Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlberechtigung von Zeitungszustellern
Leitsatz (redaktionell)
1. Zusteller einer Tageszeitung sind in der Regel wahlberechtigte Arbeitnehmer iS der §§ 5, 7 BetrVG.
2. Das Wahlrecht ist nicht durch die Teilzeittätigkeit außerhalb der Räume des Betriebes eingeschränkt.
3. Ein Betriebsteil gilt dann als betriebsratsfähiger Betrieb iS des § 4 Satz 1 Nr 2 BetrVG, wenn er nicht nur hinsichtlich seiner Funktion, sondern auch hinsichtlich seiner Organisation in der Weise eine gewisse Eigenständigkeit hat, daß in ihm der wesentliche Kern der der betrieblichen Mitbestimmung unterliegenden Arbeitgeberfunktionen auszuüben ist.
Verfahrensgang
Gründe
A. Die drei Antragsteller fechten die bei der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 5) am 22. März 1990 durchgeführte Wahl des Betriebsrates (Beteiligter zu 4) mit der Begründung an, die etwa 1700 Zusteller der Arbeitgeberin seien zu Unrecht als nicht wahlberechtigt behandelt worden.
Die in F ansässige Arbeitgeberin befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb eigener Zeitungen, darunter einer Tageszeitung, deren Verbreitungsgebiet vorrangig den südlichen Schwarzwald (ab Lahr im Norden bis Donaueschingen im Osten) einschließlich des angrenzenden Rheintales umfaßt. Die Arbeitgeberin beschäftigt etwa 530 Angestellte und ca. 90 Arbeiter. Sie setzt, verteilt über das gesamte Verbreitungsgebiet ihrer als Abonnementszeitung vertriebenen Tageszeitung sowie der von ihr verlegten Anzeigenblätter, insgesamt etwa 1700 Zusteller ein. Die Zusteller üben nur Teilzeittätigkeiten aus. Der zeitliche Umfang der Einsätze der Zusteller ist unter den Beteiligten teilweise streitig.
Die drei Antragsteller sind für die beteiligte Arbeitgeberin als Zeitungszusteller mit einer wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von etwa 28 Stunden gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von etwa 2.000,-- DM in Zustellbezirken innerhalb der Stadt bzw. des Altkreises F tätig.
Alle Zusteller der Arbeitgeberin sind in der betrieblichen Zuordnung sogenannten Inspektoren, teilweise auch Geschäftsstellenverwaltern, die gleichzeitig die Aufgabe eines Inspektors ausüben, unmittelbar unterstellt. Die Inspektoren leiten die jeweiligen Zustelldienste. Die Zustelldienste sind in der Stadt F der Abteilung Vertrieb-Stadt, im Altkreis F der Abteilung Vertrieb-Land zugeordnet, die beide ihrerseits unmittelbar der stellvertretenden Vertriebsleitung unterstellt sind. Sie ist der Vertriebsleitung nachgeordnet, die ihrerseits der Geschäftsleitung ebenso unmittelbar unterstellt ist wie andere Abteilungen, z.B. Redaktion, Archiv, Presseabteilung. Zusammengefaßt gibt es eine "Personalabteilung/Hauptbuchhaltung/EDV/Personalbuchhaltung", die ebenfalls der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellt ist. Im übrigen Verwaltungsgebiet sind die von den Inspektoren geleiteten Zustelldienste den von der Arbeitgeberin unterhaltenen Geschäftsstellen organisatorisch zugeordnet. Die Geschäftsstellen ihrerseits sind der bereits bezeichneten Vertriebsleitung unterstellt. Insgesamt gibt es 19 Inspektoren. In weiteren vier Fällen üben die Geschäftsstellenleiter in Personalunion auch die Aufgabe des Inspektors aus.
Innerhalb ihrer räumlichen Zuständigkeiten obliegt es den Inspektoren bzw. den vier Geschäftsstellenleitern, die in Personalunion auch Inspektoren sind, die Zusteller zu werben, sie einzustellen, aber auch, sie gegebenenfalls zu entlassen, ferner, für Aushilfen bei Urlaub und Krankheit der Zusteller zu sorgen, alle Zustellvorgänge zu überwachen, für einen effizienten Einsatz der vom Verlag zur Verfügung gestellten Zusteller("Träger")ausstattung Sorge zu tragen und bei Reklamationen die Nachlieferung der Zeitungen pp. zu organisieren. Dabei haben die Inspektoren bzw. Geschäftsstellenleiter für den Abschluß der Verträge mit den Zustellern von der Arbeitgeberin erstellte Formular-Arbeitsverträge zu verwenden. Sie haben ferner alle Unterlagen und Daten für das Lohnbüro in F zum Zweck der Abrechnung der Vergütung der Zusteller zu erstellen und zu übermitteln. Daneben obliegt den Inspektoren bzw. Geschäftsstellenleitern die Verkaufsförderung unter anderem mit Hilfe der von den Zustellern selbst zu erstellenden Nichtleserlisten, mit Hilfe von Gesprächen mit den Trägern über Werbung neuer Leser, aber auch durch Anordnung und Überwachung der Streuung der Probelieferungen durch die Zusteller.
