Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von "Streikbruchprämien"
Leitsatz (redaktionell)
1. Gewährt der Arbeitgeber Arbeitnehmern allein dafür, daß sie sich nicht am Streik beteiligt haben, nach Abschluß des Arbeitskampfes eine Zulage, so haben die streikenden Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots in Verbindung mit dem tariflichen Maßregelungsverbot (Bestätigung des Senatsurteils vom 4. August 1987, 1 AZR 486/85 = BAGE 56, 6 = AP Nr 88 zu Art 9 GG Arbeitskampf) einen Anspruch auf die gleiche Zulage.
2. Dieser Anspruch unterliegt der kurzen Verjährung nach § 196 Abs 1 Nr 8 und 9 BGB.
Orientierungssatz
Auslegung der Vereinbarung zwischen dem Bundesverband Druck eV und der Industriegewerkschaft Druck und Papier zur Wiederherstellung des Arbeitsfriedens vom 7. Juli 1984 Nr 1.
Normenkette
GG Art. 9; BGB §§ 201, 188 Abs. 2, § 196 Abs. 1 Nrn. 15, 8
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 09.05.1990; Aktenzeichen 2 Sa 998/89) |
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 25.07.1989; Aktenzeichen 1 Ca 227/89) |
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten Zahlung einer Zulage, die diese nichtstreikenden Arbeitnehmern ihres Betriebes nach Beendigung des Arbeitskampfes in der Druckindustrie im Jahre 1984 gewährt hat.
Die Beklagte betreibt in S. eine Druckerei, in der sie alle Kläger beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse finden kraft jeweiliger Tarifbindung die Tarifverträge für die Druckindustrie Anwendung. Während des Arbeitskampfes in der Druckindustrie in den Monaten April bis Juni 1984 wurde auch der Betrieb der Beklagten bestreikt. Hieran nahmen sämtliche Kläger teil.
Nach Beendigung des Arbeitskampfes trafen der Bundesverband Druck e.V. und die IG Druck und Papier am 7. Juli 1984 folgende - auszugsweise wiedergegebene - Vereinbarung:
"1. Jede persönliche Maßregelung von Beschäftig-
ten wegen Beteiligung an dem Tarifkonflikt in
der Druckindustrie 1984 unterbleibt oder wird
rückgängig gemacht, falls sie bereits erfolgt
ist."
In der Folgezeit zahlte die Beklagte zumindest einem Teil der nichtstreikenden Arbeitnehmer ihres Betriebes eine Zulage in unterschiedlicher Höhe zwischen 50,-- und 200,-- DM. Mit Schreiben vom 23. Juli 1984 teilte die Beklagte den betreffenden Arbeitnehmern folgendes mit:
"Sehr geehrter Herr
ein langer Arbeitskampf ist vorüber, und es wird
einige Zeit dauern, bis die dadurch eingetretenen
Schäden und Verluste wieder aufgeholt sind.
Nachdenklich stimmt uns die Tatsache, daß unser
Betrieb ein bevorzugtes Ziel der Kampfmaßnahmen
der IG Druck und Papier gewesen ist, weshalb die
Schäden für unser Haus besonders groß sind. Nicht
umsonst haben wir darauf hingewiesen, daß dadurch
Arbeitsplätze in Gefahr kommen müssen.
Sie persönlich haben durch Ihren Einsatz zur Min-
derung der Schäden beigetragen, wofür wir Ihnen
heute unseren Dank aussprechen wollen.
Obgleich die Arbeitszeiten mit Zuschlägen in der
Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung berücksichtigt wor-
den sind, möchten wir Ihnen darüber hinaus als
äußeres Zeichen unseres Dankes eine Einmalvergü-
tung in Höhe von .... DM zuwenden. Der Betrag
wird Ihnen mit der nächsten Abrechnung ausge-
zahlt.
Mit freundlichen Grüßen"
Die angekündigten Zahlungen wurden den betreffenden Arbeitnehmern nicht bar, sondern mit der dem genannten Schreiben folgenden Lohnabrechnung geleistet. Mit Schreiben vom 22. April 1988 forderte der im Betrieb der Beklagten errichtete Betriebsrat die Geschäftsleitung auf, ihm mitzuteilen, wer von den während des Streiks arbeitenden Betriebsangehörigen Sonderzahlungen in welcher Höhe erhalten habe.
