Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtrechtsnachfolge. Errichtung des Erzbistums Hamburg. Eintritt des Erzbistums Hamburg in ein Dienstverhältnis mit dem Bistum Osnabrück im Zuge der Errichtung dieses Erzbistums. Anspruch einer Angestellten des Erzbistums Hamburg auf Vergütung nach den vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten, von der Regional-KODA Osnabrück/Vechta beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen ohne Berücksichtigung der vom Erzbischof zu Hamburg in Kraft gesetzten, von der Regional-KODA Nord-Ost beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen. Arbeitslohn. Arbeitsvertragsrecht
Leitsatz (amtlich)
Es bedarf eines (auch) säkular wirkenden Rechtsaktes, wenn anstelle der im Arbeitsvertrag mit einem katholischen Bistum in Bezug genommenen benannten KODA-Regelungen die Regelungen einer anderen KODA anwendbar sein sollen.
Orientierungssatz
- Das Erzbistum Hamburg ist auf Grund des Vertrags über seine Errichtung, abgeschlossen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Schleswig-Holstein und dem Land Mecklenburg-Vorpommern vom 22. September 1994, am 7. Januar 1995 ua. in die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer mit dem Bistum Osnabrück eingetreten, deren Dienstsitz im Gebiet des neu errichteten Erzbistums Hamburg lagen.
- Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist mangels Rechtsgeschäfts nicht nach § 613a BGB, sondern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.
- Durch die Gesamtrechtsnachfolge hat sich im übrigen an den Arbeitsverhältnissen nichts geändert. Auch nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses waren infolge der Bezugnahme im Arbeitsvertrag weiterhin die “unter Mitwirkung der Regional-KODA Osnabrück/Vechta in Kraft gesetzten Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil” des Arbeitsvertrages.
- Der vom Erzbischof von Hamburg proklamierte Wechsel zu den von ihm promulgierten Regelungen der Regional-KODA Nord-Ost hat daran nichts geändert.
- Gesetzliche Bestimmungen, nach denen sich das übergegangene Arbeitsverhältnis ohne weiteres nach den vom Erzbischof von Hamburg promulgierten Regelungen der Regional-KODA Nord-Ost zu richten habe, bestehen nicht. Entsprechende arbeitsrechtliche Regelungen der KODA Osnabrück/Vechta oder einzelarbeitsvertragliche Vereinbarungen bestehen nicht.
Normenkette
Vertrag zw. dem Heiligen Stuhl u. d. Freien u. Hansestadt Hamburg, d. Land M.-V. u. d. Land S.-H. über d. Errichtung von Erzbistum u. Kirchenprovinz Hamburg v. 22.09.1994 (KABl. Erzdiözese Hamburg 1995 Art. 1 S. 1 ff.); Gesetz z. dem Vertrag zw. d. Heiligen Stuhl d. Freien u. Hansestadt Hamburg, d. Land M.-V. u. d. Land S.-H. über d. Errichtung von Erzbistum u. Kirchenprovinz Hamburg v. 18.10.1994 § 1 (GVOBl. Schl.-H. S. 486); BGB § 613a
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 16. Oktober 2000 – 4 Sa 75/00 – aufgehoben, soweit es auf die Berufung des beklagten Erzbistums in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kiel vom 14. Dezember 1999 – ö.D. 5 Ca 2191 a/99 – den Zahlungsantrag abgewiesen hat; insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
- Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 7/8, das beklagte Erzbistum 1/8.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob sich ihr Arbeitsverhältnis trotz des Übergangs vom Bistum Osnabrück auf das Erzbistum Hamburg weiterhin nach dem BAT (VKA) und den arbeitsrechtlichen Regelungen der Regional-KODA Osnabrück/Vechta richtet oder nach den für die Klägerin schlechteren Regelungen der vom Erzbischof Hamburg promulgierten Regelungen der Regional-KODA Nord-Ost. Im BAT (VKA) waren eine Gehaltserhöhung ab 1. Januar 1998 und für 1999 eine Einmalzahlung von 300,00 DM vorgesehen. Die Regional-KODA Osnabrück/Vechta hatte diese Regelungen übernommen. Dagegen hat die Regional-KODA Nord-Ost beschlossen, die Gehaltserhöhung für 1998 erst ab 1. Juni 1998 vorzunehmen und für die Einmalzahlung 1999 nur den entsprechenden sogenannten “Osttarif” in Höhe von 259,15 DM zugrunde zu legen.
