Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung der Lohnnachweiskarte
Leitsatz (amtlich)
1. Das Urlaubskassenverfahren der Bauwirtschaft dient der Durchführung der besonderen Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bauwirtschaft, die nach § 13 Abs. 2 BUrlG zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs erforderlich ist. Mit diesem Verfahren ist keine Insolvenzsicherung des Arbeitnehmers für Ansprüche auf Urlaubsvergütung verbunden.
2. Ein Anspruch auf Berichtigung der vom Arbeitgeber in den Teil C der Lohnnachweiskarte eingetragenen Angaben über gewährte Urlaubstage und Urlaubsvergütung setzt ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers voraus. Dieses besteht nur dann, wenn der Arbeitnehmer die Berichtigung benötigt, um eine Anspruchsberechtigung gegenüber einem anderen Bauarbeitgeber oder der Urlaubskasse nachzuweisen. Fehlt es an einer Anspruchsberechtigung, besteht auch kein Berichtigungsanspruch.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4, § 13 Abs. 2; Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21. November 1983 i.d.F. vom 30. November 1995 § 20 Ziff. 3; Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21. November 1983 i.d.F. vom 30. November 1995 § 20 Ziff. 4; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 12. Dezember 1994 und i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 18. Dezember 1996 § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 1, § 18
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Mai 1999 – 1 Sa 349/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Konkursverwalter Eintragungen auf Lohnnachweiskarten berichtigen muß, die er nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 mit Ablauf des Kalenderjahres 1996 und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1997 vorzunehmen hatte.
Der Kläger war als gewerblicher Arbeitnehmer im Münchener Baubetrieb der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Nach Eröffnung des Sequestrationsverfahrens teilte ihm die Geschäftsleitung nach Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat am 28. Juni 1996 mit:
„… stellen wir Sie hiermit mit Wirkung vom 01.07.1996 unwiderruflich von Ihrer Arbeitspflicht frei, weil für Sie eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr vorhanden ist und die Zahlung Ihres Gehaltes aus der Sequestrationskasse/Konkursmasse derzeit nicht möglich ist. Mit der Vorlage dieser Freistellungserklärung können Sie nach persönlicher Vorsprache bei dem für Sie zuständigen Arbeitsamt sofort Arbeitslosengeld beziehen.
Die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und Ihrem Gehalt bis zum Auslauf Ihrer Kündigungsfrist (Ihr Arbeitsverhältnis wird aller Voraussicht nach im Juli 1996 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden) wird aller Voraussicht nach später aus der Konkursmasse ausgeglichen werden. Dies wird allerdings geraume Zeit in Anspruch nehmen.
Diese Freistellung erfolgt unter Verrechnung auf offene und noch auflaufende Urlaubsansprüche und sonstige Freizeitansprüche.
…”
Der Kläger blieb nach Erhalt des Schreibens der Arbeit fern, ohne abweichende Urlaubswünsche zu äußern. Am 1. Juli 1996 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Der Kläger meldete sich beim Arbeitsamt arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld. Im Laufe des Juli 1996 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 1997. Der Beklagte zahlte dem Kläger für die Dauer der Freistellung die tarifliche Vergütung, soweit der Anspruch nicht wegen der Gewährung von Arbeitslosengeldes auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen war. Er bescheinigte auf den Lohnnachweiskarten für die Zeit der Freistellung 240 Beschäftigungstage, den für diese Zeit geschuldeten Bruttolohn und die mit dem Prozentsatz von 14,82 vom Bruttolohn errechnete Urlaubsvergütung. Dem Kläger händigte er die Teile C der Lohnnachweiskarten 1996 und 1997 aus. Dort hat er für 180 Beschäftigungstage vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 in die dritte Zeile der Spalte 6 (Anspruch auf Urlaubsvergütung aus Bruttolohn und Ausgleichsbeträgen) eingetragen: „DM 4.598,93” und in die dritte Zeile der Spalte 7 (davon gewährt/verwirklicht) unter die Rubrik Urlaubsvergütung: „DM 5.869,34” sowie in die Rubrik Jahresurlaubstage: „18 Jahresurlaubstage, 3 Zusatzurlaubstage”.
