Leitsatz (redaktionell)
1. |
Der Arbeitgeber kann sich bei der Ausübung des Direktionsrechts durch Erklärungen gegenüber dem Arbeitnehmer selbst binden, insbesondere die Ausübung auf bestimmte Fälle beschränken. |
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Überträgt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorläufig eine höherwertige Aufgabe und macht er die Übertragung auf Dauer nur davon abhängig, daß sich der Arbeitnehmer fachlich bewährt, so darf er dem Arbeitnehmer die höherwertige Aufgabe nicht aus anderen Gründen wieder entziehen. |
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Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Weiterbeschäftigung des Klägers als Schulleiter.
Der 1947 geborene Kläger war seit August 1971 im Schuldienst der ehemaligen DDR beschäftigt. Von August 1971 bis August 1978 war er Lehrer an der Liebknecht-Oberschule in H , anschließend bis August 1980 stellvertretender Direktor dieser Schule. Im August 1980 übernahm er die Funktion eines Kreisschulinspektors; aus dieser Tätigkeit schied er im Juli 1985 auf eigenen Wunsch wieder aus. Im August 1985 kehrte er an die Liebknecht-Oberschule in H zurück. Er bekleidete dort nunmehr das Amt des Direktors.
Das beklagte Land strukturierte das Schulwesen um. Mit Schreiben vom 30. April 1991 teilte es dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis bestehe zum Land fort; die im Einigungsvertrag enthaltenen besonderen Kündigungsmöglichkeiten blieben unberührt. Zugleich wurde in dem Formularschreiben zur Bewerbung für die weitere Verwendung aufgefordert.
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 10. Mai 1991 um die Stelle des Schulleiters der Sekundarschule I H . Der Bewerbung waren ein Lebenslauf, ein Personalbogen, eine Erklärung zur Verfassungstreue sowie ein Fragebogen hinsichtlich der in der ehemaligen DDR ausgeübten politischen Tätigkeiten beigefügt. Darin legte der Kläger seine gesamte bisherige Tätigkeit einschließlich der als Kreisschulinspektor sowie den Besuch der Kreisparteischule in den Jahren 1980 und 1981 offen. Das Schulaufsichtsamt des Landkreises H teilte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 1991 mit:
"...
Sie wurden mit Wirkung vom 03.06.1991 als künftiger Schulleiter der Sekundarschule I für das Schuljahr 1991/92 bestätigt.
Diese Information gilt als Zwischenbescheid der Bezirksregierung und bringt eine Vielzahl von Aufgaben mit sich. Aus diesem Grunde bitte ich Sie zu einer kurzen Beratung am 06.06.1991 um 7.30 Uhr in die Schulaufsichtsbehörde.
..."
Am 6. Juni 1991 fand die vorgesehene Besprechung statt; an ihr nahm auch der Kläger teil. Die (damalige) Bezirksregierung Magdeburg schrieb dem Kläger unter dem 10. Juni 1991:
"...
Ihre Bewerbungsunterlagen für die Stelle eines Schulleiters sind mir von Ihrem Schulrat übergeben worden.
Ich teile Ihnen mit, daß Sie als Schulleiter der Sekundarschule I in H bestätigt sind.
Der Arbeitsvertrag wird mit Ihnen abgeschlossen, sobald ein vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur bestätigter Musterarbeitsvertrag vorliegt.
Mit diesem Schreiben bitte und beauftrage ich Sie, ab sofort in Ihre Tätigkeit die unmittelbare Vorbereitung des neuen Schuljahres einzubeziehen.
..."
Das beklagte Land teilte dem Kläger sodann mit Schreiben vom 29. Juli 1991 mit, er sei in die VergGr. III BAT-O eingruppiert. Am 26. November 1991 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem der BAT-O in Bezug genommen wird und in dem es heißt:
"§ 1
Herr ... wird ab 01.08.1991 als vollbeschäftigter Angestellter ... auf unbestimmte Zeit weiterbeschäfigt."
Schon mit Beginn des Schuljahres 1991/1992 hatte der Kläger die Tätigkeit als Schulleiter der Sekundarschule I H aufgenommen.
