Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung betriebsratsinterner Wahlen. Gruppenschutz. Beteiligung der Gruppe im Betriebsrat. Anfechtung der Wahlen zum Betriebsratsvorsitzenden, Ausschußmitglied, freizustellenden Betriebsratsmitglied
Leitsatz (amtlich)
- Gesetzesverstöße bei der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters, der Mitglieder der Betriebsratsausschüsse und der von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellenden Betriebsratsmitglieder müssen grundsätzlich in einem Wahlanfechtungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 19 BetrVG binnen einer Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe der Wahl gerichtlich geltend gemacht werden.
- Gehört jeder Gruppe mindestens ein Drittel der Mitglieder des Betriebsrats an, erfolgt die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreters nach § 26 Abs. 2 BetrVG in einem einheitlichen Wahlgang (Aufgabe von BAG Beschluß vom 19. März 1974 – 1 ABR 44/73 – AP Nr. 1 zu § 26 BetrVG 1972).
- Besteht in einer Gruppe des Betriebsrats bei der Ausübung ihres Vorschlagsrechts für eine betriebsratsinterne Wahl eine Pattsituation, so ist diese durch Losentscheid aufzulösen; das Vorschlagsrecht geht nicht auf das Betriebsratsplenum über (Anschluß an BAGE 55, 90 = AP Nr. 7 zu § 38 BetrVG 1972 und an BAG Beschluß vom 26. Februar 1987 – 6 ABR 55/85 – AP Nr. 5 zu § 26 BetrVG 1972).
- Wird eine betriebsratsinterne Wahl wegen eines Verstoßes gegen Gruppenschutzbestimmungen angefochten, so sind sämtliche Mitglieder der betroffenen Betriebsratsgruppe am Verfahren beteiligt.
Normenkette
BetrVG §§ 19, 26 Abs. 2, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 2, § 38 Abs. 2, § 47 Abs. 2; ArbGG § 83 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 22.01.1991; Aktenzeichen 6 TaBV 108/90) |
ArbG Essen (Beschluss vom 05.09.1990; Aktenzeichen 4 BV 46/90) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 1991 – 6 TaBV 108/90 – aufgehoben, soweit auf die Beschwerde des Antragstellers festgestellt worden ist, daß der Antragsteller stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ist. Insoweit wird die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Essen vom 5. September 1990 – 4 BV 46/90 – zurückgewiesen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden sowie über die Wirksamkeit der Beschlüsse des Betriebsrats über die Freistellung eines seiner Mitglieder und dessen Entsendung in einen sogenannten Koordinationsausschuss.
Im Betrieb E… der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 6) fand vom 14. bis 17. Mai 1990 die regelmäßige Betriebsratswahl in Form einer Gruppenwahl statt. Aus ihr ist der aus elf Mitgliedern, nämlich sieben Arbeitern und vier Angestellten, bestehende Betriebsrat (Beteiligter zu 2) hervorgegangen. Der Antragsteller und die Angestellte B… (Beteiligte zu 5) wurden über die “Liste 1”, die Angestellten H… (Beteiligter zu 3) und P… (Beteiligter zu 4) über die “Liste 2” der Angestellten in den Betriebsrat gewählt.
Auf Einladung des Vorsitzenden des Wahlvorstands für die Betriebsratswahl, E…, fand am 29. Mai 1990 die konstituierende Sitzung des Betriebsrats statt, in der es zu den umstrittenen Wahlen und Beschlüssen kam. Die Betriebsratsmitglieder bestimmten E… zum Wahlleiter. Dieser bat um Vorschläge für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden. Hierzu schlug die Gruppe der Arbeiter den Arbeiter Bo… vor. Die Angestellte B… schlug den Angestellten N… (Antragsteller) vor. Die anderen Angestellten schwiegen hierzu. In geheimer Wahl erhielten der Arbeiter Bo… neun und der Antragsteller zwei Stimmen. E… stellte fest, daß der Arbeiter Bo… zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden sei. Bo… nahm die Wahl an. Der Antragsteller erhob Einspruch mit der Begründung, der Betriebratsvorsitzende und sein Stellvertreter würden zugleich in einem einzigen Wahlgang gewählt. E… wies darauf hin, es sei nur der Betriebsratsvorsitzende gewählt worden, der Stellvertreter müsse in einem gesonderten Wahlgang gewählt werden.
