Rz. 32
Im Zusammenhang mit einer Kündigung wird der Arbeitnehmer bei Tätigkeiten mit Kundenkontakten häufig von der Arbeitsleistung freigestellt. Losgelöst von der Problematik der Zulässigkeit einer solchen Freistellung führt die Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist regelmäßig nicht zu einer Erfüllung der Urlaubsansprüche. Offene Urlaubsansprüche hat der Arbeitgeber daher mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten.
Nach der Rechtsprechung des BAG führt selbst die Vereinbarung einer unwiderruflichen Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in einem Aufhebungsvertrag nicht zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen, wenn dies nicht ausdrücklich aufgenommen ist. Die zeitgleich getroffene Vereinbarung der Erledigung aller beiderseitigen Ansprüche ist als Erlassvertrag unwirksam, soweit gesetzliche Urlaubsansprüche betroffen sind. Insoweit besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch.
Nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer nach Aufgabe der Surrogatstheorie auf den Anspruch auf Abgeltung von noch offenem Urlaub verzichten. Eine Ausgleichsklausel in einem Vergleich, die regelt, dass sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sind, erfasst grundsätzlich auch den Urlaubsabgeltungsanspruch. Im Hinblick auf den Schutzzweck von § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ist hingegen eine während des laufenden Arbeitsverhältnisses getroffene Vereinbarung, die den Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung ausschließt oder beschränkt, unwirksam.
Will der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Urlaubsgewährung erfüllen, muss daher eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, dass die Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf noch offene Urlaubsansprüche erfolgt. Die Zusage der Vergütungszahlung bei unstreitig bestehendem Vergütungsanspruch muss nicht ausdrücklich erklärt werden.
Beispiel
"Hiermit kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis ordentlich zum … Beginnend ab morgen teilen wir Ihnen zunächst Ihren restlichen Urlaub in der Zeit vom (Beginn) bis (Ende) zu. Im Anschluss an die vollständige Urlaubserteilung sind Sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich von der Arbeit freigestellt, wobei anderweitiger Verdienst nach § 615 Satz 2 BGB anzurechnen ist."
Mit der Erklärung der Anrechnung von Zwischenverdienst wird allerdings zum Ausdruck gebracht, dass den Arbeitgeber die Aufnahme der Tätigkeit bei einem Wettbewerber nicht stört. Ist dies nicht gewollt, muss ergänzend deutlich erklärt werden, dass mit der Freistellung eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots nicht verbunden ist.
Selbst wenn der Arbeitgeber die zeitliche Lage des Urlaubs und die Zahl der Urlaubstage nicht festlegt, kann der Arbeitnehmer einer solchen Erklärung entnehmen, dass der Arbeitgeber entweder die gesamte Zeit als Urlaub gewährt oder zumindest dem Arbeitnehmer überlässt, die zeitliche Lage der ihm zustehenden Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraums zu bestimmen. Enthält ein Aufhebungsvertrag eine sogenannte Sprinterklausel wird in der Regel die gebotene Auslegung ergeben, dass der Urlaubsanspruch zu Beginn der Freistellung erfüllt werden soll.
Die fehlende zeitliche Festlegung kann allerdings dazu führen, dass für die über die Urlaubsdauer hinausgehende Freistellung die Anrechnung von Zwischenverdienst des Arbeitnehmers nach § 615 Satz 2 BGB ausscheidet. Dies gilt auch dann, wenn die Freistellung rechtswidrig erfolgt ist. Der Vergütungsanspruch ergibt sich in diesem Fall aus § 615 Satz 1 BGB. Es fehlt jedoch der Vorbehalt der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB, den das BAG bei Freistellung unter Urlaubsgewährung abweichend von der gesetzlichen Grundregel fordert.
Bei einer jahresübergreifenden Kündigungsfrist kann die Freistellungserklärung auch im Vorgriff auf das kommende Urlaubsjahr abgegeben werden. Soll dabei nicht nur der gekürzte Vollurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG erfüllt werden, vielmehr vorsorglich der Jahresurlaubsanspruch für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung, bedarf dies einer eindeutigen Erklärung.
Ist der Arbeitnehmer mit der Urlaubszuweisung nicht einverstanden (s. hierzu unten Rz. 73), hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Unterbleibt die Mitteilung, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer damit einverstanden ist. Ein späteres Urlaubsabgeltungsverlangen des Arbeitnehmers ist, wenn nicht der Urlaubsanspruch durch ordnungsgemäße Festlegung erfüllt ist, zumindest rechtsmissbräuchlich.
Rz. 33
Eine widerrufliche Freistellung ist auf keinen Fall geeignet, den Urlaubsanspruch zu erfüllen. Die Erklärung "Sie werden ab sofort bis auf Widerruf unter Fortbezahlung der Bezüge und unter Anrechnung ihres Resturlaubsanspruches freigestellt" geht daher ins Leere. Hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer unwiderruflich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt, kommt eine nachträgliche Zuweisung oder Anrechnu...