Entscheidungsstichwort (Thema)
Präsenzpflicht angestellter Lehrkräfte während der Schulferien
Orientierungssatz
1. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auch bei einer sog. Sachrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Bezieht sich die Revision auf mehrere Streitgegenstände im prozessualen Sinn, muss sie regelmäßig den Angriff auf jeden Streitgegenstand ausreichend begründen. Das ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand von der Entscheidung über den anderen Streitgegenstand abhängt.
2. Schulferien sind für angestellte Lehrkräfte zwar im Allgemeinen eine unterrichtsfreie, aber keine arbeitsfreie Zeit. Die Lehrkraft bleibt deshalb grundsätzlich zur Erledigung aller arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten verpflichtet. Der Arbeitgeber kann der Lehrkraft im Rahmen billigen Ermessens iSv. § 106 Satz 1 GewO verbindlich die Weisung erteilen, während der Schulferien zur Erfüllung bestimmter Aufgaben in der Schule anwesend zu sein. Anderes gilt nur, wenn die Weisung höherrangiges Recht verletzt, weil zB die Höchstarbeitszeit überschritten oder der Urlaubsanspruch der Lehrkraft beeinträchtigt wird.
3. Bei Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Vergütung ist für den Beginn der Ausschlussfrist des § 70 Unterabs. 1 BAT-O zu unterscheiden: Berechnet der Arbeitgeber das Entgelt fehlerhaft, obwohl ihm die maßgeblichen Berechnungsgrundlagen bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, entsteht sein Rückzahlungsanspruch im Zeitpunkt der Überzahlung und wird zugleich fällig. Kann der Arbeitgeber die Überzahlung nicht erkennen, weil der Berechnungsfehler in die Sphäre des Arbeitnehmers fällt, wird der Rückzahlungsanspruch erst fällig, wenn der Arbeitgeber von den rechtsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
4. Für die Rückforderung der Vergütung angestellter Lehrkräfte kommt es bei Tatbeständen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, auf die Kenntnis der Beschäftigungsdienststelle an. Sie wird idR durch den Schulleiter repräsentiert.
Normenkette
BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 8; BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 18; BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 36; BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 70; BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 3; BAT-O vom 10. Dezember 1990 § 5; BGB §§ 271, 315, 387 ff., §§ 611, 614, 812; GewO § 106; Schulgesetz für den Freistaat Sachsen §§ 40, 42; ZPO §§ 256, 551
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 30.01.2007; Aktenzeichen 7 Sa 77/06) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 14.12.2005; Aktenzeichen 2 Ca 4160/05) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Januar 2007 – 7 Sa 77/06 – aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht über die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Zahlungsklage entschieden hat. Insoweit wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als angestellte Lehrerin während der unterrichtsfreien Zeit im Dezember 2004 und 2005 nach Einteilung ihrer Schulleiterin eine Präsenzpflicht zu erfüllen hatte.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Freistaat bzw. seinem Rechtsvorgänger seit 1979 als Lehrerin in den Unterrichtsfächern Technik, Wirtschaft und Informatik an einer Mittelschule tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich auf Grund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit und einzelvertraglicher Verweisung nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung.
Nach Nr. 5 Abs. 1 der Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT-O) sind hinsichtlich des Urlaubs anstelle der §§ 47 bis 49 BAT-O die für entsprechende Beamte geltenden Regelungen anzuwenden.
Mit Wirkung vom 1. August 2004 wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell umgewandelt. Die Klägerin befindet sich seit August 2007 in der Freistellungsphase. Für den unterrichtsfreien 30. Dezember 2004 wurde sie als sog. Ferienbesetzung eingeteilt.
Zugrunde lag die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) zur Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 7. August 2003 (VwV-SMK Unterrichtsverpflichtung 14-0341.40/941, MBl. SMK vom 28. August 2003 S. 146). Dort heißt es in Nr. 1.1 ua.:
“Arbeitstage sind diejenigen Schul- sowie Ferientage, die die Zahl der Urlaubstage im Kalenderjahr übersteigen. Soweit Lehrkräfte nicht Unterrichtsverpflichtungen oder andere dienstliche Verpflichtungen zu bestimmten Zeiten wahrzunehmen haben, sind sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben zeitlich nicht gebunden. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich.”
