1 Leitsatz
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Vergütungen für nebenberuflich tätige Fahrer einer gemeinnützigen Einrichtung im Bereich der Altenhilfe steuerfrei sein können.
2 Der Fall
Klägerin des Verfahrens ist eine gemeinnützige Gesellschaft im Bereich der Altenpflege, die ein Seniorenzentrum betreibt. Sie bietet u. a. teilstationäre Tagespflege an. Die Tagespflege wird grundsätzlich an einem oder mehreren Tagen pro Woche von älteren Menschen besucht, die in der Regel über 75 Jahre alt sind und eine Pflegestufe haben. Teil der im Rahmen der Tagespflege von der Klägerin zu erbringenden Leistungen ist die notwendige Beförderung der Nutzer von der Wohnung zur Einrichtung und zurück. Die Fahrten führt sie mit Kleinbussen mit Hebebühne mit maximal acht Nutzern durch. Jeweils ein Fahrer führt eine Tour durch. Dieser hilft den Nutzern von der Wohnung zum Bus und zurück. Die Fahrer werden hierzu von der Klägerin oder externen Anbietern geschult.
Die Fahrer erhielten für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung von maximal 2.400 Euro jährlich. Die acht Fahrer machten Stundenaufzeichnungen. Die Klägerin führte für sie keine Lohnsteuer ab. Der Lohn sei nach § 3 Nr. 26 EStG (Übungsleiteraufwandsentschädigung) für bürgerschaftlich engagierte, nebenberuflich tätige Mitarbeiter steuerfrei.
3 Rechtsauffassung des Finanzamtes
Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Fahrtätigkeit mangels persönlichen Kontakts nicht der Förderung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten diene. Anzuwenden sei daher der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG (Ehrenamtspauschale) in Höhe von 750 Euro und erließ einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid.
4 Entscheidung des Finanzgerichts
Nach Ansicht des FG war diese Entscheidung falsch. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass diese Vergütungen der Fahrer nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sind.
Die Tätigkeit der Fahrer erschöpfe sich nicht in der reinen Beförderung. Sie enthalte die Pflege alter Menschen. Pflege umfasse sämtliche persönlich zu erbringende Hilfeleistungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens. Dazu gehöre die Hilfe zur Mobilität pflegebedürftiger Personen. Helfe ein Fahrer beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung sowie beim Ein- und Ausstieg, bestehe auch ein unmittelbarer und persönlicher Kontakt. Die Fahrer seien nebenberuflich im Durchschnitt weniger als zwölf Stunden wöchentlich tätig gewesen.
5 Hinweis für die Vereinspraxis
Diese Entscheidung ist für die allgemeine Vereinspraxis von Interesse, gibt es doch im Kinder- und Seniorenbereich zahlreiche Angebote und Aktivitäten – nicht nur von Sportvereinen –, die ein umfassendes Betreuungs- und Hilfsangebot beinhalten. Gerade Fahrdienste sind weit verbreitet. Die Entscheidung des FG zeigt dazu bei der Vergütung der eingesetzten Fahrer und Betreuer interessante Gestaltungmöglichkeiten auf, zumal die ÜL-Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 26 EStG i. H. v. 2.400 Euro pro Jahr einen anderen finanziellen Spielraum eröffnet als die Ehrenamtspauschale mit 720 Euro.
Fundstellen
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Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 08.03.2018, Az.: 3 K 888/16 |