Die Klägerin ist seit 1986 in der psychologischen Beratungsstelle K… als Bürokraft teilzeitbeschäftigt. Die Beratungsstelle gehörte zum Bistum Osnabrück und ist mit dessen Errichtung am 7. Januar 1995 auf das Erzbistum Hamburg übergegangen. Im “Dienstvertrag” der Klägerin mit dem Bistum Osnabrück vom 21. Juli 1986 heißt es ua.:
“§ 1 – Anstellung
Frau K… wird mit Wirkung vom 18.08.1986 als Büroangestellte für die Psychologische Beratungsstelle in K… angestellt. Das Dienstverhältnis gilt auf unbestimmte Zeit.
Die ersten sechs Monate der Tätigkeit gelten als Probezeit.
…
§ 4 – Vergütung etc.
Vergütung, Krankenbezüge, Beihilfen bei Geburts-, Krankheits- und Todesfällen, Unterstützungen, Urlaub und Arbeitsbefreiung richten sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.2.1961 in der jeweils gültigen Fassung.
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden. Entsprechend dieser vereinbarten Arbeitszeit wird die anteilige Vergütung, gemessen an der Vergütung eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers, gezahlt.
Die Vergütung erfolgt nach Vergütungsgruppe VIII.
…
§ 9 – Besondere Vereinbarungen
Frau K… ist verpflichtet, an den vom Referat für Ehe-, Familien- und Lebensberatung des Bischöflichen Generalvikariates angebotenen Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Bei Bewährung erfolgt nach einjähriger Tätigkeit die Vergütung nach BAT VII.
*) siehe Rückseite
**) siehe Rückseite
…”
*) auf der Rückseite lautet:
“Die unter Mitwirkung der Regional-KODA Osnabrück/Vechta vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten Regelungen sind in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Dienstvertrages.”
Das Bistum Osnabrück vergütet nach dem BAT in der Fassung für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).
Gemäß Art. 11 Abs. 2 Staatsvertrag “zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Holstein” vom 22. September 1994 “über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg” (KABl. Erzdiözese Hamburg 1995 Art. 1 S 1 ff.), der nach Zustimmung ua. des Landes Schleswig-Holstein mit Gesetz vom 18. Oktober 1994 (GVOBl. Schl.-H. S 486) am 4. November 1994 in Kraft getreten ist, trat das beklagte Erzbistum Hamburg mit Wirkung vom 7. Januar 1995 in die Dienstverhältnisse des Bistums Osnabrück hinsichtlich der Mitarbeiter/-innen ein, deren Dienstsitz im Zeitpunkt der Errichtung des Erzbistums Hamburg in dessen Gebiet liegt. Nach Art. 11 Abs. 1 des Staatsvertrages gelten “das Diözesanrecht von Osnabrück … auch mit Wirkung für den staatlichen Rechtskreis bis zu einer Neuordnung durch das Erzbistum Hamburg” fort.
Unter dem 15. Dezember 1994 teilte das Bischöfliche Generalvikariat Osnabrück der Klägerin ua. mit:
“…
Bischof Ludwig wird neuer Erzbischof von Hamburg und am 07.01.1995 in sein Amt eingeführt. Mit diesem Zeitpunkt treten Rechtsfolgen ein, die sich auch auf Ihr mit dem Bistum Osnabrück bestehendes Dienstverhältnis auswirken können. Auf folgende Punkte möchte ich hinweisen:
1. Aus dem Vertrag über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg ergibt sich, daß mit der Errichtung des Erzbistums Hamburg alle Mitarbeiter/-innen dem Bistum Osnabrück oder dem Erzbistum Hamburg zugeordnet sind.
