André Häusling, Martin Kahl-Schatz
War die Organisationsstruktur in vielen Unternehmen bisher vor allem durch die Aufbauorganisation mit klaren Hierarchien und einer Zentrierung der Macht und Entscheidungsgewalt auf den oberen Ebenen ausgezeichnet, liegt der Fokus in der agilen Organisation deutlich stärker auf der Prozess- bzw. Ablauforganisation, die sich weniger der Unternehmensspitze als vielmehr dem Kunden verschreibt und sich entsprechend orientiert. Diese Orientierung ist nur folgerichtig, findet doch die tatsächliche Wertschöpfung auch an dieser Stelle statt.
Klassische Organisationen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass die Aufbauorganisation einer stark hierarchischen Struktur unterliegt. Sehr präsent ist ihr pyramidaler Aufbau, mit dem Vorstand oder der Geschäftsführung an der Spitze. Diese hierarchisch strukturellen Gegebenheiten sorgen bei der Einführung agiler Prozesse oft für Schwierigkeiten. Es gibt zwar wenige Vorstände oder Geschäftsführer, die keine agile Organisation wollen. Aber die konsequente Umsetzung hängt auch am Wertesystem der Management-Teams. Die Unterstützung durch die Management-Teams ist unerlässlich und sie sind auch häufig eine treibende Kraft bei agilen Transformationen. Auf Teamebene funktionieren die agilen Prozesse gut, bis sie an Grenzen der Organisationsstruktur kommen, das mittlere Management hingegen sucht häufig nach der eigenen zukünftigen Rolle. Da die Verantwortung stärker in die Teams geht, stellt sich die Frage, welchen Zweck Teamleiter oder Abteilungsleiter noch zukünftig haben. "Ober sticht Unter" behindert meistens kundenzentrierte Prozesse. Dennoch benötigen kundenzentrierte Prozesse und Strukturen klare Rahmenbedingungen und Führung.
Der Kunde im Fokus
Prozesse und Strukturen, aber auch HR-Instrumente wie Zielvereinbarungen oder Anreizsysteme wurden bisher stark in Richtung Management ausgerichtet und fokussierten hauptsächlich auf die Aufrechterhaltung der Pyramide, während der Kunde aus dem Fokus geriet. Dies förderte eine höhere Loyalität der Mitarbeiter gegenüber der Hierarchie als gegenüber dem Kunden. Die Organisation drehte sich hauptsächlich nur noch um sich selbst und verlor dabei den Kunden aus dem Blick – dies förderte insgesamt eher die Trägheit des Unternehmens als ihre Agilität.
Silo-Strukturen als größter Verhinderer von Agilität
Es ist nicht nur die Hierarchie, die zur Verhinderung von Kundenzentrierung und Geschwindigkeit führt. Vor allem sind es die Silo-Strukturen in den Unternehmen.
Sind die Prozesse innerhalb der Organisation mithilfe agiler Methoden in agilere Bahnen gelenkt, verändern sich auch Verantwortungen und Zuständigkeiten in der Organisationsstruktur. Das Team rückt insgesamt stärker in den Mittelpunkt. Darüber hinaus werden mitunter neue Rollen benötigt, beispielsweise bei Scrum. Hierzu gehört zum einen der Product Owner, der als neuer Haupt-Produktverantwortlicher das Bindeglied zwischen Team, Kunde und Stakeholdern darstellt. Zum anderen wird ein Scrum Master benötigt, der dafür sorgt, dass das Team bestmögliche Bedingungen zum Arbeiten vorfindet und sich kontinuierlich verbessern kann. Der Scrum Master räumt Hindernisse aus dem Weg, moderiert Meetings und löst Konflikte. Diese neuen Rollen und die Verteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern müssen in den Organisationsstrukturen verankert werden. In der Praxis treffen wir in der Regel 4 gängige Organisationsmodelle im Kontext von Agilität an.