LSG stellte weiter darauf ab, dass der Stiftungsrat die Aufsicht über den Vorstand führe, diesen bestellen und abberufen könne und auch zu Abschluss, Änderung und Kündigung des Anstellungsvertrages berufen sei. Ferne komme noch das Einwilligungserfordernis des Stiftungsrates hinzu, so dass der Vorstand wesentliche Entscheidungen nicht alleine treffen könne. Dem Vorstandsmitglied fehle es daher an der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Ferner fehle auch das für einen Selbstständigen typische Unternehmerrisiko, weil das Vorstandsmitglied eine monatliche Vergütung erhalte und einen Fortzahlungsanspruch im Krankheitsfall und einen Urlaubsanspruch habe.

4 Keine analoge Anwendung der Regelung für den Vorstand einer AG

Nach § 1 S. 3 SGB VI bzw. § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III sind die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft zwar in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht versicherungspflichtig beschäftigt und damit versicherungsfrei, obwohl auch sie grundsätzlich als abhängig Beschäftigte gelten.

Für die Mitglieder des Vorstands einer Stiftung oder eines e.  V. sind die genannten Vorschriften jedoch nicht entsprechend anwendbar. Insoweit hat das Bundessozialgericht (BSG) in seiner neueren Rechtsprechung in mehreren Entscheidungen dargelegt, dass die Regelungen allein an das formale Merkmal der Zugehörigkeit zum Vorstand einer AG anknüpfen und die Ausnahme von der Rentenversicherungspflicht allein von der Rechtform der Gesellschaft abhängig ist. Für die Anwendung dieser Regelungen auf das Vereinsrecht besteht daher kein Raum.

Fundstellen

LSG Sachsen, Urteil v. 15.10.2015, Az.: L 1 KR 92/10

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