Im vorliegenden Rechtsstreit beanspruchen die Kläger unter Berufung auf das Senatsurteil vom 4. August 1987 (BAGE 56, 6 = AP Nr. 88 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) Zahlung einer Zulage in Höhe von 100,-- DM. Sie meinen, die Zahlung der Zulage an die nichtstreikenden Arbeitnehmer beinhalte eine unzulässige Maßregelung der streikenden Betriebsangehörigen mit der Folge, daß auch ihnen eine Zulage auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zustehe. Sie behaupten, von der Zahlung erst im Dezember 1988 Kenntnis erhalten zu haben, und treten dem Einwand der Beklagten entgegen, wonach die Forderung als Arbeitslohn im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 9 BGB nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist nicht mehr verlangt werden könne. Einer Einbeziehung als Arbeitslohn im Sinne der Verjährungsvorschrift steht nach ihrer Ansicht entgegen, daß die Zulage, wie aus dem Schreiben vom 23. Juli 1984 ersichtlich, nicht für geleistete Mehrarbeit gezahlt worden sei, sondern nur, um die Arbeitnehmer zur Fortsetzung der Arbeit und zur Nichtteilnahme am Streik anzuhalten. Abgesehen davon könne ihr Zahlungsbegehren auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gestützt werden, der nicht der kurzen Verjährungsfrist unterliege. Weiter habe sich die Beklagte schadenersatzpflichtig gemacht, da das tarifliche Maßregelungsverbot als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sei.
Die Kläger haben daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils
100,-- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, den Klägern stehe auf der Grundlage der angeführten Senatsrechtsprechung (Urteil vom 4. August 1987) kein Anspruch zu, da die Zahlung an die nichtstreikenden Mitarbeiter nicht als Bonus für das Fernbleiben vom Streik erfolgt sei. Sie habe die Zulage nur an solche Mitarbeiter gezahlt, die während des Streiks besondere Leistungen und eine über das normale Maß hinausgehende Einsatzbereitschaft sowie Arbeitsleistung unter erschwerten Bedingungen erbracht hätten. Dementsprechend habe sie keine Zahlung an solche Mitarbeiter geleistet, die nur in normalem Umfang während des Streiks gearbeitet hätten. Die Höhe der Zahlungen habe sich an der Anzahl der geleisteten Überstunden und der Übernahme zusätzlicher Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Produktion an Samstagen und Sonntagen orientiert. Deshalb sei auch die Inanspruchnahme eines Pauschalbetrages bedenklich. Im übrigen hat sich die Beklagte ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung berufen und meint, die Zulage sei Arbeitslohn im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 9 BGB, deshalb seien auch Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt worden. In dem von ihr erhobenen Einwand der Verjährung liege kein rechtsmißbräuchliches Verhalten, da sie den Klägern keinerlei Anlaß gegeben habe, von einer Maßnahme zur Unterbrechung der Verjährung abzusehen. Schließlich meint sie, die Kläger könnten auch keine Ansprüche aus Bereicherungsrecht oder aus unerlaubter Handlung wegen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz ableiten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat mit Beschluß vom 18. Dezember 1990 zugelassene Revision, mit der die Kläger weiterhin die geltend gemachten Ansprüche verfolgen, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. I. In der Entscheidung vom 4. August 1987 (BAGE 56, 6 = AP Nr. 88 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) hat der Senat in einem Falle, in dem der Arbeitgeber bei gleichlautendem tariflichem Maßregelungsverbot eine Zulage von 100,-- DM je Streiktag teils während, teils nach Beendigung des Arbeitskampfes an die Arbeitnehmer gezahlt hatte, die sich nicht am Streikgeschehen beteiligten, angenommen, die Leistungen verstießen gegen das tarifliche Maßregelungsverbot. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit dem tarifvertraglichen Maßregelungsverbot hat der Senat den streikenden Arbeitnehmern in jenem Falle einen Anspruch auf Zahlung der Zulage in gleicher Höhe zuerkannt. Die von der damaligen Beklagten gegen das Senatsurteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß vom 11. April 1988 - 1 BvR 1383/87 - NZA 1988, 473).
In der Literatur ist gegen diese Entscheidung von Belling (Anm. zu EzA Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf), Löwisch/Rumler (AR-Blattei (D) Arbeitskampf II Entsch. 29) und von Konzen (SAE 1989, 22) Kritik erhoben worden. Die vorgebrachten Bedenken geben keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Soweit Bell,ling (aaO, S. 12) einwendet, die Rechtsprechung des Senats verwehre es den Arbeitgebern, besonders zu honorieren, daß einzelne Arbeitnehmer trotz eines Streiks ihre Arbeitspflicht unter erschwerten Bedingungen erfüllen und dem Arbeitgeber besondere Treue erweisen, verkennt er insoweit die Reichweite der von ihm kritisierten Entscheidung. Im entschiedenen Fall hat der Senat, wie Belling an anderer Stelle (aaO, S. 22) einräumt, lediglich eine freiwillige Leistung, die nur nach der Teilnahme am Streik unterscheidet, als nach dem Tarifvertrag unzulässige Maßregelung der streikenden Arbeitnehmer erachtet. Die damals streitgegenständliche Zulage wurde gerade nicht zur Abgeltung zusätzlicher Erschwernisse gezahlt. Alle angeführten Literaturmeinungen sehen in der Zahlung echter "Streikbruchprämien" während des Arbeitskampfs ein zulässiges Arbeitskampfmittel. Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben, denn sowohl Konzen wie auch Belling räumen ein, daß für die hier maßgebliche Fallgestaltung, bei der die Zahlungen nach Beendigung des Arbeitskampfes erfolgten, eine Rechtfertigung unter arbeitskampfrechtlichem Gesichtspunkt ausscheidet.
II. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Recht angenommen, die Ansprüche der Kläger seien nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 9 BGB verjährt. Deshalb hat es die nach dem Vortrag der Parteien streitige Frage offenlassen können, ob die Zahlung der Beklagten allein im Hinblick auf die Nichtteilnahme am Streik erfolgte. Selbst wenn dies zuträfe, die Kläger also einen Anspruch auf Zahlung einer Einmalleistung hätten, wären die Forderungen verjährt, da die beanspruchte Zulage Entgeltcharakter hat.
1. Nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB verjähren Ansprüche wegen Gehalts, Lohns oder anderer Dienstbezüge in zwei Jahren; entsprechendes gilt nach § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB für die Lohnansprüche der gewerblichen Arbeiter. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14. Februar 1977 - 5 AZR 171/76 - AP Nr. 8 zu § 196 BGB, mit weiteren Nachweisen) werden von diesen Bestimmungen alle Vergütungsansprüche erfaßt, die aus der tatsächlichen Leistung von Arbeit hergeleitet werden, mit anderen Worten alle Ansprüche, die ein Äquivalent für erbrachte Leistungen darstellen (BGHZ 79, 89, 92).
a) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet die kurze Verjährung vorliegend nicht schon deshalb aus, weil die Kläger Zahlung beanspruchen, ohne Arbeitsleistungen erbracht zu haben. Die Kläger wollen mit den Arbeitnehmern gleichgestellt werden, die nicht am Streik teilnahmen und eine Zulage erhielten. Grundlage des Anspruchs ist deshalb der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz in Verbindung mit dem tariflichen Maßregelungsverbot. Hierbei handelt es sich nicht um einen selbständigen Beseitigungsanspruch mit dreißigjähriger Verjährungsfrist. Die entgegengesetzte Auffassung der Revision läßt das Ziel der Kläger außer acht, eine Gleichstellung mit den zuvor begünstigten Mitarbeitern zu erreichen.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Urteil vom 20. September 1972 (- 5 AZR 197/72 - AP Nr. 5 zu § 195 BGB mit Anm. Herschel) entschieden, ein Bereicherungsanspruch des Arbeitgebers wegen versehentlicher Lohnüberzahlung verjähre in dreißig Jahren, und dabei ausgeführt, daß nach dem Verjährungsrecht des BGB für die Dauer der Verjährungsfrist allein die jeweilige Rechtsnatur des einzelnen Anspruchs maßgebend sei. Eine Ausnahme sei nur dann anzuerkennen, wenn ein Anspruch, für den eine kürzere als die regelmäßige Verjährungsfrist gilt, auf Bereicherung oder sonstige rechtliche Gesichtspunkte, zum Beispiel auf Geschäftsführung, gestützt werde. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht die kurze Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB auch dann bejaht, wenn Lohnansprüche unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung geltend gemacht worden sind (Urteile vom 31. Juli 1964 - 5 AZR 444/63 - und vom 15. Oktober 1965 - 3 AZR 385/64 - AP Nr. 1 und 5 zu § 196 BGB).
Richtet sich die Verjährungsfrist nach Inhalt und Rechtsnatur der beanspruchten Leistung, so bedeutet dies, daß vorliegend sich die Dauer der Verjährungsfrist nach dem Inhalt der an die nicht am Streik beteiligten Arbeitnehmer gezahlten Zulage richtet. Zwar geht es den Klägern vorrangig um die Beseitigung ihrer Maßregelung. Das kann jedoch, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 4. August 1987 (aaO) ausgeführt hat, nur dadurch geschehen, daß den zuvor von der Zahlung ausgenommenen Mitarbeitern ebenfalls eine entsprechende Zulage gezahlt wird. Letztlich wollen die Kläger denn auch in den Genuß der ihnen bislang unter Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vorenthaltenen Leistung gelangen. Dann richtet sich aber auch die Verjährungsfrist des von ihnen geltend gemachten Anspruchs nach Inhalt und Rechtsnatur der Zulage, die die nichtstreikenden Arbeitnehmer erhalten haben.
b) Dieses Ergebnis wird auch durch einen Vergleich mit etwaigen Ansprüchen anderer Arbeitnehmer bestätigt. Würde einer der Beschäftigten, die nach dem Vortrag der Beklagten keine Zulage erhielten, Zahlung verlangen, könnte er seinen Anspruch ebenfalls nur auf Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes - wenn auch nicht in Verbindung mit dem Maßregelungsverbot - stützen. Auch in einem solchen Falle müßte an die Rechtsnatur der begehrten Leistung angeknüpft werden. Dasselbe gilt für etwaige Ansprüche derjenigen, die eine geringere Zahlung erhielten als vergleichbare Arbeitskollegen.