Für 60 Beschäftigungstage vom 1. Januar bis 28. Februar 1997 hat er in die erste Zeile der Spalte 6 (Anspruch auf Urlaubsvergütung 1997 aus Bruttolohn und Ausgleichsbeträgen) eingetragen: „DM 1.626,34” und in die erste Zeile der Spalte 7 (davon gewährt/verwirklicht) in die Rubrik Urlaubsvergütung: „DM 756,89” sowie in die Rubrik Urlaubstage: „1 Jahresurlaubstag”.
Mit der am 16. Februar 1998 erhobenen Klage hat der Kläger die Berichtigung dieser Eintragungen verlangt, weil ihm von dem Beklagten weder wirksam Urlaub gewährt noch Urlaubsvergütung gezahlt worden sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
- Es wird festgestellt, daß der Beklagte nicht berechtigt ist, in dem Zeitraum der Freistellung des Klägers nach der Kündigung bis Vertragsablauf Urlaub aus der Lohnnachweiskarte im Baugewerbe als tatsächlich gewährt anzurechnen.
Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragungen in den Lohnnachweiskarten 1996 und 1997 wie folgt zu berichtigen bzw. die Eintragungen zu löschen:
- Löschung der Eintragung Lohnnachweiskarte 1996, Teil C, Blatt 5, Rückseite, in der Spalte 7, dritte Zeile.
- Löschung der Eintragung Lohnnachweiskarte 1997, Teil C, Blatt 5, Vorderseite, in der ersten Zeile im Abschnitt „davon gewährt”.
- Löschung der Eintragung Lohnnachweiskarte 1997, Teil C, Blatt 5, Rückseite, in Spalte 7, erste Zeile.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger ausschließlich die Klage auf Berichtigung der Lohnnachweiskarten.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zwar verletzen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Berufungsurteils das Gesetz (§ 550 ZPO). Die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Denn der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß der Beklagte die Eintragungen im Teil C der Lohnnachweiskarten 1996 und 1997 entsprechend den gestellten Anträgen des Klägers ändert. Die Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen (§ 563 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dem Kläger sei Urlaub gewährt worden. Dazu hat es festgestellt, nach dem Wortlaut und den Umständen der Freistellungserklärung habe der Kläger erkennen müssen, daß sämtlich bereits entstandenen und noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entstehenden Urlaubsansprüche mit der Freistellung erfüllt werden sollten. Da der Kläger keine abweichenden Urlaubswünsche geäußert habe, sei das auch mit der Regelung des Urlaubsantritts in § 8 Ziff. 3 BRTV-Bau vereinbar. Das Verlangen des Klägers sei im übrigen rechtsmißbräuchlich, denn wirtschaftlich verlange er die Bezahlung von acht Monaten Freistellung, ohne einen Tag gearbeitet zu haben.
2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts beziehen sich ausschließlich darauf, ob die vom Beklagten erklärte Freistellung von der Arbeitspflicht auf den Urlaubsanspruch nach § 8 BRTV-Bau anzurechnen sei. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, welche Auswirkung diese Vorfrage für den vom Kläger geltend gemachten Berichtigungsanspruch hat. Es hat weder die insoweit zu beachtenden tariflichen Rechtsnormen festgestellt noch angewandt.
Dieser Mangel führt nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung. Das Revisionsgericht hat nach § 293 Satz 1 ZPO Tarifnormen, soweit sie nach § 4 Abs. 1 oder § 5 Abs. 4 TVG unmittelbar und zwingend gelten, selbst zu ermitteln(vgl. Senat 19. November 1996 – 9 AZR 376/95 – BAGE 84, 325). Da die für die Rechtsanwendung erforderlichen Tatsachen festgestellt sind, kann das Revisionsgericht auch in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
3. Das Führen und Ausfüllen der Lohnnachweiskarten für das Baugewerbe ist im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 geregelt. In der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 12. Dezember 1994 war der VTV 1996 allgemeinverbindlich (Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung im Bundesanzeiger Nr. 31 vom 14. Februar 1995). 1997 galt der VTV in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 18. Dezember 1996, der mit Wirkung zum 1. Januar 1997 für allgemeinverbindlich erklärt worden ist (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 42 vom 1. März 1997).
