Entscheidungsstichwort (Thema)
Halbierung der Arbeitszeit einer Gleichstellungsbeauftragten im Wege der Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluß des Stadtrats einer sächsischen Stadt mit ca. 25.000 Einwohnern, die Vollzeitstelle der Gleichstellungsbeauftragten in eine halbe Stelle umzuwandeln, verstößt nicht gegen § 64 SächsGemO, wonach die entsprechenden Aufgaben hauptamtlich erfüllt werden sollen.
2. Ein solcher Beschluß kann eine Änderungskündigung gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten zur entsprechenden Reduzierung ihrer Arbeitszeit sozial rechtfertigen.
3. Die bloße Übertragung der Aufgaben der Frauenbeauftragten auf die kommunale Gleichstellungsbeauftragte gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 SächsFFG begründet nicht den besonderen Kündigungsschutz gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 SächsFFG.
4. Waren der Gleichstellungsbeauftragten noch weitere Aufgaben übertragen, die ihr im Zusammenhang mit der Änderungskündigung zur Halbierung der Arbeitszeit entzogen wurden, so hat die im Änderungsschutzverfahren beweisbelastete Arbeitgeberin im einzelnen darzulegen, weshalb die Änderung der Arbeitsbedingungen auch insoweit sozial gerechtfertigt sein soll.
Normenkette
SächsGemO § 64 Abs. 2-3; SächsFFG § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 3, § 20; KSchG §§ 2, 1 Abs. 2-3; SächsPersVG § 78; BAT-O § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 1999 – 8 Sa 983/98 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die vertragliche Arbeitszeit der Klägerin, einer bislang vollzeitbeschäftigten kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, im Wege der Änderungskündigung rechtswirksam auf die Hälfte reduziert wurde.
Die Beklagte, eine Große Kreisstadt mit knapp 25.000 Einwohnern, beschäftigt ca. 300 Arbeitnehmer. Die am 15. Oktober 1957 geborene, verheiratete Klägerin ist seit 1. September 1977 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Auf Grund einer Änderungskündigung vom 22. April 1992 war die Klägerin seit 1. April 1992 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden als Gleichstellungsbeauftragte tätig und in VergGr. V b BAT-O eingruppiert; ihre monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 4.270,55 DM. Eine Analyse des Aufgabenbereichs, insbesondere des Zeitbedarfs für die Ausübung der Tätigkeit, wurde nicht vorgenommen. Nachfolgend waren der Klägerin neben den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten die Aufgaben einer Sicherheitsbeauftragten und Kontrollaufgaben sowohl hinsichtlich arbeitsmedizinischer Untersuchungen als auch in Verbindung zum gemeindlichen Unfallversicherer übertragen worden.
Der Stellenplan zum Haushaltsplan 1996 wurde mit Beschluß des Stadtrates vom 9. Mai 1996 (1. Nachtragssatzung des Haushaltes für das Haushaltsjahr 1996) wie folgt abgeändert:
„Die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten (Gliederungsnummer UA 0620) wird danach reduziert von 1,0 VbE (entspricht einer Vollzeitstelle mit 40 Stunden pro Woche) auf eine halbe Stelle, nämlich 0,5 VbE (entspricht 20 Stunden Teilzeit pro Woche). Wirksam werdend zum 01.10.96.”
Gleichwohl erfolgte auf Grund eines zunächst noch bestehenden besonderen Kündigungsschutzes der Klägerin keine Umsetzung dieses Beschlusses.
Der Stellenplan für das Haushaltsjahr 1997 wies für die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten wiederum lediglich eine halbe Stelle aus, ergänzt durch einen kw-Vermerk für die weitere halbe Stelle zum 30. Juni 1997. Auch im Stellenplan für 1998 ist die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten mit 0,5 VbE ausgewiesen.
Mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 übertrug die Beklagte die anderen Aufgaben der Klägerin (Sicherheitsbeauftragte, Kontrollen der arbeitsmedizinischen Untersuchungen, Verbindung zum gemeindlichen Unfallversicherungsträger) dem Hauptamt/Sachgebiet Personal bzw. dem Rechtsamt/Sachgebiet Versicherungen.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 nebst Anlagen informierte der Oberbürgermeister der Beklagten den Personalrat über eine beabsichtigte Änderungskündigung mit dem Angebot, die Klägerin auf der halben Stelle als Gleichstellungsbeauftragte weiterzubeschäftigen. Der Personalrat rügte mit Schreiben vom 10. Dezember 1997, noch nicht über alle erforderlichen Unterlagen zu verfügen, und teilte mit Schreiben vom 17. Dezember 1997 mit, der beabsichtigten Änderungskündigung nicht zuzustimmen. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1997 nahm der Oberbürgermeister zu den im Schreiben vom 10. Dezember 1997 aufgeworfenen Fragen Stellung und erklärte, nunmehr sei die Änderungskündigung wegen der einzuhaltenden Fristen zum 30. September 1998 beabsichtigt. Der Personalrat teilte mit Schreiben vom 7. Januar 1998 mit, er halte im wesentlichen an seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 1997 fest. Im Rahmen des Quartalsgesprächs am 12. Januar 1998 wurde die beabsichtigte Änderungskündigung mit dem Personalrat erörtert. Der Oberbürgermeister erläuterte dem Personalrat erneut die Gründe für die beabsichtigte Maßnahme. Mit Schreiben vom 12. Januar 1998 nahm der Personalrat gemäß der im Quartalsgespräch getroffenen Vereinbarung abschließend Stellung; seine Einwendungen hielt er überwiegend aufrecht. Der Oberbürgermeister teilte dem Personalrat mit Schreiben vom 16. Januar 1998 mit, aus welchen Gründen er die Einwendungen zurückweise und an der beabsichtigten Änderungskündigung festhalte.
Mit Schreiben vom 19. Januar 1998, der Klägerin am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1998 und bot der Klägerin an, ab 1. Oktober 1998 das Arbeitsverhältnis mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten fortzusetzen. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 22. Januar 1998 die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt.
Mit ihrer am 9. Februar 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Änderungskündigung gewandt. Sie hat geltend gemacht, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt. Die Beschlüsse zu den Stellenplänen für 1996 und 1997 stellten keine unternehmerische Entscheidung dar, die ein dringendes betriebliches Erfordernis begründen könnten, zumal die Beschlüsse zu den dort vorgesehenen Zeitpunkten nicht vollzogen worden seien. § 64 Abs. 2 SächsGemO schreibe die hauptamtliche Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten vor; dies schließe nach allgemeiner Auffassung eine Teilzeitbeschäftigung aus. Diese Auffassung ergebe sich auch aus einem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 16. Dezember 1994 an die Regierungspräsidien. Die Vielzahl der Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten könne auch in einer 40-Stunden-Woche kaum bewältigt werden. Mit der Stundenreduzierung werde die der Gleichstellungsbeauftragten gesetzlich eingeräumte Unabhängigkeit mißachtet. Sie, die Klägerin, nehme daneben auch die Aufgaben der Frauenbeauftragten nach dem 1994 in Kraft getretenen SächsFFG wahr; hier erforderten allein die Sprechstunden im Rathaus 14 Stunden wöchentlich. Zur Frauenbeauftragten sei sie zumindest konkludent bestellt worden, denn der Oberbürgermeister habe ihr sinngemäß erklärt, sie solle das doch machen. Das Formular einer Ernennungsurkunde habe sie besorgt und bei der Beklagten abgegeben, jedoch nicht zurückerhalten. Als Frauenbeauftragte genieße sie besonderen Kündigungsschutz. Auch nach Wegfall der ihr zusätzlich übertragenen Aufgaben (Sicherheitsbeauftragte etc.) fielen Überstunden an. Hinsichtlich der Übertragung von Tätigkeiten auf andere Arbeitnehmer sei mangels ausreichender Darlegungen der Beklagten von einer unzulässigen Austauschkündigung auszugehen. Schließlich sei auch der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Dies ergebe sich aus den Darlegungen des Personalrats, wonach für diesen der Kündigungsgrund nicht nachvollziehbar sei.
Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 19. Januar 1998 zum 30. September 1998 unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten könnten mit einer halben Stelle bewältigt werden. Vergleichbare Städte hätten ebenfalls keine volle Stelle ausgewiesen, so etwa – unstreitig – Reichenbach, Werdau und Hohenstein-Ernsttal je eine halbe Stelle, Grimmitschau und Glauchau je eine 0,4-Stelle, die kreisfreie Stadt Aue eine 0,625-Stelle. Die Stellenplanbeschlüsse des Stadtrats der Beklagten seien eine verbindliche politische Zielvorgabe auch im Hinblick auf den Zeitaufwand, der für die Erfüllung der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten erforderlich sei. § 64 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO stehe dem nicht entgegen, denn dort sei lediglich die hauptamtliche Bestellung vorgeschrieben, nicht jedoch die Bestellung einer Vollzeitkraft. Die Klägerin habe in der Vergangenheit die ihr übertragenen zusätzlichen Aufgaben neben den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten bewältigt und bewältige letztere inzwischen in der auf 20 Wochenstunden reduzierten Arbeitszeit. Mit der sinnvollen Übertragung der Zusatzaufgaben auf die anderen Ämter sei keine Erhöhung der Arbeitszeit anderer Arbeitnehmer erfolgt. Mit anderen Angestellten sei die Klägerin nicht vergleichbar gewesen. Sie verfüge nur über die fachliche Ausbildung als Erzieherin. Die von anderen Angestellten in den ihnen zugewiesenen Arbeitsbereichen erworbenen Kenntnisse und deren Verwaltungserfahrung könne die Klägerin sich nicht in absehbarer Zeit aneignen. Die Klägerin habe einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Verwaltungsfachangestellten besucht, die Prüfung aber offensichtlich nicht bestanden. Die Klägerin sei auch nicht zur Frauenbeauftragten bestellt worden. Zur Bestellung einer Frauenbeauftragten sei es bei der Beklagten bisher nicht gekommen. Der Personalrat sei ordnungsgemäß und umfassend beteiligt worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist mit Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts vom 11. März 1999 zurückgewiesen worden. Der am 24. März 1999 eingegangene Einspruch der Klägerin gegen das ihr am 17. März 1999 zugestellte Versäumnisurteil führte zu keinem anderen Ergebnis: Das Landesarbeitsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten, allerdings die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den oben genannten Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet (§ 2 iVm. § 1 Abs. 2 KSchG). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auf Grund des maßgebenden Stadtratsbeschlusses zum Stellenplan für das Jahr 1997 bestehe die Stelle der Klägerin ab 1. Oktober 1998 nur noch als halbe Stelle. Der Stadtrat habe sich gerade mit dieser Stelle befaßt, seine Entscheidung sei weder offenbar unsachlich oder unvernünftig noch willkürlich. Schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach sie 14 Stunden pro Woche Tätigkeiten einer Frauenbeauftragten erfüllt und bis Ende 1997 weitere Aufgaben einer Sicherheitsbeauftragten wahrgenommen habe, sei nicht davon auszugehen, daß die Klägerin die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten nicht mehr erfüllen könne. § 64 Abs. 2 SächsGemO gebiete mit dem Begriff „hauptamtlich” keine Vollzeitstelle für die Gleichstellungsbeauftragte. In die Unabhängigkeit der Klägerin werde mit der bloßen Stundenreduzierung nicht eingegriffen. Die Beklagte habe sich auch darauf beschränkt, nur eine solche Änderung der Arbeitsbedingungen vorzuschlagen, die die Klägerin billigerweise hinnehmen müsse. Einer Sozialauswahl habe es mangels vergleichbarer Arbeitsplätze nicht bedurft. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Besonderen Kündigungsschutz nach §§ 15, 16 KSchG habe die Klägerin jedenfalls deshalb nicht gehabt, weil sie nicht ausdrücklich zur Frauenbeauftragten bestellt worden sei.
