Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber gerät im Falle einer unwirksamen Kündigung in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nicht - im Falle der ordentlichen Kündigung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist - aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen (BAG Urteile vom 9.8.1984, 2 AZR 374/83 = BAGE 46, 234 = AP Nr 34 zu § 615 BGB und vom 21.3.1985, 2 AZR 201/84 = AP Nr 35 zu § 615 BGB).
2. War der Arbeitnehmer zum Kündigungstermin befristet arbeitsunfähig krank, so treten die Verzugsfolgen mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit jedenfalls dann unabhängig von der Anzeige der Arbeitsfähigkeit ein, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder sonstigen Widerspruch gegen die Kündigung seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich gemacht hat (insoweit Korrektur der oa Rechtsprechung).
Normenkette
BGB §§ 293, 296-297, 615
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 09.10.1989; Aktenzeichen 12 Sa 67/89) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.06.1989; Aktenzeichen 18 Ca 164/89) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um der Höhe nach unstreitige Lohnansprüche für die Zeit vom 7. Februar bis 22. März 1989, die die Klägerin auf § 615 Satz 1 BGB stützt.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 11. August 1980 als Arbeiterin mit einem Bruttostundenlohn von 11,36 DM an fünf Tagen pro Woche mit jeweils 6,5 Stunden beschäftigt. Sie ist inzwischen ausgeschieden. Mit Schreiben vom 9. Januar 1989 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 27. Januar 1989 gekündigt. Mit einer auf den 27. Januar 1989 datierten, am 30. Januar 1989 beim Arbeitsgericht Berlin (- 9 Ca 37/89 -) eingegangenen und der Beklagten am 7. Februar 1989 zugestellten Kündigungsschutzklage bestritt die Klägerin die Wirksamkeit dieser Kündigung, worüber in der Güteverhandlung vom 3. März 1989 erfolglos verhandelt wurde. Dagegen nahm die Beklagte im Kammertermin vom 22. März 1989 die Kündigung zurück.
In der Zeit vom 16. bis 27. Januar 1989 war die Klägerin arbeitsunfähig krank, was sie der Beklagten durch Vorlage einer bis zum 27. Januar 1989 befristeten ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen hatte. Die Kündigungsschutzklage vom 27. Januar 1989 enthielt indessen keinen Hinweis auf die Fortdauer oder die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit.
Nach ursprünglich weitergehender Klage (für die Zeit ab 30. Januar 1989) macht die Klägerin nun noch einen Anspruch aus Annahmeverzug für die Zeit ab Zustellung der Kündigungsschutzklage (7. Februar 1989) bis zum 22. März 1989 geltend. Sie meint, ihre Leistungsbereitschaft durch die der Beklagten zugestellte Kündigungsschutzklage ausreichend dokumentiert zu haben. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe erklärt, auf ihre - der Klägerin - Tätigkeit keinen Wert mehr zu legen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie
2.362,88 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus
dem daraus folgenden Nettobetrag seit dem
9. Mai 1989 (Klagezustellung) zu zahlen.
Die Beklagte hat sich mit ihrem Klageabweisungsantrag darauf berufen, die Klägerin habe die Beendigung ihrer Arbeitsunfähigkeit nach dem 27. Januar 1989 mitteilen müssen. In der Erhebung der Kündigungsschutzklage sei eine solche Mitteilung nicht zu sehen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 29. Juni 1989 nach dem Klageantrag erkannt, während das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Klägerin steht nämlich der geltend gemachte und der Höhe nach unstreitige Verzugslohnanspruch gemäß §§ 615, 293, 296 BGB zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine entgegenstehende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: In Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 46, 234 = AP Nr. 34 zu § 615 BGB und Urteil vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB) sei davon auszugehen, daß der zu Unrecht kündigende Arbeitgeber auch ohne ein entsprechendes Arbeitsangebot des Arbeitnehmers in Annahmeverzug gerate, wenn er den Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht zur Arbeitsaufnahme aufgefordert habe; indessen gerate der Arbeitgeber nur in Annahmeverzug, wenn der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer ihm die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit mitgeteilt und ihn vergeblich aufgefordert habe, ihm Arbeit zuzuweisen. Hier sei es der Beklagten nicht erkennbar gewesen, ab wann die Klägerin wieder arbeitsfähig gewesen sei. In der Erhebung der Kündigungsschutzklage könne eine solche Mitteilung nicht ohne weiteres gesehen werden.
II. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Zuzustimmen ist allerdings dem rechtlichen Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts, wonach der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, wenn er den Arbeitnehmer im Falle einer unwirksamen ordentlichen Kündigung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen. Dies gilt nach dem Senatsurteil vom 21. März 1985 (- 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB) zwar dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bei Ablauf der Kündigungsfrist arbeitsunfähig erkrankt war und dem Arbeitgeber die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht mitgeteilt hatte. An dieser Einschränkung ist aber nicht vorbehaltlos festzuhalten. In jenem Fall war die Kündigungsschutzklage dem beklagten Arbeitgeber zu einem Zeitpunkt zugestellt worden, als der Arbeitnehmer noch arbeitsunfähig krank war, so daß die Voraussetzungen des § 297 BGB vorlagen, d. h. es fehlte bei Klageerhebung noch objektiv an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers.
Im Streitfall liegen die Dinge allerdings anders: Zwar war die Klägerin bei Abfassung der Kündigungsschutzklage am 27. Januar 1989 noch arbeitsunfähig, zum Zeitpunkt des Eingangs dieser Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht und bei Zustellung der Kündigungsschutzklage an die Beklagte war jedoch die Arbeitsunfähigkeit bereits beendet. Diese Besonderheit des Sachverhaltes rechtfertigt jedoch allein noch keine abweichende Würdigung. Da die Klägerin der Beklagten die Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit nicht in besonderer Weise mitgeteilt hat - ob hierüber anläßlich der Güteverhandlung vom 3. März 1989 gesprochen worden ist, ist von den Parteien nicht vorgetragen worden -, kann die Klägerin aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur obsiegen, wenn entweder in der Erhebung der Kündigungsschutzklage gleichzeitig für den Regelfall die Mitteilung der Arbeitsfähigkeit zu sehen wäre, oder in Änderung der bisherigen Rechtsprechung generell nur tatsächlich eine Arbeitsfähigkeit während des Verzugszeitraums vorliegen müßte oder das zumindest dann ausreicht, wenn wie im Streitfall, bereits Streit über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besteht.
2. Der Senat nimmt die von Konzen (Gemeinsame Anm. zu AP Nr. 34 und 35 zu § 615 BGB) geübte Kritik zum Anlaß, seine bisherige Auffassung für den Regelfall der befristeten Krankmeldung im Sinne der letzten Variante zu modifizieren.
a) Er hält zunächst daran fest, daß im Falle einer unwirksamen Kündigung der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, wenn er den arbeitsbereiten Arbeitnehmer - im Falle der ordentlichen Kündigung für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist - nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen (Senatsurteile vom 9. August 1984 - 2 AZR 374/82 - BAGE 46, 234 und vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - jeweils AP, aaO). Wie andererseits zu betonen ist, setzen der Eintritt oder die Fortdauer des Annahmeverzuges nach § 615 BGB die subjektive Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers und seine objektive Arbeitsfähigkeit voraus. Unterschiedlich beurteilt werden nur die Fälle, in denen diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, der Arbeitnehmer bei einer bei Ausspruch der Kündigung oder zum Kündigungstermin bestehenden Arbeitsunfähigkeit deren Beendigung dem Arbeitgeber aber nicht oder nicht unverzüglich angezeigt hat. Die Anzeige der Arbeitsfähigkeit und die damit verbundene ausdrückliche oder konkludente Aufforderung des Arbeitnehmers, ihm die dem Vertrag entsprechende Arbeit wieder zuzuweisen, sind nach der Überprüfung der Rechtslage durch den Senat keine weiteren stets unerläßlichen Voraussetzungen für den Annahmeverzug. Sie sind vielmehr entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer nicht selbst durch sein Verhalten besondere Zweifel an der Dauer der Arbeitsunfähigkeit geweckt hat und es wegen eines Bestandsstreites keiner weiteren Klarstellung durch den Arbeitnehmer bedarf.
b) Im Streitfall kann nicht schon davon ausgegangen werden, die Klägerin habe die Beklagte im Sinne der bisherigen Rechtsprechung (Senatsurteil vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - AP, aa0) aufgefordert, ihr nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit Arbeit zuzuweisen. Die Klägerin hat weder vorgetragen, in der Kündigungsschutzklage ausdrücklich die Arbeitsfähigkeit angezeigt zu haben - so die bindenden, tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 ZPO) - noch ist dies als selbstverständliche Angabe einer Kündigungsschutzklage zu entnehmen. Eine solche Annahme verbietet sich jedenfalls im vorliegenden Fall entgegen der Meinung der Revision, weil die Klägerin bei Abfassung der Kündigungsschutzklage am 27. Januar 1989 unstreitig noch arbeitsunfähig war.
c) Es kann ferner nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht darauf abgestellt werden, eine eventuell erforderliche Anzeige über die Arbeitsfähigkeit wäre deshalb entbehrlich, weil die Beklagte erklärt hätte, auf die Arbeitsleistung der Klägerin ohnehin keinen Wert mehr zu legen. Diese Behauptung ist nach der Würdigung des Berufungsgerichts nicht bewiesen. Gegen diese Feststellung wehrt sich die Revision auch nicht.
