Haben Sie Ihren Mitgliedern die Einladung zur Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung zugestellt, so tritt i. d. R. eine Sperre für die Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände ein. Diese Regelung gilt allerdings nur für Sachanträge; ausgenommen sind Anträge, die lediglich auf die Beratung einer Angelegenheit abzielen. Diese Sperre erstreckt sich auch auf die Versammlung. Praktisch heißt das: In der Mitgliederversammlung können keine neuen Initiativanträge sachlicher Art gestellt werden.
Davon zu unterscheiden sind Anträge, die in der Versammlung gestellt werden und sich auf einen Tagesordnungspunkt beziehen, der bereits Gegenstand der Einberufung war. Solche Abänderungsanträge sind stets zulässig, sofern sie sich im Umfang des Tagesordnungspunktes bewegen.
Viele Satzungen sehen jedoch vor, dass auch noch nach Einberufung der Mitgliederversammlung und Bekanntgabe der Tagesordnung Anträge vor Beginn der Mitgliederversammlung zugelassen werden. Ist dieses Verfahren zulässig, obwohl es gegen § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt? Grundsätzlich ja, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.
Nach § 40 Satz 1 BGB kann die Satzung ausdrücklich anordnen, dass auch nach der Bekanntmachung der Tagesordnung im Zusammenhang mit der Einberufung der Mitgliederversammlung noch Sachanträge zulässig sind. Solche Anträge werden als Dringlichkeitsanträge bezeichnet.
Zulassen dürfen Sie Eil- oder Dringlichkeitsanträge jedoch nur, wenn Ihre Vereinssatzung dies ausdrücklich zulässt. Enthält Ihre Satzung keine Regelung, so müssen Sie diese Anträge ablehnen.
Grundsätzlich gibt es bei diesem Verfahren zwei Möglichkeiten:
(1) |
Wenn die Mitglieder nach der Einberufung der Mitgliederversammlung und dem Versenden der Tagesordnung noch neue Sachanträge zur Aufnahme in die Tagesordnung stellen können, muss das Verfahren dazu in der Satzung geregelt werden. Wenn solche Anträge beim Verein eingehen, müssen diese – wenn sie in der Mitgliederversammlung behandelt werden sollen – den Mitgliedern rechtzeitig vor der Versammlung bekannt gegeben werden. Dies erfolgt in der Regel durch die Bekanntgabe der ergänzten Tagesordnung. Wenn dies in der Satzung so vorgesehen ist, können diese Anträge dann ganz regulär in der Mitgliederversammlung behandelt werden. |
(2) |
Von einem klassischen Dringlichkeitsantrag spricht man dagegen, wenn der Antrag nicht mehr fristgerecht vor der Versammlung gestellt werden konnte, aber dennoch in der Mitgliederversammlung – auch ohne vorherige Bekanntgabe an die Mitglieder – behandelt werden soll. Für dieses besondere, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässige Verfahren ist eine ausdrückliche Satzungsgrundlage erforderlich. Die Mitglieder müssen also in diesem Fall damit rechnen, dass erst in der Mitgliederversammlung noch Anträge zur Beschlussfassung gestellt werden, die vorher nicht bekannt gegeben worden sind. |
Solche Dringlichkeitsanträge sind also nur im Ausnahmefall zulässig und erfordern eine ausdrückliche Zulassung durch eine Satzungsregelung. Regelungen in einer Vereins- oder Geschäftsordnung sind dazu auf keinen Fall ausreichend. Beachten Sie bitte , dass Anträge auf Satzungsänderung nach der Rechtsprechung des BGH als Dringlichkeitsantrag unzulässig sind.