Nachdem E… die Sitzung verlassen und Bo … die Sitzungsleitung übernommen hatte, bat er um Vorschläge für die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden. Von den Angestellten wurden der Angestellte H… und der Antragsteller vorgeschlagen. Bo … forderte die Gruppe der Angestellten auf, sich auf einen Vorschlag zu einigen. Der Antragsteller lehnte dies mit dem Hinweis ab, eine Beratung über einen gemeinsamen Vorschlag sei zwecklos. Die Gruppe der Angestellten stimmte in zwei Wahlgängen über einen gemeinsamen Wahlvorschlag ab. In beiden Wahlgängen wurde Stimmengleichheit erzielt. Darauf schlug die Gruppe der Arbeiter den Angestellten H… für die Wahl zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden vor. Dem widersprach der Antragsteller mit der Begründung, zwischen H… und ihm müsse das Los entscheiden. Der Betriebsratsvorsitzende Bo… entgegnete, der Losentscheid hätte vor dem ersten Wahlgang beantragt werden müssen. Der Antragsteller und die Angestellte B… erklärten sofort, daß sie sich an der Wahl nicht beteiligen würden. Danach wurde der Angestellte H… mit allen übrigen Stimmen zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt.
Sodann wurden die Wahlen der zwei freizustellenden Betriebsratsmitglieder vorgenommen. Die Gruppe der Arbeiter schlug hierzu den Arbeiter Bo… vor und wählte ihn in geheimer Wahl einstimmig. Für die Wahl des auf die Gruppe der Angestellten entfallenden freizustellenden Betriebsratsmitgliedes schlugen die Angestellten wiederum sowohl den Angestellten H… als auch den Antragsteller vor. Der Betriebsratsvorsitzende Bo… forderte die Gruppe der Angestellten vergeblich auf, sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zu einigen. Der Antragsteller stellte den Antrag, das Los entscheiden zu lassen, falls sich nach dem ersten und einem Wiederholungswahlgang Stimmengleichheit ergeben sollte. Der Betriebsratsvorsitzende Bo… beantragte, durch Beschluß des Betriebsrats zu bestimmen, ob über die Freistellung durch Los entschieden werden solle oder nicht. Hiergegen erhob der Antragsteller Einspruch und erklärte, weder er noch die Angestellte B… würden sich an der Beschlußfassung beteiligen. Die Angestellte B… bestätigte dies auf Befragen. Durch Handzeichen wurde sodann beschlossen, keinen Losentscheid herbeizuführen. Darauf schlug die Gruppe der Arbeiter den Angestellten H… für eine gemeinsame Wahl vor. Der Antragsteller und die Angestellte B… weigerten sich wiederum, an der Wahl teilzunehmen. Die anderen neun Betriebsratsmitglieder wählten den Angestellten H… zum freizustellenden Betriebsratsmitglied.
Anschließend wurden die in den sogenannten Koordinationsausschuß zu entsendenden beiden Mitglieder des beteiligten Betriebsrats gewählt. Der Koordinationsausschuß setzt sich aus je zwei Mitgliedern aller Betriebsräte zusammen, die im Bereich der Niederlassung R… der beteiligten Arbeitgeberin bestehen. Die Wahlen hierzu wurden in gleicher Weise wie die der freizustellenden Betriebsratsmitglieder durchgeführt. Die Gruppe der Arbeiter wählte wiederum den Arbeiter Bo…. Von den Angestellten wurden erneut der Antragsteller und der Angestellte H… vorgeschlagen. Die Gruppe der Angestellten konnte sich auch diesmal nicht auf einen Vorschlag einigen. Hierauf schlug die Gruppe der Arbeiter den Angestellten H… vor, der sodann ohne Beteiligung des Antragstellers und der Angestellten B… mit neun Stimmen in den Koordinationsausschuß gewählt wurde.
Am 5. Juni 1990 leiteten der Antragsteller und die Angestellte B… das vorliegende Beschlußverfahren ein. Sie haben geltend gemacht, der Antragsteller sei wirksam zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden, weil der Betriebsrat gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nur zwischen dem aus der Gruppe der Arbeiter vorgeschlagenen Arbeiter Bo… und dem für die Angestellten vorgeschlagenen Antragsteller zu wählen gehabt habe, wer von beiden Betriebsratsvorsitzender und wer dessen Stellvertreter werden solle. Der Wahlleiter E… habe nur zum Ausdruck gebracht, es sollten Vorschläge für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden gemacht werden, nicht aber, es solle in zwei Wahlgängen gewählt werden, geschweige denn, es sollten unterschiedliche Vorschläge für den Vorsitzenden und den Stellvertreter gemacht werden. Der zweite Wahlgang, durch den der Angestellte H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden sei, hätte nicht stattfinden dürfen und sei deshalb unwirksam. Die Entscheidungen des Betriebsrats über die Freistellung und über die Entsendung des Angestellten H… in den Koordinationsausschuß seien unwirksam. Die in beiden Fällen gegebene Pattsituation hätte nur durch einen Losentscheid aufgelöst werden dürfen, nicht aber durch einen Beschluß des Betriebsratsplenums.
Der Antragsteller sowie – nur im ersten Rechtszug – die Angestellte B… haben beantragt
festzustellen, daß
- die Wahl des Betriebsratsmitgliedes Heinz H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ungültig ist;
- der Antragsteller N… stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ist;
- die Wahl des Betriebsratsmitgliedes Heinz H… zum freizustellenden Betriebsratsmitglied ungültig ist;
- die Wahl des Betriebsratsmitgliedes Heinz H… als Mitglied für den Koordinierungsausschuß der Betriebsräte der Niederlassung R… ungültig ist.
