Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Vorwegentnahmen aus dem Spielbanktronc
Leitsatz (amtlich)
1. Die Arbeitnehmer der Spielbanken werden im allgemeinen aus dem Tronc (Gesamtspendenaufkommen) bezahlt. Nach § 7 SpielbG NW ist der Spielbankunternehmer berechtigt, dem Tronc vorab die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Pflegeversicherung und die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entnehmen (Bestätigung und Weiterentwicklung von BAG AP Nr. 1, 2, 14 zu § 611 BGB Croupier). Er ist nicht berechtigt, dem Tronc die Schwerbehindertenabgabe zu entnehmen.
2. § 7 SpielbG NW ist wirksam. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 GG.
3. Weitergehende Ansprüche der Arbeitnehmer ergeben sich auch nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung bei der Westdeutschen Spielbanken GmbH & Co. KG über die Troncverwendung. Diese schränkt das Recht des Spielbankunternehmers zur Entnahme der genannten Aufwendungen nicht weiter ein.
Normenkette
Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1974 § 7; GG Art. 14, 31
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. April 1996 - 14 Sa 1670/95 - werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten der Revision haben der Kläger 99 % und die Beklagte 1 % zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung des Klägers und in diesem Rahmen darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, wie bisher die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einschließliche Pflegeversicherung, die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung und die Schwerbehindertenabgabe aus dem Spielbank-Tronc zu entnehmen.
Der Kläger ist bei der Beklagten, die in Nordrhein-Westfalen drei Spielbanken betreibt, als Croupier beschäftigt. Seine Vergütung besteht ausschließlich aus einem tariflich festgelegten Anteil am sogenannten Tronc. Der Anteil des Klägers beträgt 22 Punkte.
Zum Inhalt und der Verwendung des Tronc enthält § 7 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1974 (im folgenden: SpielbG NW) folgende Regelung:
"§ 7
(1) Den einzelnen bei der Spielbank beschäftigten Personen ist die Annahme von Geschenken oder ähnlichen Zuwendungen, die ihnen mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit gemacht werden, insbesondere die Annahme von sogenannten Trinkgeldern, verboten.
(2) Von diesem Verbot werden solche Zuwendungen nicht betroffen, die von Besuchern der Spielbank den bei der Spielbank beschäftigten Personen für die Gesamtheit oder bestimmte Teile der Belegschaft oder für die Spielbank oder ohne ersichtliche Zweckbestimmung gegeben und von diesen Personen den für solche Spenden besonders aufgestellten Behältern (Tronc) unverzüglich zugeführt werden. Solche Zuwendungen sind ebenso wie die von Besuchern der Spielbank dem Tronc unmittelbar zugeführten Zuwendungen ohne Rücksicht auf einen anderweitigen Willen des Spenders an den Spielbankunternehmer abzuliefern.
Das nähere regelt der Innenminister durch Rechtsverordnung (Tronc-Verordnung). Die Tronc-Verordnung kann vorsehen, daß ein bestimmter Anteil des Tronc-Aufkommens an die im zweiten Abschnitt genannte Stiftung abzuführen ist. Die Abgabe an die Stiftung ist so zu bemessen, daß dem Spielbankunternehmer ein Betrag verbleibt, der zur Dek,ckung eines angemessenen und wirtschaftlichen Personalaufwandes erforderlich ist. Die Tronc-Verordnung kann weiter vorsehen, daß das Tronc-Aufkommen mehrerer oder aller Spielbanken einem gemeinsamen Tronc zugeführt wird, an dem die Belegschaften der von der Zusammenfassung betroffenen Spielbanken ohne Rücksicht auf das Tronc-Aufkommen bei den einzelnen Spielbanken zu beteiligen sind.
(3) Das Verbot in Abs. 1 findet auf die üblichen Zuwendungen an die nicht zum spieltechnischen Personal gehörenden Beschäftigten keine Anwendung. Das nähere regelt der Innenminister durch die Tronc-Verordnung."
Die im Gesetz erwähnte Tronc-Verordnung ist bisher nicht erlassen worden. Die drei von der Beklagten in Nordrhein-Westfalen betriebenen Spielbanken bilden aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung einen gemeinsamen Tronc.
Am 27. November 1989 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Tronc-Verwendung. Diese hat u.a. folgenden Inhalt:
I. Das Gesamttroncaufkommen ist ausschließlich zur Deckung der Personalaufwendungen unter Berücksichtigung der im Tarifvertrag vereinbarten Aufteilung des Troncs (Troncquotierung) für die Arbeitnehmer der Westdeutschen Spielbanken GmbH & Co. KG zu verwenden. Sollte nach Maßgabe einer vom Innenminister des Landes NW gemäß § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 SpielbG NW vom 19.03.1974 erlassenen Troncverordnung ein bestimmter Anteil des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sein, ist von diesem geminderten Troncaufkommen auszugehen.
II. Personalaufwendungen sind insbesondere:
1. Vergütungen für punktbesoldete und festbesoldete Arbeitnehmer der Westdeutschen Spielbanken GmbH & Co. KG einschließlich der Leistungen gem. §§ 5 - 9 MTV.
2. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung) sowie für nicht versicherungspflichtige oder von der Versicherungspflicht befreite Arbeitnehmer zweckgebundene Zuschüsse in Höhe der Beiträge für vergleichbare versicherungspflichtige Arbeitnehmer. Die zweckgebundene Verwendung dieser Zuschüsse ist nachzuweisen.
3. Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) und zu einer Gruppenunfallversicherung.
4. Sozialleistungen zugunsten der Arbeitnehmer, insbesondere wie in § 6 der Gehaltsvereinbarungen näher aufgezeigt, sowie die betriebliche Altersversorgung.
5. Zulagen und Zuschläge, soweit sie in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind.
...
7. Alle laufenden Vergütungen (inklusive Sozialleistungen, Zulagen und Zuschläge), auch solche die bei Suspendierung (vgl. § 10 Abs. 2 MTV) oder Annahmeverzug zu zahlen sind. Laufende Vergütungen aus dem Tronc in Verbindung mit Suspendierungen nach einem erstinstanzlichen Urteil in einem Kündigungsrechtsstreit bedürfen der Zustimmung des Gesamtbetriebsrats.
IV. Die Einführung von bislang nicht zum Tragen kommenden Personalaufwendungen aus dem Tronc - mit Ausnahme derjenigen, die gesetzlich oder tariflich dem Grunde nach geregelt sind oder werden und von dieser Gesamtbetriebsvereinbarung nicht erfaßt sind - bedarf der Zustimmung des Gesamtbetriebsrates oder des örtlichen Betriebsrates.
Am 1. Februar 1996 schloß die Beklagte mit den Gewerkschaften HBV und DAG einen mit "Teilvereinbarungen zu einem Tronctarifvertrag" überschriebenen Tarifvertrag. Darin heißt es u.a.:
§ 5
Tronczuschuß
Die Gesellschaft leistet monatlich einen Zuschuß zum 75 %igen Tronc in Höhe von
ab 01.01.1996 33 %
ab 01.01.1997 66 %
ab 01.01.1998 100 %
der jeweiligen monatlichen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (zur Zeit Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) für die punktbesoldeten Mitarbeiter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die hier strittigen Entnahmen der Beklagten seien unzulässig. Der Tronc müsse in vollem Umfang für die Vergütungsansprüche des Spielbankpersonals verwandt werden. Der Tronc bestehe aus Gesamtzuwendungen der Spielbankbesucher an die Angestellten der Spielbank, welche nicht die Absicht gehabt hätten, den Spielbankbetreiber zu beschenken. Er stehe daher im Eigentum der troncberechtigten Mitarbeiter. Zumindest sei der Tronc der Beklagten nur zur treuhänderischen Verwaltung und Verteilung zugunsten ihrer Mitarbeiter überlassen worden. Die Verwendung für die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung etc. verstoße gegen geltendes Recht. Aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen ergebe sich, daß die oben genannten Aufwendungen vom Arbeitgeber zu tragen seien. An die gesetzlichen Grundwertungen seien auch die Betriebspartner im Rahmen des Abschlusses von Betriebsvereinbarungen gebunden. Die Gesamtbetriebsvereinbarung verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Im übrigen erlaube diese nicht die Entnahme des Arbeitgeberanteils zur Pflegeversicherung und der Schwerbehindertenabgabe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, rückwirkend ab Januar 1993 die Abrechnungen der Parteien nach einem Tronc-Anteil von 22 Punkten ohne Abzug der Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung, der Beiträge an die Berufsgenossenschaft und der Schwerbehindertenabgabe und ab dem 1. Januar 1995 ohne Abzug des Arbeitgeberanteils zur Pflegeversicherung neu zu erstellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei zu den umstrittenen Entnahmen berechtigt. Einem Eigentumserwerb der Mitarbeiter am Tronc stehe das gesetzliche Verbot zur Trinkgeldannahme entgegen. Bei den streitigen Ausgaben handele es sich um Personalaufwendungen im Sinne des Spielbankgesetzes und der Gesamtbetriebsvereinbarung. Letztere sei wirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, die Abrechnungen ohne Abzug der Schwerbehindertenabgabe neu zu erstellen. Im übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen beider Parteien sind nicht begründet. Die Beklagte ist berechtigt, dem Tronc die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung einschließlich der Pflegeversicherung und die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung vorab zu entnehmen. Sie ist aber nicht berechtigt, dem Tronc die Schwerbehindertenabgabe vorab zu entnehmen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
Nach § 7 SpielbG NW erwerben die Arbeitnehmer am Tronc kein (Mit)Eigentum und entstehen Ansprüche gegen den Spielbankbetreiber nur nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung. Diese berechtigt die Beklagte zwar nicht zur Entnahme der Schwerbehindertenabgabe, wohl aber zu den übrigen hier strittigen Entnahmen (I). Die Vorschrift ist wirksam (II). Weitergehende Ansprüche des Klägers ergeben sich auch nicht aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung. Diese schränkt das Recht der Beklagten zu den Entnahmen nicht weiter ein (III).
I. Nach § 7 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 SpielbG NW erwirbt der Spielbankunternehmer Eigentum am Tronc. § 7 Abs. 1 SpielbG NW verbietet dem einzelnen Arbeitnehmer, Geschenke oder ähnliche Zuwendungen anzunehmen. Ein anderweitiger Wille des Spenders ist danach unbeachtlich.
§ 7 SpielbG NW regelt nicht ausdrücklich, wie die Tronceinnahmen zu verwenden sind. § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2, 3 SpielbG NW bestimmt lediglich, daß durch eine Troncverordnung eine Abgabe an eine Stiftung vorgesehen werden kann, deren Höhe so zu bemessen ist, daß dem Spielbankunternehmer ein Betrag verbleibt, der zur Deckung eines angemessenen und wirtschaftlichen Personalaufwands erforderlich ist. Das bedeutet: Der Spielbankunternehmer ist berechtigt, "den angemessenen und wirtschaftlichen Personalaufwand" dem Tronc zu entnehmen. Aus dem Fehlen der gesetzlich vorgesehenen Troncsatzung ergibt sich nichts anderes. Dies hat für die Arbeitnehmer nur den Vorteil, daß der Tronc nicht um eine Abgabe an eine Stiftung geschmälert wird.
1. Zum Personalaufwand in diesem Sinne gehören grundsätzlich alle Aufwendungen für das Personal (vgl. BAG Beschluß vom 24. Juli 1991 - 7 ABR 76/89 - AP Nr. 1 zu § 41 BetrVG 1972). Darunter fallen sowohl die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (vgl. BAG Urteile vom 30. Juni 1966 - 5 AZR 256/65 -, - 5 AZR 385/65 AP Nr. 1, 2 zu § 611 BGB Croupier) einschließlich der Anteile zur Pflegeversicherung als auch die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BAG Urteil vom 1. März 1989 - 4 AZR 639/88 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Croupier). Die Sozialversicherung dient den Interessen der Arbeitnehmer. Gleiches gilt für die gesetzliche Unfallversicherung. Daß diese auch den Arbeitgebern zugute kommen kann, ändert daran nichts.
2. Dagegen gehört die Schwerbehindertenabgabe nicht zum "Personalaufwand" im Sinne von § 7 SpielbG NW. Die Abgabe wird nach § 11 Abs. 1 SchwbG geschuldet, solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl Schwerbehinderter n i c h t beschäftigen, wird also nicht für das Personal aufgewandt. § 11 SchwbG verfolgt zwei Zwecke: In erster Linie sollen die Arbeitgeber dazu angehalten werden, den vorgeschriebenen Prozentsatz der Arbeitsplätze für Schwerbehinderte zur Verfügung zu stellen - Antriebsfunktion -. In zweiter Linie soll ein Ausgleich zwischen den Arbeitgebern, die ihrer Beschäftigungspflicht genügen, und denen, die dies nicht tun, herbeigeführt werden - Ausgleichsfunktion - (BVerfGE 57, 139, 167). Die Antriebsfunktion würde völlig entfallen, wäre der Spielbankbetreiber berechtigt, die Schwerbehindertenabgabe dem Tronc zu entnehmen und damit im Ergebnis nur die Gesamtheit der übrigen Arbeitnehmer zu belasten. Aber auch die Ausgleichsfunktion würde beeinträchtigt. Zwar sind nach § 7 SpielbG NW auch die Personalkosten Schwerbehinderter einschließlich des höheren Urlaubsentgelts und der unter Umständen höheren Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall aus dem Tronc zu zahlen. Jedoch geht die unter Umständen geringere Produktivität schwerbehinderter Arbeitnehmer zu Lasten des Bruttospielertrags und damit zu Lasten des Spielbankbetreibers. Die Entnahme der Schwerbehindertenabgabe aus dem Tronc würde dann dazu führen, daß die Beklagte letztlich keinen Ausgleich dafür leisten müßte, daß sie keine Schwerbehinderten mit unter Umständen geringerer Produktivität beschäftigt.
3. § 7 SpielbG NW erlaubt danach zwar die Entnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, nicht aber die Entnahme der Schwerbehindertenabgabe aus dem Tronc.
Soweit die Beklagte nach § 7 SpielbG NW zur Entnahme berechtigt ist, hängt der Erfolg der Klage davon ab, ob die Bestimmung wirksam ist und ob die Gesamtbetriebsvereinbarung das Recht zur Entnahme einschränkt. Soweit die Beklagte zur Entnahme nicht berechtigt ist, was hinsichtlich der Schwerbehindertenabgabe der Fall ist, ist der Tronc an die Arbeitnehmer auszuschütten und sind die Lohnabrechnungen des Klägers neu zu erstellen. Auf die Wirksamkeit des § 7 SpielbG NW und auf den Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung kommt es insoweit nicht an. Damit erweist sich die Revision der Beklagten als unbegründet.
II. § 7 SpielbG NW ist wirksam. Die Bestimmung verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen höherrangiges Recht.
1. Die Vorschrift verstößt nicht gegen Art. 31 GG. Die Gesetzgebungskompetenz für das Spielbankenrecht liegt bei den Ländern (BVerfG Beschluß vom 18. März 1970 - 2 BvO 1/65 - BVerfGE 28, 119 = AP Nr. 7 zu § 611 BGB Croupier). Die genannten Vorschriften gehören nicht zum Wirtschafts- oder Arbeitsrecht, für die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 12 GG dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zusteht. Der Umstand allein, daß seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weitere Spielbanken errichtet worden sind, hat daran nichts geändert. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in dem genannten Beschluß ausgeführt, daß die Einrichtung von Spielbanken eine Einnahmequelle für die öffentliche Hand schafft. Mag dieser Gesichtspunkt bei einer großzügigeren Zulassungspraxis auch größere Bedeutung erlangt haben, so folgt daraus nicht, daß es sich bei dem Spielbankenrecht nunmehr um Wirtschafts- oder Arbeitsrecht handelt.
2. § 7 SpielbG NW ist mit Art. 14 GG vereinbar. Zwar gehören zum Eigentum i.S.v. Art. 14 GG auch Forderungen. Art. 14 GG schützt jedoch lediglich Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (BVerfG, aaO, zu B II 3 a der Gründe). Forderungen der Beschäftigten darauf, daß der Spielbankunternehmer die hier strittigen Entnahmen unterläßt, sind jedoch nicht entstanden. § 7 SpielbG NW bestimmt zulässigerweise, daß etwa entgegenstehende private Willenserklärungen der Spender rechtlich unverbindlich sind.