Nach Artikel 11, Absatz 2 des Vertrages tritt das Erzbistum Hamburg in die Dienst- und Versorungsverhältnisse des Bistums Osnabrück hinsichtlich der Mitarbeiter/-innen ein, deren Dienstsitz im Zeitpunkt der Errichtung des Erzbistums Hamburg in dessen Gebiet liegt.
Ihr Dienstsitz befindet sich im Bereich des künftigen Erzbistums Hamburg.
Das Erzbistum Hamburg tritt somit mit Ablauf des Tages der Errichtung in das mit Ihnen bestehende Dienstverhältnis mit dem Bistum Osnabrück ein, ohne daß es dazu weiterer Vereinbarungen oder einer Neufassung des Dienstvertrages bedarf.
…”
Die Klägerin und das beklagte Erzbistum schlossen die Änderungsverträge vom 25. Juli 1995 und vom 4. Oktober 1995, mit denen jeweils der Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit geändert wurde.
Der Erzbischof von Hamburg setzte zum 1. Januar 1997 die “Ordnung zur Mitwirkung bei der Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts durch eine Kommission für den Bereich der (Erz-)Bistümer Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Hamburg und Magdeburg (KODA-Ordnung für die Region Nord-Ost) in Kraft (KABl. Erzdiözese Hamburg 1996 Art. 150 S 169 ff. und 1997 Art. 3 S 7 f.. Zum gleichen Zeitpunkt – 1. Januar 1997 – setzte der Erzbischof von Hamburg die Ordnung für die Regional-KODA Osnabrück/Vechta für seinen Amtsbereich außer Kraft. Zugleich ordnete er an, daß die bisher gewählten Mitarbeitervertreter der KODA bis zum Ende der Amtszeit die Mitarbeiter des gesamten Erzbistums vertreten. Zuvor waren neue arbeitsvertragliche Regelungen im Erzbistum Hamburg ab 1995 unterschiedlich nach den bisherigen Bistumszugehörigkeiten umgesetzt: Im Bistumsteil Mecklenburg gemäß der seit 1994 bestehenden Regional-KODA Ost, die Bezug nahmen auf Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes, im Westteil des Erzbistums gemäß der Regional-KODA Osnabrück/Vechta, wonach BAT-Änderungen umgesetzt wurden, wenn in der KODA nichts anderes beschlossen wurde.
Die KODA Osnabrück/Vechta hatte beschlossen, gemäß dem BAT (VKA) die Gehälter für 1998 ab 1. Januar 1998 (Vergütungstarifvertrag Nr. 32 zum BAT/VKA) zu erhöhen und die Einmalzahlung von 300,00 DM für die Monate Januar bis März 1999 (Vergütungstarifvertrag Nr. 33 zum BAT/VKA vorzusehen (KABl. Bistum Osnabrück 1998 Art. 83 S 73 und 1999 Art. 235 S 212). Dagegen hatte die KODA Nord-Ost beschlossen, die lineare Gehaltserhöhung für 1998 erst ab 1. Juni 1998 vorzunehmen (KABl. Erzdiözese Hamburg 1998 Art. 137 A S 132) und für die Einmalzahlung nicht 300,00 DM, sondern nur 259,15 DM, nämlich den sogenannten Osttarif, zugrunde zulegen. Dementsprechend erhielt die Klägerin – ihrem Teilzeitanteil entsprechend – die Gehaltserhöhung in Höhe von monatlich 29,89 DM brutto erst ab 1. Juni 1998 und für die Monate Januar bis März 1999 eine um 20,25 DM geringere Einmalzahlung.