Der Betriebsrat und – nur im ersten Rechtszug – der Angestellte H… haben beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie haben entgegnet, es widerspreche der Regelung in § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht, den Betriebsratsvorsitzenden und seinen Stellvertreter in getrennten Wahlgängen zu wählen. Demgemäß habe E… erklärt, daß zuerst nur der Vorsitzende gewählt werden solle, dieser sodann die weitere Leitung der Betriebsratssitzung übernehmen und dann die weiteren Wahlgänge durchführen lassen solle. Dabei habe E… deutlich gemacht, daß der Vorsitzende und sein Stellvertreter in zwei getrennten Wahlgängen gewählt werden sollten, und betont, er bitte zunächst nur um Vorschläge für den Vorsitzenden, alles weitere werde dann vom Vorsitzenden behandelt. Beide Wahlen seien ordnungsgemäß durchgeführt worden. Für die Wahl des Stellvertreters des Betriebsratsvorsitzenden habe kein ordnungsgemäßer Vorschlag aus der Gruppe der Angestellten vorgelegen. Das Vorschlagsrecht sei deshalb auf das Betriebsratsplenum übergegangen. Ein Losentscheid sei nicht zwingend vorgeschrieben. Keinesfalls sei der Antragsteller zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden. Falls die Wahl des Vorsitzenden und des Stellvertreters in einem einzigen Wahlgang hätte durchgeführt werden müssen, wären die Mitglieder der Gruppe der Angestellten bei ihrem Vorschlag und der Betriebsrat bei seiner Wahl von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Die Angestellten hätten dann nicht den Antragsteller, sondern den Angestellten H… vorgeschlagen. Deshalb sei nicht auszuschließen, daß es in einem solchen Fall zu anderen Vorschlägen oder Entscheidungen gekommen wäre.
Die Entscheidung über die Freistellung des Angestellten H… sei fehlerfrei getroffen worden. Es bestehe auch insoweit keine Pflicht, die Pattsituation innerhalb der Gruppe durch Losentscheid aufzulösen. Vielmehr sei bei Stimmengleichheit ein Mitglied der betroffenen Gruppe durch eine Mehrheitsentscheidung des Plenums freizustellen. Dies diene der demokratischen Legitimation des freigestellten Betriebsratsmitgliedes besser als ein Losentscheid.
Der Beschluß über die Entsendung des Angestellten H… in den Koordinationsausschuß sei ebenfalls rechtsfehlerfrei ergangen. Insoweit fehle es bereits an einer Regelung, nach der die Gruppen selbst zu entscheiden hätten, wer aus ihrer Mitte in den Ausschuß entsandt werde. Der Koordinationsausschuß beruhe allein auf einer Betriebsvereinbarung, die zwar die Zusammensetzung des Ausschusses regele, für die Wahl seiner Mitglieder jedoch keinen Gruppenschutz vorschreibe.
Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 1 und 3 stattgegeben und die beiden übrigen Anträge zurückgewiesen. Auf die hiergegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht auch den beiden anderen Anträgen stattgegeben. Die andererseits vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Ziel der Zurückweisung aller Anträge weiter, während der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde hat nur Erfolg, soweit das Landesarbeitsgericht dem Antrag auf Feststellung, daß der Antragsteller stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ist, stattgegeben hat. Dieser Antrag ist nicht begründet. Dagegen konnte die weitergehende Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Die mit den Anträgen zu 1, 3 und 4 bekämpften Wahlen des Angestellten H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, zum freizustellenden Betriebsratsmitglied und zum Mitglied des Koordinationsausschusses hat das Landesarbeitsgericht mit Recht für unwirksam erklärt.
I. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht nicht sämtliche zur Gruppe der Angestellten gehörenden Betriebsratsmitglieder am Verfahren beteiligt hat. Dieser auch im dritten Rechtszug noch von Amts wegen zu berücksichtigende Fehler führt im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Zurückverweisung der Sache an die Beschwerdeinstanz.