II. Dem folgt der Senat nur in Teilen der Begründung, nicht jedoch im Ergebnis.
1. Im Ergebnis zutreffend ist die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, daß die Wirksamkeit der streitigen Änderung der Arbeitsbedingungen nicht schon an § 19 Abs. 3 Satz 2 SächsFFG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 KSchG scheitert. Allerdings hatte die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Aufgaben einer Frauenbeauftragten nach dem SächsFFG zu erfüllen. Dies folgt aus § 20 Abs. 2 der Hauptsatzung der Beklagten von 1994, wonach es Aufgabe der/des Gleichstellungsbeauftragten ist, nicht nur in der Stadt, sondern auch in der Stadtverwaltung auf die Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Männern und Frauen hinzuwirken, frauenspezifische Belange in die Arbeit des Stadtrates und der Stadtverwaltung einzubringen und an Maßnahmen der Stadtverwaltung mitzuwirken, die die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die berufliche Lage von Frauen berühren. Inhaltlich umfaßte damit die Aufgabenstellung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Beklagten auch die Aufgaben einer Frauenbeauftragten, wie sie insbesondere § 20 SächsFFG vorgibt und die von der Klägerin auch unstreitig wahrgenommen wurden.
Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 SächsFFG können in den Gemeinden die Aufgaben der Frauenbeauftragten von der nach § 64 Abs. 2 SächsGemO zu bestellenden Gleichstellungsbeauftragten wahrgenommen werden. Damit ist jedoch nicht zugleich eine Bestellung zur Frauenbeauftragten gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 SächsFFG verbunden. Die Gleichstellungsbeauftragte, zu der Näheres gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO die Hauptsatzung zu regeln hat, bleibt auch dann Gleichstellungsbeauftragte, wenn sie zugleich die Aufgaben der Frauenbeauftragten wahrzunehmen hat. Andernfalls müßte § 18 Abs. 1 Satz 4 SächsFFG dahingehend lauten, daß zur Frauenbeauftragten auch die Gleichstellungsbeauftragte bestellt werden kann. Wenn die Vorschrift demgegenüber nur von der Möglichkeit der Wahrnehmung der Aufgaben der Frauenbeauftragten durch die Gleichstellungsbeauftragte spricht, erlaubt sie unter dieser Voraussetzung den Gemeinden, von der Bestellung einer Frauenbeauftragten gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 SächsFFG abzusehen, ändert jedoch nicht die in der Hauptsatzung zu regelnde Rechtsstellung der Gleichstellungsbeauftragten. Daß die Klägerin, von der Zuweisung der Aufgaben einer Frauenbeauftragten gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 SächsFFG abgesehen, zusätzlich gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 SächsFFG zur „Frauenbeauftragten” bestellt worden wäre, läßt sich schon ihrem eigenen Vorbringen nicht entnehmen. Die Parteien gingen danach davon aus, daß dies gegebenenfalls mit einer speziellen Bestellungsurkunde erfolgen solle. Einen entsprechenden Vordruck hat die Klägerin zwar der Beklagten übergeben, jedoch hat die Klägerin von der Beklagten keine solche Bestellungsurkunde erhalten. Damit läßt sich weder ein Bestellungswille der Beklagten noch eine Bestellung als solche feststellen.
