Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BSG Urteil vom 23.01.2008 - B 10 EG 5/07 R

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung des Erziehungsgeldes durch das Elterngeld. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Stichtagsregelung zur Ablösung des Erziehungsgeldes durch das Elterngeld ist nicht verfassungswidrig.

 

Orientierungssatz

Az. des BVerfG: 1 BvR 1897/08

 

Normenkette

BEEG § 27 Abs. 1 Fassung: 2006-12-05; BErzGG § 24 Abs. 4 Fassung: 2006-12-05; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG München (Urteil vom 11.07.2007; Aktenzeichen S 30 EG 32/07)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 20.04.2011; Aktenzeichen 1 BvR 1811/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für ihren am 31.12.2006 geborenen Sohn Adrian ab (Bescheid vom 2.4.2007; Widerspruchsbescheid vom 29.5.2007). Nach § 27 Abs 1 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz ≪BEEG≫) gelte für vor dem 1.1.2007 geborene Kinder weiterhin grundsätzlich das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG); Anspruch auf Elterngeld bestehe in diesen Fällen nicht.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.7.2007). § 27 Abs 1 Halbsatz 2 BEEG versage Elterngeld für vor dem 1.1.2007 geborene Kinder eindeutig und absolut. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Gesetzgeber damit gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen habe. Er habe vielmehr eine im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG sachgerechte Lösung gewählt und auch darauf verzichten dürfen, Elterngeld (bei Geburten im Jahre 2006 für die Zeit ab 1.1.2007) zeitanteilig zu gewähren, weil das zu außerordentlichem Verwaltungsaufwand geführt hätte.

Mit ihrer Sprungrevision macht die Klägerin geltend: § 27 Abs 1 BEEG sei verfassungswidrig. Die Stichtagsregelung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot in Art 3 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber habe den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum mit dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" in § 27 Abs 1 BEEG nicht sachgerecht genutzt. Die mit dieser Regelung verbundene krass unterschiedliche Behandlung von Eltern je nach der Geburt ihres Kindes, erst im Jahr 2007 oder schon im Jahr 2006, sei willkürlich. Der Gesetzgeber hätte stattdessen die Übergangsfälle sachgerecht lösen müssen; etwa dahin, dass bei prognostizierten Geburtsterminen erst im Jahr 2007 Ansprüche auf Elterngeld auch dann bestehen, wenn das Kind noch im Jahr 2006 geboren wird.

Gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße auch der durchgängige Leistungsausschluss von Eltern mit hohem Einkommen. Sie erhielten für ihre bis zum 31.12.2006 geborenen Kinder bis zu diesem Zeitpunkt kein Erziehungsgeld (Erzg) und danach weder Erzg noch Elterngeld. Sie ständen damit schlechter als jene Eltern, die vor Geburt ihrer Kinder keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätten, denen aber Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages zustehe.

Der durch Elterngeld nicht kompensierte Ausfall von Erwerbseinkommen bei Betreuung vor dem 1.1.2007 geborener Kinder führe schließlich zu einem weiteren mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbaren Nachteil: Bei Geburt eines weiteren Kindes verlängere sich der für den Einkommensverlust maßgebliche Zeitraum von zwölf Monaten vor der Geburt nur um die Kalendermonate, in denen der Berechtigte Elterngeld für das ältere Kind bezogen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG München vom 11.7.2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 2.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.5.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 1.1. bis 30.12.2007 Elterngeld für ihren Sohn Adrian zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält § 27 Abs 1 BEEG für verfassungsgemäß und stützt sich dafür auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Stichtagsregelung bei Einführung des (Bundes-)Erzg (Beschluss ≪Kammer≫ vom 10.12.1987 - 1 BvR 1233/87 - SozR 7833 § 1 Nr 3) .

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig.