Bei der Arbeitgeberin besteht seit langer Zeit ein Betriebsrat. In der Vergangenheit wurden bei Betriebsratswahlen die Zusteller nicht als wahlberechtigte Arbeitnehmer angesehen. Auch anläßlich der Vorbereitung der vorliegenden Wahl und des Wahlausschreibens vom 16. Januar 1990 nahm der Wahlvorstand in die Wählerliste keine Zusteller auf, sondern nur etwa 530 Angestellte und ca. 90 Arbeiter. Mit seinem Schreiben vom 1. Februar 1990 erhob der Antragsteller zu 1 Einspruch gegen die Nichtberücksichtigung der Zusteller und begehrte die Aufnahme der Zusteller in die Wählerliste. Der Wahlvorstand teilte ihm mit seinem Schreiben vom 12. Februar 1990 mit:
"Der Wahlvorstand hält Ihren Einspruch vom 1. Fe-
bruar 1990 nicht für begründet. Zusteller sind
zwar Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG. Sie
gehören jedoch einem Nebenbetrieb gemäß § 4
BetrVG an und können deshalb einen eigenen Be-
triebsrat wählen.
Eine Beteiligung der Zusteller an der Wahl des
Betriebsrates des Verlags (Hauptbetrieb) würde im
übrigen dem Sinn des Betriebsverfassungsgesetzes
und den Interessen der vollbeschäftigten Arbeit-
nehmer eindeutig widersprechen, die dadurch zu
einer kleinen Minderheitengruppe würden. Das
würde den sozialen Frieden im Betrieb nachhaltig
gefährden."
Am 21. Februar 1990 reichten die Antragsteller zu 1 und 2 einen Wahlvorschlag mit 16 Namen nebst Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber und 54 Stützungsunterschriften für die Liste der Zusteller beim Wahlvorstand für die streitbefangene Betriebsratswahl ein. Der Wahlvorstand entgegnete hierauf, die Listen hätten keine Bedeutung, weil die Zusteller für diese Wahl weder wahlberechtigt noch wählbar seien. Ein vom Antragsteller zu 1 mit seinem Schriftsatz vom 13. Februar 1990 angestrengtes Beschlußverfahren mit dem Ziel, ihn und alle anderen Zusteller in die Wählerliste aufnehmen zu lassen, wurde nicht zu Ende geführt. Aus diesem Verfahren hat sich das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren entwickelt.
Die Wahl des aus elf Mitgliedern bestehenden Betriebsrates erfolgte am 22. März 1990. Mit ihrem am 29. März 1990 eingereichten Schriftsatz fechten die drei Antragsteller diese Wahl an.
Die Antragsteller haben geltend gemacht, alle Zusteller der beteiligten Arbeitgeberin seien Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG und deshalb gemäß § 7 BetrVG für die Wahl des Betriebsrates wahlberechtigt. Der Grundsatz der formalen Wahlgleichheit verbiete eine einschränkende Auslegung des § 7 BetrVG. Nach Art und Umfang der Tätigkeit dürfe im Rahmen von § 7 BetrVG nicht unterschieden werden, vielmehr stehe auch teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern das aktive Wahlrecht zu. Angesichts der Struktur des Betriebes könne auch nicht davon ausgegangen werden, die Zusteller bildeten insgesamt oder jeweils bezogen auf den einzelnen Zustellungsbereich einen betriebsratsfähigen Betriebsteil im Sinne des § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG. Den Inspektoren fehle es insoweit an einer hinreichenden Leitungsbefugnis. Ebensowenig handele es sich bei den Zustellern um einen Nebenbetrieb oder um einen als selbständig geltenden Betriebsteil.
Die Antragsteller haben beantragt:
Es wird festgestellt, daß
a) die Betriebsratswahl in der Gesamtheit nichtig
bzw. ungültig ist;
b) hilfsweise, daß die Wahl in der Gruppe der Ar-
beiter nichtig ist;
c) hilfsweise, daß die Wahl in der Gruppe der Ar-
beiter ungültig ist.
Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat hat entgegnet: Eine Teilnahme der Zusteller an der Betriebsratswahl müsse ausscheiden. Anderenfalls entstünde ein von den Zustellern vollkommen majorisiertes Betriebsratsgremium, welches aufgrund mangelnder Sachkompetenz und fehlender Vertrautheit der Zusteller mit betriebsinternen Problemen zu einer interessengerechten Vertretung der Arbeitnehmer ungeeignet sei. Eine sachgerechte Auslegung des § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG ergebe, daß die Zusteller einen kraft Organisation und Aufgabengebiet betriebsratsfähigen Betriebsteil bildeten. Die Kompetenz der für die Einstellung und der Entlassung zuständigen Inspektoren genüge für die hierzu erforderliche Leitungsfunktion.
Die Arbeitgeberin hat erwidert, eine an Sinn und Zweck des Betriebsverfassungsgesetzes orientierte Auslegung des § 7 BetrVG ergebe, daß Zeitungszusteller nicht zu den wahlberechtigten Arbeitnehmern im Sinne dieser Bestimmung zu rechnen seien. Insoweit sei auf eine funktional geprägte Betrachtungsweise abzustellen. Anderenfalls würde der Betriebsrat durch die Zusteller majorisiert. Wären alle 1700 Zusteller wahlberechtigte Arbeitnehmer, so müßte der Betriebsrat aus 19 Mitgliedern bestehen, von denen 16 gewerbliche Arbeitnehmer wären. Angesichts der Stimmenverhältnisse würden sich diese 16 Mitglieder fast ausschließlich aus Zustellern rekrutieren. Damit wäre der Betriebsrat völlig in der Hand der Zusteller. Zwischen den Zustellern und den übrigen Arbeitnehmern beständen auch keine sich überschneidenden Interessen, die eine gemeinsame Vertretung erforderlich oder auch nur sinnvoll erscheinen lassen könnte. Vielmehr bildeten die einzelnen Zustellungsbereiche selbständige Betriebsteile nach § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG. Für jeden dieser Betriebsteile könne ein eigener Betriebsrat für die Zusteller konstituiert werden. Es fehle nicht am erforderlichen eigenen Leitungsapparat. Die wesentlichen mitbestimmungsrechtlich relevanten personellen Angelegenheiten für die Zusteller würden nicht zentral von der Arbeitgeberin, sondern vor Ort von den Inspektoren geregelt und entschieden. Die Benutzung von Musterarbeitsverträgen sowie die Tatsache, daß die Lohnbuchhaltung und Lohnauszahlung zentral durchgeführt werden, stehe dem nicht entgegen.