Der Senat brauchte deshalb nicht zu entscheiden, ob eine als solche bestellte Frauenbeauftragte über § 19 Abs. 3 Satz 2 SächsFFG auch gegenüber einer ordentlichen (Änderungs-)Kündigung geschützt ist, obwohl die genannte Vorschrift nur auf den Schutz der Personalratsmitglieder nach dem SächsPersVG verweist, § 48 SächsPersVG aber ohne Verweisung auf § 15 Abs. 2 KSchG nur den Schutz der Personalratsmitglieder bei außerordentlichen Kündigungen regelt. Insoweit spricht allerdings die Begründung der Staatsregierung (DS 1/3200 S 44), wonach die Frauenbeauftragte „durch Abs. 3 Satz 2 hinsichtlich Kündigung, Versetzung und Abordnung den gleichen Rechtsschutz wie ein Mitglied des Personalrats” erhält, für ein bloßes Redaktionsversehen.
2. Soweit das Landesarbeitsgericht annimmt, die streitige Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin sei gemäß § 2, §1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, sind seine Ausführungen nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur dann wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß(ständige Rechtsprechung BAG 24. April 1997 – 2 AZR 352/96 – BAGE 85, 358; 18. November 1999 – 2 AZR 77/99 – AP KSchG § 2 Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 104). Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei nicht zu prüfen, ob ein bestimmter Arbeitsplatz weggefallen ist, sondern ob und in welchem Umfang das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer entfallen ist(ständige Rechtsprechung BAG 19. Mai 1993 – 2 AZR 584/92 – BAGE 73, 151; 18. November 1999 – 2 AZR 77/99 – aaO).
b) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils, wonach im Bereich des öffentlichen Dienstes Stellenstreichungen im Haushaltsplan(BAG GS 28. November 1956 – GS 3/56 – BAGE 3, 245; 3. Mai 1978 – 4 AZR 698/76 – BAGE 30, 272) ebenso wie das Anbringen eines kw-Vermerks an einer Personalstelle(BAG 6. September 1978 – 4 AZR 84/77 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 9) eine von den Gerichten nicht nachprüfbare Entscheidung darstellen, so daß die bezeichnete Stelle für die einzelne Dienststelle entbehrlich ist. Dies setzt allerdings stets voraus, daß die Stelle nach sachlichen Merkmalen genau bestimmt ist(vgl. zuletzt BAG 18. November 1999 – 2 AZR 77/99 – aaO; BAG 17. Februar 2000 – 2 AZR 109/99 – nv.). Richtig ist auch, daß diese Voraussetzungen hier bezüglich einer halben Stelle der städtischen Gleichstellungsbeauftragten mit der Haushaltssatzung der Beklagten für 1997 und dem zugehörigen Stellenplan erfüllt sind. Daß sich die notwendige Umsetzung der Vorgaben im Wege der Änderungskündigung(vgl. BAG 20. Januar 2000 – 2 AZR 65/99 – AP KSchG § 2 Nr. 56 = EzA KSchG § 2 Nr. 39) verzögert hat, ändert daran nichts, denn auch nach der Haushaltssatzung für 1998 ist für die Gleichstellungsbeauftragte nur mehr eine halbe Stelle vorgesehen.
Entgegen der Ansicht der Revision verstieß die haushaltsrechtliche Vorgabe des Stadtrats der Beklagten auch nicht gegen § 64 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, soll danach die Gleichstellungsbeauftragte in Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern zwar hauptamtlich und damit nicht bloß ehrenamtlich oder nebenamtlich tätig sein; das bedeutet jedoch nicht, daß sie vollzeitig tätig sein müßte. Für eine hauptamtliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst genügt, wie ua. die Teilzeitregelungen für Beamte (zB § 72a Abs. 1 BBG; § 142 Abs. 1 SächsBG) belegen, eine Teilzeitbeschäftigung jedenfalls dann, wenn die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft nicht unterschritten wird. Soweit sich dem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern an die Regierungspräsidien vom 16. Dezember 1994 die Auffassung entnehmen läßt, schon eine nicht vollzeitige Beschäftigung der Gleichstellungsbeauftragten bedeute eine Abweichung von der Sollvorschrift des § 64 Abs. 2 SächsGemO(vgl. auch Mayer Die Frauenbeauftragte in der kommunalen Verwaltung S 48), findet diese Ansicht im Gesetz keine Stütze.