In einem Erlass des SMK vom 2. März 1998 ist ua. bestimmt:
“Das Sächsische Staatsministerium für Kultus weist erneut darauf hin, daß in den Schulen des Freistaates Sachsen auch in der Ferienzeit gesichert sein muß, daß der Schulleiter oder der stellvertretende Schulleiter oder eine durch den Schulleiter beauftragte hauptamtliche Lehrkraft als Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Die Schule soll während der Schulferien regelmäßig von Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr besetzt sein.
Von Montag bis Donnerstag ist bis 16 Uhr sicherzustellen, daß einer der o.g. Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Der Anwesenheitspflicht kann auch durch telefonische Erreichbarkeit genügt werden. Auch bei nur telefonischer Erreichbarkeit ist die Zugriffsmöglichkeit auf die in der Schule befindlichen Unterlagen sicherzustellen.
Der Schulleiter regelt die Präsenzpflicht während der Ferien eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der Urlaubsansprüche der Lehrer entsprechend den Regelungen des BATOst und den hierzu erlassenen Sonderregelungen für Lehrer.”
Die Einteilung zur Ferienbesetzung erfolgte in der Weise, dass die Schulleiterin am 15. Januar 2004 die Lage der Urlaubstage der Klägerin im Kalenderjahr 2004 festlegte und mit Aushang vom 21. Dezember 2004 bekannt gab:
“Erinnerung – Einsatz Weihnachtsferien |
23.12.2004 |
Frau … |
27.12.2004 |
Frau … |
28.12.2004 |
Frau … |
29.12.2004 |
Frau … |
30.12.2004 |
Frau Z… |
Bitte nicht vergessen:
– Anrufbeantworter abhören (früh und mittags)
– Post holen
– Fische füttern
– unbedingt gekennzeichnete Ordner mit Klassenarbeiten schreddern
…”
Die Klägerin blieb am 30. Dezember 2004 ohne Angabe von Gründen der Schule fern. Der Beklagte erteilte ihr daraufhin im März 2005 eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst. In einem Schreiben vom 16. März 2005 wird ua. ausgeführt, der Freistaat prüfe die Möglichkeit, die Vergütung der Klägerin für diesen Tag zu kürzen.
Der Beklagte behielt von der Vergütung der Klägerin für Juli 2005 einen Betrag von 77,99 Euro brutto (66,29 Euro netto) ein. Die Bezügemitteilung weist dazu aus: “Einbehaltung der Bezüge gem. § 18 Abs. 2 BAT-O wegen unentschuldigtem Fehlen am 30.12.2004”.
§ 18 Abs. 2 BAT-O bestimmt:
“Der Angestellte darf nur mit vorheriger Zustimmung des Arbeitgebers der Arbeit fernbleiben. Kann die Zustimmung den Umständen nach nicht vorher eingeholt werden, ist sie unverzüglich zu beantragen. Bei nicht genehmigtem Fernbleiben besteht kein Anspruch auf Bezüge.”
Im Januar 2005 bestätigte die Schulleiterin die Lage des Urlaubs der Klägerin für das Kalenderjahr 2005 und teilte mit: “Ferienbesetzung: 27.12.2005”.
Die Klägerin hat zunächst Klage auf Entfernung der Abmahnung erhoben. Der Beklagte hat sich vor dem Arbeitsgericht durch Teilvergleich verpflichtet, die Abmahnung aus formellen Gründen zu widerrufen und sie aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Er hat sich vorbehalten, wegen des Fehlens am 30. Dezember 2004 eine neue Abmahnung zu erteilen. Die erneut erteilte Abmahnung ist Gegenstand eines weiteren, vor dem Arbeitsgericht anhängigen Prozesses. In dem zur Entscheidung des Senats stehenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Klage im August 2005 auf Zahlung des einbehaltenen Entgelts für Juli 2005 erweitert und sich gegen die Anordnung der Ferienbesetzung am 27. Dezember 2005 gewandt.
Sie hat zunächst bestritten, von dem Aushang vom 21. Dezember 2004 gewusst zu haben. Als Lehrkraft sei sie nicht verpflichtet, die in dem Aushang genannten Sekretariatsaufgaben wahrzunehmen. Zumindest habe der beklagte Freistaat das ihm zustehende Ermessen überschritten. Sie habe ohnehin keinen unmittelbaren Zugriff auf schulische Unterlagen gehabt. Mögliche Anfragen von Behörden, dem Regionalschulamt oder Eltern hätten deshalb nicht von ihr selbst beantwortet werden können. Sie hätten an die Schulleiterin oder den stellvertretenden Schulleiter weitergeleitet werden müssen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 77,99 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. August 2005 zu zahlen;
2. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, während der unterrichtsfreien Zeit zur Ferienbesetzung an der J…-Mittelschule in G… am 27. Dezember 2005 präsent zu sein, um Sekretariatsaufgaben wie das Holen von Post, das Abhören des Anrufbeantworters und das Schreddern von Klassenarbeiten auszuführen.