Der Wille der Spender wird im allgemeinen dahingehen, allen Angestellten oder bestimmten Teilen der Belegschaft etwas zukommen zu lassen, nicht aber dem Spielbankunternehmer. Gelegentlich mag es auch so sein, daß die Besucher einzelnen Angestellten etwas zuwenden wollen. Unabhängig davon ist zweifelhaft, ob der Wille der Besucher gerade auch dahin geht, daß dem Tronc die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht entnommen werden dürfen.
a) § 7 Abs. 1 SpielbG NW verbietet den einzelnen Angestellten die Annahme von Trinkgeldern. Dem Verbot widersprechende Zuwendungen wären nichtig (§ 134 BGB). § 7 Abs. 2 Unterabs. 1 SpielbG NW verpflichtet die Angestellten zur Ablieferung an den Spielbankunternehmer. Damit wird ein etwaiger Wille der Spender zunächst insoweit für unbeachtlich erklärt, als er dahingeht, einzelnen Angestellten etwas zukommen zu lassen. Das ist sachgemäß und für die meisten Spielbankbesucher einsichtig. Das Verbot der Trinkgeldannahme dient der Vorsorge für einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb. Er soll Manipulationen und Unredlichkeiten des Personals zu Gunsten und zu Lasten einzelner Spieler ausschließen und das Vertrauen der Spieler in einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb stützen (BVerfG, aaO, zu B III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 7. August 1991 - 5 AZR 599/90 - NZA 1992, 308).
b) § 7 Abs. 2 Unterabs. 2 SpielbG NW bestimmt darüber hinaus, daß der Unternehmer "den angemessenen und wirtschaftlichen Personalaufwand" aus dem Tronc entnehmen und daß der Verordnungsgeber die Abführung eines Teils des Tronc-Aufkommens an eine Stiftung und damit für gemeinnützige Zwecke vorsehen darf. Damit wird ein etwaiger Wille der Spender auch insoweit für unbeachtlich erklärt, als er dahin geht, ausschließlich den Arbeitnehmern und nicht dem Arbeitgeber etwas zukommen zu lassen. Auch insoweit bestehen gegen die gesetzliche Regelung keine durchgreifenden Bedenken.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 18. März 1970 (aaO) und vom 21. Juni 1988 (- 1 BvR 481/84 - n.v., den Parteien bekannt) Regelungen, nach denen auch das Spendenaufkommen für gemeinnützige Zwecke heranzuziehen ist, für wirksam gehalten. Sie enthalten eine sachgerechte Ergänzung des für die Zulassung von Spielbanken maßgeblichen Grundgedankens, das Aufkommen aus der Spielbank abzuschöpfen und für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, soweit dieses Aufkommen nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Unternehmer selbst oder diesem zur angemessenen Entlohnung der Beschäftigten zu belassen ist (BVerfG, aaO, zu B II 2 a, B III 1 der Gründe). Mit der Troncabgabe für gemeinnützige Zwecke sollen unangemessene Bereicherungen aus dem Glücksspiel vermieden werden. Dazu das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 21. Juni 1988 - 1 BvR 481/84 n.v.; BVerfGE 28, 119, 148 = AP Nr. 7 zu § 611 BGB Croupier, zu B III 2 a der Gründe):
"Dieser Gedanke findet seine Rechtfertigung darin, daß das Spielbankenrecht nicht dazu dient, eine grundrechtlich geschützte wirtschaftliche Betätigung zu ermöglichen, sondern vielmehr die öffentliche Aufgabe erfüllen soll, das illegale Glücksspiel einzudämmen und dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb der Menschen staatlich überwachte und manipulationsfreie Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen. ... Dieses gesetzgeberische Ziel trägt nicht nur die Belastung des Spielbankunternehmers mit der Spielbankabgabe, sondern gestattet auch die letztlich das Spielbankpersonal treffende Troncabschöpfung."
Die Tätigkeit des Klägers wird erst durch die Zulassung des Glücksspiels möglich. Sein Einkommen steht im Zusammenhang mit der Höhe des Troncs, dessen Einrichtung internationalem Spielbankgebrauch entspricht. Der Kläger "partipiziert mithin am Glücksspiel und den hierfür geltenden Besonderheiten. Dies läßt es ohne weiteres gerechtfertigt erscheinen, die im Spielbankwesen geltenden Grundsätze, insbesondere den der Begrenzung von Bereicherungen aus dem Glücksspiel, auch auf das Spielbankpersonal ... anzuwenden" (BVerfG Beschluß vom 21. Juni 1988, aaO). In seinem Beschluß vom 21. Juni 1988 hat das Bundesverfassungsgericht weiter ausgeführt, "es widerspräche geradezu der vom Gesetzgeber angestrebten, streng reglementierten Zulassung von Spielbanken, die dem Unternehmen zustehenden Spielerträge einer 80 %igen Spielbankabgabe zu unterwerfen, jedoch den im Umfang der Spielerträge zunehmenden Tronc und damit die Personalentlohnung ungehemmt anwachsen zu lassen".
