Schrifttum
Achenbach/Schröder, Straflosigkeit des Offenbarens und Verwertens von Angaben über Millionenkredite (§§ 55a, 55b iVm. § 14 KWG), ZBB 2005, S. 135 ff.;
Beck/Samm/Kokemoor, Kreditwesengesetz mit CRR. Loseblattkommentar, Stand: 226. Erg.-Lfg., Heidelberg 2022;
Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO. Kommentar zu Kreditwesengesetz, VO (EU) Nr. 575/2013 (CRR) und Ausführungsvorschriften, 5. Aufl., München 2016;
Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht, Handkommentar, 5. Aufl., Baden-Baden 2019;
Schönke/Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 30. Aufl., München 2019;
Tiedemann, Strafbarkeit des Offenbarens und Verwertens von Bundesbankangaben nach §§ 55a, 55b KWG, ZBB 2005, S. 190 ff.
(Rechtsstand: 31.03.2021)
A. Allgemeines
Tz. 1
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Wie § 55a KWG schützt auch § 55b KWG die Vertraulichkeit der von der Deutschen Bundesbank nach § 14 Abs. 2 KWG an die meldepflichtigen Unternehmen übermittelten Angaben. Im Unterschied zu § 55a KWG, der die Verwertung bestraft, betrifft § 55b KWG die unbefugte Offenbarung von Angaben.
B. Tatbestand
I. Grundtatbestand nach § 55b Abs. 1 KWG
1. Beschäftigte Personen ("Wer")
Tz. 2
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Täter im Sinne des § 55b Abs. 1 KWG können nur Personen sein, die bei einem am Kreditmeldeverfahren beteiligten Institut beschäftigt sind (vgl. § 55a KWG, Tz. 3).
2. Angaben nach § 14 Abs. 2 Satz 10 KWG an Dritte
Tz. 3
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Tatbestandsmerkmal sind nach § 55b Abs. 1 KWG Angaben, die nach § 14 Abs. 2 Satz 10 KWG dem Institut von der Bundesbank mitgeteilt wurden (zur Definition des Begriffs "Angabe" vgl. § 14 KWG, Tz. 1 ff.).
In der Literatur ist es strittig, ob § 55b Abs. 1 KWG auch qualifiziert werden kann, wenn es nicht um die Angabe im engen Sinne geht, sondern um Schlüsse und Wertungen, die aus ihr gezogen werden. Ein Teil der Lehre nimmt eine weite Auffassung an. Danach dürfen auch Schlüsse und Wertungen nicht Dritten offenbart werden, da der Schutzzweck der Norm sonst konterkariert würde (vgl. Tiedemann, ZBB 2005, S. 191). Demgegenüber steht aber der Wortlaut der Norm. Soweit der Täter nur eine Folgerung, nicht aber die zugrunde liegende Angabe mitteilt, wird die Angabe nicht offenbart (vgl. Achenbach/Schröder, ZBB 2005, S. 140). Insgesamt sollte keine teleologische Auslegung des Gesetzes stattfinden und somit der Meinung gefolgt werden, dass Schlüsse und Wertungen nicht zur Verwirklichung der Tat führen.
Zur Definition der "Dritten" im Sinne des § 55b Abs. 1 KWG vgl. § 55a KWG, Tz. 4.
3. Offenbarung der Angaben
Tz. 4
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Nach § 55b Abs. 1 KWG müssen die Angaben aus § 14 Abs. 2 KWG Dritten offenbart werden. Offenbaren bedeutet dabei, dass Dritten die Information zugänglich gemacht wird. Dieses kann auf schriftlichem oder mündlichem Wege erfolgen, wobei auch denkbar ist, dass die Information anonym verbreitet wird (vgl. Achenbach/Schröder, ZBB 2005, S. 140). Die Tat wird erst mit der tatsächlichen Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die Dritten strafbar (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 55b KWG, Tz. 6).
Die Offenbarung ist eine reine Weitergabe von Angaben. Der Tatbestand der Verwertung von Angaben wird in § 55a KWG sanktioniert (zur Begriffsbestimmung der Verwertung vgl. § 55a KWG, Tz. 5).
II. Qualifikationsfälle nach § 55b Abs. 2 KWG
Tz. 5
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Nach § 55b Abs. 2 KWG wird der Tatbestand von Angaben nach § 14 Abs. 2 Satz 10 KWG qualifiziert, wenn der Täter gegen Entgelt oder in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht, die einzeln oder kombiniert verwirklicht sein können, gehandelt hat.
Unter Entgelt ist eine geldwerte Gegenleistung zu verstehen, wobei es sich um Bargeld, aber auch um geldwerte Surrogate handeln kann. Das Merkmal ist qualifiziert, wenn das Handeln in der Erwartung der Zahlung des Entgelts vorgenommen wurde. Die effektive Zahlung kann auch später erfolgt sein (vgl. Beck/Samm/Kokemoor, § 55b KWG, Tz. 16).
Die Bereicherungsabsicht kann qualifiziert werden, wenn der Täter sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil verschaffen möchte. Die effektive Bereicherung muss dagegen nicht gegeben sein. Der Täter muss vorsätzlich gehandelt haben.
Die Schädigungsabsicht kann qualifiziert werden, wenn der Täter weiß, dass er durch sein Handeln einem anderen einen Nachteil zuführt und er diese Schädigung willentlich herbeiführen wollte. Der Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein, die Absicht genügt. Auch hier muss der Täter vorsätzlich gehandelt haben.
C. Antragsdelikt (§ 55b Abs. 3 KWG)
Tz. 6
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Die Tat nach § 55b KWG wird nur auf Antrag verfolgt (§ 55b Abs. 3 KWG) (vgl. § 55a KWG, Tz. 6).
Gemäß § 77b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB ist der Antrag binnen drei Monaten nach dem Tag, an dem der Antragsberechtigte von der Straftat und dem Straftäter Kenntnis genommen hat, zu stellen.
D. Strafmaß
Tz. 7
Stand: 4. A. – ET: 04/2023
Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die Geldstrafe wird in Tagessätzen nach § 40 StGB festgesetzt. Sie beträgt mindestens fünf, höchstens 360 volle Tagessätze. Die Höhe des Tagessatzes bestimmt sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters, wobei der Tagessatz zwischen einem und maximal 5 000 Euro liegt.
Die Freiheitsstrafe beträgt nach § 55b Abs. 2 KWG ...