Nach § 161 Abs 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das SG hat die Revision durch Beschluss vom 11.7.2007 zugelassen. Daran ist das Bundessozialgericht (BSG) gebunden (§ 161 Abs 2 Satz 2 SGG) , obwohl dem Antrag der Klägerin an das SG auf Zulassung der Revision die nach § 161 Abs 1 Satz 3 SGG erforderliche Zustimmung des Beklagten zur Einlegung der Revision noch nicht beigefügt war. Aus der Sitzungsniederschrift vom 11.7.2007 ergibt sich, dass der Bevollmächtigte der Klägerin - nachdem das Urteil verkündet und der wesentliche Inhalt der Gründe mitgeteilt worden war - beantragt hat, "gegen das ergangene Urteil sofort die Revision zuzulassen". Anschließend heißt es: "Der Vertreter des Beklagten stimmt diesem Antrag zu". Dieser Erklärung lässt sich lediglich ein Einverständnis des Beklagten mit der Zulassung der Revision - durch den anschließend protokollierten Beschluss des SG - nicht aber - bereits - mit ihrer Einlegung durch die Klägerin entnehmen.

In Fällen wie diesem ist die noch fehlende Zustimmungserklärung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, Kap IX. RdNr 38, 268) . Das ist hier geschehen. Die Klägerin hat zusammen mit ihrer Revisionsschrift die Erklärung des Beklagten vom 23.8.2007 überreicht, er stimme der Einlegung der Revision zu.

Die Revision ist nicht begründet, weil das BEEG nach der Stichtagsregelung in dessen § 27 Abs 1 auf Geburten vor dem 1.1.2007 grundsätzlich nicht anzuwenden ist. Diese Vorschrift lässt sich nur so verstehen, dass Eltern vor dem 1.1.2007 geborener Kinder - wie die Klägerin - keinen Anspruch auf Elterngeld haben. Das ist nicht verfassungswidrig.

§ 27 Abs 1 BEEG und § 24 Abs 4 BErzGG (jeweils idF vom 5.12.2006 ≪BGBl I 2748≫) regeln den Übergang vom Erzg auf das Elterngeld, indem sie - abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen einer Aufnahme des Kindes mit dem Ziel der Adoption - bestimmen: Für nach dem 31.12.2006 geborene Kinder gilt das BEEG (§ 24 Abs 4 BErzGG) , für vor dem 1.1.2007 geborene Kinder sind die Vorschriften des BErzGG weiterhin anzuwenden; ein Anspruch auf Elterngeld besteht in den letztgenannten Fällen nicht (§ 27 Abs 1 Halbsatz 2 BEEG). Es handelt sich insoweit mithin, abgegrenzt nach dem Geburtsjahr des Kindes, um ein ausnahmslos exklusives zeitliches Nacheinander der Leistungssysteme. Das bestätigt die Gesetzesgeschichte. Der Antrag, Eltern vor dem 1.1.2007 geborener Kinder von diesem Tage an fakultativ Elterngeld zu gewähren, hat im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend keine Mehrheit gefunden (BT-Drucks 16/2785, S 33). Auslegungsspielräume bestehen danach nicht (vgl BVerfG ≪Kammer≫ vom 14.6.2007 - 1 BvR 1075/07 - RdNr 4).

Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass § 27 Abs 1 BEEG mit diesem Inhalt gegen die Verfassung verstößt.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 101, 239, 270) . § 27 Abs 1 BEEG behandelt die Eltern - noch - im Jahr 2006 und - erst - im Jahr 2007 geborener Kinder unterschiedlich: Anspruch auf das zum 1.1.2007 eingeführte Elterngeld hat nur die zweite Gruppe. Angehörige der ersten Gruppe sind davon ausgeschlossen, auch wenn sie - ab 1.1.2007 - sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Diese ungleiche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt.

Art 3 Abs 1 GG verbietet dem Gesetzgeber nicht, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfG ≪Kammer≫ SozR 7833 § 1 Nr 3) . Ungleichheiten, die durch einen Stichtag entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines solchen notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (BVerfGE 75, 78, 106; 87, 1, 43; 101, 239, 270; 117, 272, 301) . Das ist hier der Fall, obwohl der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber um so engere Grenzen zieht, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundgesetzlich - hier durch Art 6 Abs 1 GG - geschützter Freiheitsrechte auswirken kann (BVerfGE 111, 160, 169).

Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und dazu das bedürftigkeitsabhängige Erzg durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld mit dem Ziel abgelöst, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn Eltern vorrangig ihre Kinder betreuen (BT-Drucks 16/1889, S 2) . Bei diesem Systemwechsel war - abgesehen von dem Zeitpunkt seiner Einführung - auch darüber zu entscheiden, wie Lebenssachverhalte zu behandeln sind, die vor Geltung des neuen Rechts begonnen, aber nach altem Recht noch nicht abgewickelt waren. Der Gesetzgeber hat sie ab Inkrafttreten des neuen Rechts am 1.1.2007 nicht abrupt diesem unterworfen, sondern es insoweit für die Geburtsjahrgänge 2006 und früher übergangsweise bei der Weitergeltung des alten Rechts belassen.