Die Entscheidung des Stadtrats ist zudem keineswegs offenbar unsachlich oder willkürlich. § 64 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO fordert auch für Großstädte wie Dresden, Leipzig oder Chemnitz nicht mehrere hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte. Daß die zur Aufgabenerfüllung notwendige Arbeitszeit der Gleichstellungsbeauftragten in der Regel mit der Einwohnerzahl der Gemeinde wächst, ist einsichtig und wird auch vom Gesetzgeber so gesehen, denn andernfalls hätte es keiner Grenzen der Einwohnerzahl bedurft, ab der die Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich tätig sein soll. Es ist somit sachgerecht und keineswegs ermessensfehlerhaft, wenn der Stadtrat einer kleineren Stadt, die die Grenze von 20.000 Einwohnern um nicht einmal 5.000 Einwohner überschreitet, für die Erfüllung der Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten die Beschäftigung einer Teilzeitkraft auf einer halben Stelle als ausreichend ansieht. Ihre Unabhängigkeit (§ 64 Abs. 3 SächsGemO) wird allein dadurch nicht verletzt. Sie bleibt innerhalb ihrer hälftigen Arbeitszeit frei, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Schwerpunkte zu setzen. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß sich mit der Argumentation der Klägerin eine nahezu unbegrenzte Zahl an Arbeitsstunden begründen ließe. Letztlich könnte die Klägerin dann sogar unter Berufung auf ihre Unabhängigkeit und ihre Überlastung die Einstellung spezieller Hilfskräfte fordern. Für derart weitgehende, wegen Art. 28 Abs. 2 GG zudem verfassungsrechtlich problematische Pflichten der Gemeinden im Zusammenhang mit der Bestellung und Tätigkeit von Gleichstellungsbeauftragten bedürfte es einer ausdrücklichen Regelung oder jedenfalls massiver Anhaltspunkte im Gesetz; die lapidare Aussage in § 64 Abs. 3 SächsGemO, die Beauftragten seien in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig, genügt dafür nicht. Ob auch eine unterhälftige Beschäftigung hinzunehmen wäre, brauchte der Senat nicht zu entscheiden.
Käme es nur auf die Tätigkeit der Klägerin als Gleichstellungsbeauftragte an, könnte die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen auch nicht an § 1 Abs. 3 KSchG scheitern, denn insoweit war die Klägerin mit keinem anderen Arbeitnehmer vergleichbar.
c) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch übersehen, daß die in der Haushaltssatzung vorgesehene Halbierung der Stelle der Gleichstellungsbeauftragten die streitige Änderung der Arbeitsbedingungen allein nicht trägt. Die Revision rügt mit Recht, die Klägerin habe nicht nur die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten und die einer Frauenbeauftragten, sondern auch weitere Aufgaben (ua. Sicherheitsbeauftragte) wahrgenommen, die nicht weggefallen seien und hinsichtlich derer die Notwendigkeit einer Änderungskündigung aus den Darlegungen der Beklagten nicht ableitbar sei.
Soweit die Beklagte auf § 4 Abs. 2 BAT-O verweist, wonach Nebenabreden der Schriftform bedürfen, kann daraus nicht abgeleitet werden, eine Zuweisung der weiteren Aufgaben an die Klägerin sei zu keiner Zeit wirksam erfolgt. Vereinbarungen, die die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten nach § 611 BGB betreffen, insbesondere also auch Vereinbarungen über den Inhalt der Arbeitsleistung, fallen nämlich nicht unter § 4 Abs. 2, sondern unter § 4 Abs. 1 BAT-O und sind somit auch formlos möglich(vgl. BAG 7. Mai 1986 – 4 AZR 556/83 – BAGE 52, 33; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand Dezember 2000 § 4 Rn. 121, 123).
