Schrifttum
Bähre/Schneider, KWG-Kommentar, 3. Aufl., München 1986;
Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO. Kommentar zu Kreditwesengesetz, VO (EU) Nr. 575/2013 (CRR) und Ausführungsvorschriften, 5. Aufl., München 2016;
Flies, Die Erlaubnisrücknahme nach dem neuen KWG, ZfgK 1959, S. 937 f.;
Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz (KWG). Loseblattkommentar, Berlin, Stand Juli 2016;
Schwab, Die Vertretung der Aktiengesellschaft gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern im Liquidationsstadium, ZIP 2006, 1478 ff.;
Schwennicke/Auerbach (Hrsg.), Kreditwesengesetz (KWG) mit Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Kommentar, 4. Aufl., München 2021;
Szagunn/Haug/Ergenzinger, Gesetz über das Kreditwesen. Kommentar, 6. Aufl., Stuttgart 1997.
(Rechtsstand: 31.03.2021)
A. Vorbemerkung
Tz. 1
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Ein Unternehmen, dessen Erlaubnis von der BaFin aufgehoben wird oder aus sonstigen Gründen erlischt, besteht zunächst fort und hat weiterhin Verbindlichkeiten zu erfüllen und Forderungen einzuziehen. Es ist Inhaber der Vermögensgegenstände, die dem Geschäftsbetrieb dienen. Während die Abwicklung der Geschäfte im Rahmen der Auflösung des Instituts Aufgabe des Unternehmens ist, gibt die Vorschrift der BaFin die Möglichkeit, die Abwicklung einzuleiten und auf die Durchführung der Abwicklung Einfluss zu nehmen. Die BaFin kann die Abwicklung anordnen, Weisungen für die Abwicklung des Instituts oder seiner Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erlassen und die Bestellung eines Abwicklers beim Registergericht beantragen. Im Gegensatz zu Maßnahmen nach § 37 KWG setzt § 38 KWG voraus, dass eine Erlaubnis zunächst bestanden hat. Gleichwohl kann die BaFin anstelle von Maßnahmen nach § 38 KWG auch nach § 37 KWG die Abwicklung einzelner Geschäfte anordnen (Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 38 KWG, Tz. 3). Dies kommt insbesondere bei Einzelkaufleuten in Betracht, da Maßnahmen nach § 38 KWG eine gesellschaftsrechtliche Abwicklung voraussetzen (Flies, ZfgK 1959, S. 937 f.). Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind gemäß § 38 Abs. 4 KWG ebenfalls ausgenommen.
B. Entstehungsgeschichte
Tz. 2
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
§ 38 KWG wurde seit Inkrafttreten des KWG 1961 mehrfach geändert, zuletzt mit Wirkung zum 01.01.2014 durch das BRRD-Umsetzungsgesetz v. 10.12.2014 (BGBl. I, S. 2091). Während die aktuelle Fassung des § 38 Abs. 1 Satz 1 KWG im Wesentlichen auf dem 3. KWG-Änderungsgesetz v. 20.12.1984 (BGBl. I, S. 1693 ff.) beruht, sind Abs. 1 Sätze 2 und 3 seit Inkrafttreten des KWG inhaltlich unverändert geblieben. Mit dem 3. KWG-Änderungsgesetz erfolgte eine Klarstellung dahingehend, dass allgemeine Weisungen für die Abwicklung und der Antrag auf Bestellung anderer Abwickler auch dann zulässig sind, wenn eine Abwicklungsanordnung nicht ergangen ist (Regierungsbegründung zum 3. KWG-Änderungsgesetz, BT-Drucks. 10/1441, BT, zu Art. 1 Nr. 32 (§ 38 KWG)). § 38 Abs. 2 Satz 4 KWG wurde durch das 6. KWG-Änderungsgesetz v. 22.10.1997 (BGB1. I, S. 2518 ff.) angefügt und ist seither inhaltlich unverändert. In § 38 Abs. 3 KWG wurden Vorgaben der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie v. 10.05.1993 (Art. 19 Abs. 9, 93/22/EWG, ABl. EG L 141 v. 11.06.1993, S. 27–46) umgesetzt. Durch das BRRD-Umsetzungsgesetz v. 10.12.2014 (BGBl. I, S. 2091) wurde in § 38 Abs. 1 Satz 1 KWG der Begriff "Bundesanstalt" durch "Aufsichtsbehörde" ersetzt.
Tz. 3
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Redaktionelle Anpassungen erfolgten durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22.04.2002 (BGBl. I, S. 1310 ff.). Die Form der Bekanntmachung wurde durch das Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 21.12.2004 (BGBl. I, S. 3610 ff.) geändert. § 38 Abs. 2 Buchst. a KWG wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht v. 29.07.2009 (BGBl. I, S. 2305) neu eingefügt. Im Rahmen des CRD IV-Umsetzungsgesetzes wurde § 38 Abs. 2 KWG redaktionell überarbeitet.
C. Normzweck
Tz. 4
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
§ 38 KWG soll zur Erhaltung der Ordnung im Bank- und Finanzdienstleistungswesen verhindern, dass Institute, die nicht mehr über die erforderliche Erlaubnis verfügen, weiterhin werbend tätig sind (vgl. Regierungsbegründung zum KWG 1961, BT-Drucks. 3/1114, BT zu § 37 KWG). Die Vorschrift räumt der BaFin hierzu die Befugnis ein, die Abwicklung anzuordnen und für die Abwicklung Weisungen zu erteilen und die Bestellung eines Abwicklers durch das Gericht zu beantragen.
D. Anordnung der Abwicklung (§ 38 Abs. 1 KWG)
I. Voraussetzungen (§ 38 Abs. 1 Satz 1 KWG)
Tz. 5
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Die BaFin kann die Abwicklung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KWG anordnen, wenn die Erlaubnis erloschen oder sofort vollziehbar oder unanfechtbar aufgehoben ist, wobei der Verzicht auf die Erlaubnis durch den Inhaber, etwa um einer Aufhebung durch die BaFin zuvorzukommen, dem Erlöschen gleichzusetzen ist. Falls die Erben von der Fortführung durch Stellvertreter gemäß § 34 Abs. 2 KWG keinen Gebrauch machen, führt auch der Tod des Inhabers zum Erlöschen der Erlaubnis. Die Abwicklungsanordnung muss in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung der Erlaubnis oder deren Erlöschen stehen (Szagunn/Haug/Erg...