d) Der Hinweis auf die fortbestehende oder wieder eingetretene Leistungsfähigkeit gehört indessen grundsätzlich nicht zu den positiven Tatbestandsvoraussetzungen des Verzugslohnanspruchs nach §§ 615, 293 bis 296 BGB. Die Bestimmung des § 297 BGB enthält eine Einwendung, deren tatbestandliche Voraussetzungen der Gläubiger darzulegen und ggf. zu beweisen hat (Senatsurteile vom 30. April 1987 - 2 AZR 299/86 - und vom 28. April 1988 - 2 AZR 740/87 - jeweils nicht veröffentlicht). Stellt man allein auf den Wortlaut des § 297 BGB ab, so läge Annahmeverzug schon deswegen vor, weil die Klägerin jedenfalls am 7. Februar 1989, also zur Zeit, als die Beklagte als Gläubigerin nach § 296 BGB der Klägerin Arbeit hätte zuweisen können, zur Bewirkung ihrer Arbeitsleistung imstande war (vgl. dazu Staudinger/Löwisch, BGB, 12. Aufl., § 297 Rz 12). Zu diesem Zeitpunkt wußte die Beklagte jedoch nicht, ob die Klägerin wieder arbeitsfähig war, daß also sie - die Beklagte - zur Vermeidung der Verzugsfolgen der Klägerin Arbeit hätte zuweisen müssen. Auf eine derartige Kenntnis von der Leistungsfähigkeit des Schuldners wird jedoch in §§ 296, 297 BGB nicht abgestellt.
aa) Zwar ist der Senat früher davon ausgegangen, das nach §§ 293 ff. BGB notwendige Angebot des Schuldners habe die Funktion, den Gläubiger von der Leistungsbereitschaft des Schuldners in Kenntnis zu setzen und damit gleichzeitig den Beginn des Annahmeverzuges klarzustellen (Senatsurteil vom 28. April 1988 - 2 AZR 740/87 - n.v., unter II 2 c bb der Gründe, in Anlehnung an Blomeyer in Anm. zu BAG AP Nr. 26 und 31 zu § 615 BGB). Bei Anwendung des § 296 BGB gilt dies jedoch nicht für die Anzeige der Arbeitsfähigkeit. Insofern gibt der Senat seine bisherige Rechtsprechung auf.
bb) Konzen (aaO) hat zutreffend nachgewiesen, die Verzahnung der §§ 293 ff. BGB, insbesondere § 296 BGB, mit dem Arbeitsverhältnis sei gesetzestechnisch und dogmatisch nicht gelungen, vielmehr müsse geprüft werden, ob in der Situation des gekündigten Arbeitsverhältnisses die Funktionen des Angebots in einer mit § 296 BGB teleologisch vergleichbaren Weise entfielen. Er hält insofern weder eine Klarstellungsfunktion des Verzugsbeginns aufgrund besonderer Schuldnerhandlung noch ein Anzeichen der schuldnerischen Leistungsbereitschaft für nötig, um die Zumutbarkeit der Vornahme von Mitwirkungshandlungen des Gläubigers zu begründen.
Der Senat neigt dazu, auch in der ersten Frage Konzen zu folgen, braucht darüber aber nicht abschließend zu entscheiden, weil vorliegend der ursprünglich ab 30. Januar 1989 geltend gemachte Anspruch nicht mehr im Streit steht, sondern nur ein solcher ab 7. Februar 1989, also ab einem Zeitpunkt, als - mit der Klagezustellung - der Protest gegen die Kündigung verbunden mit der Anzeige der weiteren Arbeitsbereitschaft vorlag. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers, deren Zeitpunkt zwar nicht im Sinne des § 296 BGB kalendermäßig bestimmt, aber aufgrund des kontinuierlichen Ablaufs hinsichtlich ihres Beginns durch die Kündigungserklärung des Arbeitgebers fixiert wird (hier zum 28. Januar 1989), war nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Klägerin der Beklagten die inzwischen eingetretene Arbeitsfähigkeit nicht ausdrücklich oder konkludent mitgeteilt hat. Dies gilt jedenfalls, wenn der gekündigte Arbeitnehmer - wie hier - nur kurzfristig und einmalig befristet arbeitsunfähig krank war. Ob dies z.B. auch in Fällen, in denen Anzeigen der Arbeitsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit oder für mehrere aufeinanderfolgende Befristungen vorliegen, gilt, oder ob hier nicht eine besondere Anzeige der Arbeitsfähigkeit vom Arbeitnehmer zu verlangen ist, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, weil es um den Annahmeverzug nach einer als befristet angezeigten Arbeitsunfähigkeit und nach Mitteilung der Arbeitsbereitschaft geht.
