Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösend bedingter Arbeitsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung in einem Arbeitsvertrag bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines sie sachlich rechtfertigenden Grundes, wenn und soweit dem Arbeitnehmer durch sie der Schutz zwingender Kündigungsschutzvorschriften genommen wird (Bestätigung von BAG Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr 9 zu § 620 BGB Bedingung).
2. Eine Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis eines beurlaubten Beamten der Deutschen Bundespost mit einer Selbsthilfeeinrichtung der Postbediensteten (hier: Versicherungsverein) endet, wenn die bewilligte Beurlaubung beendet und nicht verlängert wird, ist sachlich nicht gerechtfertigt, wenn die weitere Beurlaubung des Beamten jeweils von einer Mitwirkung des Arbeitgebers abhängt, die in dessen Belieben steht.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch den Eintritt einer vertraglich vereinbarten auflösenden Bedingung wirksam beendet worden ist.
Der Kläger war als Fernmeldehauptsekretär Lebenszeitbeamter bei der Deutschen Bundespost. Zuletzt war er beim Fernmeldeamt 1 in M tätig. Seit dem 1. Oktober 1983 erhielt er von seinem Dienstherrn jeweils für die Dauer eines Jahres Sonderurlaub ohne Dienstbezüge, um bei dem beklagten Versicherungsverein, einer von der Deutschen Bundespost anerkannten Selbsthilfeeinrichtung des Postpersonals, als Angestellter im Werbeaußendienst tätig sein zu können. Die letzte Beurlaubung erfolgte für den Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis zum 30. September 1989.
Die Parteien regelten ihre arbeitsrechtlichen Beziehungen durch schriftliche Arbeitsverträge, zuletzt mit ihrem Anstellungsvertrag vom 26. Januar/23. Februar 1987 für die Zeit ab 1. Januar 1987. Darin heißt es unter § 1 Nr. 2:
"Das Anstellungsverhältnis ist abhängig von der
Beurlaubung des Mitarbeiters durch die Deutsche
Bundespost (vgl. § 12 dieses Anstellungsvertra-
ges).
..."
und unter § 12:
"Beurlaubung bei der Deutschen Bundespost und
Versorgungszuschlag
1. Die Beurlaubung ist derzeit bis zum 30.09.1987
seitens der Deutschen Bundespost bestätigt.
2. Das Anstellungsverhältnis endet, wenn die
Deutsche Bundespost die Beurlaubung aufhebt
oder nach Ablauf nicht mehr verlängert.
3. Die KPV behält sich weiterhin vor - insbe-
sondere bei nicht genügender Eignung für den
Werbeaußendienst - die Aufhebung der Beur-
laubung und die Rückkehr in den Postdienst
auch vor Ablauf eines Jahres zu beantragen.
4. Ein etwaiger Weiterbeurlaubungsantrag ist vom
Mitarbeiter spätestens sechs Wochen vor Ablauf
der Beurlaubung unaufgefordert der KPV zur et-
waigen Weiterleitung an die Post und Befürwor-
tung vorzulegen. Die KPV behält sich jedoch in
jedem Einzelfall vor, zu prüfen, ob und/oder
zu welchen Vertragskonditionen die Beurlaubung
für ein weiteres Jahr bei der Deutschen Bun-
despost beantragt bzw. befürwortet wird.
5. Scheidet der Mitarbeiter freiwillig bei der
Deutschen Bundespost aus, endet zugleich auch
das Anstellungsverhältnis mit der KPV, es sei
denn, daß einvernehmlich ein geänderter Ein-
stellungsvertrag geschlossen wird. Für die KPV
besteht jedoch keine Verpflichtung, das Ver-
tragsverhältnis fortzusetzen.
6. Die KPV trägt den im Bundesdienst erforderli-
chen Versorgungszuschlag in Höhe von derzeit
30 % der derzeitigen Bruttobezüge (bei der
Post) des Mitarbeiters und entrichtet diesen
unmittelbar an die Deutsche Bundespost.
..."
Der Kläger verdiente bei dem Beklagten im wesentlichen auf Provisionsbasis zuletzt monatlich ca. 16.000,-- DM, sein Einkommen als Postbeamter lag zuletzt bei 3.500,-- DM monatlich.
Die Weiterbeurlaubungen durch die Deutsche Bundespost - Oberpostdirektion M - erfolgten wie bei anderen Postbeamten aufgrund dessen, daß der Kläger bei seinem Dienstherrn eine Weiterbeurlaubung unter Wegfall der Dienstbezüge beantragte, der Beklagte diese Beurlaubung "befürwortete" und er sich zur Weiterbeschäftigung des Klägers, zur Zahlung des Versorgungszuschlages und zur Erstattung der bei einer eventuellen Nachversicherung des Klägers erforderlichen Aufwendungen bereiterklärte. Im Jahre 1985 gab der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen dem Beklagten auf, die Zahl der bei ihm angestellten beurlaubten Beamten zu reduzieren und teilte mit, er beabsichtige, die Dauer der Beurlaubungen zu verkürzen. Am 4. Dezember 1987 forderte das Bundespostministerium den Beklagten erneut auf, über die Jahre 1988 und 1989 verteilt die Zahl der beurlaubten Postbeamten um zehn zu verringern.
Mit seinem Schreiben vom 12. Juni 1989 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Abmahnung mit der Begründung, der Kläger habe durch Vermittlungstätigkeit für eine fremde Versicherung gegen das vertragliche Nebentätigkeitsverbot verstoßen. Der Beklagte sei daher nicht bereit, die Beurlaubung bei der Deutschen Bundespost über den 30. September 1989 hinaus zu verlängern. Mit seinem Schreiben vom 29. Juni 1989 teilte der Beklagte der Oberpostdirektion M mit, er werde mit Rücksicht auf die eine Reduzierung der Zahl der beurlaubten Beamten fordernde Verfügung des Bundespostministers das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger über den 30. September 1989 hinaus nicht fortsetzen. Zugleich teilte er dem Kläger mit, er könne für ihn einen Antrag auf Weiterbeurlaubung nicht mehr stellen, weil das Bundespostministerium eine Verringerung der Zahl der beurlaubten Beamten verfügt habe; das Anstellungsverhältnis des Klägers ende deshalb zum 30. September 1989.
Mit ihrer Verfügung vom 31. August 1989 lehnte die Oberpostdirektion M die vom Kläger beantragte erneute Beurlaubung ab, weil der Beklagte keine weitere Beurlaubung beantragt und auch die erforderlichen Erklärungen zum Versorgungszuschlag und zur Nachversicherung nicht abgegeben hatte.
Mit seiner am 4. Juli 1989 eingereichten Klage wendet sich der Kläger gegen die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten infolge der Beendigung des Sonderurlaubs bei der Deutschen Bundespost. Der Kläger hat geltend gemacht: Die Vereinbarung der zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führenden Bedingung im Arbeitsvertrag sei mangels eines sie sachlich rechtfertigenden Grundes unwirksam. Zudem hänge der Eintritt der auflösenden Bedingung insoweit vom Willen des Beklagten ab, als die Deutsche Bundespost nur zur Weiterbeurlaubung des Klägers bereit gewesen wäre, wenn der Beklagte dies befürwortet und die erforderliche Erklärung zur Übernahme des Versorgungszuschlags bzw. zur Nachversicherung des Klägers abgegeben hätte. Der Beklagte habe den Eintritt der Bedingung auch treuwidrig herbeigeführt und die entsprechenden Erklärungen ohne sachlichen Grund verweigert. Etwaige Nebentätigkeiten des Klägers seien dem Landesdirektor G als seinem Vorgesetzten schon seit Jahren bekannt gewesen. Zudem sei dieser Sachverhalt durch die erteilte Abmahnung verbraucht und könne nicht mehr zur Rechtfertigung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dienen. Ebensowenig könne die vom Bundespostminister angestrebte Verringerung der Zahl der für den Beklagten tätigen beurlaubten Postbeamten die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, denn die Dienststelle des Klägers habe ihm noch am 9. August 1989 mitgeteilt, daß eine Verlängerung des bis 30. September 1989 erteilten Sonderurlaubs möglich sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis mit
dem Beklagten über den 30.9.1989 hinaus fort-
besteht;
2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet
war und ist, ihn über den 30.9.1989 hinaus
weiterzubeschäftigen;
hilfsweise,
3. den Beklagten zu verurteilen, der Oberpostdi-
rektion München gegenüber seine weitere Beur-
laubung für eine Tätigkeit bei ihm zu befür-
worten und sich gegenüber der Deutschen Bun-
despost zu verpflichten, den zur Aufrechter-
haltung einer ungeschmälerten Altersversorgung
erforderlichen Versorgungszuschlag an die Bun-
despost zu zahlen und alle etwaigen Nachversi-
cherungsbeiträge, die auf die Zeit bei dem Be-
klagten entfallen, der Deutschen Bundespost zu
erstatten, falls der Kläger irgendwann einmal
aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird.
4. den Beklagten zu verurteilen, ihn weiterzube-
schäftigen, wenn die Oberpostdirektion M
aufgrund eigener Entscheidung eine weitere Be-
urlaubung versagt, er jedoch sein Dienstver-
hältnis mit der Deutschen Bundespost beendet.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die vertraglich vereinbarte auflösende Bedingung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nämlich die fehlende Weiterbeurlaubung des Klägers durch die Deutsche Bundespost, sei eingetreten. Die Vereinbarung der auflösenden Bedingung sei auch wirksam, weil der Kläger nur entweder seinen Dienstpflichten bei der Bundespost oder seiner Tätigkeit bei dem Beklagten nachgehen könne, so daß die Fortführung des Anstellungsverhältnisses zwingend von der Weiterbeurlaubung des Klägers abhängig sei. Der Beklagte sei zu einer Befürwortung des Urlaubsgesuchs des Klägers nicht verpflichtet, ein Anspruch des Klägers bestehe insoweit nicht. Er habe die Weiterbeurlaubung des Klägers weder willkürlich noch treuwidrig verhindert, weil der Bundespostminister seit Jahren auf eine Reduzierung von Zahl und Dauer der Beurlaubungen gedrängt habe und der Beklagte sich nur an diese Vorgaben gehalten habe. Schließlich habe der Kläger gravierend gegen seine Vertragspflichten verstoßen und sei für ein Konkurrenzunternehmen, die M Krankenversicherung, tätig geworden. Der zuständige Vorstand des Beklagten, Herr P , habe hiervon erst im Mai 1989 durch Herrn G erfahren und daraufhin zu Recht die Abmahnung vom 12. Juni 1989 ausgesprochen. Die Tätigkeit des Klägers für ein fremdes Versicherungsunternehmen habe nicht unwesentlich zu der Entscheidung beigetragen, die Weiterbeurlaubung des Klägers nicht zu befürworten. Der Kläger habe ferner bei zahlreichen Anlässen geäußert, er beabsichtige, seinen Vorgesetzten G "abzuschießen", um dessen Stellung einzunehmen, und bei Tagungen dazu aufgefordert, den gesamten Vorstand des Beklagten zu "kippen".
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger nur noch die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 1989 hinaus fortbesteht. Im übrigen hat er in der mündlichen Revisionsverhandlung seine Klageanträge mit dem Einverständnis des Beklagten zurückgenommen. Der Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im aufrechterhaltenen Teil der Klage begründet. Entsprechend dem allein noch gestellten Antrag des Klägers war festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 1989 hinaus fortbesteht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, das Arbeitsverhältnis sei infolge der wirksam vereinbarten Bedingung (§ 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags) mit der Beendigung der Beurlaubung des Klägers aufgelöst worden; der Beklagte habe den Eintritt der Bedingung auch nicht treuwidrig herbeigeführt. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
1. Die Vereinbarung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags, wonach das Arbeitsverhältnis endet, wenn die Deutsche Bundespost die Beurlaubung aufhebt oder nach Ablauf nicht mehr verlängert, stellt eine auflösende Bedingung des Arbeitsvertrags dar. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ist die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung in einem Arbeitsvertrag grundsätzlich nach § 620 BGB zulässig; sie bedarf jedoch zu ihrer Wirksamkeit eines sie sachlich rechtfertigenden Grundes, wenn und soweit durch sie dem Arbeitnehmer der Schutz zwingender Kündigungsschutznormen genommen wird. Die Vereinbarung auflösender Bedingungen in Arbeitsverträgen ist nur im Rahmen der Rechtsgrundsätze wirksam, die zur Vereinbarung der Befristung von Arbeitsverträgen (vgl. grundlegend: BAG GS BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) entwickelt worden sind (vgl. BAG Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 4 a der Gründe, m.w.N.). Ebenso wie befristete Arbeitsverträge müssen auflösend bedingte Arbeitsverträge die sachliche Rechtfertigung für die auflösende Bedingung so in sich tragen, daß die Kündigungsschutzvorschriften hierdurch nicht beeinträchtigt werden. Bereits bei Abschluß des jeweiligen Arbeitsvertrags muß ersichtlich sein, daß die Vereinbarung der auflösenden Bedingung nach den konkreten, sich auf den jeweiligen Einzelfall auswirkenden Umständen sachlich gerechtfertigt ist. Fehlt es an einem solchen die auflösende Bedingung sachlich rechtfertigenden Grund, so kann sich der Arbeitgeber auf diesen Beendigungstatbestand nicht stützen.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die hier vereinbarte auflösende Bedingung als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil die Verknüpfung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses der Parteien mit der Fortdauer der Beurlaubung des Klägers bezwecke, den Kläger vor Interessenkollisionen zu schützen und sie damit seinem Interesse diene. Die Durchführung des gleichzeitig bestehenden beamtenrechtlichen Vollzeitdienstverhältnisses und des Vollzeitarbeitsverhältnisses des Klägers erforderten eine Koordinierung in der Weise, daß der Kläger von seiner Dienstpflicht als Beamter befreit werde. Diese Befreiung durch Gewährung von Sonderurlaub erfolge grundsätzlich nur befristet und auch nur dann, wenn ein wichtiger Grund vorliege und dienstliche Interessen nicht entgegenstünden. Auf dieser zeitlich und inhaltlich begrenzten Beurlaubung des Klägers beruhe sein gesamtes Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten und damit auch die umstrittene Vertragsklausel. Der Kläger selbst, nicht aber der Beklagte, habe Einfluß auf das Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Deutschen Bundespost nehmen können. Nur der Kläger sei in der Lage gewesen, die durch seine Tätigkeit für den Beklagten hervorgerufene Interessenkollision dadurch zu vermeiden, daß er aus seinem Beamtenverhältnis ausscheide. Weil der Kläger diese Möglichkeit aus naheliegenden Gründen nicht gewählt habe, müsse er hinnehmen, daß in dem Vertrag mit dem Beklagten der mögliche Interessenkonflikt angemessen berücksichtigt werde. Die auflösende Bedingung sei ausschließlich oder überwiegend auf die der Interessensphäre des Klägers zuzurechnende Konstruktion zweier paralleler Beschäftigungsverhältnisse zurückzuführen und könne auch bei Anlegen eines strengeren Maßstabs nicht als eine funktionswidrige, den gesetzlichen Kündigungsschutz beeinträchtigende Vertragsgestaltung beurteilt werden.
3. Das Landesarbeitsgericht hat bei dieser Würdigung wesentliche Umstände außer acht gelassen. Bei Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere der Voraussetzungen, unter denen die Deutsche Bundespost als Dienstherrin dem Kläger Sonderurlaub (vgl. § 13 SonderurlaubsVO) zum Zweck der Ausübung seiner Tätigkeit im Werbeaußendienst des beklagten Versicherungsvereins zu gewähren pflegte, kann nicht davon ausgegangen werden, die vereinbarte auflösende Bedingung diene allein oder auch nur vorrangig dem Schutz des Klägers vor denkbaren Kollisionen seiner Pflichten aus seinem Beamtenverhältnis und aus seinem Arbeitsverhältnis. Die Deutsche Bundespost machte die Beurlaubung des Klägers ebenso wie bei ihren anderen bei dem Beklagten tätigen Beamten davon abhängig, daß der Beklagte den Sonderurlaub "befürwortete" und er sich ihr gegenüber zur Übernahme des Versorgungszuschlags und der Kosten einer eventuellen Nachversicherung des Klägers verpflichtete. Dabei wollte sich der Beklagte gegenüber dem Kläger zur Abgabe solcher Erklärungen nicht vertraglich verpflichten, sondern darin frei bleiben, ob er solche Erklärungen abgibt oder nicht. Damit hatte es aber der Beklagte in der Hand, diesen Teil der Voraussetzungen, von denen der Dienstherr des Klägers die (Weiter-) Beurlaubung abhängig machte, eintreten zu lassen oder deren Eintritt zu verhindern. Der Beklagte hat sich eine solche Handhabe ausdrücklich im Arbeitsvertrag der Parteien vorbehalten. In § 12 Nr. 3 des Arbeitsvertrags heißt es, der Beklagte "behalte sich - insbesondere bei nicht genügender Eignung für den Werbeaußendienst - vor, die Aufhebung der Beurlaubung und die Rückkehr in den Postdienst auch vor Ablauf eines Jahres zu beantragen". In § 12 Nr. 4 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat sich der Beklagte "in jedem Einzelfall" vorbehalten "zu prüfen, ob und/oder zu welchen Vertragskonditionen die Beurlaubung für ein weiteres Jahr bei der Deutschen Bundespost beantragt bzw. befürwortet wird".
Aus diesen Umständen und Vertragsklauseln wird deutlich, daß die Vereinbarung der auflösenden Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags der Parteien nicht sachlich gerechtfertigt ist.
Die Vereinbarung hat keineswegs allein oder auch nur überwiegend den Zweck, dem Interesse des Klägers an der Vermeidung einer Pflichtenkollision zwischen seiner Dienstpflicht und seiner Arbeitspflicht zu dienen. Ob eine solche Bedingung allein zum Zweck der gegenseitigen Erprobung z.B. für das erste Jahr der Tätigkeit eines Postbeamten im Werbeaußendienst des Beklagten sachlich gerechtfertigt sein könnte, damit der Postbeamte nicht von Anfang an gezwungen ist, sein Beamtenverhältnis aufzugeben, kann dahingestellt bleiben. Denn um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Der Kläger arbeitete bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrags der Parteien Anfang 1987 schon länger als drei Jahre für den beklagten Versicherungsverein.
Vielmehr dient die auflösende Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags der Parteien mit Rücksicht insbesondere auf die Praxis der Gewährung von Sonderurlaub durch die Deutsche Bundespost und mit Rücksicht auf die dargestellten Bestimmungen in § 12 Nr. 3 und 4 Satz 2 des Arbeitsvertrags wesentlich dem Zweck, dem beklagten Versicherungsverein ein Mittel an die Hand zu geben, sich ohne Rücksicht auf zwingende Kündigungsschutznormen vom Kläger aus Gründen lösen zu können, die im Belieben des Beklagten stehen bzw. allein von dessen wirtschaftlichen Interessen geprägt sind. Diese Interessen lassen sich jedoch mit der Frage, inwieweit der Kläger vor einer denkbaren Kollision ihn gleichzeitig treffender Pflichten aus seinem Beamtenverhältnis und aus seinem Arbeitsvertrag mit dem Beklagten geschützt werden könnte, nicht in Verbindung bringen. Daher ist entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht anzunehmen, die Vereinbarung der auflösenden Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags sei ausschließlich oder überwiegend auf die Interessensphäre des Klägers zurückzuführen.
Zudem zeigt auch die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ebenfalls zweifelhafte Regelung in § 12 Nr. 5 des Arbeitsvertrags, daß die vereinbarte auflösende Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags nicht, zumindest nicht vorrangig der Bewahrung des Klägers vor einer möglichen Pflichtenkollision dient. Falls der Kläger sein Beamtenverhältnis aufgäbe, so hätte dies zwar zur Folge, daß es zu einer solchen Pflichtenkollision nicht mehr kommen könnte. Zugleich löste die Beendigung des Beamtenverhältnisses des Klägers nach § 12 Nr. 5 des Arbeitsvertrags aber auch die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten aus. Auch von daher kann der Senat der Erwägung des Landesarbeitsgerichts nicht folgen, weil der Kläger sein Beamtenverhältnis aus naheliegenden Gründen nicht aufgelöst habe, müsse er die auflösende Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags als in seinem Interesse liegend hinnehmen. Vielmehr zeigt sich auch insoweit deutlich das Interesse des Beklagten. Es kommt ihm wesentlich auch darauf an, mit dem Kläger über einen Arbeitnehmer im Werbeaußendienst zu verfügen, der z.B. in Gesprächen mit Kunden oder Interessenten für die vom beklagten Versicherungsverein angebotenen Versicherungen (noch) von sich sagen kann, er sei Postbeamter. Sonst wäre unverständlich, weshalb die Aufgabe des Postbeamtenverhältnisses durch den Kläger zugleich die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten zur Folge haben soll.
Andere Umstände, aus denen folgen könnte, daß die Vereinbarung der auflösenden Bedingung in § 12 Nr. 2 des Arbeitsvertrags der Parteien sachlich gerechtfertigt sein könnte, liegen nicht vor. Insgesamt erweist sich die vereinbarte auflösende Bedingung als unwirksam, so daß ihr Eintritt nicht gemäß § 158 Abs. 2 BGB die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum Ende des dem Kläger bis 30. September 1989 gewährten Sonderurlaubs zur Folge hat.
4. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist unerheblich, ob der beklagte Versicherungsverein den Eintritt der Bedingung unter Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. § 162 Abs. 2 BGB) herbeigeführt hat, wie der Kläger meint, oder ob dies nicht der Fall war.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 und 269 Abs. 3 ZPO.
Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Schliemann
Dr. Johannsen Prof. Dr. Zachert
Fundstellen
Haufe-Index 441227 |
BB 1992, 709 |
BB 1992, 709-710 (LT1-2) |
DB 1992, 948-949 (LT1-2) |
JR 1992, 352 |
JR 1992, 352 (L1-2) |
NZA 1992, 838 |
RdA 1992, 221 |
RzK, I 9g Nr 19 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 578/92 (S) |
ZTR 1992, 384-385 (LT1-2) |
AP § 620 BGB Bedingung (LT1-2), Nr 17 |
AR-Blattei, ES 220.8. Nr 98 (LT1-2) |
EzA § 620 BGB Bedingung, Nr 10 (LT1-2) |
PersV 1993, 519-522 (LT1-2) |