Der beklagte Freistaat hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, Klassenarbeiten zu “schreddern”. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Den Feststellungsantrag hat es als unzulässig beurteilt. Die Klägerin verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision weiterhin ihre Klageanträge, soweit sie in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben sind. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist unbegründet, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet. Der Feststellungsantrag ist unzulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.
I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.
1. Eine allgemeine Feststellungsklage setzt regelmäßig ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis voraus. Nicht nur eine positive, sondern auch eine negative Feststellungsklage wird grundsätzlich unzulässig, wenn das Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits erlischt (vgl. BAG 6. Mai 2003 – 1 AZR 340/02 – Rn. 9, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 80). Ein vergangenes Rechtsverhältnis kann nur Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn sich aus ihm nach dem Klagevortrag noch Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben (st. Rspr. vgl. BAG 5. Juni 2003 – 6 AZR 277/02 – Rn. 20, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2; 15. Dezember 1999 – 5 AZR 457/98 – Rn. 11, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 59 = EzA ZPO § 256 Nr. 52; Senat 21. September 1993 – 9 AZR 580/90 – Rn. 13, BAGE 74, 201).
2. Für eine Feststellungsklage, die ursprünglich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet war, gilt nichts anderes. Wird der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt, sondern die Klage fortgeführt, müssen sich aus der begehrten Feststellung des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses noch konkrete Folgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben (Senat 21. September 1993 – 9 AZR 580/90 – Rn. 13, BAGE 74, 201). Die Feststellung muss geeignet sein, die zwischen den Parteien weiterhin bestehenden Streitfragen abschließend zu klären (vgl. BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 522/04 – Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7).
II. Diese Erfordernisse wahrt der Feststellungsantrag der Klägerin nicht. Sie verlangt die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, während der unterrichtsfreien Zeit am 27. Dezember 2005 in der Schule präsent zu sein, um Sekretariatsaufgaben wie das Holen von Post und das Abhören des Anrufbeantworters auszuführen. Der Feststellungsantrag betrifft einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Sachverhalt, der für die Gegenwart oder Zukunft keine Folgen hat.
1. Die erstrebte Feststellung ist für Ansprüche auf Entgelt ohne Bedeutung. Die Begründetheit des geltend gemachten Vergütungsanspruchs für Juli 2005 hängt nicht vom Umfang der Leistungspflichten der Klägerin am 27. Dezember 2005, sondern von der Erfüllung ihrer Pflichten am 30. Dezember 2004 ab.
2. Da sich die Klägerin seit August 2007 in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet, kommt eine erneute Heranziehung als Ferienbesetzung in der unterrichtsfreien Zeit nicht mehr in Betracht. Sie unterliegt keiner Arbeitspflicht mehr. Ob die Klägerin entsprechend der vertraglichen Festlegung seit dem 1. August 2007 oder entgegen den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erst seit dem 2. August 2007 freigestellt ist, worauf sich die Klägerin in der Revisionsinstanz ohne Verfahrensrüge beruft, ist hierfür nicht erheblich.
B. Hinsichtlich des Zahlungsantrags ist die Revision der Klägerin begründet.
I. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten setzt sich die Revisionsbegründung hinreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinander (§ 551 ZPO).
1. Nach § 551 Abs. 1 ZPO ist die Revision zu begründen.
a) Mit dem Revisionsantrag (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO) muss erklärt werden, inwieweit das Urteil angegriffen wird. Eine nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO erhobene Sachrüge muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Die Revisionsbegründung hat den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise zu verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt (für die st. Rspr. Senat 17. Juli 2007 – 9 AZR 819/06 – Rn. 31; BAG 14. Juli 2005 – 8 AZR 300/04 – Rn. 23, AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1; Senat 19. April 2005 – 9 AZR 184/04 – Rn. 24, AP BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14; 6. Januar 2004 – 9 AZR 680/02 – Rn. 26, BAGE 109, 145).