1. Hinsichtlich aller vier Anträge waren nicht nur der Antragsteller, der Betriebsrat, die Arbeitgeberin und der Angestellte H… gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG Verfahrensbeteiligte, sondern auch die beiden weiteren zur Gruppe der Angestellten gehörenden Betriebsratsmitglieder B… und P…. Bei allen vier Anträgen geht es gleichermaßen um den Schutz der Gruppe der Angestellten innerhalb des Betriebsrats bei den Wahlen von Betriebsratsmitgliedern in bestimmte Betriebsratsämter oder funktionen unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungsautonomie der Gruppe. Dies betrifft die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters nach § 26 Abs. 2 BetrVG ebenso wie die Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder (vgl. § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG). Um dieselbe Frage geht es bei der Wahl der in den Koordinationsausschuß zu entsendenden Mitglieder, für die der Antragsteller den Gruppenschutz in Anspruch nimmt, während der Betriebsrat meint, für diese Wahl sei kein Gruppenschutz vorgeschrieben. Durch jede der begehrten Entscheidungen wird die betriebsverfassungsrechtliche Position der Gruppe der Angestellten unmittelbar betroffen (vgl. zu § 26 Abs. 2 BetrVG: BAG Beschluß vom 26. Februar 1987 – 6 ABR 55/85 – AP Nr. 5 zu § 26 BetrVG 1972, unter B II 1 der Gründe; zu § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG: BAGE 55, 90, 92 = AP Nr. 7 zu § 38 BetrVG 1972, unter B II 1 der Gründe). Die Beteiligung der Gruppe kann indessen nicht in vergleichbarer Weise wie die des Betriebsrats durchgeführt werden. Die Beteiligung des Betriebsrats in einem gerichtlichen Verfahren erfolgt gemäß § 26 Abs. 3 BetrVG durch seinen Vorsitzenden. Die im Betriebsrat vertretenen Gruppen der Angestellten und der Arbeiter haben jedoch keine eigenen Organe, durch die sie in einem gerichtlichen Verfahren vertreten werden könnten. Deshalb kann die Beteiligung der Gruppe gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG nur in der Weise erfolgen, daß in dem Verfahren sämtliche Mitglieder der Gruppe zu hören sind. Trotz dieser Art der Durchführung der Beteiligung geht es dabei nicht um die Rechtsstellung des einzelnen Gruppenmitgliedes, sondern um die Betroffenheit der rechtlichen Stellung der Gruppe insgesamt.
2. Die unterbliebene Anhörung eines Verfahrensbeteiligten durch die Vorinstanz führt jedoch dann nicht zur Zurückverweisung der Sache, wenn die Anhörung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ergibt, daß die nachzuholende Anhörung des bisher nicht gehörten Beteiligten durch die Tatsacheninstanz zur weiteren Sachaufklärung nichts beitragen kann. Dies ist hier der Fall. Der Senat hat die Gruppe der Angestellten insgesamt im Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt, indem er neben dem Antragsteller (Angestellter N…) und dem Angestellten N…, die in allen Instanzen beteiligt waren, erneut die Angestellte B… und erstmals den Angestellten P… beteiligt und ihnen allen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Hiervon haben sie keinen Gebrauch gemacht. Außer dem Antragsteller hat sich kein Angestellter im dritten Rechtszug auch nur gemeldet.
II. 1. Die Anträge zu Ziff. 1, 3 und 4 stellen trotz ihres auf eine Feststellung gerichteten Wortlauts Wahlanfechtungsanträge dar. Dies ergibt die auch in der Rechtsbeschwerde gebotene und mögliche Auslegung der Anträge unter Berücksichtigung der hierzu vom Antragsteller vorgebrachten Begründungen. Der Antragsteller will alle drei Wahlen des Beteiligten H… für unwirksam erklären lassen, weil hierbei Wahlvorschriften verletzt worden seien, die dem Gruppenschutz dienen. Damit macht er Umstände geltend, die zwar die Anfechtbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit der angefochtenen Wahlentscheidungen zur Folge haben können. Dem Antragsteller geht es nicht um die Feststellung gerade der Nichtigkeit der angegriffenen Betriebsratsbeschlüsse, sondern um ihre Beseitigung durch Richterspruch. Der dafür rechtlich vorgegebene Weg ist der des Wahlanfechtungsverfahrens.
2. Im Betriebsverfassungsgesetz fehlt eine ausdrückliche Regelung der Rechtsfolgen bei fehlerhaften betriebsratsinternen Wahlen. Nur für die Betriebsratswahl selbst bestimmt das Gesetz in § 19 BetrVG, daß sie bei Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften binnen einer Frist von zwei Wochen seit Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht angefochten werden kann. Danach führen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur in Ausnahmefällen zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Der Betriebsrat bleibt grundsätzlich so lange im Amt, bis die Betriebsratswahl aufgrund einer Wahlanfechtung rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist. Diese gesetzliche Rechtsfolgenregelung dient der Rechtssicherheit. Mit der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung und Bedeutung des Betriebsrats wäre es unvereinbar, wenn die Gültigkeit seiner Wahl immer wieder in Zweifel gezogen werden könnte und es längere Zeit ungewiß bliebe, ob der Betriebsrat überhaupt rechtmäßig amtiert. Deshalb nimmt es der Gesetzgeber im Interesse einer funktionierenden Betriebsverfassung hin, daß auch der unter Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften gewählte Betriebsrat endgültig im Amt bleibt, wenn die Wahl nicht rechtzeitig angefochten wird, und daß er bei erfolgreicher Anfechtung sein Amt erst mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verliert. Angesichts der Sonderregelung des § 19 BetrVG kann die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl, die jederzeit von jedermann geltend gemacht werden könnte, nur bei so schwerwiegenden offensichtlichen Gesetzesverstößen angenommen werden, daß nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt.