Nach erfolgloser schriftlicher Geltendmachung (Schreiben vom 22. Juni 1998) verfolgte sie mit der Klage die Forderung auf Gehaltserhöhung für die Monate Januar bis Mai 1998 weiter; zudem macht sie den Differenzbetrag der Einmalzahlung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Vergütung richte sich ausschließlich nach dem BAT. Jedenfalls seien entgegenstehende Beschlüsse der Regional-KODA Nord-Ost unbeachtlich. Die Klausel in § 9 *) des Arbeitsvertrages beziehe sich auf vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzte Regelungen. Daß bei Außerkrafttreten der Regional-KODA Osnabrück/Vechta durch den Erzbischof von Hamburg zugleich die Beschlüsse und Regelungen der KODA Nord-Ost auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung fänden, lasse sich der genannten Klausel nicht entnehmen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 169,70 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich aus einem Teilbetrag von 29,89 DM brutto ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Januar 1998, auf den sich aus einem Teilbetrag von 59,78 DM brutto ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 1. Februar bis 28. Februar 1998, auf den sich aus einem Teilbetrag von 89,67 DM brutto ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 1. März bis 31. März 1998, auf den sich aus einem Teilbetrag von 119,56 DM brutto ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 1. April bis 30. April 1998, auf den sich aus einem Teilbetrag von 149,45 DM brutto ergebenden Nettobetrag für die Zeit vom 1. Mai 1998 bis 30. Juni 1999 und auf den sich aus 169,70 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Juli 1999 zu zahlen;
- festzustellen, daß sich die Vergütung der Klägerin ausschließlich nach den Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages richtet und der Beklagte für den Fall, daß die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst eine Lohnerhöhung vereinbaren, diese auch uneingeschränkt der Klägerin zu gewähren hat. Etwaige anderslautende Beschlüsse der KODA Nord-Ost zur Umsetzung der Tariflohnerhöhung des öffentlichen Dienstes berühren die Vergütungsansprüche der Klägerin nicht.
Das beklagte Erzbistum hat die Abweisung der Klage beantragt. Es hat die Ansicht vertreten, es seien im Dienstvertrag zwei arbeitsvertragliche Einbeziehungsabreden getroffen worden: § 4 sei die allgemeine, § 9 *) sei die speziellere Bestimmung. Die Vertragsparteien hätten den KODA-Regelungen Geltung verschaffen wollen, weil sie im Gegensatz zum BAT kirchlich abgewogen seien und durch ihr Zustandekommen in einem besonderen und sichergestellten Verfahren den wohl verstandenen Interessen der Kirchen und ihrer Arbeitnehmer gerecht würden. Die Kommissionen zur Ordnung des diözesanen Arbeitsrechts (KODA) schüfen im Rahmen originären Kirchenrechts im eigenen Kirchenkompetenzbereich Regelungen der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im Kirchendienst, nicht aber im öffentlichen Dienst. Durch ihre Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt erlangten sie “Gesetzeskraft” und nähmen unmittelbaren Einfluß auf die bestehenden Vertragsbeziehungen. Es möge sein, daß die KODA-Entscheidungen keinen normativen Charakter hätten, sie seien jedoch auf Grund der vertraglichen Verweisung anzuwenden.
Der Feststellungsantrag sei unzulässig. Die Klägerin habe kein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung. Jedenfalls sei er unbegründet. Es könne nicht uneingeschränkt bestimmt werden, daß KODA-Regelungen nicht dem BAT vorgingen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die von dem Arbeitsgericht zugelassene Berufung des beklagten Erzbistums hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Erzbistum beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrten Vergütungsdifferenzen; der Feststellungsantrag ist indes teils unzulässig, teils unbegründet.
Die Zahlungsansprüche der Klägerin auf die Vergütungsdifferenzen in Höhe von insgesamt 149,45 DM brutto für die Monate Januar bis Mai 1998 und auf weitere 20,25 DM brutto als Differenz zwischen der Einmalzahlung nach Vergütungstarifvertrag Nr. 33 West und Vergütungstarifvertrag Nr. 33 Ost sind begründet. Der Klägerin steht auf Grund § 9 *), § 4 ihres Arbeitsvertrages diese Vergütung nach den vom dortigen Bischof promulgierten Arbeitsrechtsregelungen für das Bistum Osnabrück (Beschlüsse der KODA-Osnabrück/Vechta iVm. den Vergütungstarifverträgen Nr. 32 und Nr. 33 zum BAT/VKA) zu.