Das Arbeitsgericht hat die am 22. März 1990 durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam erklärt. Die hiergegen vom Betriebsrat und von der Arbeitgeberin eingelegten Beschwerden hat das Landesarbeitsgericht unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel, den Antrag zurückweisen zu lassen, weiter, während die Antragsteller beantragen, die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrates und der beteiligten Arbeitgeberin sind nicht begründet.
Wie schon das Arbeitsgericht hat auch das Landesarbeitsgericht die Betriebsratswahl vom 22. März 1990, aus der der beteiligte Betriebsrat hervorgegangen ist, zu Recht für unwirksam erklärt.
Bei der Wahl ist dadurch gegen § 7 BetrVG als einer wesentlichen Vorschrift über das Wahlrecht (vgl. § 19 Abs. 1 BetrVG) verstoßen worden, daß für die Wahl nur die etwa 530 Angestellten und die etwa 90 Arbeiter der beteiligten Arbeitgeberin, jedoch keiner der etwa 1700 für sie tätigen Zusteller als wahlberechtigte Arbeitnehmer behandelt worden sind. Dieser Verstoß läßt den Schluß nicht zu, hierdurch habe das Ergebnis der Wahl insgesamt objektiv weder geändert oder beeinflußt werden können.
I. Das Landesarbeitsgericht ist ohne nähere Darstellung im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BetrVG für die Anfechtung einer Betriebsratswahl gewahrt sind. Die Wahrung dieser Vorschriften ist erforderlich. Die Verkennung der Wahlberechtigung und die darauf beruhende Nichtzulassung zur Wahl hat jedenfalls dann, wenn man - wie hier - über die Rechtslage streiten kann, nicht die jederzeit zu beachtende Nichtigkeit einer Betriebsratswahl zur Folge, sondern nur deren frist- und formgebundene Anfechtbarkeit (vgl. BAGE 26, 107, 110 = AP Nr. 2 zu § 19 BetrVG 1972, unter II 1 der Gründe). Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BetrVG sind gewahrt. Die drei Antragsteller haben als wahlberechtigte Arbeitnehmer die am 22. März 1990 durchgeführte Wahl mit ihrem gemeinsamen beim Arbeitsgericht am 29. März 1990 eingereichten Schriftsatz, der eine hinreichende Begründung enthält, angefochten.
II. Das Landesarbeitsgericht hat "die Zusteller", d.h., alle ca. 1700 Zusteller, die für die Arbeitgeberin tätig sind, als wahlberechtigte Arbeitnehmer im Sinne des § 7 BetrVG angesehen und insoweit ausgeführt: Wahlberechtigt nach § 7 BetrVG seien alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dabei bestimme sich die Arbeitnehmereigenschaft nach § 5 BetrVG. Diese Vorschrift setze wiederum den allgemeinen arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff voraus. Die Zusteller übten vorliegend eine weisungsabhängige Tätigkeit aus und seien in die betriebliche Organisation des Verlages eingegliedert. Sie seien aufgrund privatrechtlichen Vertrages im Dienste der Arbeitgeberin zur Leistung fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des § 7 BetrVG der Begriff des Arbeitnehmers ist, wie er für das Betriebsverfassungsgesetz in § 5 Abs. 1 BetrVG definiert ist. Nach dieser Vorschrift sind "Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten". Dabei ist vorbehaltlich der Abweichungen in § 5 Abs. 2 bis 4 BetrVG vom allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers auszugehen (BAGE 26, 107, 115 = AP Nr. 2 zu § 19 BetrVG 1972, unter II 5 der Gründe).
a) Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von Rechtsverhältnissen eines freien Mitarbeiters (Dienstverhältnis) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welchem der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils zum Dienstberechtigten steht. Arbeitnehmer ist, wer seine Dienstleistung gegenüber einem Dritten im Rahmen einer von diesem Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird besonders dadurch deutlich, daß der Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; siehe auch Senatsbeschluß vom 29. Mai 1991 - 7 ABR 67/90 -, zur Veröffentlichung bestimmt, zu B II 2 b aa der Gründe, m.w.N.). Die Seltenheit oder kurze Dauer der Einsätze und die weitgehende Bestimmung der zu erbringenden Dienstleistung bereits im Vertrag selbst sprechen gegen eine persönliche Abhängigkeit des Dienstverpflichteten mit der Folge, daß kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Bei der Frage nach der persönlichen Abhängigkeit muß indessen vor allem auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit geachtet werden. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse gleichermaßen geltende Kriterien lassen sich insoweit nicht aufstellen. Eine Anzahl von Tätigkeiten kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (freien Mitarbeiterverhältnisses) erbracht werden. Maßgeblich für ein Arbeitsverhältnis ist, daß der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers verfügen darf (vgl. Senatsbeschluß vom 29. Mai 1991, aaO).