b) Bezieht sich die Revision auf mehrere Streitgegenstände im prozessualen Sinn, muss sie den Angriff auf jeden Streitgegenstand ausreichend begründen (Senat 17. Juli 2007 – 9 AZR 819/06 – Rn. 32; BAG 16. Juni 2004 – 5 AZR 529/03 – Rn. 34, AP ZPO 2002 § 551 Nr. 2 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; Senat 16. März 2004 – 9 AZR 323/03 – Rn. 61, BAGE 110, 45). Das ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand von der Entscheidung über den anderen Streitgegenstand abhängt (BAG 9. April 1991 – 1 AZR 488/90 – Rn. 13, BAGE 68, 1). Auch bei rechtlicher Selbständigkeit der Ansprüche kann eine nur teilweise Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung ausreichen, wenn sie erkennbar den nicht näher behandelten Anspruch einbezieht.
2. Der beklagte Freistaat wendet ein, obwohl die Klägerin mit der Zahlung von 77,99 Euro brutto Vergütung für den 30. Dezember 2004 verlange, gehe sie nicht darauf ein, welchen materiellen Gesetzesverstoß sie dem Landesarbeitsgericht zur Last lege. Damit fehle es an einer ausreichenden Revisionsbegründung. Dem stimmt der Senat nicht zu.
a) Die Klägerin hat uneingeschränkt Revision eingelegt. Sie erstrebt die Aufhebung des Berufungsurteils auch insoweit, als es die Leistungsklage abgewiesen hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten erhebt sie hierzu eine ausdrückliche Sachrüge. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe materielles Recht verletzt, weil es den Umfang des Direktionsrechts verkannt habe, und begründet das näher. Diese materielle Rüge der Klägerin bezieht sich erkennbar auf den Teil der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, der sich mit der Begründetheit der erhobenen Leistungsklage befasst.
b) Die Klägerin musste sich in der Revisionsbegründung nicht mit dem vom Beklagten vermissten Angebot ihrer Arbeitsleistung am 30. Dezember 2004 befassen. Es genügt, wenn ein Rechtsfehler gerügt wird. Dann ist für den gesamten davon betroffenen Streitgegenstand die Rechtsfehlerkontrolle des Revisionsgerichts eröffnet (vgl. Senat 6. Januar 2004 – 9 AZR 680/02 – Rn. 24 und 43, BAGE 109, 145).
II. Soweit die Klage zulässig ist, ist die Revision der Klägerin begründet. Sie führt im Hinblick auf die Abweisung des Leistungsantrags zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf Grund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf Zahlung der einbehaltenen Vergütung für Juli 2005 in Höhe von 77,99 Euro brutto hat.
1. Gegenstand des Leistungsantrags ist nicht der Anspruch der Klägerin auf Vergütung für den 30. Dezember 2004. Der Gehaltsanspruch der Klägerin für Dezember 2004 ist erfüllt. Streitgegenstand ist ein nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unstreitig entstandener Anspruch der Klägerin auf restliches Entgelt für Juli 2005 in Höhe von 77,99 Euro brutto. Der Beklagte hat die der Klägerin für diesen Monat zustehenden Bezüge nicht in voller Höhe ausgezahlt. Vielmehr hat er einen Betrag von 77,99 Euro brutto wegen des aus seiner Sicht unberechtigten Fehlens der Klägerin am 30. Dezember 2004 einbehalten. Wie der Hinweis auf § 18 Abs. 2 BAT-O verdeutlicht, geht der Beklagte davon aus, dass die Klägerin für diesen Tag keinen Anspruch auf Vergütung hat und ihm deswegen hinsichtlich des Anspruchs der Klägerin auf das Gehalt für Juli 2005 ein – aufrechenbarer – Gegenanspruch auf Rückzahlung des für den 30. Dezember 2004 gezahlten Entgelts zusteht.
2. Die Gegenforderung des beklagten Freistaats entstand zunächst, weil die Klägerin gegen ihre Verpflichtung verstieß, am 30. Dezember 2004 die sog. Ferienbesetzung wahrzunehmen. Sie konnte für diese Zeit keine Vergütung beanspruchen. Allerdings steht die unterbliebene Leistung geschuldeter Arbeit nur für die angeordneten drei Zeitstunden fest. Darüber hinaus ist den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen, ob die Gegenforderung des Beklagten im Juli 2005 noch bestand. Es ist nicht festgestellt, dass die im Dezember 2004 erfolgte Überzahlung rechtzeitig iSv. § 70 Unterabs. 1 BAT-O schriftlich geltend gemacht wurde.