1. Diese Arbeitsrechtsregelungen für das Bistum Osnabrück für die Jahre 1998 und 1999 sind nicht deshalb auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin unanwendbar, weil das Erzbistum Hamburg am 7. Januar 1995 in das Arbeitsverhältnis eingetreten ist.
a) Eine solche Rechtsfolge hätte nach säkularem Recht eintreten können, wenn das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Bistum Osnabrück am 7. Januar 1995 im Wege des rechtsgeschäftlichen Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 BGB auf das Erzbistum übergegangen und diese Arbeitsbedingungen der Klägerin mit dem Erzbistum Osnabrück am Tag des Übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur durch Tarifvertrag geregelt gewesen wären bzw. die arbeitsvertragliche Vereinbarung eine Gleichstellungsabrede darstellte; denn dann wären die tarifvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen mit dem Stand zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden, den sie am Tag des Betriebsübergangs gehabt haben (vgl. BAG 20. Juni 2001 – 4 AZR 295/00 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 18 = EzA BGB § 613a Nr. 203).
b) Die Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. § 613a BGB ist vorliegend nicht anwendbar. Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt den Übergang eines Betriebes durch Rechtsgeschäft voraus. Vom sachlichen Geltungsbereich der Norm sind daher Rechtsübergänge ausgeschlossen, die wegen der Gesamtrechtsnachfolge oder eines sonstigen Hoheitsakts vollzogen werden (BAG 10. März 1982 – 5 AZR 839/79 – AP KVLG § 104 Nr. 1; 18. Februar 1976 – 5 AZR 616/74 – AP Saarland UniversitätsG § 1 Nr. 5 = EzA BGB § 613a Nr. 5; 6. September 1978 – 4 AZR 162/77 – AP BGB § 613a Nr. 13; 26. August 1999 – 8 AZR 827/98 – BAGE 92, 251).
Vorliegend fehlt es an einem solchen Rechtsgeschäft. Vielmehr ist das beklagte Erzbistum Hamburg am 7. Januar 1995 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach Art. 11 Abs. 2 des staatskirchenrechtlichen “Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Land Schleswig-Holstein über die Errichtung von Erzbistum und Kirchenprovinz Hamburg” vom 22. September 1994 iVm. dem dazu ergangenen Zustimmungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein in alle Arbeitsverhältnisse eingetreten, die im Gebiet des neu errichteten Erzbistums Hamburg mit den bisherigen Bistümern begründet waren. Dazu zählt auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin in der psychologischen Beratungsstelle K… des Bistums Osnabrück.
2. Der Eintritt des Erzbistums Hamburg in das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin hat für sich allein keine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen bewirkt.
Der Staatsvertrag regelt die Rechtsfolgen dieses Eintritts in die Dienstverhältnisse durch das Erzbistum Hamburg nicht. Er hat sich lediglich darauf beschränkt, den Eintritt in die Dienstverhältnisse anzuordnen. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrages besagt nur, daß der Erzbischof das Nähere regelt, und verweist durch einen Klammerzusatz auf das Schlußprotokoll. Das Schlußprotokoll enthält zwar unter seiner Ziff. 3 eine “Übergangsregelung zu Art. 11”. Dort sind aber lediglich einige Institutionen aufgeführt, deren Dienstverhältnisse sich vorerst nach dem im dem jeweiligen Land geltenden Arbeits- und Tarifrecht richten sollen. Die Beratungsstelle K… des Bistums Osnabrück ist nicht genannt. Daraus folgt, daß der Staatsvertrag – von der Übergangsregelung abgesehen – nicht bestimmt, unter welchen Bedingungen die Mitarbeiter/-innen, in deren Dienstverhältnisse das beklagte Erzbistum eingetreten ist, ihr Dienstverhältnis bei dem neuen Dienstgeber fortsetzen müssen. Das Dienstverhältnis der Klägerin ist sonach im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das beklagte Erzbistum unverändert übergegangen. Vom Erzbischof des beklagten Erzbistums promulgierte Beschlüsse der Regional-KODA Nord-Ost, mit denen der Vergütungstarifvertrag Nr. 32 zum BAT lediglich zeitlich versetzt und der Vergütungstarifvertrag Nr. 33 hinsichtlich der Einmalzahlung nur nach Osttarif übernommen wurden, haben die dienstvertragliche Vereinbarung der Klägerin mit dem Bischof von Osnabrück unberührt gelassen.