Er ist damit dem Grundsatz gefolgt, neues Recht nur auf neue Fälle anzuwenden (Leistungsfallprinzip). Die Rechtsprechung hat in Regelungen nach diesem Prinzip selbst dann keine verfassungswidrige Härte erkannt, wenn die Betroffenen den Eintritt des Leistungsfalles (ebenso wenig wie die Eltern das genaue Geburtsdatum ihres Kindes) nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen konnten (vgl zu diesem Gesichtspunkt BVerfGE 111, 160, 169 f) und sogar "Altfälle" von lebenslang zu gewährenden existenzsichernden Dauerleistungen ausgeschlossen wurden (vgl zum Opferentschädigungsgesetz BSGE 56, 90 ff = SozR 3800 § 10 Nr 1; nachgehend BVerfG SozR 3800 § 10 Nr 2) . Elterngeld ist demgegenüber eine relativ kurzzeitige Leistung, die Eltern regelmäßig ab der Geburt ihres Kindes zusteht. Deshalb liegt es schon von der Natur der Sache her nahe, insoweit neues Recht nur auf Geburtsfälle ab Geltung des neuen Rechts anzuwenden.

Diesem Grundsatz ist der Gesetzgeber schon bei Einführung des Erzg gefolgt. Anspruchsberechtigt nach dem am 1.1.1986 in Kraft getretenen Gesetz waren nur die Eltern - und sonstigen Berechtigten - nach dem 31.12.1985 geborener Kinder (vgl § 1 Abs 1 Nr 2 BErzGG idF vom 6.12.1985 ≪BGBl I 2154≫; siehe dazu BVerfG ≪Kammer≫ SozR 7833 § 1 Nr 3) . Auch die Anspruchsdauer war jeweils abhängig vom Geburtsjahrgang des Kindes. Nach § 4 Abs 1 BErzGG idF vom 6.12.1985 wurde Erzg vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 10. Lebensmonats gewährt, für Kinder vom Geburtsjahrgang 1988 an dann bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats. An das Leistungsfallprinzip hat der Gesetzgeber sich auch bei späteren Leistungsverbesserungen (Verlängerungen der Anspruchsdauer, vgl § 4 Abs 1 BErzGG idF vom25.7.1989 ≪BGBl I 1550≫ und vom 6.12.1991 ≪BGBl I 2142≫) sowie bei Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen (Senkung der anspruchsausschließenden Einkommensgrenze, vgl § 5 Abs 3, § 24 Abs 2 BErzGG idF vom 29.12.2003 ≪BGBl I 3076, 3087 f, 3090≫) gehalten.

Eine an den Geburtsjahrgang anknüpfende Stichtagsregelung hätte sich beim Übergang von Erzg auf Elterngeld allerdings verbieten können, wenn mit dem BEEG eine verfassungswidrige Rechtslage hätte beseitigt werden sollen (vgl dazu BVerfGE 68, 155, 173 f; 88, 203, 258 ff) oder damit soziale Härten für die Betroffenen verbunden gewesen wären. Beides ist nicht der Fall. Das abgelöste BErzGG ist nicht verfassungswidrig, insbesondere die Einkommensgrenze, bei deren Überschreiten der Anspruch auf Erzg übergangslos entfällt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl BSG, Urteil vom 30.8.2007 - B 10 EG 6/06 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 22 = FamRZ 2008, 145 ff). Zu sozialen Härten führt der Übergang von Erzg auf das Elterngeld nicht. Im Gegenteil: Gerade einkommensschwache Eltern mit Kindern des Geburtsjahrgangs 2006 und früher erhalten weiterhin Leistungen für 24 statt nur für höchstens 14 Monate.

Zugleich sind damit allerdings Eltern vor dem 1.1.2007 geborener Kinder von jeglicher Leistung - auch erst ab dem 1.1.2007 - ausgeschlossen, wenn sie die Einkommensgrenze des BErzGG überschritten und deshalb weiterhin keinen Anspruch auf Erzg haben, die Anspruchsvoraussetzungen des neuen Elterngeldes aber an sich erfüllen. Dieses Ergebnis hätte sich durch die von der Klägerin geforderte zusätzliche Übergangsregelung zwar vermeiden lassen. Der Gesetzgeber hat sich unter hinreichender Würdigung der in Betracht kommenden Faktoren aber gegen eine solche differenzierte zeitliche Anknüpfung entschieden und allein auf den Tag der Geburt des Kindes abgestellt.