3. Gegen den Gehaltsanspruch der Klägerin für Juli 2005 aus § 611 Abs. 1 BGB rechnete der Beklagte mit einer Gegenforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe des überzahlten Entgelts für die am 30. Dezember 2004 nicht erbrachte Arbeitsleistung auf.
a) Diese Gegenforderung konnte der Beklagte nicht auf Grund einer Vorschussvereinbarung durch bloße Verrechnung des für Dezember 2004 überzahlten Betrags mit der Arbeitsvergütung für Juli 2005 realisieren. § 36 BAT-O begründet keinen solchen Vorschusstatbestand (zum umgekehrten Fall einer tariflich begründeten Vorschussrückzahlungspflicht BAG 25. Februar 1993 – 6 AZR 334/91 – Rn. 13 ff., BAGE 72, 290). Nach § 36 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT-O sind die Bezüge am letzten Tag eines jeden Monats (Zahltag) für den laufenden Monat auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. An dem Wort “Zahltag” wird deutlich, dass § 36 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT-O den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers abweichend von § 614 Satz 1 und 2 BGB schon vor Ablauf des jeweiligen Zeitabschnitts am letzten Tag des Monats und nicht erst am ersten Tag des Folgemonats fällig werden lässt (§ 271 Abs. 2 BGB). Es handelt sich um eine von der gesetzlichen Regel abweichende tarifliche Fälligkeitsregelung. Auf ihrer Grundlage soll eine endgültige und keine bloß vorläufige, dh. vorschussweise Zahlung geleistet werden. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und wann der Beklagte den Zahltag vom 15. auf den letzten Tag des Monats umstellte (vgl. die Protokollnotiz Nr. 3 zu § 36 BAT-O). In beiden Fällen verlagert die Tarifbestimmung die Fälligkeit auf einen früheren Zeitpunkt als § 614 BGB.
b) Der Beklagte konnte den Entgeltanspruch der Klägerin für Juli 2005 nur durch Aufrechnung mit seinem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung durch die für den 30. Dezember 2004 geleistete Vergütung zum Erlöschen bringen (§§ 387 ff. BGB). Die nach § 388 Satz 1 BGB erforderliche Aufrechnungserklärung des Aufrechnenden muss nicht ausdrücklich abgegeben werden. Es genügt, dass der Aufrechnungswille für den Gläubiger klar zu erkennen ist. Das trifft hier zu. Der Beklagte teilte der Klägerin ausdrücklich unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 BAT-O mit, der Abzug erfolge wegen ihres unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit am 30. Dezember 2004.
c) Ob der Beklagte wirksam die Aufrechnung erklärte, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Eine wirksame Aufrechnung bewirkt nach § 389 BGB, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in dem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. Diese Rechtsfolge trat hier nur ein, wenn der beklagte Freistaat zur Zeit der Aufrechnungserklärung noch Inhaber einer Forderung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gegen die Klägerin war (§ 387 BGB). Das setzt voraus, dass die Gegenforderung des Beklagten nicht schon verfallen war, weil sie nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 70 Unterabs. 1 BAT-O schriftlich geltend gemacht worden war.
aa) Der Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung des im Dezember 2004 geleisteten Entgelts für den 30. Dezember 2004 war ursprünglich entstanden. Die Klägerin hätte an diesem Tag Feriendienst in der Schule versehen müssen.
(1) Die Schulleiterin war gegenüber der Klägerin weisungsbefugt. Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) leitet und verwaltet der Schulleiter die Schule und sorgt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften für einen geregelten und ordnungsgemäßen Schulablauf. Er ist in Erfüllung seiner Aufgaben weisungsberechtigt gegenüber den Lehrern seiner Schule (§ 42 Abs. 2 Satz 1 SchulG).
(2) Die Anordnung der Ferienbesetzung verstieß nicht gegen individual- oder kollektivrechtliche Bestimmungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
(a) Insoweit ist unerheblich, dass sich die Klägerin am 30. Dezember 2004 bereits in Altersteilzeit befand. Das im Blockmodell durchgeführte Altersteilzeitarbeitsverhältnis unterscheidet sich hinsichtlich der Arbeitspflicht von einem “gewöhnlichen” Arbeitsverhältnis nur dadurch, dass die vom Arbeitnehmer für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geschuldete Teilzeitarbeit auf die erste Hälfte konzentriert ist. Während der sog. Arbeitsphase ist er verpflichtet, wie ein Vollzeitbeschäftigter zu arbeiten. Dabei ist er dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen.