a) Nach § 4 Abs. 1 VTV muß der Bauarbeitgeber für jeden gewerblichen Arbeitnehmer eine für das laufende Kalenderjahr geltende Lohnnachweiskarte führen. Sie besteht aus den Teilen A, B und C sowie aus dem Blatt R. Das Blatt R dient dem Nachweis und zur Geltendmachung von Resturlaubsansprüchen aus dem Vorjahr sowie von Urlaubsansprüchen, die auf nachfolgende Arbeitgeber übergeleitet werden (§ 4 Abs. 2 Satz 5 VTV). Der Teil C dient dem Arbeitnehmer zum Nachweis seiner Ansprüche (§ 4 Abs. 2 Satz 6 VTV). Mit Ablauf jedes Kalenderjahres und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber auf der Rückseite des Teils C die Beschäftigungstage, den während der Beschäftigung erzielten Bruttolohn, den Prozentsatz der Urlaubsvergütung, den Anspruch auf Urlaubsvergütung aus Bruttolohn, die gewährten Jahres- und Zusatzurlaubstage und die gewährte Urlaubsvergütung zu bescheinigen (§ 6 Abs. 1 VTV). Anhand dieser Bescheinigungen und zusätzlicher Meldungen des Arbeitgebers erbringt im Gebiet des Freistaats Bayern die gemeinnützige Urlaubskasse des Bayerischen Urlaubsgewerbes (UKB) mit Sitz in München (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VTV) Leistungen im Urlaubsverfahren. Diese bestehen darin, daß die UKB nach § 19 Abs. 1 VTV dem Urlaub gewährenden Arbeitgeber die von ihm ausgezahlte Urlaubsvergütung erstattet. Die Erstattungsleistungen werden durch Beiträge der im Freistaat Bayern ansässigen Baubetriebe finanziert (§ 3 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz VTV). Die Zusatzversorgungskasse für das Baugewerbe (ZVK-Bau) zieht dafür die der UKB zustehenden Beiträge ein (§ 3 Abs. 3 VTV). Ziel dieses Sozialkassenverfahrens ist die Durchführung des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags „Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21. November 1983”. Dieser Tarifvertrag war in der für 1996 geltenden Fassung vom 30. November 1995 allgemeinverbindlich (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums über die Allgemeinverbindlicherklärung vom 9. Mai 1996). Er enthält eine Sonderregelung für das bayerische Baugewerbe, die „zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer” nach § 13 Abs. 2 BUrlG vereinbart ist. Nach § 24 dieser tariflichen Urlaubsregelung in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 30. November 1995 soll abweichend von § 7 Abs. 4 BUrlG ein Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten sein, sondern von dem nachfolgenden Bauarbeitgeber gewährt werden (§ 20 der Urlaubsregelung Bayern). Diese Sonderregelung galt nach dem Änderungstarifvertrag vom 18. Dezember 1996 auch für das Jahr 1997. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Fassung war ebenfalls allgemeinverbindlich (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums über die Allgemeinverbindlichkerklärung vom 23. Oktober 1997). Die Neufassung hat inhaltlich nichts geändert. § 24 ist durch § 8 der Neufassung und § 20 durch § 4 der Neufassung ersetzt worden. Nach § 18 Satz 1 VTV hat der Bauarbeitnehmer, der in ein neues Arbeitsverhältnis wechselt, gegenüber dem neuen Arbeitgeber seine Anspruchsberechtigung mit Hilfe der Lohnnachweiskarte nachzuweisen. Sind die Urlaubsansprüche oder Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen, kann der Arbeitnehmer von der Urlaubskasse eine Entschädigung verlangen (§ 10 der Urlaubsregelung Bayern in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 18. Dezember 1996 inhaltsgleich mit § 26 in der Fassung vom 30. November 1995).