Die Regierung des beklagten Landes hatte auf der Grundlage ihres Beschlusses vom 25. Juni 1991 Personalausschüsse für die durch den Einigungsvertrag gebotene Überprüfung der Eignung der Lehrkräfte eingerichtet. Nach Prüfung der Personalakte des Klägers teilte der Personalausschußvorsitzende dem Kläger unter dem 16. November 1992 mit, in seinem Fall bestünden Bedenken gegen eine Verbeamtung wie auch eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst. Wegen der Kreisschulinspektorentätigkeit in den Jahren 1980 bis 1985 sei die Unzumutbarkeit der Beschäftigung zu vermuten. Bedenken gegen die Eignung als Schulleiter, Lehrer und Mitarbeiter in Schulen und Schulbehörden im Beamtenverhältnis bestünden auch wegen der Tätigkeit als Direktor, stellvertretender Direktor und Kreisparteisekretär M/L in den Jahren 1980 und 1981. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 23. November 1992 Stellung und bat um eine mündliche Anhörung. Diese fand am 23. Juli 1993 statt; der Personalausschuß entschied, der Kläger sei von seiner Tätigkeit als Schulleiter zu entbinden. Das beklagte Land entband den Kläger mit Schreiben vom 12. August 1993 rückwirkend ab 31. Juli 1993 von der Funktion als Schulleiter. Einvernehmlich war der Kläger weiter als Lehrer an derselben Schule tätig.
Das beklagte Land hatte den Kläger Anfang des Jahres 1993 dienstlich beurteilen lassen; in der Beurteilung des Schulamts H vom 19. Januar 1993 heißt es, der Kläger sei kommissarischer Schulleiter, er sei für das Amt des Schulleiters grundsätzlich geeignet und für die Leitung der Sekundarschule I H gut befähigt.
Der Kläger hat geltend gemacht, seine Entbindung von der Funktion des Schulleiters sei rechtswidrig. Aufgrund seiner Bewerbung und der Antwort des beklagten Landes vom 10. Juni 1991 sei vertraglich vereinbart, daß er als Schulleiter der Sekundarschule I in H beschäftigt werde. Er habe von einer bloß kommissarischen Bestellung zum Schulleiter keine Kenntnis gehabt. Auch auf der Dienstbesprechung am 6. Juni 1991 sei davon keine Rede gewesen. Für eine nur kommissarische Bestellung habe es auch keinen sachlichen Grund gegeben, so daß ihm mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 24 BAT ein entsprechender arbeitsvertraglicher Beschäftigungsanspruch erwachsen sei. Außerdem gebe es auch keinen Grund für die Beendigung seiner Funktion als Schulleiter. Auf seine frühere Tätigkeit in der ehemaligen DDR könne nicht zurückgegriffen werden, denn diese sei dem beklagten Land bereits bekannt gewesen, als es ihn zum Schulleiter bestellt habe. Schließlich sei der Bezirkspersonalrat entgegen § 67 Nr. 3 PersVG LSA nicht beteiligt worden.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, ihn vertragsgemäß als Schulleiter der Sekundarschule I in H weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat entgegnet: Ein Vertrag über die Tätigkeit als Schulleiter sei nicht zustande gekommen. Aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26. November 1991 in Verbindung mit der Eingruppierungsmitteilung vom 29. Juli 1991 ergebe sich lediglich ein Anspruch auf eine Beschäftigung als Lehrer. Die Schulleiterfunktion sei dem Kläger, wie in allen anderen Fällen, nur kommissarisch übertragen worden. Hiervon sei der Kläger selbst ausgegangen, wie seine Einlassung gegenüber dem Personalausschuß vom 23. November 1992 zeige; diese habe er mit "kommissarischer Schulleiter" unterzeichnet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des beklagten Landes, dem Kläger sei seit Juni 1991 bekannt gewesen, daß er nur kommissarisch zum Schulleiter bestellt worden sei. Es hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Kläger hat Anspruch darauf, als kommissarischer Schulleiter der Sekundarschule I in H weiterbeschäftigt zu werden. Die Abberufung des Klägers aus dieser Funktion war rechtswidrig.