b) Über die Einordnung eines Rechtsverhältnisses als freier Dienstvertrag oder als Arbeitsvertrag entscheidet der Geschäftsinhalt, nicht dagegen eine von den Parteien lediglich gewählte Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt nicht entspricht. Der den Vertragstyp bestimmende Geschäftsinhalt ergibt sich aus den getroffenen Vereinbarungen oder aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend. Denn aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen lassen sich am ehesten Schlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 41, 247, 258 = AP, aaO, zu B II 3 der Gründe; Senatsbeschluß vom 29. Mai 1991, aaO, m.w.N.).
c) Der Arbeitnehmerbegriff ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs unterliegt in der Rechtsbeschwerde nur einer beschränkten Prüfung. Eine der Rechtsbeschwerde zugängliche Rechtsverletzung liegt nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (BAG Urteil vom 7. Dezember 1988 - 7 AZR 138/88 - AP Nr. 8 zu § 543 ZPO 1977, unter II 2 c der Gründe, m.w.N. - insoweit in BAGE 60, 270 nicht abgedruckt).
2. Gemessen an diesen Voraussetzungen halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts der Prüfung in der Rechtsbeschwerde zumindest insoweit stand, als es um die Arbeitnehmereigenschaft derjenigen Zusteller geht, die den Abonnenten die von der Arbeitgeberin verlegte Tageszeitung zustellen. Ob dies dagegen auch für diejenigen Zusteller zutrifft, die keine Tageszeitung zustellen, sondern z.B. nur einmal wöchentlich ein Anzeigenblatt oder Prospekte verteilen, kann dahinstehen. Selbst wenn die nur mit der Zustellung der Prospekte bzw. des Anzeigenblatts betrauten Zusteller mangels hinreichender persönlicher Abhängigkeit nicht als Arbeitnehmer angesehen werden sollten, bleibt ein erheblicher Kreis von Zustellern, für die das Landesarbeitsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Arbeitnehmereigenschaft bejaht hat, nämlich etwa 1200 Zeitungszusteller. Hierzu zählen auch die drei Antragsteller mit einer Wochenarbeitszeit von etwa 28 Stunden und einem Bruttomonatsentgelt von etwa 2000,-- DM.
a) Ohne Erfolg rügt die Arbeitgeberin, die Annahme, die für sie tätigen Austräger (Zusteller) seien als Arbeitnehmer anzusehen, beruhe auf einer mangelnden Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowie auf einer unzureichenden Ermittlung der Rechtsverhältnisse zwischen ihr und den für sie tätigen Zustellern.
Damit erhebt die Arbeitgeberin Verfahrensrügen. Sie müssen gemäß § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Rechtsbeschwerde geltend machen will. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt auch für auf § 286 ZPO gestützte Rügen des Inhaltes, das Landesarbeitsgericht habe bestimmten Sachvortrag übersehen. Auch bei der angeblich fehlenden Berücksichtigung von Parteivortrag bei der Tatsachenfeststellung muß genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Landesarbeitsgericht zu welcher Tatsachenfeststellung hätte gelangen müssen (vgl. BAG Urteil vom 7. Oktober 1987 - 5 AZR 116/86 - AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu V 1 der Gründe).
Die Arbeitgeberin hat in den Vorinstanzen nicht geltend gemacht, die für sie tätigen Zusteller bzw. Austräger seien keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG, sondern lediglich, sie seien nicht im Sinne des § 7 BetrVG wahlberechtigt. Erstmals in der Rechtsbeschwerdebegründung rügt sie, daß es sich bei den Zustellern bzw. Austrägern nicht um Arbeitnehmer handele. Daher hatten die Vorinstanzen keinen Anlaß, näheres zur Frage der Arbeitnehmereigenschaft der Zusteller auszuführen.
Die Arbeitgeberin trägt auch nicht vor, welche einzelnen Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts unrichtig oder zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sein sollen. Nach dem angefochtenen Beschluß kann das Landesarbeitsgericht gerade auch die Tatsachen, von denen die beteiligte Arbeitgeberin meint, das Landesarbeitsgericht habe sie verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, bei seiner Subsumtion mitberücksichtigt haben. Im Sachverhaltsteil des angefochtenen Beschlusses wird in Verbindung mit dem erstinstanzlichen Beschluß auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen. Aus den subsumierenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht erkennen, daß es die Tatsachen, die nach Auffassung der Arbeitgeberin zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sein sollen, tatsächlich nicht mit in seine rechtliche Bewertung hat einfließen lassen.
b) Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Landesarbeitsgericht hält der Prüfung in der Rechtsbeschwerde zumindest stand, soweit es um die Zeitungszusteller geht, die den Abonnenten die Tageszeitung zustellen. Insoweit läßt der angefochtene Beschluß auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Rechtsbeschwerde nicht erkennen, das Landesarbeitsgericht habe den unbestimmten Rechtsbegriff der Arbeitnehmereigenschaft bzw. des hinreichenden Grades der persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers verkannt oder rechtsfehlerhaft angewendet. Zumindest bei den Zeitungsausträgern, die in der Regel an sechs Tagen in der Woche die Tageszeitung zustellen, ist die Voraussetzung erfüllt, daß die Arbeitgeberin innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des jeweiligen Zustellers verfügen kann, nämlich an jedem Erscheinungstag der Zeitung für die Zeit von der Anlieferung der Zeitung am Verteilungspunkt bis zum Frühstück. Denn die Tageszeitung soll, wie die Arbeitgeberin selbst betont, morgens vor dem Frühstück zugestellt sein. Der so vorgegebene werktägliche zeitliche Rahmen ist zwar nicht exakt nach Stunden oder Minuten bestimmt, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, daß er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren ist. Darauf, ob die Arbeitgeberin dem jeweiligen Zeitungszusteller auch noch hinsichtlich der Reihenfolge der Zustellungen Anweisungen erteilt oder nicht oder sie hierzu in der Lage wäre, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
3. Soweit die Arbeitgeberin in der Rechtsbeschwerde erstmals meint, die vertraglichen Beziehungen zwischen ihr und dem jeweiligen Zusteller seien überhaupt nicht dem Dienstvertrag zuzuordnen, sondern dem Werkvertragsrecht mit der Folge, daß "Wiederkehrwerkvertragsverhältnisse" bestünden, kann ihr schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es an entsprechenden Tatsachenfeststellungen fehlt. Insoweit sind auch keine Verfahrensrügen erhoben worden.
III. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht auch darin, daß das Wahlrecht der Zusteller als Arbeitnehmer im Sinne des § 7 BetrVG weder entfällt noch eingeschränkt ist, weil die Tätigkeit nur als Teilzeittätigkeit ausgeübt wird.
1. Als Grund für eine Einschränkung des Wahlrechts der als Arbeitnehmer tätigen Zeitungszusteller wäre nur denkbar, daß ihnen mit Rücksicht auf den geringfügigen zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit und/oder darauf, daß sie ihre Tätigkeiten nicht innerhalb der räumlichen Grenzen einer geschlossenen Betriebsstätte ausüben, sondern individuell und allein tätig sind, die für das aktive Wahlrecht nach § 7 BetrVG vorausgesetzte Betriebszugehörigkeit fehlen könnte. Beides trifft jedoch nicht zu.
a) Wahlberechtigt nach § 7 BetrVG sind Arbeitnehmer nur, wenn sie betriebszugehörig sind (vgl. Senatsbeschluß BAGE 61, 7, 12 f. = AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972, zu B II 1 b der Gründe). Die Betriebszugehörigkeit setzt ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber und eine tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation voraus (vgl. Senatsbeschluß BAGE 61, 7, 13 = AP, aaO; auch BAG Urteil vom 21. Oktober 1980 - 6 AZR 640/79 - AP Nr. 17 Internat. Privatrecht Arbeitsrecht, zu II 3 d der Gründe).
aa) Die tatsächliche Eingliederung eines Arbeitnehmers in eine Betriebsorganisation ist nicht schon dann zu verneinen, wenn er in nur zeitlich geringem Umfang eingesetzt ist. Grundsätzlich ist die Betriebszugehörigkeit teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht in Frage zu stellen (vgl. Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 9; Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 7 Rz 25; Wank, RdA 1985, 1, 6 ff.; BAGE 26, 280, 284 = AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG 1972, unter III 3 der Gründe). Zwar vertritt ein Teil der Literatur, zuweilen unter Hinweis auf die Geringfügigkeitsgrenzen nach § 8 SGB IV, die Ansicht, die Betriebszugehörigkeit und damit das aktive Wahlrecht sei bei geringfügig teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern zu verneinen (vgl. Hanau, Festschrift für Gerhard Müller, S. 169, 172 ff.; Berger-Delhey, AfP 1990, 340, 344 f. und nochmals in AfP 1991, 566, 569 f. in seinen Anmerkungen zu den vorinstanzlichen Entscheidungen dieses Verfahrens; ähnlich Wank, RdA 1985, 1 ff., 12 für den Fall, daß die Zahl der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer überwiege; siehe auch Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rz 7 und § 7 Rz 8; anderer Ansicht aber Löwisch, RdA 1984, 197, 206 f.). Andererseits wird die Ansicht vertreten, weder die zeitliche Geringfügigkeit noch die hiermit einhergehende Geringfügigkeit des Arbeitsentgeltes könne zur Folge haben, daß die Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers verneint werde (vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 14; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 7 Rz 5; Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 7 Rz 25; Kreutz, Gedächtnisschrift für Dietrich Schultz, S. 209, 215; Becker, Die arbeitsrechtlichen Aspekte der Teilzeitbeschäftigung, S. 162 ff.; Lipke, GK-TzA, Art. 1 § 2 Rz 409; Plander, Anm. zum angefochtenen Beschluß, AiB 1991, 388 ff.; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 7 Rz 3; auch Schaffeld, AfP 1981, 265, 266, der gleichwohl ein Wahlrecht der Zeitungszusteller verneint; siehe auch Kohte, Anm. zum angefochtenen Beschluß, BB 1992, 137, 139). Letzteres trifft zu. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält keine Bestimmung, aus der sich ergibt, Teilzeitbeschäftigten fehle die Betriebszugehörigkeit, wenn sie nur in geringem Umfang beschäftigt seien. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage der Betriebszugehörigkeit bei Aushilfskräften, die nur hin und wieder beschäftigt werden. Ihnen fehlt außerhalb ihrer vereinbarten Einsatzzeit die Betriebszugehörigkeit unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Bestehens arbeitsvertraglicher Beziehungen, wenn ein Arbeitsvertrag nur jeweils für die Dauer ihres Einsatzes geschlossen wird. Anders dagegen steht es um Arbeitnehmer, bei denen die Betriebszugehörigkeit auf einem fortdauernden Arbeitsvertrag, wenn auch mit einem geringen Arbeitszeitvolumen beruht. Bei ihnen kann die Betriebszugehörigkeit nicht mit Rücksicht auf den geringen Arbeitsumfang verneint werden.