(b) Arbeitszeitrechtliche Bedenken bestehen nicht. Nach den tariflichen Sonderregelungen für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis (Nr. 3 Satz 1 und 2 SR 2l I BAT-O) bestimmt sich die Dauer der geschuldeten Arbeitszeit nach den für Lehrkräfte im Beamtenverhältnis geltenden Bestimmungen. Der Verzicht der Tarifvertragsparteien auf eine eigene Regelung ist rechtswirksam (st. Rspr. vgl. BAG 17. Mai 2000 – 5 AZR 783/98 – Rn. 17, BAGE 94, 360). Die Arbeitszeit der vom beklagten Freistaat beschäftigten Lehrer wurde durch die Verwaltungsvorschrift des zuständigen Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) vom 7. August 2003 wirksam auf durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich festgelegt. Die Klägerin stützt sich nicht darauf, dass ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei tatsächlicher Wahrnehmung des Feriendienstes überschritten oder ihr Urlaubsanspruch beeinträchtigt worden wäre.
(c) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Schulleiterin auf der Grundlage des Erlasses des SMK vom 2. März 1998 berechtigt, ihre Präsenz während der Weihnachtsferien anzuordnen. Weder der Erlass noch die auf ihn gestützte Anordnung der Schulleiterin verletzten die Klägerin in ihren Rechten als Lehrkraft.
(aa) Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen arbeiten typischerweise sowohl in der Schule als auch in ihrer häuslichen Umgebung. An welchem Arbeitsort sie tätig werden, bestimmt sich herkömmlich nach den zu erledigenden Aufgaben. Soweit die Lehrkraft nicht aus anderen Gründen – wie etwa krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder wegen Urlaubs – von der Arbeitspflicht befreit ist, ist der Arbeitgeber berechtigt, ihre Anwesenheit in der Schule aus dienstlichen Gründen auch während der Schulferien anzuordnen. Schulferien sind keine arbeitsfreie Zeit. Während ihrer Dauer findet nur kein Unterricht statt. Die Lehrkraft bleibt deshalb grundsätzlich zur Erledigung aller arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten verpflichtet (Senat 14. August 2007 – 9 AZR 18/07 – Rn. 19; 13. Februar 1996 – 9 AZR 79/95 – Rn. 18, BAGE 82, 161).
(bb) Die Ferienbesetzung gehörte zu den arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben der Klägerin.
Das Berufsbild einer Lehrkraft ist gesetzlich und tariflich nicht abschließend beschrieben. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SchulG trägt sie die unmittelbare pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler. Gesetzlicher Rahmen sind das Grundgesetz, die Landesverfassung, die im SchulG niedergelegten Erziehungs- und Bildungsziele, Bildungsstandards, Lehrpläne sowie die übrigen für die Lehrkraft geltenden Vorschriften und Anordnungen. Die Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2l I enthält lediglich eine Definition der Lehrkräfte iSd. Sonderregelungen und beschreibt den Geltungsbereich mit “Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs der Tätigkeit das Gepräge gibt”. Unzweifelhaft gehören danach Unterrichtserteilung und alle sich darauf beziehenden Arbeiten zum Berufsbild einer Lehrkraft. Weitere Aufgaben ergeben sich aus der Stellung als Mitglied des Lehrerkollegiums und Teil der Schulorganisation.
Welche Tätigkeiten dem Berufsbild zuzuordnen sind, richtet sich nach dem Inhalt der Arbeitsaufgabe unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des mit der Lehrtätigkeit verfolgten Zwecks. Im Lehrerberuf muss sich die Arbeitsaufgabe auf den Dienst als Lehrkraft beziehen. Die “Wertigkeit” der einzelnen Tätigkeit ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Fast jede berufliche Tätigkeit setzt sich aus Arbeitsschritten unterschiedlicher Schwierigkeit und Bedeutung zusammen. Der Lehrerberuf weist insoweit keine Besonderheiten auf. Post von Eltern ist zu öffnen. Dabei ist zu überprüfen, ob sie beantwortet werden kann. Gegebenenfalls ist der Schriftverkehr weiterzuleiten. Fachlehrer für Biologie haben sich beispielhaft um eingerichtete Terrarien oder Aquarien zu kümmern und die gehaltenen Tiere zu füttern. Zur Verfügung gestellte oder selbst angeschaffte Materialien sind zu sichten und zu ordnen.
Gemessen daran ist die generelle Anordnung des SMK nicht zu beanstanden. Der Erlass vom 2. März 1998 verfolgt das ausdrücklich genannte Ziel der Anwesenheit einer hauptamtlichen Lehrkraft, die während der unterrichtsfreien Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung stehen soll. Dritte, nicht schulangehörige Personen sollen sich während der Schulferien an die Schule wenden können, um fachkundige Auskunft zu erhalten. Dabei hat das SMK ersichtlich Schüler und Eltern sowie die Schulverwaltung im Auge. Das zeigt der Hinweis, auch bei einer nur telefonischen Erreichbarkeit sei sicherzustellen, dass auf die in der Schule vorhandenen Unterlagen zugegriffen werden könne. Ob diese Zugriffsmöglichkeit am 30. Dezember 2004 tatsächlich bestand, was die Klägerin bestreitet, ist für die generelle Zielsetzung der als erforderlich angesehenen Ferienbesetzung unbeachtlich.
Es kommt auch nicht darauf an, ob im Einzelfall Bedarf an fachkundiger Auskunft besteht und welche Fragen beantwortet werden sollen. Für die Berechtigung einer angeordneten Ferienbesetzung genügt es, dass eine Vielzahl von Fragen denkbar ist, die aus Sicht der Nachfragenden die Antwort einer Lehrkraft und nicht die einer Schulsekretärin erfordern. Zu denken ist etwa an Schulorganisation, Schulprofil und Aufnahmekapazität.
(3) Die Anordnung der Ferienbesetzung am 30. Dezember 2004 war nicht wegen Ermessensüberschreitung unverbindlich.
(a) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BAT-O ist der Angestellte verpflichtet, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Die tarifliche Vorschrift bringt das dem Arbeitgeber zustehende Weisungsrecht zum Ausdruck. Auch nach allgemeinem Gesetzesrecht (§ 106 Satz 1 GewO) ist der Arbeitgeber berechtigt, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
(b) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Anordnung der Schulleiterin habe billigem Ermessen entsprochen. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt wurden, unterliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB der gerichtlichen Kontrolle. Diese ist in der Revisionsinstanz uneingeschränkt überprüfbar (für die st. Rspr. Senat 14. August 2007 – 9 AZR 18/07 – Rn. 47). Die Überprüfung der Ermessensausübung durch das Landesarbeitsgericht lässt jedoch keinen Rechtsfehler erkennen.
(aa) Das dem Arbeitgeber eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht erlaubt nicht nur eine einzige Regelung. Ihm kommt bis an die Grenzen der Billigkeit ein Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu. Die einseitige Leistungsbestimmung entspricht immer dann der Billigkeit, wenn die konkreten Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt wurden (vgl. nur Senat 14. August 2007 – 9 AZR 18/07 – Rn. 47).
(bb) Der Beklagte überschritt sein Ermessen nicht. Die Weisung der Schulleiterin war nach § 106 Satz 1 GewO verbindlich. Sie entschloss sich, die Ansprechbarkeit der Schule durch tatsächliche Anwesenheit einer Lehrkraft und nicht durch bloße Telefonbereitschaft zu gewährleisten. Das lässt schon mit Rücksicht auf die zu versorgenden Tiere und die durchzusehende Post keinen Ermessensfehler erkennen. Die Klägerin wurde zudem lediglich während dreier Stunden eines Arbeitstags in den Weihnachtsferien zur Arbeit in der Schule herangezogen. Auch die Klägerin wendet sich insoweit nicht gegen die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts.
bb) Das Berufungsurteil ist dennoch nicht rechtsfehlerfrei. Das Landesarbeitsgericht hat die Einhaltung der hier anwendbaren Ausschlussfrist nicht festgestellt. Die Wirksamkeit der erklärten Aufrechnung hängt davon ab, dass der Beklagte seine Gegenforderung rechtzeitig iSv. § 70 Unterabs. 1 BAT-O geltend machte. Danach sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Partei schriftlich geltend zu machen. Die von Amts wegen zu berücksichtigende Ausschlussfrist des § 70 BAT-O gilt auch für Ansprüche des Arbeitgebers aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen überzahlten Entgelts (st. Rspr. vgl. BAG 10. März 2005 – 6 AZR 217/04 – Rn. 11, AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176).
(1) Für den Beginn der Verfallfrist ist bei Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Vergütung zu unterscheiden. Berechnet der Arbeitgeber das Entgelt fehlerhaft, obwohl ihm die maßgeblichen Berechnungsgrundlagen bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, entsteht sein Rückzahlungsanspruch im Zeitpunkt der Überzahlung und wird zugleich fällig. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Rückzahlungsanspruch kommt es in einem solchen Fall nicht an. Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitgeber die Überzahlung nicht erkennen kann, weil der Berechnungsfehler in die Sphäre des Arbeitnehmers fällt. Teilt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für die Berechnung erhebliche Umstände nicht mit, wird der Rückzahlungsanspruch erst fällig, wenn der Arbeitgeber von den rechtsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt (vgl. BAG 10. März 2005 – 6 AZR 217/04 – Rn. 12 f., AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176).
(2) Bei der Berechnung der Ausschlussfrist des § 70 Unterabs. 1 BAT-O kommt es daher zunächst darauf an, wann der Gehaltsanspruch der Klägerin für Dezember 2004 fällig wurde. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob und – wenn ja – wann der beklagte Freistaat von seiner Befugnis Gebrauch machte, den Zahltag vom 15. auf den letzten Tag jeden Monats umzustellen (vgl. die Protokollnotiz Nr. 3 zu § 36 BAT-O).
(3) Außerdem wird das Berufungsgericht feststellen müssen, wann die Schulleiterin vom Fernbleiben der Klägerin am 30. Dezember 2004 erfuhr und wann der Freistaat seinen Rückzahlungsanspruch erstmals schriftlich geltend machte.
(a) Den Akten lässt sich keine schriftliche Geltendmachung entnehmen. Geltendmachung heißt, den Anspruchsgegner zur Zahlung aufzufordern. Der Hinweis des Beklagten in seinem Schreiben vom 16. März 2005, die Rückforderung werde geprüft, ist keine Zahlungsaufforderung in diesem Sinn. Machte der Beklagte erstmals mit der Bezügemitteilung für Juli 2005 seinen Anspruch geltend, wahrte dies die Ausschlussfrist nicht, wenn er – berechnet ab dem Datum des Zugangs der Mitteilung bei der Klägerin – länger als sechs Monate zuvor Kenntnis von ihrem unberechtigten Fernbleiben am 30. Dezember 2004 erlangt hatte.
(b) Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu beachten haben, dass für den Beginn der Ausschlussfrist die Kenntniserlangung durch die Schulleiterin maßgeblich ist und nicht die des Regionalschulamts. Eine ausdrückliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hierzu fehlt bisher. Soweit es auf die Kenntnis der “Beschäftigungsdienststelle” oder von “Mitarbeitern” des Arbeitgebers abgestellt hat, deren Verhalten und Wissen sich der Arbeitgeber zurechnen lassen müsse, betreffen die Entscheidungen Sachverhalte, in denen der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über entgeltrelevante persönliche Umstände nicht informiert hatte oder in denen Fragen des Rechtsmissbrauchs zu beantworten waren (vgl. BAG 10. März 2005 – 6 AZR 217/04 – Rn. 14, AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176; 23. Mai 2001 – 5 AZR 374/99 – Rn. 28 ff., BAGE 98, 25). Aus Gründen der Rechtssicherheit und – klarheit ist auch bei einem Rückforderungstatbestand, der auf dem unberechtigten Fehlen des Arbeitnehmers beruht, auf die Kenntnis der Beschäftigungsdienststelle abzustellen. Dieser Zeitpunkt ist aus der objektivierten Sicht des betroffenen Arbeitnehmers regelmäßig unschwer feststellbar.
d) Hat der beklagte Freistaat die Ausschlussfrist eingehalten, wird das Berufungsgericht die Höhe seines Rückzahlungsanspruchs auf der Grundlage nicht eines ganzen Arbeitstags, sondern dreier Zeitstunden zu berechnen haben (§ 36 Abs. 2 BAT-O). Der Beklagte behielt das Entgelt für einen ganzen Tag ein. Den Differenzbetrag kann der Senat nicht berechnen. Der Verdienst der Klägerin für Dezember 2004 ist nicht festgestellt.
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Gallner, Furche, Preuß
Fundstellen
Haufe-Index 1929127 |
BB 2008, 329 |
DB 2008, 1500 |
FA 2008, 119 |
ZTR 2008, 208 |
NZA-RR 2008, 214 |
PersV 2008, 274 |
SchuR 2010, 62 |
HzA aktuell 2008, 5 |