3. Indessen ist das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, der Klägerin stünden die Vergütungserhöhungen nicht zu, weil nicht die Beschlüsse der KODA Osnabrück/Vechta anzuwenden seien, sondern die von Erzbischof von Hamburg promulgierten Beschlüsse der KODA Nord-Ost zumindest kraft der Vereinbarung im Arbeitsvertrag Anwendung fänden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Der Dienstvertrag selbst enthält keine Vereinbarung, nach der ein Wechsel der kraft Vereinbarung anzuwendenden arbeitsrechtlichen Regelungen vorgesehen ist.
aa) § 4 Abs. 1 des Dienstvertrages des Bistums Osnabrück mit der Klägerin vom 21. Juli 1986 enthält zwar zunächst eine dynamische Bezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT, und, wie sich aus der Streichung der Wörter “Bund/Länder” (Abs. 3) ergibt, der Vergütungsregelungen des BAT in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung. Diese Regelung wird aber durch § 9 *) des Dienstvertrages geändert: Die unter Mitwirkung der Regional-KODA Osnabrück/Vechta vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten Regelungen sind in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil des Dienstvertrages. In ihrer Zusammenschau stehen diese vertraglichen Bestimmungen dafür, daß der BAT/VKA in der Fassung der vom Bischof von Osnabrück promulgierten Beschlüsse der Regional-KODA Osnabrück/Vechta im Dienstvertrag vereinbart ist, was die Vergütung anbelangt. Mit anderen Worten: Die Vergütung richtet sich nach den vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten, von der Regional-KODA Osnabrück/Vechta beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen. Nachdem zunächst eine BAT-Automatik gegolten hatte, sollte diese abgelöst werden. Das ist durch § 9 *) Dienstvertrag geschehen. Diese “Einbeziehungsklausel” wurde ab 1. Januar 1984 in die Einzelarbeitsverträge aufgenommen (KABl. Bistum Osnabrück 1984 Art. 9).
(1) § 9 *) des Dienstvertrages bezieht sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die im Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages – 21. Juli 1986 – “bereits” in Kraft gesetzten Regelungen der KODA Osnabrück/Vechta, sondern auf die unter der Mitwirkung der KODA vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung, ist also auch zukunftsbezogen.
(2) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bezieht sich § 9 *) des Dienstvertrages auch auf die Vergütung. Eine eindeutige auch auf die Vergütung bezogene Erklärung fehlt nicht. Nach dem Arbeitsgericht habe ein Einschub in § 4 Abs. 1 Dienstvertrag den Vorbehalt anderslautender KODA-Beschlüsse klarstellen müssen. § 9 *) sei eine Schlußbestimmung, während § 4 mit der Vergütungsregelung die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers regele. Dabei wird verkannt, daß sich nach § 4 “– Vergütung … – etc.” die Vergütung und weitere Materien “nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) … in der jeweils gültigen Fassung … richten”, während § 9 *) die unter Mitwirkung der Regional-KODA Osnabrück/Vechta vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung zum Bestandteil des Dienstvertrages macht. § 9 *) stellt sonach gegenüber den vorstehenden Regelungen eine allgemeine Vorbehaltsklausel dar: Die kircheneigenen Ordnungen für alle Bereiche des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts sollen als speziellere Regelungen vorgehen. Auch die Vergütung soll sich nach den von der Regional-KODA Osnabrück/Vechta beschlossenen Regelungen richten, die der Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzt hat.