bb) Die Betriebszugehörigkeit ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu verneinen, daß die Zeitungszusteller nicht in der räumlichen Einheit des Betriebes der beteiligten Arbeitgeberin bzw. der von ihr unterhaltenen Geschäftsstellen tätig sind. Der Betriebsbegriff ist nicht in dem Sinne räumlich zu verstehen, daß mit der Grenze des Betriebsgrundstückes oder der Betriebsräume der Betriebsbereich ende. Sind einem Betrieb Mitarbeiter zugeordnet, die ihre Tätigkeit in der Regel nicht in den Räumen des Betriebes, sondern außerhalb der Räume des Betriebes verrichten, so hat dies nicht zur Folge, daß sie nicht als betriebszugehörig anzusehen wären. Vielmehr bleiben sie betriebszugehörig und, wenn die Voraussetzungen im übrigen vorliegen, auch wahlberechtigt. Dementsprechend hat der Wahlvorstand sogenannten Außenarbeitern, d.h. Wahlberechtigten, die im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, die Wahlunterlagen zuzusenden (vgl. § 26 Abs. 2 WahlO 1972).
b) Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, daß der Gesetzgeber mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG) 1985 zwar die Rechtsstellung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verbessert (Art. 1 Abschnitt 2 BeschFG 1985) und gleichzeitig die kündigungsschutzrechtliche Relevanz der Teilzeitbeschäftigung im Rahmen der Betriebsgröße (Arbeitnehmerzahl) nach § 23 Abs. 1 KSchG geändert hat, indem er Mindestarbeitszeiten vorausgesetzt hat, andererseits aber im Rahmen des Betriebsverfassungsrechts hinsichtlich der Teilzeitbeschäftigungen keine Änderungen durch den Gesetzgeber vorgenommen wurden. Dies ist um so mehr zu beachten, als Löwisch auf die betriebsverfassungsrechtliche Problematik Teilzeitbeschäftigter im Vorfeld des BeschFG gesondert hingewiesen hatte (RdA 1984, 197, 206; auch Löwisch/Schüren, BB 1984, 925 ff.).
Insgesamt entfällt daher hinsichtlich der Zeitungszusteller nicht ihre Betriebszugehörigkeit, weil sie nur teilzeitbeschäftigt sind und ihre Tätigkeit außerhalb der Betriebsräume ausüben (vgl. im Ergebnis auch Oetker, AuR 1991, 359 ff., 363 f., 365; Kohte, BB 1992, 137, 139).
2. Demgegenüber schlagen die Erwägungen der Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zur unzulässigen Majorisierung des Betriebsrates infolge einer Wahlberechtigung der (Zeitungs-)Zusteller nicht durch. Sie hätten zur Folge, daß den Zustellern kein Wahlrecht zustünde, obwohl sie Arbeitnehmer und betriebszugehörig sind.
Zwar können die Zusteller, wie der Betriebsrat und die Arbeitgeberin aufzeigen, die beherrschende Gruppierung innerhalb eines gegebenenfalls aus nicht 11, sondern 15 Mitgliedern bestehenden Betriebsrates bilden, wenn jedem Zeitungszusteller dasselbe Stimmrecht zusteht wie einem anderen betriebsangehörigen Arbeitnehmer der beteiligten Arbeitgeberin. Dies ergibt sich bereits aus den Zahlenverhältnissen. Etwa 530 Angestellten und ca. 90 Arbeitern stehen bis zu rund 1200 wahlberechtigte Zeitungszusteller gegenüber. In dem Übergewicht allein kann jedoch entgegen der Ansicht Hanaus (Festschrift für Gerhard Müller, S. 169 ff., 176) noch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Zwar mag die Geringfügigkeit einer Beschäftigung, zumal wenn sie sich auch noch räumlich nicht innerhalb des Betriebsgeländes oder der Betriebsräume vollzieht, dazu führen, daß der einzelne ein geringeres betriebsverfassungsrechtliches Schutzbedürfnis haben kann, als es bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vorliegen mag. Indessen ist für die Frage der Wahlberechtigung de lege lata nicht darauf abzustellen, wie groß das Schutzbedürfnis (subjektiv oder objektiv) einzuordnen sein oder wie "interessengerecht" ein Betriebsrat arbeiten können mag, sondern auf die sogenannte formelle Wahlgerechtigkeit. Sie besteht darin, daß jedem Wahlberechtigten unbeschadet seines Schutzbedürfnisses dasselbe Stimmrecht zusteht (ein Mann, eine Stimme).