Das Fehlen einer entsprechenden Anfechtungsregelung für betriebsratsinterne Wahlen bedeutet nun aber nicht, daß ein Gesetzesverstoß bei solchen Wahlen stets und ohne weiteres die Nichtigkeit der Wahl zur Folge haben müßte. Die Rechtsfolgen sind vielmehr nach dem Schutzzweck der verletzten Rechtsnormen und dem im Betriebsverfassungsgesetz zum Ausdruck gekommenen Wertmaßstab zu bestimmen. Die Wahrung der Rechtssicherheit spielt nicht nur bei der Wahl des Betriebsrats selbst, sondern auch bei betriebsratsinternen Wahlen eine entscheidende Rolle. Die betriebsratsinternen Wahlen schaffen erst die organisatorischen Grundlagen der Betriebsratstätigkeit. Dies gilt namentlich für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters (§ 26 BetrVG) sowie für die Wahl der weiteren Mitglieder des Betriebsausschusses (§ 27 BetrVG) und der Mitglieder weiterer Betriebsratsausschüsse (§ 28 BetrVG). Die erforderliche Rechtssicherheit gebietet es hier, die Anfechtungsregelung des § 19 BetrVG auf diese die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats herstellenden betriebsratsinternen Wahlen entsprechend anzuwenden mit der Folge, daß die Gewählten so lange im Amt bleiben, bis die Wahl aufgrund einer fristgebundenen Anfechtung durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung für unwirksam erklärt worden ist. Das hat der Senat bereits für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters sowie für die Wahl der weiteren Mitglieder des Betriebsausschusses entschieden, wobei er jedes einzelne Betriebsratsmitglied als anfechtungsberechtigt angesehen hat (BAG Beschlüsse vom 13. November 1991 – 7 ABR 8/91 – und – 7 ABR 18/91 –, beide zur Veröffentlichung bestimmt).
Für die Wahl der von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach § 38 Abs. 2 BetrVG gilt nichts anderes. Auch die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern dient der Herstellung der vollen Funktionsfähigkeit des Betriebsrats. Seine Funktionsfähigkeit wäre beeinträchtigt, wenn längere Zeit ungewiß bliebe, ob die Freistellungswahl überhaupt rechtsgültig vorgenommen worden ist. Dem auch für diese Funktion als freigestelltes Betriebsratsmitglied bestehenden Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit trägt das Gesetz in gleicher Weise Rechnung wie bei gewählten Mitgliedern der Ausschüsse des Betriebsrats. Ebenso wie diese können auch die freigestellten Betriebsratsmitglieder aus dieser Funktion nur mit der qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats bzw. der Gruppe abberufen werden (§ 38 Abs. 2 Satz 10, § 27 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 Satz 5 BetrVG). Dies rechtfertigt die entsprechende Anwendung der Anfechtungsregelung des § 19 BetrVG auch auf die betriebsratsinterne Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder (ebenso: GK-Wiese, BetrVG, 4. Aufl., Nachtrag, § 38 Rz 50; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 38 Rz 91; wohl auch Blanke in Däubler/Kittner/Klebe/ Schneider, BetrVG, 3. Aufl., § 38 Rz 62).
3. Im Streitfall ist die zweiwöchige Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt. Die hier angefochtenen betriebsratsinternen Wahlen haben am 29. Mai 1990 stattgefunden. Am 5. Juni 1990 hat der Antragsteller, der als Betriebsratsmitglied anfechtungsberechtigt ist, das vorliegende Beschlußverfahren eingeleitet. Damit steht einer Sachprüfung der Anträge des Antragstellers nichts im Wege.
III. 1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag zu 1 stattgegeben und die Wahl des Angestellten H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden als unwirksam erachtet.
a) Diese Wahl war schon deshalb für unwirksam zu erklären, weil sie entgegen § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht in demselben Wahlgang wie die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden vorgenommen worden ist, sondern in einem vom Gesetz nicht vorgesehenen gesonderten Wahlgang.
Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters hatte sich im vorliegenden Fall nach § 26 Abs. 2 BetrVG zu richten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift schlägt jede Gruppe im Betriebsrat aus ihrer Mitte je ein Mitglied für den Vorsitz vor, wenn ihr mindestens ein Drittel der Mitglieder des Betriebsrats angehört. Dies ist hier der Fall. Von den elf Mitgliedern des Betriebsrats gehören sieben der Gruppe der Arbeiter und vier der Gruppe der Angestellten an.
Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG wählt der Betriebsrat “aus den beiden Vorgeschlagenen den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter”. Dies gilt jedenfalls, wenn – wie hier – der Vorsitzende und sein Stellvertreter zu wählen sind. Wie zu verfahren ist, wenn nur einer der beiden nachzuwählen ist, kann hier dahinstehen, weil ein solcher Fall nicht vorliegt.
