1 Der Fall
In einem sehr großen Sportverein in Köln hatte sich nach einer Mitgliederversammlung eine Mitgliederinitiative gebildet, deren Ziel es war, im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine umfassende Änderung der Vereinssatzung durchzusetzen.
Um dieses Vorhaben vorzubereiten und um an alle Mitglieder herantreten zu können, forderte ein Mitglied dieser Initiative den Vorstand des Vereins auf, ihm zu Händen eines von ihm benannten Rechtsanwalts als Treuhänder die vollständige Mitgliederliste herauszugeben, um ein entsprechendes Minderheitenbegehren zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vorbereiten zu können.
Der Verein erklärte sich grundsätzlich mit der Herausgabe der Mitgliederliste einverstanden, jedoch sollte die Herausgabe nur an einen vom Verein zu benennenden Treuhänder erfolgen.
Parallel dazu forderte der Verein die Mitglieder schriftlich auf, mitzuteilen, ob sie der geplanten Übermittlung der Mitgliederdaten jeweils widersprechen. Von dieser Möglichkeit machten mehrere Tausend Mitglieder Gebrauch, sodass schließlich eine Übermittlung der Mitgliederdaten in Form der Mitgliederliste an die Mitgliederinitiative nicht erfolgte.
Daraufhin klagte der Sprecher der Initiative auf die Herausgabe der Mitgliederliste an sich selbst ein.
2 Die Entscheidung
Das Landgericht Köln gab der Klage auf Herausgabe der Mitgliederliste statt (§§ 810, 811 BGB), allerdings mit der Einschränkung, dass ein solcher Anspruch sich nur auf Mitglieder mit Stimmrecht beziehen könne.
Ein Anspruch auf Offenbarung der Mitgliederdaten steht einem Vereinsmitglied zu, wenn es ein berechtigtes Interesse darlegen kann und keine überwiegenden Interessen des Vereins oder berechtigte Belange der Vereinsmitglieder entgegenstehen.
2.1 Berechtigtes Interesse
Ein berechtigtes Interesse eines Mitglieds, Kenntnis von den Mitgliederdaten der übrigen Vereinsmitglieder zu erhalten, kann auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der §§ 36, 37 BGB (Minderheitenbegehren) bestehen, wenn das Mitglied nach den Umständen des konkreten Einzelfalls darlegen kann, dass diese Daten zur Ausübung der Willensbildung im Verein erforderlich sind.
Dieser Anspruch beinhaltet auch die Übermittlung der Mitgliederliste in elektronischer Form, wenn die Daten der Mitglieder in einem EDV-System gespeichert sind.
Diese Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs lagen im konkreten Fall vor.
2.2 Kein Rechtsmissbrauch
Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs war nicht rechtsmissbräuchlich. Die Durchsetzung des Minderheitenbegehrens nach den §§ 36, 37 BGB hat eine gesetzliche Grundlage und ist elementarer Ausfluss des Minderheitenschutzes im Vereinsrecht. Dazu gehört auch die ggf. erforderliche Durchsetzung einer Satzungsänderung im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.
2.3 Welche Mitgliederdaten müssen herausgegeben werden?
Das Landgericht Köln vertrat in dieser Entscheidung die Auffassung, dass nicht die Daten aller Vereinsmitglieder herausgegeben werden müssen, sondern nur die Daten der Mitglieder, die zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in der außerordentlichen Mitgliederversammlung berechtigt sind, also stimmberechtigt sind.
Im konkreten Fall sieht die Satzung des Vereins vor, dass nur die Mitglieder ab Vollendung des 18. Lebensjahrs in der Mitgliederversammlung Stimmrecht haben und deshalb nur diese Mitgliederdaten herauszugeben waren.
Anmerkung!
Diese einschränkende Auffassung des LG Köln widerspricht jedoch der Rechtsprechung des BGH zum Minderheitenbegehren nach den §§ 36, 37 BGB.
Der BGH vertritt die Auffassung, dass für die Quote des Minderheitenbegehrens, für die das Gesetz die 10-Prozent-Hürde vorschreibt, sich auf sämtliche Mitglieder des Vereins bezieht, insbesondere auch die Mitglieder einbezogen sind, die nicht stimmberechtigt sind. Das Landgericht Köln verkennt daher in seiner Entscheidung die Frage der Bezugsgröße für das sogenannte Minderheitenbegehren und in Abgrenzung dazu die Frage, wer dann in der außerordentlichen Mitgliederversammlung stimmberechtigt ist.
Diese beiden Fragen haben nichts miteinander zu tun. Es ist daher darauf zu achten, dass bei der Berechnung der 10-Prozent-Hürde für das Minderheitenbegehren sämtliche Mitglieder einzubeziehen sind.
2.4 Steht der Datenschutz entgegen?
Der Herausgabe der Daten an das klagende Vereinsmitglied steht der Datenschutz nicht entgegen. Schutzwürdige Belange des Vereins und der Mitglieder sind nicht erkennbar. Die Herausgabe einer Mitgliederliste oder eines Mitgliederverzeichnisses im Rahmen des Minderheitenbegehrens ist danach stets rechtmäßig und zulässig.
Selbst die Übermittlung der Mitgliederdaten an ein einzelnes Vereinsmitglied ist für den Verein gemäß § 28 Abs. 8 BDSG i. V. m. § 28 Abs. 6 Satz 3 BDSG auch ohne eine Billigung der Mitglieder zulässig und geboten.
2.5 Herausgabe nur an einen Treuhänder?
Der Auskunftsanspruch bzw. die Herausgabe der Mitgliederliste ist nicht nur an einen aufgrund seines Amtes, etwa als Rechtsanwalt oder Notar, zur Amtsverschwiegenheit verpflichteten Treuhänder beschränkt.
Der Schutz der Mitgliederdaten wird ausreichend dadurch gewährleistet, dass das herausverlangende Vereinsmitglied die Mitgliederdaten nur im Rahmen seines berec...