Entscheidende Gesichtspunkte dafür sind Mehrkosten und erhöhter Verwaltungsaufwand. Das finanz- und haushaltspolitische Konzept beim Wechsel der Leistungssysteme ging davon aus, dass in einem Übergangszeitraum von 2007 bis 2009 die Ausgaben für Elterngeld sich schrittweise aufbauen und - kompensierend - die Ausgaben für das abgelöste Erzg sinken würden (vgl BT-Drucks 16/1889, S 3, 17). Die Ausgaben für diese Jahre wurden mit 3.520, 4.380 und 3.778 Millionen Euro angenommen. Dieses Ablösungskonzept wäre durch die von der Klägerin geforderte Übergangsregelung empfindlich gestört worden. Die Ausgaben für Elterngeld hätten sich - beginnend mit dem Jahresanfang 2007 - nicht schrittweise aufgebaut. Sie hätten übergangslos auf einem hohen Niveau eingesetzt, ohne dass dem - entsprechend verstärkte - Minderausgaben für Erzg gegenübergestanden hätten. Mehrausgaben wären zwar nicht auf Dauer, sondern nur - in abnehmender Höhe - für 14 Monate entstanden. Sie hätten aber nach Einschätzung der gesetzgebenden Organe mindestens 520 Millionen Euro betragen. Dementsprechend wurde eine solche Übergangsregelung im Rahmen der für das Elterngeld bereitgestellten Mittel als nicht finanzierbar angesehen (vgl BT-Petitionsausschuss,www.bundestag.de/ausschuesse/a02/uebersicht_abgeschlossen/index.html, öffentliche Petition Nr 191; siehe dazu auch BT-Drucks 16/6954, S 4).

Die von der Klägerin angestrebte Lösung hätte zudem aus Vertrauensschutzgründen Vergleichsberechnungen erforderlich gemacht, um zu ermitteln, ob im jeweiligen Einzelfall altes oder neues Recht vorteilhafter wäre: Ist es günstiger, 24 Monate 300 Euro zu erhalten oder für die Monate ab 1.1.2007 Elterngeld nach dem Einkommensersatzprinzip? Das hätte zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand geführt (vgl BT-Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Protokoll der16. Sitzung vom 3.7.2006, S 27) , der von den für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlichen und dadurch ohnehin schon personell geforderten Ländern (vgl Oettinger, BR-Plenarprotokoll 827 S 336 ≪D≫) hätte geleistet werden müssen und deren Zustimmung zum BEEG im Bundesrat hätte fraglich erscheinen lassen (vglBT-Petitionsausschuss, aaO). Ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch Vergleichsberechnungen hätte allerdings all jenen Eltern schon 2006 geborener Kinder ab 1.1.2007 Elterngeld gewährt werden können, die nach ihrem Einkommen vom Erzg - eindeutig oder in Grenzfällen durch ablehnenden Bescheid - ausgeschlossen waren. Gerade diese Fälle hätten aber den Großteil der Mehrkosten ausgemacht.

Ob die Klägerin beim Bezug von Elterngeld für künftig geborene Kinder unter Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG benachteiligt wäre, weil diese Leistung wegen fehlenden Bezuges von Elterngeld (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG) geringer ausfallen könnte, kann dahinstehen. Denn gegenwärtig ist die Klägerin davon noch nicht betroffen.

Gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt schließlich nicht, dass das Gesetz natürliche Eltern und Adoptionseltern unterschiedlich behandelt, indem es den 14-monatigen Leistungszeitraum bei natürlichen Eltern mit dem Tag der Geburt des Kindes beginnen lässt, bei Adoptionseltern aber erst mit dessen "Aufnahme bei der berechtigten Person" (§ 4 Abs 1 BEEG) . Adoptionseltern können deshalb zwar - anders als natürliche Eltern - auch für ein vor dem 1.1.2007 geborenes Kind Elterngeld beanspruchen, vorausgesetzt, sie haben es erst nach 2006 aufgenommen. Damit werden aber, dem Gebot des Art 3 Abs 1 GG folgend, lediglich unterschiedliche Sachverhalte ihrer Eigenart entsprechend unterschiedlich geregelt, weil der "Beginn des Zusammenlebens", der mit "besonderen Anforderungen an die fürsorglichen Leistungen der Eltern verbunden ist" (BT-Drucks 16/1889, S 23) und als Frühphase der Elternschaft durch Gewährung von Elterngeld erleichtert werden soll (BT-Drucks, aaO, S 2) , bei natürlichen Eltern regelmäßig mit dem Tag der Geburt des Kindes, bei Adoptionseltern aber erst mit dessen Aufnahme einsetzt.

Das Fehlen einer die Klägerin begünstigenden Übergangsregelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem aus Art 6 Abs 1 GG hergeleiteten Gebot zur Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich (vgl dazu BVerfGE 111, 160, 172) . Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will. Das konnte gleichermaßen durch das - allerdings nur bis zu bestimmten Einkommensgrenzen gewährte - Erzg wie durch das stärker als Einkommensersatzleistung konzipierte Elterngeld geschehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2000654

BSGE 2009, 293

FamRZ 2008, 1437

FA 2008, 352

SGb 2009, 148

HzA aktuell 2008, 43

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Rahmen-TV, Maler- u. Lackiererhandwerk, Bundesrepublik o ... / §§ 45 - 48 ABSCHNITT VIII Kündigung
    9
  • Anwesenheitsprämie / 3.1 Krankheit und Gesundheit
    3
  • Berufsgenossenschaften / 4 Aufgaben
    2
  • Betriebliche Altersversorgung / 3 Entgeltumwandlung ("Deferred Compensation")
    1
  • Betriebsrat: Kosten / 6 Kosten der Betriebsratswahl
    1
  • Betriebsveranstaltung: Abrechnung der Aufwendungen / 4.2 Ermittlung der Gesamtkosten
    1
  • Elektronische Entgeltersatzleistung (EEL) / Sozialversicherung
    1
  • Inflationsausgleichsprämie / 3 Begünstigter Personenkreis
    1
  • Mindestlohn / 1 Aktuelle Situation
    1
  • Mutterschutz / 6 Kündigungsverbot
    1
  • Seearbeitsgesetz / §§ 73 - 78 Unterabschnitt 7 Heimschaffung und Imstichlassen
    1
  • Arbeitnehmer / 3 Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten
    0
  • Bachelorand / 1 Einordnung
    0
  • Beitragsverfahrensverordnung / §§ 7 - 13a Vierter Abschnitt Prüfung beim Arbeitgeber
    0
  • Betriebsvereinbarung / 2 Rechtswirkung
    0
  • Bürgerliches Gesetzbuch / §§ 1018 - 1029 Titel 1 Grunddienstbarkeiten
    0
  • Bulgarien / 2 Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Bulgarien
    0
  • Ehrenamt / 1 Rechtsgrundlagen
    0
  • Ehrenamt / 2 Beitragsrechtliche Behandlung
    0
  • Ehrenamt / 2.3.2 Einnahmen als Bürgermeister
    0
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Personal Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Personal
Gut vorbereitet: Schwierige Mitarbeitergespräche
Schwierige Mitarbeitergespräche
Bild: Haufe Shop

Dieses Buch bietet konkrete Leitfäden und Dialogbeispiele für komplexe Themen wie z. B. Burnout, Kündigung, #metoo oder Work-Life-Balance. So sind Sie auch für sensible Situationen gut vorbereitet und können Gespräche souverän führen.


Bundeselterngeld- und Elter... / § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
Bundeselterngeld- und Elter... / § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie

  (1) 1Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. 2Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 ...

4 Wochen testen


Newsletter Personal
Newsletter Personalmagazin – neues lernen

Jede Woche Inspiration für das Corporate Learning. Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter! Unsere Themen:  

  • Personal- und Organisationsentwicklung
  • Training, Coaching und Mitarbeiterführung
  • Digitalisierung und Lerntechnologien
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Personal Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Haufe HR Chatbot Haufe Akademie Semigator Enterprise rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Personal Shop
Personal Software Arbeits- & Sozialrecht Lösungen Lohn & Gehalt Produkte Personalmanagement Lösungen Alle Personal Produkte Haufe Shop Buchwelt
 

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren