Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen nach Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Besteht im Unternehmen eines Betriebserwerbers keine eigene normative Regelung, gilt eine im Erwerberbetrieb bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung nach dem Betriebsübergang in dem übertragenen Betrieb als Einzelbetriebsvereinbarung weiter.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 5, § 50 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 7; GG Art. 20 Abs. 3; BetrAVG § 9 Abs. 2, § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; InsO § 45 S. 1, § 80 Abs. 1, § 117 Abs. 1, § 174 Abs. 1, § 178 Abs. 1 S. 1, § 179 Abs. 1, § 254 Abs. 1, § 259 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 81, 189, 240, 264 Nr. 3, § 559
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Juni 2013 – 6 Sa 319/13 – aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung.
Der im Jahr 1965 geborene Kläger war vom 15. November 1996 bis zum 28. Februar 2011 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen im Betrieb M beschäftigt.
Der Betrieb M gehörte ursprünglich zur L AG. Er wurde mit Wirkung zum 4. Oktober 1993 auf die P GmbH übertragen und im Jahr 2000 von der neu gegründeten T Mechatronics GmbH übernommen. Nach deren Umfirmierung in R Mechatronics GmbH erfolgten im Jahr 2005 ein Gesellschafterwechsel und eine weitere Umfirmierung in die jetzige Firma der Beklagten. Im Betrieb M besteht seit dem Jahr 1969 ein Betriebsrat.
Bei der L AG galt im Jahr 1993 die mit deren Gesamtbetriebsrat abgeschlossene „Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung” vom 5. Oktober 1984 idF der Änderungsvereinbarung vom 30. Juni 1987 (GBV 87). Nach deren Nr. I 1 Buchst. a erhalten Betriebsangehörige, die in einem ungekündigten Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zur L AG stehen, nach einer Wartezeit von 10 Jahren eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Versorgungszusage umfasst ua. ein Ruhegeld als Altersrente sowie Hinterbliebenenrente (Nr. II GBV 87). Nr. XII GBV 87 lautet:
„1. |
Hat das Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft nach Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen geendet, ohne dass ein Anspruch auf Leistungen nach dieser Versorgungsordnung erworben wurde, bleibt eine Anwartschaft auf Betriebsrenten in dem im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebenen Umfang aufrechterhalten. |
…” |
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Die R Mechatronics GmbH und der Betriebsrat schlossen unter dem 21. April 2005 eine Vereinbarung, in der es ua. heißt:
„Das Werk M gehörte bis zum 4. Oktober 1993 (Stichtag) zur L AG, bei der eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung galt …
Alle bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter haben gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ihre Rechte und Pflichten aus dieser Betriebsvereinbarung individualrechtlich behalten. Nach dem Stichtag eingestellte Mitarbeiter sind hingegen nicht in diese Regelung einbezogen worden. Nach Auffassung aller Beteiligten – einschließlich des Betriebsrates – sollte die betriebliche Altersversorgung im Sinne einer Besitzstandswahrung nur für die bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter gelten.
Der anstehende Desinvestitionsprozess gibt Anlass, dieses von Anfang an bestehende gemeinsame Verständnis der guten Ordnung halber noch einmal zu dokumentieren und folgende Vereinbarung zu treffen:
- Die Betriebsparteien bekräftigen entsprechend des bisherigen allseitigen Verständnisses, dass der Besitzstand der bis zum Stichtag eingestellten Mitarbeiter durch § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB abgesichert ist. Für diese gilt entsprechend des von Anfang an dokumentierten übereinstimmenden Verständnisses der Betriebsparteien die ‚Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung’ vom 30.06.1987 weiterhin als Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse individualrechtlich fort.
- Die ‚Betriebsvereinbarung für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung’ vom 30.06.1987 galt nur bei der L AG. Sie findet als Betriebsvereinbarung bei der R Mechatronics keine Anwendung und wird vorsorglich rückwirkend zum Stichtag aufgehoben. Nach dem 4. Oktober 1993 eingestellte Mitarbeiter haben keine Ansprüche auf der Grundlage der genannten Betriebsvereinbarung erworben.”
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Bedeutung – zuletzt beantragt
festzustellen, dass der Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für Alters- und Hinterbliebenenversorgung der L AG vom 1. Juli 1973, 22. Juni 1977, der Betriebsvereinbarungen vom 5. Oktober 1984 und der Besitzstandsregelung vom 5. Oktober 1984 hat.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Sein am 27. Juni 2013 verkündetes Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Parteien am 30. August 2013 zugestellt worden.
Über das Vermögen der Beklagten ist am 1. August 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet worden. Während des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzplan vom 8. Oktober 2013 idF vom 11. November 2013 aufgestellt worden. In diesem heißt es in Abschnitt C II:
„Gruppe 3: PSVaG
Für den PSVaG wird Folgendes geregelt:
(1) |
Der PSVaG (Gruppe 3) erhält eine Quote von 5 % auf den Betrag seiner zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten und angemeldeten sowie festgestellten Insolvenzforderungen. Auf alle weiteren, zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Forderungen sowie auf alle Nebenforderungen (…) verzichtet der PSVaG. …” |
Der Kläger hat aufgrund einer unter dem 28. Oktober 2013 erteilten Ermächtigung des Pensions-Sicherungs-Vereins Rentenanwartschaften/Pensionsansprüche iHv. 29.625,00 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Diese hat der Sachwalter in voller Höhe bestritten. Das Insolvenzverfahren ist nach Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 2. Januar 2014 rückwirkend zum 31. Dezember 2013 aufgehoben worden.
Der vom Pensions-Sicherungs-Verein zur Fortführung des Rechtsstreits ermächtigte Kläger hat während des Insolvenzverfahrens Revision eingelegt und diese mit einem am 29. November 2013 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. In diesem hat er die Feststellung der auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergegangenen Forderung von 29.625,00 Euro zur Insolvenztabelle beantragt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I. Die innerhalb der Fristen des § 74 Abs. 1 ArbGG eingelegte und begründete Revision ist zulässig.
1. Die am 30. August 2013 an den Kläger bewirkte Zustellung war unwirksam. Das Berufungsverfahren war zu diesem Zeitpunkt wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten unterbrochen. Der Zustellungsmangel ist dem Kläger gegenüber geheilt worden.
a) Das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30. August 2013 zugeleitet worden. Hierdurch sind die Fristen des § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG für die Einlegung und Begründung der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision nicht in Lauf gesetzt worden. Das Berufungsverfahren war wegen des am 1. August 2013 eröffneten Insolvenzverfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen.
aa) Das Amtsgericht Bonn hat mit Beschluss vom 1. August 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet. Die Verfahrensunterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO tritt auch ein, wenn das Insolvenzgericht keinen Insolvenzverwalter bestellt, sondern wie vorliegend die Eigenverwaltung durch den Schuldner anordnet (BGH 7. Dezember 2006 – V ZB 93/06 – Rn. 6). Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Berufungsverfahren jedenfalls in Bezug auf den zweitinstanzlich gestellten Feststellungsantrag unterbrochen worden. Von einer darauf gerichteten Verurteilung wäre die Insolvenzmasse betroffen gewesen. Aus ihr wären bei Eintritt des Versorgungsfalls etwaige Versorgungsansprüche des Klägers zu erbringen gewesen.
bb) Das Berufungsurteil ist dem Kläger nicht wirksam zugestellt worden.
(1) Nach § 249 Abs. 2 ZPO sind während der Unterbrechung nicht nur die von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung. Die Vorschrift erfasst darüber hinaus auch Handlungen des Gerichts, die nach außen vorgenommen werden. Zu diesen gehört die von Amts wegen zu bewirkende Zustellung von gerichtlichen Entscheidungen. Diese sind im Unterbrechungszeitraum grundsätzlich unwirksam (BGH 21. März 2013 – VII ZB 13/12 – Rn. 14). Auf eine Kenntnis des Gerichts von der Insolvenzeröffnung kommt es dabei nicht an (BAG 6. Dezember 2006 – 5 AZR 844/06 – Rn. 8).
(2) Der Unwirksamkeit der am 30. August 2013 bewirkten Zustellung steht die vor Beginn der Unterbrechung erfolgte Verkündung der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen. Das Berufungsurteil war bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht zugestellt und die Instanz deshalb noch nicht abgeschlossen (BGH 29. März 1990 – III ZB 39/89 – zu II 2 a der Gründe, BGHZ 111, 104). Der Rechtszug endet erst mit Einlegung des Rechtsmittels oder Eintritt der formellen Rechtskraft (BAG 18. Juli 2007 – 5 AZR 848/06 – Rn. 12, BAGE 123, 264).
b) Die fehlerhaft erfolgte Zustellung des Berufungsurteils an den Kläger ist mit Wirksamwerden des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bonn vom 2. Januar 2014 über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 189 ZPO geheilt worden.
aa) Nach § 189 ZPO gilt ein Schriftstück, das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.
bb) Eine zwingende Zustellungsvorschrift iSd. § 189 Alt. 2 ZPO ist nicht nur verletzt, wenn bei der Zustellung die Regelungen der Förmlichkeiten des Zustellungsverfahrens nicht beachtet worden sind. Die Vorschrift erfasst über ihren Wortlaut hinaus auch Fälle, in denen die förmliche Zustellung eines Schriftstücks nach dem Gesetz zu erfolgen hat, jedoch nicht stattgefunden hat (BGH 27. Januar 2011 – VII ZR 186/09 – Rn. 35, BGHZ 188, 128). Diese weite Auslegung der durch § 189 Alt. 2 ZPO eröffneten Heilungsmöglichkeiten entspricht der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Nach seiner Vorstellung soll die Norm für jede Zustellung gelten (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zustellungsreformgesetz BT-Drs. 14/4554 S. 25). Sie beruht auf dem Prinzip der Zweckerreichung. Gelangt das zuzustellende Schriftstück zum richtigen Empfänger, hat die Zustellung im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Schriftstücks ihren Zweck erfüllt (BGH 12. März 2015 – III ZR 207/14 – Rn. 17). Eine Heilungsmöglichkeit besteht – anders als nach der Vorgängerregelung in § 187 ZPO aF – auch dann, wenn durch die Zustellung Notfristen in Gang gesetzt werden sollen (BFH GS 6. Mai 2014 – GrS 2/13 – Rn. 67, BFHE 244, 536).
cc) Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens ist der Grund für die seit dem 1. August 2013 bestehende Unterbrechung des Berufungsverfahrens entfallen. Da der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Berufungsurteil erhalten hat, ist die zuvor erfolgte unwirksame Zustellung geheilt worden. Mit Beendigung der Unterbrechung begannen der Lauf der einmonatigen Revisions- und zweimonatigen Revisionsbegründungsfrist.
2. Die bereits während des Unterbrechungszeitraums eingelegte und begründete Revision des Klägers ist zulässig.
a) Ihrer Ordnungsmäßigkeit steht nicht entgegen, dass die Revision bereits vor der wirksamen Zustellung des verkündeten Berufungsurteils eingelegt und begründet wurde (BAG 23. Februar 2010 – 2 AZR 659/08 – Rn. 23, BAGE 133, 249). Die Revisionsbegründung genügt auch in Bezug auf den Revisionsantrag den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Sie enthält eine ausreichende Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils.
b) Die Einlegung und Begründung der Revision waren nicht wegen der bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens andauernden Unterbrechung wirkungslos.
Die Unterbrechung hat nur die Unwirksamkeit von solchen Prozesshandlungen zur Folge, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind (§ 249 Abs. 2 ZPO). Prozesshandlungen einer Partei, die gegenüber dem Gericht erfolgen müssen, bleiben deshalb als solche wirksam (BGH 5. November 1987 – III ZR 86/86). Zu diesen gehören nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 549 Abs. 1 Satz 1, § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO die vom Kläger einzulegende Revision und deren Begründung (BAG 6. Dezember 2006 – 5 AZR 844/06 – Rn. 5).
3. Das Revisionsverfahren konnte auch durchgeführt werden, obwohl die Zustellungen der angefochtenen Entscheidung sowie der Revisions- und Revisionsbegründungsschrift an die Beklagte unwirksam waren. Die Zustellungsmängel sind entsprechend § 189 ZPO geheilt.
a) Während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten konnten Zustellungen an deren zweitinstanzlich beauftragte Prozessbevollmächtigte nicht mehr bewirkt werden.
Zwar umfasst die einem Rechtsanwalt nach § 81 ZPO erteilte Prozessvollmacht regelmäßig die Entgegennahme der im jeweiligen Instanzenzug ergehenden gerichtlichen Entscheidungen. Jedoch erlischt nach § 117 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen des damit verbundenen Fortfalls der Prozessführungsbefugnis des Schuldners (§ 80 Abs. 1 InsO) eine von diesem gegebene Prozessvollmacht (BAG 28. August 2013 – 5 AZN 426/13 (F) – Rn. 9). Hiervon ausgenommen sind nur Vollmachten, die nicht auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen gerichtet sind. Diese bleiben über die Verfahrenseröffnung hinaus wirksam. Dies folgt aus dem Normzweck der §§ 115 bis 117 InsO, die eine Sicherstellung der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters gewährleisten sollen (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur InsO BT-Drs. 12/2443 S. 151). Durch den Fortbestand von Vollmachten über den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung hinaus kann dessen Verwaltungsund Verfügungsbefugnis beeinträchtigt werden (BFH 11. Oktober 2007 – IV R 52/04 – Rn. 19, BFHE 219, 129). Daher kann die Vollmacht, wenn der Rechtsstreit die Insolvenzmasse betrifft, regelmäßig nicht nach den §§ 86, 87 ZPO als fortbestehend behandelt werden (zu § 23 KO: BGH 11. Oktober 1988 – X ZB 16/88 – zu II der Gründe). Etwas anderes gilt nur, wenn der Schuldner ein unter Verstoß gegen § 240 ZPO ergangenes Urteils beseitigen will. Der Erteilung einer neuen Vollmacht bedarf es dafür nicht (BAG 26. Juni 2008 – 6 AZR 478/07 – Rn. 15).
b) Die Beklagte hat nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens ihre vormaligen Prozessbevollmächtigten für das Revisionsverfahren erneut beauftragt. Der bestätigte Insolvenzplan beschränkt die Verfügungsbefugnis der Beklagten für das vorliegende Verfahren nicht. Nach dessen Abschnitt C V werden bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens anhängige Rechtsstreitigkeiten von der Schuldnerin weitergeführt. Nur für Streitigkeiten, die eine Insolvenzanfechtung des Sachwalters zum Gegenstand haben, bleibt dieser prozessführungsbefugt. Mit Wirksamwerden der erneuten Bevollmächtigung sind die während des Insolvenzverfahrens erfolgten Zustellungen des Berufungsurteils sowie der Revision und ihrer Begründung entsprechend § 189 ZPO geheilt. Darüber hinaus hat die Beklagte insoweit einen ausdrücklichen Rügeverzicht erklärt.
II. Die während des Revisionsverfahrens erfolgte Umstellung des Klagebegehrens ist zulässig.
1. Gegenstand des ursprünglich erhobenen Feststellungsantrags war der Anspruch auf Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der GBV 87 bei Eintritt des Versorgungsfalls. Für diesen Antrag ist der Kläger seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten nicht mehr prozessführungsbefugt. Ein solcher Anspruch wäre auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergegangen.
a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BetrAVG erhalten Arbeitnehmer, die bei Eintritt des Sicherungsfalls noch keinen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sondern nur eine nach § 1b BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft aufgrund einer unmittelbaren Versorgungszusage haben, bei Eintritt des Versorgungsfalls vom Pensions-Sicherungs-Verein die zeitanteilig bis zum Eintritt des Sicherungsfalls erdiente Betriebsrente. Im Gegenzug gehen Anwartschaften des Berechtigten gegen den Arbeitgeber, die den Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung begründen, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Pensions-Sicherungs-Verein über (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG).
b) Danach wäre der Kläger seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2013 nicht mehr Inhaber des mit dem ursprünglich erhobenen Feststellungsantrag geltend gemachten Anspruchs. Dieser wäre auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergegangen.
2. Der Kläger konnte seinen zweitinstanzlich erhobenen Feststellungsantrag wegen des bei Revisionseinlegung eröffneten Insolvenzverfahrens auf die Feststellung einer Insolvenzforderung von 29.625,00 Euro im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zu Gunsten des Pensions-Sicherungs-Vereins umstellen. Die damit verbundene Änderung seines Rechtsschutzbegehrens ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung.
a) Die gerichtliche Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen ist ein anerkanntes Institut des Prozessrechts. Sie erfordert die Ermächtigung durch den Berechtigten und ein eigenes schutzwürdiges Interesse der klagenden Partei. Die Prozessführungsermächtigung kann auch nach Klageerhebung erteilt werden und wirkt bei offengelegter Prozessstandschaft auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück (BAG 23. September 2009 – 5 AZR 518/08 – Rn. 14). Ein schutzwürdiges Interesse der klagenden Partei besteht, wenn die Entscheidung des Prozesses die eigene Rechtslage des Prozessführenden günstig beeinflusst. Dies ist in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen (vgl. BAG 28. Mai 2014 – 5 AZR 423/12 – Rn. 11).
b) Das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Interesse des Klägers an der Geltendmachung des fremden Rechts liegt vor. Eine für den Pensions-Sicherungs-Verein günstige Feststellung in Bezug auf den auf ihn nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG übergegangenen Anspruch würde zugunsten des Klägers wirken.
Der Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine nach § 1b BetrAVG unverfallbare Versorgungsanwartschaft hat, erwirbt unter den in § 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung auf Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalls. Im Gegenzug geht seine zum Zeitpunkt des Sicherungsfalls bestehende Anwartschaft gegen den Arbeitgeber auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf den Pensions-Sicherungs-Verein über, der deren Wert als unbedingte Forderung zur Insolvenztabelle anmelden kann (§ 174 Abs. 1, § 45 Satz 1 InsO). Damit findet ein gesetzlicher Forderungsaustausch statt. Wird die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergegangene Forderung gerichtlich festgestellt, entfaltet eine solche Entscheidung zugleich Bindungswirkung in Bezug auf den gegen den Träger der Insolvenzsicherung gerichteten Anspruch des Arbeitnehmers nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG (vgl. BAG 24. Januar 2006 – 3 AZR 483/04 – Rn. 18 f.).
c) Die in der Revision geänderte Antragsfassung stellt nur eine verfahrensrechtlich gebotene Anpassung an die insoweit maßgebenden Vorschriften der Insolvenzordnung dar, der die aus § 559 ZPO folgende Unzulässigkeit einer Klageänderung in der Revisionsinstanz nicht entgegen steht (BAG 19. März 2014 – 5 AZR 299/13 (F) – Rn. 14; BGH 31. Oktober 2012 – III ZR 204/12 – Rn. 22, BGHZ 195, 233).
aa) Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden. Klageänderungen und Klageerweiterungen können in der Revisionsinstanz nur dann ausnahmsweise aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn sich der neue Antrag – abgesehen von den in § 264 ZPO normierten Fällen – auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt oder ggf. auf den unstreitigen Parteivortrag stützt. Erforderlich ist außerdem, dass berechtigte Interessen der gegnerischen Partei nicht beeinträchtigt werden (BAG 18. November 2014 – 1 AZR 257/13 – Rn. 46).
bb) Die Umstellung des Antrags beruht auf einer später eintretenden Veränderung iSd. § 264 Nr. 3 ZPO. Dem Anspruchsteller kann nicht verwehrt werden, sein Rechtsschutzbegehren entsprechend dem von der Insolvenzordnung vorgesehenen Weg fortzuführen, sofern schutzwürdige Interessen der Gegenseite nicht beeinträchtigt werden. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn ein Arbeitnehmer seine zukünftigen Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Feststellungsklage verfolgt. Gegen die Umstellung des Klageantrags hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Einwendungen erhoben.
III. Der Senat kann über den geänderten Klageantrag auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht befinden. Der Kläger hat zwar nach Maßgabe der GBV 87 einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Versorgungsfall erworben. Die GBV 87 galt nach dem Betriebsübergang auf die P GmbH als Einzelbetriebsvereinbarung im Betrieb M weiter. Über den rechnerischen Wert der vom Kläger für den Pensions-Sicherungs-Verein geltend gemachten Forderung haben die Parteien in den Vorinstanzen keinen Sachvortrag gehalten. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die normative Geltung der GBV 87 nach Wirksamwerden des Betriebsübergangs im Jahr 1993 zu Unrecht verneint. Der Inhalt der GBV 87 galt nach dem Übergang des Betriebs M von der L AG auf die P GmbH als Einzelbetriebsvereinbarung fort.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats behält eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die in den Betrieben eines abgebenden Unternehmens gilt, bei einem die Betriebsidentität wahrenden Übergang auf einen bisher betriebslosen Betriebserwerber in den übertragenen Teilen des Unternehmens ihren Status als Rechtsnormen auch dann, wenn nur ein Betrieb auf diesen übergeht (BAG 18. September 2002 – 1 ABR 54/01 – zu B III 2 b der Gründe, BAGE 102, 356).
b) Zu einer normativen Fortgeltung des Inhalts einer Gesamtbetriebsvereinbarung als Einzelbetriebsvereinbarung kommt es aus den in der Senatsentscheidung vom 18. September 2002 (– 1 ABR 54/01 – BAGE 102, 356) genannten Gründen aber auch, wenn ein Betrieb unter Wahrung seiner Identität von einem Unternehmen mit mehreren Betrieben übernommen wird und die in der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelten Rechte und Pflichten beim aufnehmenden Unternehmen nicht normativ ausgestaltet sind. Das geben die Strukturprinzipien der Betriebsverfassung vor.
aa) Bei einer identitätswahrenden Übertragung nur eines Betriebs auf einen anderen Rechtsträger und dessen unveränderter Fortführung durch den Erwerber gelten die bestehenden Betriebsvereinbarungen unverändert normativ fort (ständige Rechtsprechung seit BAG 19. Juli 1957 – 1 AZR 420/54 – zu 2 der Gründe, BAGE 4, 232).
bb) Dieser Grundsatz gilt nach der Anfügung der Sätze 2 bis 4 in § 613a Abs. 1 BGB durch Art. 1 Nr. 5 des Arbeitsrechtlichen EG-Anpassungsgesetzes vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308) unverändert weiter. Der Wortlaut von § 613a Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen. Dieser regelt das Fortbestehen von vertraglichen Vereinbarungen (Satz 1) sowie die Transformation der kollektiven Regelungen, soweit diese nicht normativ fortgelten (Satz 2 und Satz 3). Zu der vorgelagerten Frage, unter welchen Voraussetzungen die bisher in der übergehenden Einheit bestehenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ihren normativen Charakter behalten, verhält sich § 613a Abs. 1 BGB nicht.
cc) Auch die mit einem Betriebsübergang verbundene Aufhebung der Unternehmenszugehörigkeit des veräußerten Betriebs wirkt sich auf die dort bestehende normative Wirkung einer Gesamtbetriebsvereinbarung nicht aus. Deren Weitergeltung als Betriebsvereinbarung stehen die unterschiedlichen Regelungsebenen vor und nach dem Betriebsübergang nicht entgegen.
(1) Der Inhalt einer Gesamtbetriebsvereinbarung betrifft betriebliche Angelegenheiten, die lediglich auf der Rechtsebene des Unternehmens normativ ausgestaltet werden. Bei einem identitätswahrenden Betriebsübergang bestehen das bisherige Regelungssubjekt und Regelungsobjekt der Gesamtbetriebsvereinbarung unverändert fort. Die normative Geltung ihres Regelungsgegenstands ist nicht an die Beibehaltung einer – der Betriebsverfassung ohnehin fremden – „Unternehmensidentität” gebunden (BAG 18. September 2002 – 1 ABR 54/01 – zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 102, 356; aA Hergenröder Anm. zu AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 7; Jacobs FS Konzen 2006 S. 345, 350). Eine solche Voraussetzung sieht das Betriebsverfassungsgesetz nicht vor. Dagegen spricht bereits die in § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG normierte originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Dessen Regelungsbefugnis besteht nicht erst dann, wenn sich die betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit auf alle unternehmensangehörigen Betriebe erstreckt, sondern bereits, wenn sie mehr als einen Betrieb betrifft. Die Geltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung ist von dem Bestand oder einer Änderung der von ihr erfassten betrieblichen Einheiten unabhängig. Ihre Normwirkung wird insbesondere bei einem Ausscheiden oder Hinzutreten von Betrieben nicht in Frage gestellt. Der Inhalt einer Gesamtbetriebsvereinbarung tritt als gleichermaßen in dem Betrieb geltendes Regelwerk neben die in den erfassten betrieblichen Einheiten geltenden Betriebsvereinbarungen. Dieses Nebeneinander bleibt bestehen, wenn ein Betrieb unter Wahrung seiner Identität auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird.
(2) Ebenso ist ein möglicher Unternehmensbezug der durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung ausgestalteten betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit kein ihre normative Fortgeltung bei einem Betriebserwerber hinderndes Kriterium (aA Preis/Richter ZIP 2004, 925, 932; Jacobs FS Konzen 2006 S. 345, 351 f.). Den Interessen des übernehmenden Rechtsträgers wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass dieser – sofern nicht ohnehin nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB dessen Kollektivrecht zur Anwendung kommt – mit der zuständigen Arbeitnehmervertretung oder mithilfe der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Konfliktlösungsmöglichkeiten Regelungen treffen kann, durch die der Inhalt der Betriebsvereinbarung unternehmensbezogen angepasst werden kann (BAG 18. September 2002 – 1 ABR 54/01 – zu B III 2 b cc (2) der Gründe, BAGE 102, 356).
(3) Nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes ist ebenso unbeachtlich, ob sich die vom Betriebsrat der übergehenden Einheit in den Gesamtbetriebsrat entsandten Vertreter bei Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung möglicherweise gegen diese ausgesprochen haben (aA Hohenstatt/Müller-Bonanni NZA 2003, 766, 771; Preis/Richter ZIP 2004, 925, 932). Der Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung erfordert nach § 47 Abs. 7 BetrVG eine Stimmenmehrheit, die sich nach der Anzahl der vom jeweiligen Gesamtbetriebsratsmitglied vertretenen wahlberechtigten Arbeitnehmer richtet. Durch diesen Beschluss ist die Geltung der Gesamtbetriebsvereinbarung in den betroffenen Betrieben ausreichend demokratisch legitimiert. Die Arbeitnehmer werden in den Angelegenheiten des § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG allein vom Gesamtbetriebsrat repräsentiert. Ein dem entgegenstehender Regelungswille des Betriebsrats in der von einem Rechtsträgerwechsel betroffenen betrieblichen Einheit ist daher erst beachtlich, wenn der Betriebsrat für den Regelungsgegenstand der Gesamtbetriebsvereinbarung zuständig wird. Ab diesem Zeitpunkt kann er auch deren Änderung anstreben.