Allerdings vertritt Mayer(aaO S 44 ff.) die Auffassung, die Übertragung zusätzlicher Aufgaben sei unzulässig und würde dazu führen, daß die Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr haupt-, sondern nur noch nebenamtlich tätig sei. Demgegenüber zeigt der auch von Mayer(aaO S 45) angestellte Vergleich mit einer verbeamteten Gleichstellungsbeauftragten, daß die Übertragung weiterer Aufgaben nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber hat sich ersichtlich an die beamtenrechtliche Terminologie angelehnt. Demnach dürfen die zusätzlichen Aufgaben nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten bilden, soll sie „hauptamtliche” Gleichstellungsbeauftragte sein. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begriff „hauptamtlich” zum Ausdruck bringen, daß die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in dem übertragenen Aufgabengebiet nicht lediglich eine Nebensache darstellen soll; es wäre „sachwidrig, wenn die Gleichstellungstätigkeit lediglich zur Abrundung einer anderen Tätigkeit nebenbei erledigt werden würde”(so mit Recht Mayer aaO S 46 f.). Dies schließt es aber jedenfalls in kleineren Städten nicht aus, daß einer vollzeitig beschäftigten Gleichstellungsbeauftragten noch andere Aufgaben übertragen werden, die zusammengenommen weniger Arbeitszeit in Anspruch nehmen als die Gleichstellungsaufgaben und bezogen auf letztere nicht zu Interessenkonflikten führen. Daß die bloßen Gleichstellungsaufgaben nach dem Willen des Gesetzgebers keine Vollzeitstelle erfordern, belegt im übrigen auch § 18 Abs. 1 Satz 4 SächsFFG, wonach die Aufgaben der Frauenbeauftragten von den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten wahrgenommen werden können.
Vorliegend beruft sich die Beklagte darauf, der Klägerin zusätzlich übertragene Aufgaben wie die einer Sicherheitsbeauftragten seien auf andere Ämter übertragen worden. Zwar kann eine entsprechende Organisationsentscheidung unter Umständen ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG für eine solche Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin begründen. Um dies beurteilen zu können, reichen jedoch die bisher getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht aus.
Würde die Aufgabenverlagerung in den betroffenen Ämtern eine Neueinstellung von Teilzeitkräften oder eine Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit bereits dort beschäftigter Arbeitnehmer erfordern, würde sich die Änderungskündigung gegenüber der Klägerin zum Teil als unzulässige Austauschkündigung darstellen(vgl. zur Austauschkündigung BAG 26. September 1996 – 2 AZR 200/96 – BAGE 84, 209). Die Beklagte hätte sich dann nicht auf das erforderliche und von der Klägerin billigerweise hinzunehmende Maß der Änderung der Arbeitsbedingungen beschränkt, was die Änderung insgesamt unwirksam machen würde. Die Beklagte hat allerdings eine Erhöhung der Arbeitszeiten in den betroffenen Ämtern in Abrede gestellt; sie will offenbar geltend machen, die dort beschäftigten Arbeitnehmer seien nicht derart ausgelastet gewesen, daß sie die umverteilten Zusatzaufgaben der Klägerin nicht innerhalb ihrer vertraglichen Arbeitszeit miterledigen könnten. Insoweit ist das Vorbringen der Beklagten jedoch, wie die Revision zutreffend rügt, nicht ausreichend substantiiert. Entschließt sich ein Arbeitgeber, auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten, so ist diese unternehmerische Entscheidung kaum noch von der bloßen Kündigungsentscheidung abzugrenzen, die für sich genommen kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung oder auch Änderungskündigung begründen kann. Der Arbeitgeber ist dann gehalten, seine unternehmerische Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs „Dauer” zu verdeutlichen sowie darzulegen, wie die weiterhin anfallenden Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können(vgl. BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 –, – 2 AZR 522/98 – und – 2 AZR 456/98 – BAGE 92, 71; 92, 61; 92, 79). Für entsprechende Organisationsentscheidungen im Bereich des öffentlichen Dienstes gilt nichts anderes. Die Beklagte hat aber bislang ausreichende Darlegungen hierzu unterlassen.