cc) Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung der Beklagten zum 27. Januar 1989 sei unwirksam. Sie hat damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angestrebt und damit ihre Leistungsbereitschaft (wenn auch nicht ihre Leistungsfähigkeit) angezeigt (ebenso die frühere BAG-Rechtsprechung: Urteile vom 18. August 1961 - 4 AZR 132/60 -, vom 26. August 1971 - 2 AZR 301/70 - und vom 27. Januar 1975 - 5 AZR 404/74 - AP Nr. 20, 26 und 31 zu § 615 BGB). Muß der Gläubiger - hier die Beklagte - bei der Arbeitszuweisung unter kalendermäßiger Bestimmung mitwirken, so braucht der Schuldner bei eindeutig bestehender und mitgeteilter Leistungsbereitschaft nicht auch noch seine tatsächlich bestehende Leistungsfähigkeit anzuzeigen, um die vorstehend gekennzeichnete Klarstellungsfunktion zu erfüllen. Denn das Gesetz geht in § 296 BGB davon aus, der Gläubiger müsse von sich aus ohne jeden Anhaltspunkt betr. die Leistungsfähigkeit des Schuldners mitwirken. Das findet darin seine gesetzgeberische Grundlage, daß in diesem Fall der Gläubiger den entscheidenden und auslösenden Anteil an der unterbrochenen Leistung des Schuldners hat (vgl. dazu Motive zum BGB, Bd. II, S. 68 ff., 71).
Der Gläubiger erscheint dann auch nicht besonders schutzwürdig, denn ohne seine Arbeitszuweisung kann der Schuldner gar nicht leisten. Die Beklagte hatte mit dem Ausspruch der Kündigung zum 27. Januar 1989 zunächst einmal deutlich gemacht, ihrer Mitwirkungsverpflichtung nicht nachkommen zu wollen. Sie hätte zumindest nach Zugang der Kündigungsschutzklage am 7. Februar 1989 die von ihr zum 27. Januar 1989 angehaltene Mitwirkungshandlung wieder vornehmen müssen, so daß erst bei erfolgloser Arbeitszuweisung der Annahmeverzug geendet hätte. Ob die Beklagte überhaupt Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Klägerin aufgrund etwa fortbestehender Arbeitsunfähigkeit hatte, ist von ihr nicht vorgetragen worden. Da auch die Güteverhandlung vom 3. März 1989 im Kündigungsschutzprozeß erfolglos verlaufen ist, muß davon ausgegangen werden, daß die Beklagte auch zu jenem Zeitpunkt noch auf der Wirksamkeit ihrer Kündigung zum 27. Januar 1989 bestand, woran sich erst durch die "Rücknahme" der Kündigung am 22. März 1989 etwas änderte.
Selbst wenn aber die Beklagte Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Klägerin in diesem Zeitraum gehabt haben sollte, so ist das unerheblich, weil nach § 296 BGB der Gläubiger ohnehin über die Leistungsfähigkeit des Schuldners grundsätzlich im Unklaren gelassen wird, Zweifel in dieser Hinsicht also gesetzesimmanent sind (so auch Konzen, Anm. AP, aa0). Es war deshalb Sache der Beklagten, der Klägerin Arbeit zuzuweisen. Da sie dies nicht getan hat, schuldet sie den der Höhe nach unstreitigen Betrag aus Annahmeverzug gemäß §§ 615, 293, 296 BGB.
Hillebrecht - zugleich für den an der Triebfürst
Unterschrift verhinderten
Richter Bitter.
Dr. Harder Thieß
Fundstellen
Haufe-Index 438095 |
BAGE 65, 98-105 (LT1-2) |
BB 1990, 2190 |
BB 1990, 2190-2192 (LT1-2) |
DB 1990, 2073-2074 (LT1-2) |
SteuerBriefe 1991, 174-174 (K) |
EBE/BAG 1990, 146-147 (LT1-2) |
EEK, I/1027 (LT1-2) |
EWiR 1990, 977 (L1-2) |
NZA 1991, 228-230 (LT1-2) |
RdA 1990, 315 |
RzK, I 13a Nr 37 (L1-2) |
RzK, I 13b Nr 13 (LT1-2) |
SAE 1992, 53-56 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 704/90 (S) |
ZIP 1990, 1292 |
ZIP 1990, 1292-1294 (LT1-2) |
ZTR 1990, 483 (L1-2) |
AP § 615 BGB (LT1-2), Nr 45 |
AR-Blattei, Annahmeverzug Entsch 36 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 80 Nr 36 (LT1-2) |
EzA § 615 BGB, Nr 66 (LT1-2) |
EzBAT § 53 BAT Annahmeverzug, Nr 1 (LT1-2) |
JuS 1991, 697-698 (LT1-2) |
MDR 1990, 1142-1143 (LT1-2) |