(4) Schließlich führt der Wegfall des Gesamtbetriebsrats auch nicht zur Beendigung der normativen Wirkung der von ihm abgeschlossenen Vereinbarungen (aA Jacobs FS Konzen 2006 S. 345, 352, 354). Zwar können Änderungen der Unternehmensorganisation die Regelungsebene einer betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit beeinflussen. Ein zunächst bestehendes überbetriebliches Regelungsbedürfnis iSd. § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann nach Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung entfallen, was aber deren Geltung nicht in Frage stellt, sondern nur zur Zuständigkeit der Einzelbetriebsräte für die weitere Ausgestaltung der Angelegenheit führt. Ebenso gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung als Betriebsvereinbarung weiter, wenn nach einer Übertragung von Betrieben auf einen anderen Rechtsträger beim bisherigen Rechtsträger nur noch ein Betrieb verbleibt, für den ein Gesamtbetriebsrat nicht mehr errichtet werden kann. In beiden Fällen muss der nunmehr zuständige Betriebsrat die bisher geltenden normativen Regelungen nicht zur Behebung eines ansonsten bestehenden Legitimationsdefizits erneut abschließen.
dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten gelten die vorstehenden Grundsätze gleichermaßen für Gesamtbetriebsvereinbarungen über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Bei diesen ist zum Schutz des Betriebserwerbers keine Ausnahme von der normativen Fortgeltung geboten. Gegenüber den Rechtswirkungen, die bei einer Transformation ihrer Regelungen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB eintreten würden, bestehen keine signifikanten Unterschiede.
(1) Normative Regelungen gelten bei einem Betriebsübergang nach ihrer Transformation gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB als Inhalt des Arbeitsverhältnisses beim Betriebserwerber statisch weiter. Dieser muss die Verpflichtung aus dem zuvor geltenden Kollektivrecht gegenüber den übergegangenen Arbeitnehmern erfüllen. Dies gilt auch bei einer durch Betriebsvereinbarung begründeten Versorgungszusage des Veräußerers. Nach Betriebsübergang neu in den Betrieb eintretende Arbeitnehmer erwerben hingegen aus den zuvor geltenden normativen Regelungen keine Ansprüche.
(2) Gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach einem Betriebsübergang als Betriebsvereinbarung weiter, kann sie vom Betriebserwerber durch eine Kündigung (§ 77 Abs. 5 BetrVG) beendet werden. Diese bedarf keines sie rechtfertigenden Grundes (BAG 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – zu II 1 der Gründe, BAGE 91, 310) und bewirkt die Schließung des Versorgungswerks für neu eintretende Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist. Damit fehlt es für diese Arbeitnehmergruppe an einer Rechtsgrundlage für die Entstehung eines Anspruchs auf die in der Betriebsvereinbarung geregelten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (BAG 15. Februar 2011 – 3 AZR 196/09 – Rn. 67).
c) Danach hat der Kläger eine Zusage auf Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der GBV 87 erworben.
aa) Die GBV 87 hat nach dem identitätswahrenden Übergang des Betriebs M von der L AG auf die P GmbH dort als Einzelbetriebsvereinbarung weiter gegolten. Dass bei der Betriebserwerberin eine Regelung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bestanden hat, ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und wird von der Beklagten nicht behauptet. Einer darauf bezogenen Entscheidung über die im Kollisionsfall geltenden Grundsätze bedarf es daher nicht.
bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt die GBV 87 weder die fortbestehende Unternehmenszugehörigkeit der von ihr erfassten Betriebe zur L AG noch das Bestehen eines Arbeitsvertrags mit dieser voraus.