Sind – wie hier – der Vorsitzende des Betriebsrats und sein Stellvertreter zu wählen, so kann der Betriebsrat nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nur bestimmen, wer von den beiden Vorgeschlagenen Betriebsratsvorsitzender und wer dessen Stellvertreter sein soll; andere Vorschläge oder Wahlen sind nicht möglich (vgl. BAG Beschluß vom 19. März 1974 – 1 ABR 44/73 – AP Nr. 1 zu § 26 BetrVG 1972, zu III 2 der Gründe, m.w.N. mit Anm. Küchenhoff).
Zwar wurde es im angeführten Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 19. März 1974 für nicht ausgeschlossen erachtet, die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG in zwei getrennten Wahlgängen durchzuführen (BAG, aaO, unter III 3 der Gründe). Hieran hält der inzwischen für diese Rechtsfrage allein zuständige erkennende Senat nicht fest. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wählt im Fall des § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG das Plenum des Betriebsrats den Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter “aus den beiden Vorgeschlagenen”. Damit beschränkt das Gesetz die Wahlfreiheit des Betriebsrats auf die Entscheidung, welcher der beiden ihm von den Gruppen autonom und für das Plenum bindend vorgeschlagenen Bewerber Vorsitzender und wer dementsprechend zwangsläufig dessen Stellvertreter sein soll. Dem Plenum des Betriebsrats steht also nur ein Auswahlrecht zwischen den Vorschlägen der beiden Gruppen zu. Deshalb ist es mit § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht vereinbar, aus den beiden Gruppenvorschlägen zunächst einen der Bewerber zum Betriebsratsvorsitzenden zu wählen, den unterlegenen Kandidaten aber nicht als Stellvertretenden Vorsitzenden anzuerkennen, sondern den stellvertretenden Vorsitzenden in einem weiteren Wahlgang zu wählen. Denn dann würden der Vorsitzende des Betriebsrats und dessen Stellvertreter gerade nicht mehr “aus den beiden Vorgeschlagenen” gewählt. Sein gesetzliches Auswahlrecht zwischen den beiden Vorgeschlagenen kann der Betriebsrat nur ausüben, wenn der Vorschlag der einen Gruppe in demselben Wahlgang zur Wahl steht wie der Vorschlag der anderen Gruppe.
Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters muß daher in einem einzigen Wahlgang durch das Betriebsratsplenum aus den beiden jeweils von ihrer Gruppe Vorgeschlagenen erfolgen.
Hiermit ist die Wahl des Angestellten H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden unvereinbar. Sie ist nicht gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG in einem einheitlichen Wahlgang zugleich mit der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden erfolgt, sondern in einem gesonderten Wahlgang.
b) Zudem ist die Wahl des Angestellten H… auch aus dem vom Landesarbeitsgericht angeführten Grund anfechtbar. Kommt es für den Wahlvorschlag einer Gruppe nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG innerhalb der Gruppe zu einer Pattsituation, so ist diese durch Losentscheid aufzulösen. Auch in einem solchen Fall geht das Vorschlagsrecht nicht auf das Betriebsratsplenum über (vgl. zu § 26 Abs. 2 BetrVG: BAG Beschluß vom 26. Februar 1986 – 6 ABR 55/85 – AP Nr. 5 zu § 26 BetrVG 1972, unter B II 4d der Gründe; ferner zu § 38 Abs. 2 BetrVG: BAGE 55, 90, 94 f. = AP Nr. 7 zu § 38 BetrVG 1972, unter B II 3d der Gründe, jeweils m.w.N.).
Die insoweit von der Rechtsbeschwerde vertretene Ansicht, eine Entscheidung durch das Betriebsratsplenum gewähre dem Betriebsratsmitglied eine bessere demokratische Legitimation als ein Losentscheid, hält der Senat nicht für durchschlagend. Nach der eindeutigen Regelung des Gesetzes steht im Fall des § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG der jeweiligen Gruppe ein die andere Gruppe bindendes eigenes Vorschlagsrecht zu. Dieses Recht geht nicht auf das Plenum und damit auch nicht auf die Mitglieder der anderen Gruppe über, wenn die vorschlagsberechtigte Gruppe selbst darüber entscheiden will, wen sie vorschlägt, und wenn ihr für eine solche Entscheidung noch selbst ein in demokratischen Wahlen übliches Mittel zur Auflösung einer Pattsituation zur Verfügung steht. Der Losentscheid ist ein solches Mittel. Er steht der Gruppe immer zur Verfügung.
2. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu 2 auf Feststellung, daß der Antragsteller stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ist, zu Unrecht stattgegeben. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde Erfolg.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Ansicht gemeint, der Antragsteller sei durch seine Nominierung für den Betriebsratsvorsitz und die anschließende Wahl des Vorsitzenden durch das Betriebsratsplenum, bei der auf den Arbeiter Bo… neun und auf den Antragsteller zwei Stimmen entfallen seien, zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden. Die Wahl nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG habe nur einheitlich erfolgen können. Der Antragsteller sei als einziger aus der Gruppe der Angestellten vorgeschlagen worden, seiner Benennung habe kein anwesendes Mitglied der Angestelltengruppe widersprochen. Unter den beteiligten Betriebsratsmitgliedern habe auch keine Unstimmigkeit darüber bestanden, daß mit der Benennung des Arbeiters Bo… durch die Gruppe der Arbeiter und mit der Benennung des Antragstellers für die Gruppe der Angestellten das Verfahren hinsichtlich des Vorschlags der Kandidaten für den Betriebsratsvorsitz abgeschlossen gewesen sei, so daß die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden – wie geschehen – ohne Widerspruch eines an der Wahl Beteiligten habe durchgeführt werden können.
b) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß im Fall des § 26 Abs. 2 BetrVG der Betriebsratsvorsitzende und dessen Stellvertreter in einem einheitlichen Wahlgang aus den beiden von ihrer jeweiligen Gruppe Vorgeschlagenen zu wählen sind (vgl. oben unter III 1a). Gleichwohl ist der Antragsteller nicht wirksam zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden. Denn es fehlte nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt für ihn an einem rechtswirksamen Wahlvorschlag. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters nach § 26 Abs. 2 BetrVG setzt voraus, daß jede der beiden Gruppen mit ihrem Wahlvorschlag nicht nur auf die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden abzielt, sondern gerade auf die gleichzeitige Wahl des Vorsitzenden des Betriebsrats und dessen Stellvertreters. Jede Gruppe muß davon ausgehen, einer der beiden Vorgeschlagenen werde zum Betriebsratsvorsitzenden, der andere werde zwangsläufig im selben Wahlgang zu dessen Stellvertreter gewählt. Der Wahlleiter hat die Gruppen zu den entsprechenden Wahlvorschlägen aufzufordern. Zudem muß es sich bei den Vorschlägen um solche jeweils der Gruppe und nicht nur einzelner Gruppenmitglieder handeln. Der Wahlleiter muß auch unter diesem Gesichtspunkt eindeutige Vorschläge einholen. Schlägt ein Gruppenmitglied ein anderes vor, so muß sich der Wahlleiter in geeigneter Form vergewissern, ob es sich dabei um den Vorschlag der ganzen Gruppe handelt. Gegebenenfalls muß er die Gruppe auffordern und ihr Gelegenheit geben, ihrerseits durch eine gruppeninterne Wahl den Vorschlag der Gruppe für nur einen Kandidaten herbeizuführen.
Das ist hier nicht geschehen. Der Antragsteller wurde zwar von dem beteiligten Betriebsratsmitglied B… aus der Angestelltengruppe für den Betriebsratsvorsitz vorgeschlagen. Dieser Vorschlag war aber kein solcher der Angestelltengruppe. Er beruhte nicht auf einem von der Angestelltengruppe gefaßten Beschluß, sondern war ein persönlicher Vorschlag eines Mitglieds der Angestelltengruppe. Der Wahlleiter E… hätte sich vergewissern müssen, ob die Beteiligte B… den Antragsteller namens der Gruppe als deren Sprecherin oder nur im eigenen Namen vorschlug. Ohne eine Klarstellung, daß nur die Gruppe als solche einen Kandidaten für den Betriebsratsvorsitz benennen könne, und daß er demgemäß einen Vorschlag der gesamten Angestelltengruppe erwarte, konnte der Wahlleiter entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts das Schweigen der übrigen Mitglieder der Angestelltengruppe nicht als Zustimmung zu dem Vorschlag der Beteiligten B… auffassen.
3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dagegen dem Antrag zu 3 stattgegeben und die Wahl des Angestellten H… zum freizustellenden Betriebsratsmitglied als unwirksam angesehen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung dieser Entscheidung ausgeführt, der Beschluß des Plenums des Betriebsrats über die Freistellung des Angestellten H… verletze § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG. Nach dieser hier anzuwendenden Norm entscheide die Gruppe selbst, wer aus ihrer Mitte freigestellt werden solle. Entstehe dabei eine Pattsituation, so sei diese durch Losentscheid aufzulösen, nicht aber durch den Beschluß des Betriebsratsplenums.
b) Diese Ausführungen sind rechtsfehlerfrei. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Auflösung einer Pattsituation bei der Entscheidung einer Gruppe über die Freistellung ihrer Mitglieder nach § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG zugrunde gelegt (vgl. BAGE 55, 90, 94 f. = AP Nr. 7 zu § 38 BetrVG 1972, zu B II 3d der Gründe). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die hiergegen von der Rechtsbeschwerde geäußerte Ansicht, im Fall der Pattsituation innerhalb der Gruppe gewähre eine Entscheidung durch das Plenum des Betriebsrats dem Betriebsratsmitglied eine bessere demokratische Legitimation, vermag der Senat aus denselben Erwägungen, wie er sie oben zur Frage der Pattsituation bei einem Gruppenvorschlag nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wiedergegeben hat (B III 1 b), nicht zu teilen. Auch im Fall der Pattsituation bei der Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder durch die Gruppe nach § 38 Abs. Satz 4 BetrVG geht das Entscheidungsrecht zumindest so lange nicht auf das Plenum des Betriebsrats über, wie der entscheidungswilligen Gruppe noch ein demokratisches Mittel zur Auflösung der Pattsituation zur Verfügung steht. Dementsprechend ist die Wahl des Angestellten H… unwirksam, weil sie nicht auf einem Vorschlag der Gruppe der Angestellten beruht.
4. Ebenso zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag zu 4 entsprochen und die Wahl des Angestellten H… zum Mitglied des Koordinationsausschusses für unwirksam erachtet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, für die Wahl der in den Koordinationsausschuß zu entsendenden Mitglieder des Betriebsrats sei § 47 Abs. 2 BetrVG entsprechend heranzuzuiehen. Entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 3 BetrVG hätte die Gruppe der Angestellten selbst bestimmen müssen, wer aus ihrer Mitte in den Koordinationsausschuß entsandt werde. Die Wahl sei jedoch durch das Betriebsratsplenum erfolgt und deshalb unwirksam.
b) Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis und im Kern seiner Begründung zu folgen.
aa) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen zwar nicht erkennen, ob es sich bei dem Koordinationsausschuß um einen Ausschuß handelt, der dem Gesamtbetriebsrat in Teilen seiner Funktionen entspricht und für dessen Bildung und Zusammensetzung deshalb die Regeln über den Gesamtbetriebsrat entsprechend heranzuziehen sein könnten, oder ob es sich hierbei um einen auf der Vereinbarung mit der Arbeitgeberin beruhenden gemeinsamen weiteren Ausschuß mehrerer Betriebsräte in entsprechender Anwendung des § 28 BetrVG handelt, so daß für die Entsendung in diesen Ausschuß Wahlen entsprechend § 28 Abs. 2 Satz 1 in Verb. mit § 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG durchzuführen wären. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. In beiden Fällen war es Sache nur der Gruppe, den auf sie entfallenden Gruppenvertreter zu wählen. Kommt es hierbei zu einer Pattsituation, so ist diese wie in den Fällen des § 26 Abs. 2 Satz 1 oder des § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG durch Losentscheid, nicht aber durch ein Votum des Betriebsratsplenums aufzulösen. Ein Losentscheid ist hier nicht vorgenommen worden. Die Wahl des Angestellten H… in den Koordinationsausschuß ist unwirksam, weil sie nicht durch die Gruppe der Angestellten erfolgt ist, sondern durch das Betriebsratsplenum.
bb) Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, für die Wahl der in den Koordinationsausschuß zu entsendenden Mitglieder komme es auf betriebsverfassungsrechtliche Gruppenschutzbestimmungen, insbesondere die des § 47 Abs. 2 Satz 3 BetrVG nicht an, weil in der Betriebsvereinbarung, auf der die Bildung des Koordinationsausschusses beruhe, hierüber nichts geregelt sei. Zwar ist davon auszugehen, daß der für die Betriebe der Niederlassung R… der Arbeitgeberin eingerichtete Koordinationsausschuß seinem Typus nach nicht im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen ist und er deshalb auf einer Vereinbarung mit der Arbeitgeberin beruht. Indessen muß die Bildung eines solchen Ausschusses den Grundprinzipien des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechen. Ein wesentliches Grundprinzip des Betriebsverfassungsgesetzes besteht aber gerade im Gruppenschutz, wie die Regelungen in § 26 Abs. 2, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 2, § 38 Abs. 2, § 47 Abs. 2, § 55 Abs. 1 BetrVG zeigen. Selbst wenn das Organisationsstatut für den Koordinationsausschuß insoweit keine Regelungen enthält, muß das Gruppenschutzprinzip des Betriebsverfassungsgesetzes gewahrt bleiben, wenn die Betriebsräte wählen, welche beiden ihrer Mitglieder in den Koordinationsausschuß entsandt werden sollen.
IV. Nach allem hat die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der Wahl des Antragstellers zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Erfolg, nicht jedoch hinsichtlich der Wahlen des Beteiligten H… zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, zum freizustellenden Betriebsratsmitglied und zum Mitglied des Koordinationsausschusses. Diese drei Wahlen waren für unwirksam zu erklären, wie es in der Beschwerdeinstanz geschehen ist.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Schliemann, Dr. Johannsen, Dr. Klebe
Fundstellen
Haufe-Index 838616 |
BAGE, 228 |
NZA 1992, 1091 |