2. Bei der Einmalleistung an die Nichtstreikenden handelt es sich um Lohn im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB.
a) Das Urteil vom 4. August 1987 (aaO) enthält keine abschließende Äußerung zur Rechtsnatur der gezahlten Zulage. Zwar wird die Leistung in den Entscheidungsgründen einmal (zu 2 der Gründe) als "Vergütung" und als "freiwillige Leistung" bezeichnet, jedoch an anderer Stelle (zu 3 b der Gründe) auch als "Belohnung" erwähnt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fallen unter das Arbeitsentgelt im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB alle geldwerten Leistungen, die der Arbeitgeber mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis zahlt. Sogar die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Ersatz von Vorstellungskosten unterliegen der kurzen Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB; das gilt sogar, wenn der Bewerber nicht eingestellt wird (BAG Urteil vom 14. Februar 1977 - 5 AZR 171/76 - AP Nr. 8 zu § 196 BGB). Für die Mitbestimmung bei der Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geht der Senat ebenfalls davon aus, daß alle geldwerten Leistungen Entgelt im Sinne dieser Vorschrift sind (BAG Beschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 171 = AP Nr. 22 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, in dem auch der Entgeltcharakter von Mietzuschüssen und kostenlosen Familienheimflügen bejaht worden ist). Auch Einmalzahlungen als Belohnung für die Arbeit während eines Streiks werden nicht als Schenkung gewährt, sondern mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis, gerade wegen eines bestimmten Verhaltens - der Nichtbeteiligung am Streik. Die Unterscheidung bei der Gewährung der nachträglichen Einmalleistung allein nach der Streikteilnahme ist zwar sach widrig und diskriminiert die Arbeitnehmer, die von ihrem Streikrecht Gebrauch gemacht haben, deshalb hat dieser auch einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Verbindung mit dem Maßregelungsverbot. Das ändert aber nichts daran, daß es sich bei diesem Anspruch um einen Lohn- bzw. Gehaltsanspruch im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB handelt.
b) Damit fügt sich das vorliegende Urteil in die Reihe der bisherigen Entscheidungen zu Einmalleistungen im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen ein.
Im Beschluß vom 26. Januar 1988 (- 1 ABR 34/86 - AP Nr. 31 zu § 80 BetrVG 1972) hat der Senat entschieden, daß der Betriebsrat einen Anspruch auf Auskunft hat, von wem und nach welchen Gesichtspunkten eine Einmalzahlung von einem zusätzlichen Bruttomonatsentgelt geleistet worden ist, die nur Nichtstreikende erhielten. Dabei ging der Senat ganz selbstverständlich davon aus, daß es sich bei solchen Einmalleistungen um Lohn im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG handele.
c) Steht also fest, daß es sich bei den Einmalleistungen um Lohn bzw. Gehalt im Sinne von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB handelt, sind die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche jedenfalls verjährt. Etwaige Ansprüche der Kläger wurden mit der auf das Schreiben der Beklagten vom 23. Juli 1984 folgenden Lohnabrechnung zur Zahlung fällig. Demzufolge begann die Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB in Verbindung mit § 201 BGB am 31. Dezember 1984 und endete mit Ablauf des 31. Dezember 1986 (§ 188 Abs. 2 BGB). Erst im Jahre 1989 haben die Kläger ihre Ansprüche geltend gemacht.
Die Berufung auf die Verjährung ist auch nicht rechtsmißbräuchlich. Die Kläger haben nichts dafür vorgetragen, aus dem sich entnehmen ließe, die Berufung auf die Verjährung stelle einen Rechtsmißbrauch dar.
Dementsprechend waren die Klagen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Spiegelhalter Kehrmann
Fundstellen
Haufe-Index 437224 |
DB 1992, 326-327 (LT1-2) |
EBE/BAG 1992, 7-8 (LT1-2) |
AiB 1992, 111-112 (LT1-2) |
ARST 1992, 71-73 (LT1-2) |
JR 1992, 176 |
JR 1992, 176 (S) |
NZA 1992, 164 |
NZA 1992, 164-166 (LT1-2) |
RdA 1992, 62 |
SAE 1993, 45-47 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 341/92 (S) |
AP, Arbeitskampf (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 1680 Nr 54 (LT1-2) |
EzA, Arbeitskampf Nr 100 (LT1-2) |