Dem steht nicht entgegen, dass nach Nr. I 1 Buchst. a GBV 87 eine Versorgungszusage nur Betriebsangehörige erhalten, die in einem ungekündigten Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zur L AG stehen. Durch diese wird der anspruchsberechtigte Personenkreis für die in der GBV 87 ausgestalteten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf Arbeitnehmer beschränkt, die in einem Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis mit der die Versorgung zusagenden Arbeitgeberin stehen. Dies waren bei Abschluss der GBV 87 die L AG und nach dem Betriebsübergang die P GmbH. Für eine darüber hinausgehende akzessorische Bindung der in der GBV 87 enthaltenen Versorgungszusage an eine fortdauernde Unternehmenszugehörigkeit der von ihr erfassten betrieblichen Einheiten zur L AG enthält die Regelung keine Anhaltspunkte.
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen der Annahme einer normativen Fortgeltung der GBV 87 als Einzelbetriebsvereinbarung die im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht entgegen. Die Beklagte konnte nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass der Senat der von ihr als vorzugswürdig angesehen Rechtsansicht folgt.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann daher in der Regel nur bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (BVerfG 2. Mai 2012 – 2 BvL 5/10 – Rn. 8, BVerfGE 131, 20).
(2) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es fehlt an einer gefestigten Rechtsprechung, auf deren Vorliegen die Beklagte bei der Übernahme des Betriebs M hätte vertrauen können.
Auf die im Urteil des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 1985 (– 3 AZR 485/83 – zu B III 1 der Gründe, BAGE 50, 62) geäußerte Rechtsauffassung kann sich die Beklagte dazu nicht berufen. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 18. September 2002 (– 1 ABR 54/01 – zu B III 3 der Gründe, BAGE 102, 356) darauf hingewiesen, dass die in den subsumierenden Ausführungen des Dritten Senats enthaltene Aussage, eine Gesamtbetriebsvereinbarung habe mit dem Ausscheiden einer Betriebsstätte aus dem Unternehmen ihre Geltung verloren, dort eher beiläufig erfolgt und nicht begründet worden ist. Einen darauf bezogenen abstrakten Rechtssatz haben bis zur Senatsentscheidung vom 18. September 2002 weder der Dritte Senat noch andere Senate des Bundesarbeitsgerichts aufgestellt. Vielmehr macht die Beklagte lediglich eine enttäuschte Erwartung in eine mögliche Rechtsprechungsentwicklung geltend, die aber verfassungsrechtlich nicht geschützt ist. Überdies hätte für sie bei der Übernahme des Betriebs M die Möglichkeit bestanden, durch eine vorsorgliche Kündigung der GBV 87 eine rechtssichere Schließung des Versorgungswerks für neu eintretende Arbeitnehmer herbeizuführen.
2. Für die neue Verhandlung vermag der Senat angesichts des bisher fehlenden Vortrags beider Parteien über die Höhe der geltend gemachten Forderung keine abschließenden Hinweise zu geben.
a) Allerdings muss der Kläger die Möglichkeit erhalten, sein Klagebegehren an den Vorgaben des Insolvenzplans auszurichten.
Der Antrag war zwar zunächst zutreffend auf Feststellung der vom Sachwalter bestrittenen Forderung zur Insolvenztabelle gerichtet (§ 178 Abs. 1 Satz 1, § 179 Abs. 1 InsO). Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Wirksamwerden der Bestätigung eines Insolvenzplans erlischt jedoch das Amt des Insolvenzverwalters (§ 259 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Schuldner erhält das Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse zurück (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO) und wird mit der Aufhebung für ein noch schwebendes Verfahren wieder selbst prozessführungsbefugt (BGH 7. Juli 2008 – II ZR 26/07 – Rn. 9). Dies entspricht den Festlegungen im Insolvenzplan. Ist dieser – wie vorliegend – in formelle Rechtskraft erwachsen, treten die in seinem gestaltenden Teil festgelegten materiellen Wirkungen unmittelbar für und gegen alle Beteiligten ein (§ 254 Abs. 1 Satz 1 InsO). Insolvenzforderungen können daher nur noch in Höhe der vereinbarten Quoten durchgesetzt werden (BGH 19. Mai 2011 – IX ZR 222/08 – Rn. 8).
b) In der Sache wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung des zu erwartenden Parteivortrags darüber zu befinden haben, ob die vom Kläger bis zu seinem Ausscheiden erworbene Versorgungsanwartschaft unverfallbar war und mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergegangen ist. Hierbei wird es die im April 2005 zwischen den Betriebsparteien vereinbarte Aufhebung der GBV 87 zu berücksichtigen haben, zu der sich die angefochtene Entscheidung – aus ihrer Sicht konsequent – nicht verhalten hat.
Unterschriften
Schmidt, K. Schmidt, Koch, Rath, Olaf Kunz
Fundstellen