IV. Ebenso ist das Landesarbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, die Wahlberechtigung der Zeitungszusteller scheitere nicht an § 4 BetrVG.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis darin zu folgen, daß der Bereich Zustellung keinen betriebsratsfähigen Nebenbetrieb im Sinne von § 4 Satz 2 BetrVG darstellt.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Begriff des Nebenbetriebes ausgegangen. Nebenbetriebe sind organisatorisch selbständige Betriebe, die unter einer eigenen Leitung einen eigenen Betriebszweck verfolgen, insoweit also die Voraussetzungen eines Betriebes erfüllen, jedoch in ihrer Aufgabenstellung in der Regel auf Hilfeleistungen für einen Hauptbetrieb ausgerichtet sind und den dort verfolgten (Haupt-)Betriebszweck unterstützen (vgl. statt vieler: Senatsbeschluß vom 29. Mai 1991 - 7 ABR 54/90 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, unter B II 1 der Gründe, m.w.N.).
b) Das Landesarbeitsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob mit der Zustellung ein eigener vom Hauptzweck verschiedener Arbeitszweck mit reiner Unterstützungsfunktion für den Verlag gegeben sei, andererseits aber ausgeführt, arbeitstechnischer Hauptzweck des Verlages seien die Herstellung und der Vertrieb einer Tageszeitung, wobei die Zustellung sich als letztes Glied in der Vertriebskette darstelle, so daß es nahe liege, die Zustellertätigkeit als mit dem Hauptzweck des Unternehmensteiles identisch anzusehen und einen eigenständigen, vom "Hauptunternehmen" verschiedenen Arbeitszweck zu verneinen. Es hat jedoch dann gemeint, es fehle an der für den Nebenbetrieb erforderlichen eigenständigen, voll ausgebildeten Betriebsorganisation.
c) Ob dem Landesarbeitsgericht in dieser Begründung zu folgen ist, mag dahinstehen. Es liegt schon deshalb kein Nebenbetrieb vor, weil die Zustellung der von der beteiligten Arbeitgeberin herausgegebenen Tageszeitung nicht als Hilfs- oder Unterstützungsfunktion des Hauptzweckes "Herausgabe einer Tageszeitung" zu verstehen ist, sondern sie den letzten Teil der betrieblichen Zweckrichtung, die darin besteht, eine Tageszeitung zu verlegen und zu vertreiben, bildet. Der Druck der Tageszeitung ist hier ausgegliedert; er erfolgt außerhalb des Unternehmens der Arbeitgeberin. Die Zustellung der Zeitungen ist auch keine reine Hilfs- und Unterstützungsfunktion im Hinblick auf die Zweckrichtung "Vertrieb" einer Tageszeitung. Der Vertrieb selbst umfaßt alle Funktionen, die erforderlich sind, damit als letztes Glied der Kette der Zeitungszusteller die Zeitung zum Empfänger tragen kann. Hierzu gehören die Organisation und die Durchführung des Versandes der Zeitungen bis zu den Zustellern, aber auch die kaufmännischen Seiten des Vertriebs wie Kundenwerbung, Abonnentenpflege usw.
2. Zutreffend hat aber das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß die betrieblichen Einheiten, in denen die Zeitungszusteller tätig sind, keine als selbständig geltenden Betriebsteile nach § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG sind.
a) Das Landesarbeitsgericht ist insoweit wiederum von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Begriff des Betriebsteils ausgegangen. Im Gegensatz zu einem Nebenbetrieb ist ein Betriebsteil in die Organisation eines Hauptbetriebes eingegliedert. Er ist ihm gegenüber räumlich und organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt, bleibt aber auf dessen Zweck ausgerichtet (vgl. Senatsbeschluß vom 29. Mai 1991 - 7 ABR 54/90 -, aaO, m.w.N).
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Voraussetzungen des § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG seien nicht erfüllt. Die Zustellbereiche, die den Vertriebsabteilungen der Arbeitgeberin in unter der Bezeichnung "Vertrieb-Land" und "Vertrieb-Stadt" zugeordnet sind, sowie alle übrigen Zustellbereiche, die einzelnen Geschäftsstellen zugeordnet sind, seien keine durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständigen Betriebsteile, wie es § 4 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfordere. Zwar sei insoweit nur auf eine relative Eigenständigkeit abzustellen. Der Begriff der eigenständigen Organisation erfordere aber, daß eine eigene Leitung auf der Ebene des verselbständigten Teiles eines Betriebes bestehe, insbesondere in sozialpolitischen, dem Mitbestimmungsrecht unterliegenden Fragen. Unter diesem Gesichtspunkt gelte ein Betriebsteil dann als betriebsratsfähiger Betrieb, wenn in dem Betriebsteil der Kern der Arbeitgeberfunktionen im Bereich der personellen und sozialen Mitbestimmung auszuüben sei.
Das Landesarbeitsgericht hat ferner angenommen, es sei ausgeschlossen, die Gruppe der Zusteller mit ihren jeweils übergeordneten Inspektoren als Betriebsteil mit eigenständiger Organisationsstruktur anzusehen. Zwar seien die Inspektoren zur Einstellung und Entlassung der Zusteller befugt. Dies reiche jedoch nicht aus, um die erforderliche Leitungsfunktion zu bejahen. Die Inspektoren müßten bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen unstreitig das von der Geschäftsleitung vorgegebene Vertragsformular verwenden und hätten insoweit keine Dispositionsbefugnis mehr. Die Inspektoren hätten auch keinerlei weitergehende Befugnisse im sozialen und personellen Bereich, mithin in allen übrigen, dem Mitbestimmungsrecht unterliegenden Fragen. Derartige Entscheidungen fielen vielmehr in den niedrigeren Vertriebsabteilungen für Stadt und Land am Hauptsitz der beteiligten Arbeitgeberin bzw. in den Geschäftsstellen außerhalb F , die wiederum unmittelbar der Vertriebsleitung in F unterstellt seien.