b) Aus diesen vom Revisionsgericht festgestellten Rechtstatsachen folgt:
Ein im Gebiet des Freistaats Bayern ansässiger Bauarbeitgeber schuldet zur Durchführung des mit dem Urlaubskassenverfahren verfolgten Zwecks „Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs” die in § 6 Abs. 1 VTV vorgeschriebenen Meldungen, damit das beitragsfinanzierte Leistungs- und Erstattungsverfahren störungsfrei durchgeführt werden kann. Angaben in dem für den Arbeitnehmer bestimmten Teil C der Lohnnachweiskarte hat der Arbeitgeber zu berichtigen, soweit der Arbeitnehmer an deren Änderung ein berechtigtes Interesse hat. Das besteht dann, wenn die Angaben geeignet sind, dem Arbeitnehmer den Nachweis seiner Anspruchsberechtigung gegenüber Bauarbeitgebern und gegenüber der UKB zu erschweren. Diese Pflicht trifft auch den ehemaligen Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Insoweit besteht eine nachwirkende selbständige Nebenpflicht, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bestehenden Interessen des Arbeitnehmers zu wahren(vgl. MünchArbR/Blomeyer Band 1 § 92 Rn. 1).
4. Der Beklagte hat seine Verpflichtung zur Ausfüllung des Teils C der Lohnnachweiskarten 1996 und 1997 erfüllt. Der Beklagte hat dabei keine Angaben gemacht, die den Kläger am Nachweis von Ansprüchen hindern, die im Urlaubskassenverfahren zu erfüllen sind. Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kläger keine Ansprüche, die er im Urlaubskassenverfahren geltend machen könnte. Weder sind die Urlaubsansprüche aus 1996 und 1997 auf andere Bauarbeitgeber übergeleitet worden, noch kann der Kläger von der UKB Entschädigung für verfallene Urlaubsansprüche verlangen.
a) Dem Kläger ist der von dem Beklagten bescheinigte Urlaub im Jahr 1996 und 1997 gewährt worden.
aa) Die Gemeinschuldnerin hat dem Kläger am 28. Juni 1996 das Angebot unterbreitet, ihn sofort unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freizustellen. Der Kläger mußte diese Erklärung nach §§ 133, 157 BGB so verstehen, daß er vom 1. Juli 1996 an zur Erfüllung der nach § 3 Ziff. 2 Urlaubsregelung Bayern in der Fassung vom 18. Dezember 1996 für das Urlaubsjahr 1997 und nach § 19 Ziff. 2 des Änderungstarifvertrags vom 30. November 1995 für das Urlaubsjahr 1996 zu ermittelnden Urlaubstage von der Arbeitspflicht freigestellt werden sollte. Diese Urlaubserteilung war auch hinreichend bestimmt(vgl. Senat 20. Juni 2000 – 9 AZR 405/99 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die hinreichende Bestimmtheit ergibt sich aus der Reihenfolge, nach der zunächst „offene und noch auflaufende Urlaubsansprüche” und danach sonstige Freistellungsansprüche erfüllt werden sollen. Das Angebot auf Arbeitsbefreiung zum Zwecke der Urlaubsgewährung hat der Kläger angenommen, indem er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Arbeit ferngeblieben ist. Der Zugang seiner Annahmeerklärung war nach § 151 BGB entbehrlich.
bb) Entgegen den Rügen der Revision war die Festsetzung des Urlaubs durch den Beklagten wirksam. Sie verstößt weder gegen den Tarifvertrag, gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats noch gegen sonstiges Recht.
Nach dem einschlägigen § 20 Ziff. 3 der Urlaubsregelung Bayern in der Fassung vom 30. November 1995 und der textidentischen Fassung § 4 Ziff. 3 durch den Änderungstarifvertrag vom 18. Dezember 1996 ist der Zeitpunkt des Urlaubsantritts unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers und unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats festzulegen. Die Revision übersieht, daß der Kläger keine abweichenden Urlaubswünsche gegenüber der Gemeinschuldnerin oder dem Beklagten geäußert hat.
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG besteht nur für die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und eines Urlaubsplans sowie für die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, sofern zwischen dem Arbeitgeber und dem beteiligten Arbeitnehmer kein Einverständnis erzielt wird. Dieses Mitbestimmungsrecht bleibt unberührt, wenn – wie hier – eine Freistellung unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche vereinbart wird(vgl. BAG 28. März 2000 – 1 ABR 17/99 – AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 95 Nr. 33 sowie – 1 ABR 24/99 – nv.).
