Dipl.-Kffr. Sandra Oechler
Eine Steuerhaftung kommt nur zum Tragen, wenn eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt. Schuldhaft handelt, wer die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
- Vorsatz bedeutet die Pflichtverletzung in Kenntnis der Rechtslage.
- Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die zumutbare Sorgfalt in grobem Maß verletzt worden ist. Sie wird auch indirekt angenommen, wenn dem Vorstand ein Verschulden bei der Auswahl und Überwachung des handelnden Mitarbeiters vorzuwerfen ist.
- Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt vor, wenn die steuerlichen Aufzeichnungs- oder Buchführungspflichten oder die zugehörigen Erklärungspflichten maßgeblich verletzt werden.
- Wenn keine ausreichende finanzielle Vorsorge zur Zahlung fälliger Steuern getroffen wird, obwohl der Vorstand über umfassende Entscheidungsbefugnisse und Vollmachten zur Gestaltung der finanziellen Verhältnisse des Vereins verfügt, begründet er eine grobe Fahrlässigkeit. Der Vorstand handelt nicht schuldhaft, wenn vorhandene Mittel nicht in erster Linie für Steuerzahlungen verwendet werden, jedoch darf er die Steuerschulden nicht schlechter behandeln als andere Verbindlichkeiten.
- Angestellte und Mitarbeiter sind zu überwachen. Die ordnungsgemäße Erledigung der Steuerangelegenheiten durch andere Vorstandskollegen ist zu hinterfragen, wenn sich entsprechende Verdachtsmomente aufdrängen. Fehler, die trotz ausreichender Überwachungsmaßnahmen auftreten können, begründen kein Verschulden.
6.1 Protokollführung
In jüngster Zeit hört man öfter den Begriff "Business Judgement Rule" – wörtlich übersetzt: geschäftliche Entscheidungsregel. Es geht also um die Frage, wie und warum ein Verantwortlicher eine unternehmerische Entscheidung so und nicht anders getroffen hat.
Im Aktienrecht gibt es hierzu eine gesetzliche Vorgabe zur Haftungsbegrenzung: "Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.". (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG).
Wenn also nachgewiesen werden kann, dass eine Entscheidung im Vorfeld umfassend und aus allen Blickrichtungen beleuchtet wurde, dass Gutachten erstellt, Experten befragt, unterschiedliche Angebote eingeholt wurden etc. und man auf Basis dieser Informationen davon ausgehen konnte, zum Wohle des Vereins zu handeln, dann ist dem Vorstand keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, auch wenn sich im Nachhinein die Entscheidung doch als falsch herausstellt.
Eine vergleichbare Regelung findet sich im Vereinsrecht (noch) nicht, gleichwohl kann ein Vorstand auch ohne Verpflichtung diese Haftungsbegrenzung analog anwenden.
Nur – wie kann denn nachgewiesen werden, dass die Entscheidung auf umfassenden und wohl abgewogenen Informationen beruhte?
Dies kann meines Erachtens nur über ein Protokoll geschehen, das im Ernstfall das einzige Beweisstück ist, wenn es darum geht, eine ordnungsgemäße Geschäftsführung des Vorstands nachzuweisen bzw. Zweifel hieran zu entkräften.
6.2 Steuerhinterziehung
Bei Steuerhinterziehung – auch wenn sie nicht zum eigenen Nutzen sondern zum (vordergründigen) Vorteil des Vereins erfolgt – haftet der beteiligte Hinterzieher immer persönlich für die hinterzogenen Steuern und Nebenleistungen (z. B. Hinterziehungszinsen). Kein Haftungsausschluss liegt vor bei einer nachträglichen Selbstanzeige, da der Staat hierbei auf seinen Strafanspruch verzichtet, nicht aber auf den hinterzogenen Steuerbetrag. Eine wirksame Selbstanzeige ist jedoch an viele Voraussetzungen geknüpft; es müssen formale Regularien eingehalten sein, aber es müssen auch zeitliche Vorgaben beachtet werden. So kann eine Selbstanzeige z. B. nur dann wirksam werden, wenn der Tatbestand der Steuerhinterziehung dem Finanzamt noch nicht bekannt war. Das heißt, wenn z. B. eine Betriebsprüfung bereits angeordnet ist, kommt eine Selbstanzeige in aller Regel zu spät und entfaltet somit keine strafbefreiende Wirkung mehr.
Teilnehmer der Steuerhinterziehung können Anstifter oder Gehilfen sein.
Der Haftungstatbestand bei Steuerhinterziehung kann von jedermann im Verein verwirklicht werden; also etwa von Kassierern, Spartenleitern oder Angestellten. Auch, wer an einer Steuerhinterziehung nur teilnimmt, z. B. als Gehilfe oder Anstifter haftet für hinterzogene Steuern. Eine Beihilfe wird in der Regel bei einem Buchhalter vorliegen, der auf Weisung des Vorstands Einnahmen des Vereins nicht korrekt verbucht.