c) Bei dem Begriff des als selbständig geltenden Betriebsteils im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Seine Prüfung in der Rechtsbeschwerde ist nur beschränkt möglich (siehe oben unter B II 1 c). Den Tatsacheninstanzen steht bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Organisation um einen einzigen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG bzw. um mehrere Betriebe handelt oder ob daneben ein oder mehrere als selbständig geltende Betriebsteil(e) bestehen, ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Es handelt sich insoweit um eine Aneinanderreihung unbestimmter Rechtsbegriffe. Zudem ist der als selbständiger Betrieb fingierte Betriebsteil nach § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG gerade dadurch gekennzeichnet, daß er einerseits eine Teilfunktion des Hauptbetriebes erfüllt und dem Hauptbetrieb zu diesem arbeitstechnischen Zweck verbunden ist, andererseits aber gegenüber dem Hauptbetrieb räumlich und organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt sein soll. Je nach Grad der Verselbständigung kann es sich dann aber um einen eigenen Betrieb, um einen als selbständig geltenden Betriebsteil oder aber auch, falls der Grad der Eigenständigkeit nach Aufgabenbereich und Organisation nicht ausreicht, lediglich um einen unselbständigen Teil eines Betriebes handeln. Bei der Unterscheidung zwischen einem Betrieb und einem nach § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG als selbständiger Betrieb geltenden Betriebsteil ist daher nur auf eine relative Eigenständigkeit des Betriebsteiles abzustellen (vgl. BAGE 14, 82, 89 = AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG, zu II 2 der Gründe). Im Grundsatz kann ein Betriebsteil als Teil eines Betriebes nicht im strengen Sinne des Wortes "eigenständig" sein. Dies relativiert die Bedeutung des Begriffs "eigenständig" in § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG mit der Folge, daß insbesondere insoweit den Tatsachengerichten ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht.
d) Diesem begrenzten Prüfungsmaßstab halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stand.
Das Landesarbeitsgericht ist von zutreffenden Voraussetzungen für die Annahme eines als selbständiger Betrieb geltenden Betriebsteils im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG ausgegangen. Es hat zu Recht darauf abgestellt, daß ein Betriebsteil dann als betriebsratsfähiger Betrieb gilt, wenn er nicht nur hinsichtlich seiner Funktion eine gewisse Eigenständigkeit hat, sondern auch hinsichtlich seiner Organisation in der Weise, daß in ihm der wesentliche Kern der der betrieblichen Mitbestimmung unterliegenden Arbeitgeberfunktionen auszuüben ist. Das Landesarbeitsgericht ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise subsumierend zu dem Ergebnis gelangt, dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die insoweit von der Rechtsbeschwerde erhobenen Angriffe gehen fehl. Sie zeigen keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf, sondern höchstens die Möglichkeit, daß auch eine im Ergebnis andere Beurteilung noch innerhalb des den Tatsachengerichten zustehenden Beurteilungsspielraums liegen könnte. Eine solche Möglichkeit allein genügt jedoch nicht, um einen durch eine Rechtsbeschwerde zu beseitigenden Rechtsfehler anzunehmen.
V. Andererseits hat das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen, ob hinsichtlich der nicht in der Stadt und im alten Landkreis F angesiedelten Geschäftsstellen bzw. der diesen Geschäftsstellen zuzuordnenden Zeitungszusteller auch die Voraussetzungen des § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG vorliegen. Nach dieser Vorschrift gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 BetrVG erfüllen und vom Hauptbetrieb räumlich weit entfernt sind. Für eine Entscheidung über den vorliegenden Wahlanfechtungsantrag bedarf es einer Klärung dieser Frage nicht. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Denn selbst wenn davon ausgegangen wird, nur die Zeitungszusteller, die in der Stadt und im früheren Landkreis F mit der Zustellung der Tageszeitung betraut sind, seien als wahlberechtigte Arbeitnehmer für die Wahl des Betriebsrates in F zu berücksichtigen, liegen die Voraussetzungen für eine Wahlanfechtung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG vor. Denn dann hätte zumindest diese erhebliche Zahl von Zeitungszustellern berücksichtigt werden müssen. Es kann nicht festgestellt werden, daß dieser Verstoß gegen die wesentliche Vorschrift des § 7 BetrVG auf das Wahlergebnis hinsichtlich beider Arbeitnehmergruppen keinen Einfluß gehabt hätte. Denn bereits die dem Betrieb in F ohne weiteres zugehörigen Zeitungszusteller stellen eine so große Zahl wahlberechtigter Arbeitnehmer (Arbeiter) dar, daß deren Nichtteilnahme nicht ohne Einfluß auf das Wahlergebnis insgesamt geblieben sein kann, weil sich sonst zumindest die Relation der Gruppen im Betriebsrat (vgl. § 10 BetrVG), wenn nicht gar dessen Größe (vgl. § 9 BetrVG), verändert hätte.
Dr. Steckhan Kremhelmer Schliemann
Kordus Dr. Knapp
Fundstellen
Haufe-Index 440984 |
BAGE 69, 286-302 (LT1-3) |
BB 1992, 1486 |
BB 1992, 353 |
DB 1992, 1429-1432 (LT1-3) |
BetrVG, (1) (LT1-3) |
NZA 1992, 894 |
NZA 1992, 894-899 (LT1-3) |
RdA 1992, 223 |
SAE 1994, 69-75 (LT1-3) |
AP § 7 BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 1 |
AR-Blattei, ES 530.6.1 Nr 27 (LT1-3) |
AfP 1992, 192 |
ArbuR 1992, 91-92 (T) |
EzA § 7 BetrVG 1972, Nr 1 (LT1-3) |