I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Der Kläger begehrt die "vertragsgemäße" Beschäftigung als Schulleiter. Das könnte so verstanden werden, daß der Kläger inzidenter die Feststellung begehrt, er werde schon aufgrund seines Arbeitsvertrags als Schulleiter beschäftigt, habe also insoweit eine vertragsfeste Position inne. Indessen wird ein solches Verständnis dem Sachbegehren des Klägers nicht gerecht. Nach der zum Verständnis des Klageantrags heranzuziehenden Klagebegründung stützt der Kläger sein Begehren zwar auch, aber nicht ausschließlich darauf, daß seine Beschäftigung als Schulleiter der Sekundarschule I H im Arbeitsvertrag vereinbart sei. Er führt gleichzeitig aus, seine nur vorübergehende Bestellung zum Schulleiter verstoße gegen § 24 BAT-O und seine Abberufung gegen § 315 BGB. Daraus wird deutlich, daß dem Wort "vertragsgemäß" keine für den Streitgegenstand eigenständige Bedeutung zukommt, sondern es sich nur um eines von mehreren Begründungselementen handelt.
II. Der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Schulleiter in der Sekundarschule I in H folgt nicht aus seinem mit dem beklagten Land abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Insoweit ist dem Landesarbeitsgericht zu folgen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, nach dem Gesamtergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere der Beweisaufnahme, stehe zu seiner Überzeugung fest, daß ein Vertrag, dem Kläger die Position des Schulleiters zu übertragen, im Juni 1991 nicht zustandegekommen sei. Der Kläger habe das Schreiben der Bezirksregierung Magdeburg vom 10. Juni 1991 nicht als uneingeschränkte Annahme eines Vertragsangebots des beklagten Landes ansehen dürfen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, daß den Teilnehmern der Besprechung vom 6. Juni 1991 mitgeteilt worden sei, eine endgültige Bestellung zum Schulleiter sei noch von der Feststellung der fachlichen Bewährung abhängig.
2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
a) Es erscheint bereits fraglich, ob die Bewerbung des Klägers um die Schulleiterstelle der Sekundarschule I in H als Vertragsangebot i.S.d. § 145 BGB angesehen werden kann. Bewerbungen sind in aller Regel nichts anderes als Einladungen des Bewerbers an die andere Seite, ihm ihrerseits ein entsprechendes Vertragsangebot zu unterbreiten, das der Bewerber dann annehmen kann.
b) Doch selbst wenn man davon ausgeht, die Bewerbung stelle hier ein Vertragsangebot dar, ist zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag über die Bestellung des Klägers als Schulleiter zustandegekommen. Das Schreiben der Bezirksregierung vom 10. Juni 1991 ist zwar nicht völlig eindeutig im Sinne einer nur vorläufigen Regelung zu verstehen, es kann aber auch nicht dahingehend verstanden werden, daß ein Vertragsangebot des Klägers hiermit vom beklagten Land angenommen werde.
Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision bei der Auslegung des Schreibens vom 10. Juni 1991 nicht gegen die §§ 133, 157 BGB verstoßen, soweit es angenommen hat, daß darin keine endgültige Annahme des Vertragsangebots des Klägers zu sehen sei. Aufgrund der Dienstbesprechung vom 6. Juni 1991 war dem Kläger bekannt, daß die Bestellung zu Schulleitern ganz allgemein nur eine vorübergehende war und daß die endgültige Bestellung von einer entsprechenden Bewährungsfeststellung abhing. Daß dies in der Dienstbesprechung klargestellt worden ist, hat das Landesarbeitsgericht für das Revisionsgericht bindend festgestellt (§ 561 Abs. 2 ZPO); hiergegen sind keine zulässigen oder begründeten Revisionsrügen erhoben worden.
c) Letztlich hat auch der Kläger - jedenfalls damals - die Erklärungen des beklagten Landes nicht so verstanden, daß er uneingeschränkt und vorbehaltlos als Schulleiter angestellt werde. Der Kläger hat sich selbst in seiner Äußerung gegenüber dem Personalausschuß vom 23. Juni 1992 als "kommissarischer Schulleiter" bezeichnet und er hat nicht widersprochen, als er in der dienstlichen Beurteilung vom 19. Januar 1993 wiederum als "kommissarischer Schulleiter" bezeichnet wurde. Vor allem aber hat der Kläger am 26. Juni 1991 einen schriftlichen Arbeitsvertrag als Lehrer unterzeichnet, in dem er lediglich als "Angestellter" bezeichnet und in dem von einer Einstellung als Schulleiter keine Rede ist.
III. Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, das Arbeitsverhältnis sei nicht gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 24 BAT-O dahingehend konkretisiert worden, daß der Kläger auf Dauer Schulleiter sei. Auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
1. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zum Zweck der Erprobung fällt unter § 24 Abs. 1 BAT-O und ist somit zulässig (BAG Urteil vom 18. Juni 1997 - 4 AZR 728/95 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die vorübergehende Übertragung der Aufgabe des Schulleiters diente der Erprobung des Klägers. Dies ergibt sich aus der Einlassung des Zeugen Z . Hiernach war die endgültige Bestellung zum Schulleiter noch von einer Bewährung der Bewerber, die zu kommissarischen Schulleitern bestellt worden waren, abhängig.
2. Die Dauer der vorläufigen Bestellung zum Schulleiter hindert nicht die Annahme, daß dafür ein sachlicher Grund bestand. Infolge der Wiedervereinigung war im Gebiet der ehemaligen DDR und den dort neu entstandenen Ländern das Schulwesen neu zu ordnen und sämtliche Lehrkräfte waren der Prüfung ihrer persönlichen und der fachlichen Eignung zu unterziehen. Diese nicht leicht zu bewältigenden Aufgaben benötigten um so mehr Zeit, je höher die jeweils zu besetzenden Positionen waren. Angesichts dessen erscheint ein Zeitraum von zwei oder sogar drei Schuljahren nicht grundsätzlich geeignet, den sachlichen Grund für eine bloß vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Aufgabe i.S.d. § 24 BAT-O in Frage zu stellen. Gerade im Schuldienst ist erst durch eine Beobachtung über einen hinreichend langen Zeitraum feststellbar, wer für eine Leitungsfunktion in Betracht kommt. Wesentliche Aufgaben fallen oft nur im Turnus eines Jahres an.
IV. Dennoch erweist sich die Abberufung des Klägers als Schulleiter als rechtswidrig. Das beklagte Land hat entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgeichts insoweit sein Weisungsrecht rechtswidrig ausgeübt.
1. Das Weisungsrecht ermöglicht dem Arbeitgeber, eine im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im einzelnen näher zu bestimmen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist wesentlicher Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es findet seine Grundlagen und Grenzen in Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und Einzelarbeitsvertrag. Es darf nur nach billigem Ermessen i.S.d. § 315 Abs. 3 BGB ausgeübt werden (BAG Urteil vom 11. Oktober 1995 - 5 AZR 1009/94 - AP Nr. 45 zu § 611 BGB Direktionsrecht = EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 16, unter I 1 der Gründe, m.w.N.). Billigem Ermessen entspricht eine Leistungsbestimmung, wenn die wesentlichen Umstände des Falles unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Das Revisionsgericht hat ein unbeschränktes Überprüfungsrecht. Allerdings ist die Billigkeitskontrolle in erster Linie Aufgabe der Tatsacheninstanzen, weil es ihnen obliegt, die tatsächlichen Gegebenheiten eines Falles festzustellen und zu würdigen. Stehen die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen jedoch fest, so ist das Revisionsgericht in der Lage, die Beurteilung selbst vorzunehmen. Dabei hat die Partei, der das Recht zur Leistungsbestimmung zusteht, zu beweisen, daß ihre Bestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Billigkeit entspricht (BAG Urteil vom 11. Oktober 1995, aaO, m.w.N.).
2. Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß die Bestellung des Klägers zum kommissarischen Schulleiter eine Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts des beklagten Landes darstellt. Ebenso stellt die Abberufung des Klägers aus dieser Funktion eine Leistungsbestimmung i.S.d. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dar.
3. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu wenig beachtet, daß sich das beklagte Land bei der Bestellung der kommissarischen Schulleiter und bei der endgültigen Übertragung dieser Funktion in der Ausübung seines Ermessens selbst gebunden hat. Eine Verwaltung kann sich in der Ausübung ihres Ermessens selbst binden, vor allem durch entsprechende Verwaltungsvorschriften (BAG Urteil vom 11. Oktober 1995, aaO, unter I 2 der Gründe). Eine Selbstbindung ist aber auch ohne entsprechende Verwaltungsvorschriften möglich, insbesondere durch entsprechende mündliche Erklärungen.
a) Vorliegend hat das beklagte Land sein Ermessen hinsichtlich der endgültigen Bestellung der Schulleiter durch die Erklärung seines Vertreters in der Dienstbesprechung am 6. Juni 1991 eingeschränkt. Die endgültige Bestellung sollte danach nur noch von der "Bewährung" abhängig sein. Damit wurden sonstige Gründe für eine Ablehnung ausgeschlossen, insbesondere Gründe der persönlichen Eignung im Blick auf etwaige Zweifel wegen einer früheren politischen Betätigung. Den weiterreichenden Vorbehalt der persönlichen Eignung (Art. 33 Abs. 2 GG) unter Berücksichtigung des Einigungsvertrags (Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1) hat das beklagte Land insoweit hinsichtlich der Verwendung als Schulleiter gerade nicht erklärt, sondern nur hinsichtlich der Verwendung im Schuldienst schlechthin. Es wäre dem beklagten Land unbenommen gewesen, auch hinsichtlich der Bestellung zum Schulleiter einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären. Mit dem Hinweis, daß die endgültige Bestellung nur noch von der Feststellung der Bewährung abhänge, hat sich das beklagte Land dieser Möglichkeit begeben.
b) Dem eingeschränkten Ermessen des beklagten Landes genügt die Abberufung des Klägers vom 12. August 1993 nicht. Sie ist nicht darauf gestützt, daß der Kläger die Bewährungsprobe nicht bestanden habe. Abberufen wurde der Kläger vielmehr, weil der Personalausschuß im Hinblick auf die Betätigung des Klägers in der Vergangenheit einen entsprechenden Beschluß gefaßt hatte. Die Abberufung aus diesem Grund überschritt die Grenzen des Ermessens, die sich das beklagte Land selbst gesetzt hatte. Der Kläger hatte sich als Schulleiter nur zu "bewähren", d.h. durch seine Tätigkeit zu zeigen, daß er der Aufgabe gewachsen war. Weitergehende Vorbehalte hatte das beklagte Land gegenüber dem Kläger nicht geäußert.
c) Dem kann das beklagte Land nicht entgegenhalten, angesichts der Umbruchsituation und der Regelungen im Einigungsvertrag hätten ohnehin alle Arbeitsverhältnisse unter dem Vorbehalt der persönlichen Eignung gestanden. Dieser Vorbehalt bezieht sich nur auf die Beibehaltung des Arbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung, nicht aber auf die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion innerhalb des Arbeitsverhältnisses. Zwar wäre es dem beklagten Land unbenommen gewesen, eine entsprechende abgestufte Verhaltensweise zu wählen, also ein Arbeitsverhältnis nicht wegen Bedenken gegen die persönliche Eignung zu beenden, sondern nur aus einer herausgehobenen Funktion zurückzunehmen. Es mag auch sein, daß das beklagte Land dies an anderer Stelle getan hat. Gegenüber dem Kläger hat das beklagte Land dagegen auch in der Dienstbesprechung am 6. Juni 1991 eben diesen Vorbehalt nicht gemacht, sondern - im Gegenteil - ihn dadurch ausgeschlossen, daß es die endgültige Besetzung der Position des Schulleiters allein von der Feststellung der Bewährung der Bewerber, das heißt ihrer fachlichen Eignung, abhängig gemacht hat.
d) Soweit das beklagte Land nunmehr meint, es habe lediglich unter mehreren Bewerbern ausgewählt, dabei sei die Wahl nicht auf den Kläger gefallen, setzt es sich in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten. Insbesondere ist dies mit der Äußerung seines Vertreters in der Dienstbesprechung vom 6. Juni 1991 nicht zu vereinbaren.
Fundstellen
Haufe-Index 440022 |
BAGE, 311 |
BB 1998, 488 |
FA 1998, 132 |
NZA 1998, 555 |
RdA 1998, 192 |
ZAP-Ost 1998, 273 |
ZAP-Ost 1998, 364 |
ZTR 1998, 278 |
AP, 0 |
MDR 1998, 603 |
PersR 1999, 226 |