1 Kernaussage der Entscheidung

  • Lassen Eltern ihr knapp dreijähriges Kind bei einem Reitturnier aus den Augen, haften sie vollständig für dessen Verletzung durch einen Pferdetritt.
  • Weder der Veranstalter noch die Pferdehalterin müssen damit rechnen, dass ein Kleinkind unbeaufsichtigt in einen Pferdetransporter klettert. Deren Verkehrssicherungspflicht reduziert sich durch die Pflicht der Eltern, das minderjährige Kind bei einer solchen Großveranstaltung eng bei sich zu führen.

2 Um was geht es in diesem Fall?

Ein Kind besuchte mit seinen Eltern ein Reitturnier. Während die Eltern sich unterhielten, lief das Kind auf dem Gelände umher. Als es ein Pferd in einer wegen der Hitze geöffneten Transportbox entdeckte, kletterte es zu ihm hinein und wurde durch das Tier durch einen Tritt schwer verletzt.

Die Pferdehalterin und der Turnierveranstalter sowie die Eltern stritten um die Quote des Schadenersatzes. Das Landgericht Freiburg entschied, dass die Eltern zwei Drittel der Kosten zu tragen hatten, das OLG Karlsruhe änderte diese Quote auf ein Drittel.

3 Wie ist die Rechtslage?

Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass angesichts der Gefährlichkeit der Umgebung für ein dreijähriges Kind die Eltern die Beaufsichtigung hätten sehr eng gestalten müssen.

 
Hinweis

Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, wobei sich die Maßnahmen danach richten, was verständige Eltern in der konkreten Situation tun müssen, um Verletzungen des Kindes zu verhindern. So die "Formel" in ständiger Rechtsprechung bei solchen Haftungsfällen.

Die Richter entschieden im konkreten Fall, dass sowohl die Pferdehalterin als auch der Veranstalter ihren Verkehrssicherungspflichten genügt haben. Vorkehrungen, die verhindern, dass ein rund dreijähriges Kind in einen Pferdeanhänger steigt, seien nicht zu treffen gewesen. Sie hätten darauf vertrauen können, dass die Beaufsichtigung von Kleinkindern auf dem Veranstaltungsgelände von deren Eltern wahrgenommen wird. Sie hätten nicht damit rechnen müssen, dass ein Kind in die Pferdebox steigt.

Diese Gefahr wird durch die gebotene Beaufsichtigung sozusagen neutralisiert und damit die Verkehrssicherungspflichten entsprechend reduziert.

Fundstellen

Bundesgerichtshof , Urteil v. 19.01.2021, Az.: VI ZR 210/18, VI ZR 194/18

Dieser Inhalt ist unter anderem im Lexware der verein professional enthalten. Sie wollen mehr?