1 Kernaussage der Entscheidung
Die Betreiberin eines Verkaufsstands hat dafür Sorge zu tragen, dass quer durch einen Fußgängerbereich verlegte Stromkabel nicht zu einer Stolperfalle werden und durch ergriffene Sicherungsmaßnahmen – wie Abdeckmatten – keine neuen Stolpergefahren begründet werden, weil sie im Randbereich wellig sind beziehungsweise vom Boden abstehen und von in dichtem Gedränge aus einem großen Fußballstadion strömenden Zuschauern kaum wahrzunehmen sind.
2 Worum geht es in diesem Fall?
Bei einem Bundesligaspiel mit vielen Zuschauern betrieb die Beklagte im Stadion Verkaufsstände, an denen sie Brezeln verkaufte. Der Kläger besuchte das Fußballspiel gemeinsam mit seinem Sohn. Nach dem Abpfiff des Spiels stürzte der Kläger – als er an einem der Brezel-Verkaufsstände der beklagten Standbetreiberin vorbeikam – auf der Höhe einer von dieser verlegten Kabelmatte. Mit dieser Gummimatte wurden quer über den Durchgang verlaufende Elektrokabel überdeckt.
Der Kläger hatte Riss- und Quetschwunden im Gesicht erlitten, von denen deutliche Narben in der unteren Gesichtshälfte verblieben sind. Er verlangt von der beklagten Standbetreiberin insbesondere Schmerzensgeld- und Schadensersatz von insgesamt fast 10.000 Euro.
Seit dem Sturzereignis werden in dem Fußballstadion keine Kabelmatten mehr verwendet. Die Verkaufsstände stehen nur noch direkt vor Stromquellen oder werden über oberirdische Leitungen versorgt.
Das LG hatte in der 1. Instanz festgestellt, dass dem Kläger dem Grunde nach gegenüber der beklagten Standbetreiberin ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe, dieser Anspruch aber um 1/3 zu reduzieren sei. Die Gummimatte habe sich mit ihren Rissen und Wellenbildungen in einem derart schlechten Zustand befunden, dass sie jedenfalls so nicht mehr hätte verwendet werden dürfen.
Der Kläger habe aber durch seine Nachlässigkeit zu seinem Sturz beitragen, weshalb er sich ein Mitverschulden von 1/3 anrechnen lassen müsse. Denn er habe erkennen können, dass an der Stelle eine Gummimatte gelegen habe.
Gegen dieses Urteil hat die Standbetreiberin Berufung zum OLG eingelegt, die sie allerdings wieder zurückgenommen hat, nachdem das OLG per Beschluss auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatte.
3 Die Entscheidung
Die Berufung der Standbetreiberin hat keine Aussicht auf Erfolg, da bezogen auf die Stromversorgung des von der Standbetreiberin bewirtschafteten Brezelstands die Pflicht bestanden hat, das quer durch den Fußgängerbereich über den Boden verlaufende Stromkabel durch geeignete Maßnahmen abzusichern, weil es eine Stolperfalle dargestellt hat. Hierzu ist eine Gummimatte zwar grundsätzlich geeignet.
Allerdings hatte diese Matte im Randbereich nicht flach auf dem Boden gelegen, sondern Bögen geworfen, weshalb das Risiko bestanden hat, dass die in großer Zahl aus dem Stadion strömenden Fußballfans in dichtem Gedränge – und wahrscheinlich überwiegend auch noch gedanklich beschäftigt mit dem erlebten Fußballereignis – zwar die Matte als solche, aber nicht deren welligen Randbereich so rechtzeitig haben erkennen können, um dort nicht mit dem Fuß "einzufädeln".
Die Matte selbst ist wegen ihres Zustands nicht geeignet gewesen, die vom abgedeckten Kabel ausgehende Stolpergefahr für die Zuschauer zuverlässig abzuwenden, sondern hat im Gegenteil eine neue Gefahrenquelle geschaffen.
Der Standbetreiberin ist es nicht gelungen, die ordnungsgemäße Verlegung der Gummimatte nicht nur zu Beginn des Fußballspiels, sondern während des gesamten Zeitraums, in dem sich Zuschauer im Stadion aufhielten, zu gewährleisten. Dies hätte nur durch Verwendung stabiler, sich nicht verformender und bewegender Matten oder gegebenenfalls durch ein Abkleben der Ränder erreicht werden können.
Das dem Kläger vorzuwerfende Mitverschulden hat das LG mit einem Drittel nicht zu gering angesetzt.
Fundstellen
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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 07.05.2021, Az.: 7 U 27/20 |