bb) Aus § 9 *) Dienstvertrag ergibt sich entgegen der Auffassung des beklagten Erzbistums nicht, daß die vom Bischof von Osnabrück promulgierten KODA-Beschlüsse durch die vom Erzbischof von Hamburg promulgierten Beschlüsse der KODA Nord-Ost abgelöst worden sind. Die Bezugnahmeklausel in § 9 *) des Dienstvertrages kann nicht als sog. große dynamische Bezugnahmeklausel oder “KODA-Beschlüsse-Wechselklausel” angesehen werden in dem Sinne, daß jeweils die kirchliche Regelung Anwendung finden soll, an die der jeweilige kirchliche Arbeitgeber auf Grund kirchlichen Rechts gebunden ist.
(1) Für diese Auslegung geben die Bezugnahmeklauseln und die sonstigen bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigenden Umstände keine Grundlage. Die Bezugnahme bezieht sich nur auf die Vergütungsregelung des BAT und auf die vom Bischof von Osnabrück in Kraft gesetzten Beschlüsse der KODA Osnabrück/Vechta.
Zwar ist das Erzbistum Hamburg an die von seinem Erzbischof in Kraft gesetzten Beschlüsse der KODA Nord-Ost gebunden. Das schließt aber nicht aus, daß Dienstverhältnisse, in die es eingetreten ist, andere Bedingungen aufweisen. Das ist eine Folge des nicht im einzelnen geregelten Eintritts des beklagten Erzbistums in die Dienstverhältnisse nach Art. 11 Abs. 2 des Staatsvertrages.
(2) Nun kann § 9 *) Dienstvertrag auch als Gleichstellungsklausel in dem Sinne verstanden werden, daß die Verweisung auf die vom Bischof promulgierten Beschlüsse der KODA Osnabrück/Vechta nur besagt, daß das gelten soll, was kirchenrechtlich gilt. Davon ist aber schon deswegen nicht auszugehen, weil das Bistum Osnabrück von einer kirchenrechtlichen Regelung der promulgierten Beschlüsse der Regional-KODA Osnabrück/Vechta selbst nicht ausgeht: Auf Arbeitsverhältnisse, die die “Einbeziehungsklausel”, also § 9 *) Dienstvertrag, nicht enthalten, “finden die von den Bischöfen in Kraft gesetzten Beschlüsse keine Anwendung” (KABl. Bistum Osnabrück 1984 Art. 9).
(3) Ob der Dienstvertrag der Klägerin mit dem Erzbistum Osnabrück für den ungeregelten Fall des Eintritts eines anderen (Erz-)Bistums in das bestehende Dienstverhältnis im Zuge von dessen Neuerrichtung eine Lücke enthält und wenn ja, wie diese Lücke auszufüllen wäre, also was die Dienstvertragsparteien im Jahre 1986, dem Jahr des Abschlusses des Dienstvertrages, vereinbart hätten, wenn sie einen solchen Fall bedacht hätten, kann offenbleiben. Dafür gibt es keinerlei Vortrag der Parteien.
b) Gesetzliche Bestimmungen, nach denen sich das Dienstverhältnis ohne weiteres gem. der Inkraftsetzung der durch den Erzbischof nach den von der Regional-KODA Nord-Ost beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen zu richten hat, bestehen weder mit Wirkung auf den Dienstvertrag der Klägerin im katholischen Kirchenrecht noch im sakralen Recht. Auch der Staatsvertrag enthält keine entsprechende Bestimmung.
aa) Das Kirchenrecht enthält keine den Dienstvertrag der Klägerin betreffende entsprechende Bestimmung.