Allerdings hatten die Vorinstanzen insoweit eine hinreichende Substantiierung des Vorbringens der Beklagten nicht in Zweifel gezogen, so daß der Senat sich gehindert sieht, abschließend zu entscheiden. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, im erneuten Berufungsverfahren hierzu weiter vorzutragen.
d) Entsprechendes gilt für die nach der Hauptsatzung der Beklagten von 1994 durch die Klägerin wahrzunehmenden Aufgaben, wie sie das SächsFFG einer Frauenbeauftragten zuschreibt; wenn die Klägerin nun innerhalb der halbierten Arbeitszeit ausschließlich Gleichstellungsaufgaben wahrnehmen soll, die Beklagte aber weder die Hauptsatzung geändert noch eine Frauenbeauftragte als solche bestellt hat, ist bislang nicht ersichtlich, wodurch die Halbierung der Arbeitszeit der Klägerin sozial gerechtfertigt sein soll.
3. Sollte die Beklagte hinsichtlich des Entzugs und der Verlagerung der Zusatzaufgaben der Klägerin eine für die Änderungskündigung materiellrechtlich tragfähige Organisationsentscheidung vortragen, müßte das Landesarbeitsgericht weiter prüfen, ob der Sachverhalt auch dem Personalrat ausreichend mitgeteilt oder bekannt war (§ 78 SächsPersVG;vgl. BAG 4. März 1981 – 7 AZR 104/79 – BAGE 35, 118; KR-Etzel 5. Aufl. §§ 72, 79, 108 BPersVG Rn. 15, § 102 BetrVG Rn. 62, 62a, 62c). Der Personalrat hat noch in seiner abschließenden Stellungnahme vom 12. Januar 1998 seine Einwendungen zu 3.2 aus seinem Schreiben vom 17. Dezember 1997 ausdrücklich aufrechterhalten. Dort hatte der Personalrat ua. gerügt, für die Umorganisation der Arbeit des Sicherheitsbeauftragten und die Übertragung der Tätigkeit auf andere Beschäftigte lägen ihm keine begründeten Erfordernisse vor; es gebe keine Stellenbeschreibungen oder Mitteilungen zu den Organisationsänderungen für die Stellen, welche die Aufgaben übernehmen sollten. Aus dem Protokoll der Erörterung vom 12. Januar 1998 läßt sich nur die Mitteilung entnehmen, die Aufgaben seien so in die Ämter zu integrieren, daß ein reibungsloser Arbeitsablauf zu verzeichnen sei; dem Personalrat hätte jedoch gegebenenfalls bekannt gewesen sein bzw. mitgeteilt werden müssen, weshalb oder zumindest daß dies auf Dauer ohne überobligatorische Leistungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer möglich ist. Auch hinsichtlich eines eventuellen Entzugs der Aufgaben einer Frauenbeauftragten ist bislang eine ordnungsgemäße Personalratsbeteiligung nicht ersichtlich.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Fischermeier, Nipperdey, Kuemmel-Pleißner
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.11.2000 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 584713 |
BAGE, 294 |
BB 2001, 990 |
NWB 2001, 1989 |
ARST 2001, 164 |
FA 2001, 124 |
NZA 2001, 500 |
ZAP 2001, 730 |
ZTR 2001, 324 |
AP, 0 |
LKV 2001, 432 |
MDR 2001, 758 |
PERSONAL 2001, 518 |
PersR 2001, 307 |
PersV 2002, 555 |
ZfPR 2002, 81 |