Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch
Die Strukturen im Bereich der Spendenprüfungen und der Verbandsmitgliedschaften mit ihren Selbstverpflichtungen sind in Deutschland sehr komplex. Derzeit sind zwei Spendenprüfungsorganisationen in Deutschland tätig:
- DZI – Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen,
- AEM – Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen und Deutscher Evangelischer Allianz (DEA).
Neben diesen beiden Spendensiegel vergebenden Organisationen gibt es noch den Deutschen Spendenrat, dessen Mitgliedsorganisationen sich einer Selbstverpflichtung zur Einhaltung gewisser Bestimmungen unterworfen haben. Eine Prüfung findet jedoch nicht statt.
Die genannten Organisationen vergeben nach bestandener Prüfung ein Siegel. Die Prüfung erstreckt sich darauf, wie die Aktivität der spendensammelnden Organisation (z. B. in Bezug auf das Auftreten am Spendenmarkt, etwa durch die Art der Werbung) zu werten ist, ob die Organisation als gemeinnützig anerkannt ist, wie die Rechenschaftslegung erfolgt und wie hoch die Verwaltungskosten sind.
Das DZI verleiht sozialen und karitativen Organisationen, die bestimmte Kriterien erfüllen, das DZI Spenden-Siegel. Dieses steht für die nachgeprüfte, sparsame und satzungsgemäße Verwendung der Spendengelder und damit für die Seriosität und Transparenz der geprüften Organisation. Das DZI prüft in einem intensiven Verfahren, ob die Kriterien eingehalten werden. Aufgrund dessen sind nur ca. 70 % der Erstanträge auf Zuerkennung des Siegels erfolgreich. Zurzeit ist das DZI Spenden-Siegel die wohl umfassendste der in Deutschland existierenden Spendenprüfungen.
Das DZI selbst nennt sein Spendensiegel "das Zeichen für Vertrauen". Allerdings stellen die Kosten zum Erhalt des DZI Spenden-Siegels gerade für kleinere Organisationen eine erhöhte finanzielle Belastung dar. So wird bei Erstanträgen eine Gebühr von mindestens 1.500 Euro erhoben. Für die jährliche Siegelprüfung berechnet das DZI eine pauschale Grundgebühr von 500 Euro und einen Zusatzbetrag von 0,035 % des jährlichen Sammlungsergebnisses.
Zu den Bedingungen für die Verleihung des DZI Spenden-Siegels zählen:
- die zweckgerichtete, sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Spendenmittel,
- die eindeutige und transparente Rechnungslegung und Berichterstattung über die Geschäftstätigkeit,
- die sachgerechte Prüfung der Rechnungslegung und
- die sachgerechte Spendenwerbung, die über die Verwendung der Spendengelder informiert und die Würde der Betroffenen achtet.
Bis 2004 wurde das Spenden-Siegel nur an humanitär-karitative Organisationen verliehen. Seitdem können alle gemeinnützigen Spendenorganisationen das Siegel beantragen, unter anderem auch Umwelt-, Tierschutz-, Kultur- und Naturschutzorganisationen.
Das DZI erarbeitet derzeit verschärfte Leitlinien für die unabhängige Prüfung und Vergabe seines Spenden-Siegels. Dieser Prozess hat im Frühjahr 2007 begonnen und findet unter Beteiligung externer Experten, der betreffenden Dachverbände und der Spenden-Siegel-Organisationen statt.
Schon jetzt ist absehbar, dass die Kriterien in folgenden Punkten verschärft werden:
- Einführung detaillierter Vorgaben für die Veröffentlichung von Jahresberichten (Offenlegung des Jahresabschlusses; Informationen zur Vergütung hauptamtlicher Mitarbeiter und externer Berater, zu Aufwandsentschädigungen Ehrenamtlicher sowie zur Zahlung von Provisionen; Veröffentlichung des Werbe- und Verwaltungskostenanteils nach DZI-Standard),
- Sicherstellung und Überprüfung einer angemessenen Projektevaluation; ausführlichere Regelungen zur Zulässigkeit von Provisionen (Offenlegung, Deckelung),
- Offenlegung der Verträge mit externen Dienstleistern gegenüber dem DZI,
- erhöhte Anforderungen an die Qualität der Aufsichtsstrukturen (Mindestzahl von Sitzungen in Abhängigkeit von der Organisationsgröße, keine Interessenskonflikte).
Die Erfahrungen mit Managementfehlern und strukturellen Mängeln bei UNICEF Deutschland werden diesen Prozess beeinflussen. Mit sofortiger Wirkung geht das DZI dazu über, von allen Mitgliedern der Vorstände und besonderer Aufsichtsorgane eine Erklärung zu verlangen, dass diese die Spenden-Siegel-Standards zur Kenntnis genommen haben und deren Einhaltung in ihrem Verantwortungsbereich mit gewährleisten werden. Bisher war nur die entsprechende schriftliche Selbstverpflichtung der vertretungsberechtigten Leitungsmitglieder erforderlich.
Ein weiterer Baustein für mehr Transparenz und Vertrauen im deutschen Spendenwesen ist der seit 2003 jährlich veröffentlichte "DZI Spenden-Almanach". Er informiert detailliert über die Zusammensetzung der Einnahmen und Ausgaben aller Siegel-Organisationen und ihre individuellen Werbe- und Verwaltungskostenanteile.
Nach Auffassung des DZI sind aber noch weitere Bausteine erforderlich, um Vertrauen und Transparenz im deutschen Spendenwesen zu stärken. Hierzu gehören u. a. aussagekräftigere Jahresberichte und verbesserte Transparenz in den Jahresabschlüssen. Ob auch erweiterte Rechnungslegungsstandards für Spendenorganisationen nach dem Vorbild Schweiz und Großbritan...