bb) Auch im säkularen Recht fehlt eine solche Bestimmung. Zwar mag den vom Erzbischof von Hamburg promulgierten Beschlüssen der KODA Nord-Ost als kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen des Dritten Weges kirchenrechtlich normative Wirkung zukommen. Der Erzbischof von Hamburg hat die KODA-Ordnung für die Region Nord-Ost erlassen, die ab 1. Januar 1997 für das gesamte Erzbistum Hamburg gilt, und die Ordnung für die Regional-KODA Osnabrück/Vechta außer Kraft gesetzt, was er für seinen Bereich tun konnte. Damit gilt das, was der Erzbischof von Hamburg an Beschlüssen der KODA Nord-Ost in Kraft gesetzt hat, nur kirchenrechtlich. Das säkulare Recht ordnet für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen aber keine unmittelbare und zwingende Geltung, dh. normative Wirkung an. Eine etwa § 4 Abs. 1 TVG entsprechende Bestimmung fehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können kirchliche Arbeitsrechtsregelungen die Arbeitsverhältnisse nicht unmittelbar zwingend gestalten, sondern bedürfen stets der vertraglichen Transformation durch Einzelvertrag, Gesamtzusage oder Einheitsregelung (ua. Senat 20. März 2002 – 4 AZR 101/01 – zur Veröffentlichung vorgesehen mwN). Daran fehlt es.
cc) Der Staatsvertrag hat die Rechtsfolgen des Eintritts des neu errichteten Erzbistums in die Dienstverhältnisse gerade nicht geregelt (siehe oben Ziff. I 2).
4. Nach allem hat die Klägerin Anspruch auf die geltend gemachten, der Höhe nach unstreitigen Vergütungsdifferenzen hinsichtlich der Monate Januar bis Mai 1998 und der Einmalzahlung für die Monate Januar bis März 1999. Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus § 288 BGB alter und neuer Fassung.
Der Feststellungsantrag der Klägerin ist teils unzulässig, teils unbegründet.
1. Der Feststellungsantrag ist hinsichtlich seines ersten Satzes zulässig. Der Streit der Parteien geht darum, ob sich die Vergütung der Klägerin ausschließlich nach den Regelungen des BAT richtet. Das ist dahin zu verstehen, daß sich der Antrag auf die Vergütungsregelungen des BAT in der jeweils gültigen Fassung richten soll. Das macht der zweite Halbsatz des Feststellungsantrages Satz 1 deutlich.
Soweit die Feststellung begehrt wird, etwaige anderslautende Beschlüsse der KODA Nord-Ost zur Umsetzung der Tariflohnerhöhung des öffentlichen Dienstes berühren die Vergütungsansprüche der Klägerin nicht, ist der Antrag unzulässig. Er ist in dem Satz 1 enthalten. Der Klägerin geht es darum, ob sich ihre Vergütung ausschließlich nach dem BAT richtet. Damit sind alle anderen Regelungen ausgeschlossen, auch die von der Klägerin ausschließlich aufgeführten Beschlüsse der KODA Nord-Ost, aber auch die Beschlüsse der KODA Osnabrück/Vechta, die sie einerseits zwar ebenfalls für ausgeschlossen hält, auf die sie sich andererseits aber auch beruft.
2. Der Feststellungsantrag, soweit zulässig, ist unbegründet. Aus dem unter Ziff. I Ausgeführten ergibt sich, daß sich die Vergütung der Klägerin nicht ausschließlich nach dem BAT richtet, sondern nach den vom Bischof von Osnabrück promulgierten Beschlüssen der KODA Osnabrück/Vechta, und zwar auch dann, wenn diese Vergütungserhöhungen nicht, nur teilweise oder zeitlich versetzt übernehmen. Sonach richtet sich die Vergütung der Klägerin nicht ausschließlich nach dem BAT/VKA mit der Folge, daß der Feststellungsantrag unbegründet ist. Vielmehr hat die Klägerin Anspruch auf die Vergütung nach den von der Regional-KODA Osnabrück/Vechta beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, E. Wehner, v. Dassel
Fundstellen
Haufe-Index 922266 |
BAGE 2004, 353 |
BB 2003, 1236 |
NZA 2004, 274 |
AP, 0 |
EzA |
ZMV 2003, 137 |
AfkKR 2002, 549 |