Sind danach schon Bestimmungen unbedenklich, nach denen Anteile des Tronc-Aufkommens für gemeinnützige Zwecke abzuführen sind, so kann für Regelungen, die die Verwendung des Troncs auch für die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und die Beiträge zur Unfallversicherung gestatten, nichts anderes gelten. Die genannten Beiträge kommen - anders als die für gemeinnützige Zwecke bestimmte Troncabgabe - ganz überwiegend den Arbeitnehmern selbst zugute.
c) Soweit es um die Entnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung geht, handelt es sich bei den im Tronc gesammelten Geldmitteln also von vornherein nicht um ein den Arbeitnehmern zustehendes Sondervermögen, das der Arbeitgeber nur treuhänderisch verwaltet, sondern um Beträge, die dem Arbeitgeber zuzuordnen sind und die dieser für Aufwendungen der im Gesetz genannten Art zu verwenden hat.
3. Aus den angeführten Gründen verstößt § 7 SpielbG NW auch nicht gegen Art. 2, 12 GG, das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
III. Da die Beklagte nach § 7 SpielbG NW zur Entnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung berechtigt ist, könnte die Klage insoweit nur dann Erfolg haben, wenn andere Bestimmungen dieses Recht einschränken, den Arbeitnehmern also einen Anspruch auch auf diese Teile des Troncs geben. Das ist nicht der Fall.
1. In Frage kommt hier nur die zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) vom 27. November 1989. Nach deren Ziff. I ist das GesamttroncAufkommen "ausschließlich zur Deckung der Personalaufwendungen unter Berücksichtigung der im Tarifvertrag vereinbarten Aufteilung des Troncs (Troncquotierung) für die Arbeitnehmer... zu verwenden", soweit nicht gemäß Tronc-Verordnung ein bestimmter Anteil für gemeinnützige Zwecke abzuführen ist. Zu den Personalaufwendungen zählen nach Ziff. II Nr. 2, 3, 4 GBV "insbesondere" auch die "Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung) sowie für nicht versicherungspflichtige oder von der Versicherungspflicht befreite Arbeitnehmer zweckgebundene Zuschüsse in Höhe der Beiträge für vergleichbare versicherungspflichtige Arbeitnehmer" und die "Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft)".
2. Die Arbeitgeberanteile zur Pflegeversicherung sind in der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht genannt. Es handelt sich aber auch insoweit um "Personalaufwendungen" im Sinne von Ziff. I GBV. Daraus folgt, daß die Gesamtbetriebsvereinbarung die Entnahme insoweit zumindest nicht verbietet. Darüber hinaus ergibt die Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung, daß die Beklagte danach zur Entnahme auch berechtigt sein soll. Das folgt zum einen aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" in Ziff. II, wonach die Aufzählung der Personalaufwendungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht abschließend ist, zum anderen aus Ziff. II 7 und Ziff. IV der Gesamtbetriebsvereinbarung. Nach der erstgenannten Vorschrift bedürfen "laufende Vergütungen aus dem Tronc in Verbindung mit Suspendierungen nach einem erstinstanzlichen Urteil in einem Kündigungsrechtsstreit... der Zustimmung des Gesamtbetriebsrats". Nach der zweitgenannten Vorschrift bedarf "die Einführung von bislang nicht zum Tragen kommenden Personalaufwendungen aus dem Tronc - mit Ausnahme derjenigen, die gesetzlich oder tariflich dem Grund nach geregelt sind oder werden und von dieser Gesamtbetriebsvereinbarung nicht erfaßt sind - ... der Zustimmung des Gesamtbetriebsrates oder des örtlichen Betriebsrates". Danach bedürfen solche Personalaufwendungen nicht der Zustimmung des Betriebsrates, die gesetzlich geregelt sind oder werden. Das ist bei der Pflegeversicherung der Fall. Hier gehen die Betriebsparteien davon aus, daß sie ohne weiteres aus dem Tronc entnommen werden können.
Damit erweist sich auch die Revision des Klägers als unbegründet.
Unterschriften
Griebeling Reinecke KreftWerner Winterfeld
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.03.1998 durch Clobes, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 151 |
NZA 1999, 387 |
RdA 1998, 256 |
SAE 1999, 80 |
ArbuR 1998, 286 |