Der wirksamen Festsetzung des Urlaubs steht entgegen der Revision auch nicht entgegen, daß der Beklagte bei Urlaubsantritt keine Urlaubsvergütung gezahlt hat. Zwar wird bei Urlaubsantritt der Anspruch auf Urlaubsvergütung fällig (§ 4 Ziff. 4 der Urlaubsregelung Bayern in der Fassung vom 18. Dezember 1996, § 20 Ziff. 4 in der Fassung vom 30. November 1995), die Zahlung von Urlaubsentgelt vor Urlaubsbeginn ist aber keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Urlaubsgewährung(BAG 18. Dezember 1986 – 8 AZR 481/84 – BAGE 54, 59, 63). Die Änderung der ansonsten geltenden gesetzlichen Fälligkeitsregelung des § 614 BGB hat auf die Wirksamkeit der Urlaubsgewährung keinen Einfluß. Sie bewirkt nur, daß der Arbeitgeber sich mit der Entgeltzahlungsverpflichtung in Verzug befindet, wenn er nicht vor Urlaubsantritt leistet. Insoweit ist zwischen der vom Arbeitgeber für den festgesetzten Urlaubszeitraum geschuldeten Entgeltfortzahlung und der vom Arbeitgeber zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs zu bewirkenden Arbeitsbefreiung zu unterscheiden. Das verkennt die Revision.
Unerheblich ist auch, ob der Kläger sich während des festgesetzten Urlaubszeitraums arbeitslos gemeldet und für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gehalten hat. Zwar mag die Arbeitslosmeldung auf eine Empfehlung des Beklagten zurückzuführen sein, weil dieser darauf hingewiesen hat, daß Entgeltansprüche erst später aus der Konkursmasse befriedigt werden können. Der Arbeitgeber hat entgegen der Revision aber nicht zu vertreten, daß der Arbeitnehmer die freie Zeit nicht zur Erholung nutzt. Es bedarf hier keiner Klärung, ob bei sachgerechter Beratung das Arbeitsamt dem Kläger hätte empfehlen müssen, für die Dauer des Urlaubs kein Arbeitslosengeld in Anspruch zu nehmen und sich nur arbeitssuchend zu melden, um später den Anspruch auf Urlaubsvergütung gegen die Masse geltend zu machen und ob bei offensichtlicher Verletzung dieser Beratungspflicht ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch entsteht.
b) Für die vom Kläger begehrte Löschung der als „gewährt” in Spalte 7 im Teil C der Lohnnachweiskarten eingetragenen Urlaubsvergütung fehlt ein berechtigtes Interesse. Der Kläger kann weder von anderen Bauarbeitgebern die Zahlung in Höhe der bescheinigten Urlaubsvergütung für 1996 und 1997 verlangen, noch kann er von der UKB eine Entschädigung für nicht ausgezahlte Urlaubsvergütungen fordern. Dienen die vom Kläger gewünschten Änderungen nicht dem Nachweis seiner materiellen Anspruchsberechtigung für das Urlaubskassenverfahren, fehlt die grundlegende Voraussetzung für einen Berichtigungsanspruch.
aa) Nach § 4 Ziff. 4 Urlaubsregelung Bayern in der Fassung vom 18. Dezember 1996 (inhaltsgleich mit § 20 Ziff. 4 in der Fassung vom 30. November 1995) ist nur der Bauarbeitgeber zur Auszahlung der tariflichen Urlaubsvergütung verpflichtet, der die Arbeitsbefreiung für den Urlaubsantritt gewährt hat. Andere Bauarbeitgeber treten nicht für diese Schulden ein. Auch die UKB ist nicht zur Entschädigung für vorenthaltene Urlaubsvergütung verpflichtet. Nach § 10 Urlaubsregelung Bayern in der Fassung vom 18. Dezember 1996 (inhaltsgleich mit § 26 in der Fassung vom 30. November 1995) hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf Entschädigung durch die UKB, soweit Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen sind. So ist es hier nicht. Dem Kläger ist 1996 und 1997 Urlaub durch Freistellung von der Arbeitspflicht gewährt worden.
bb) Die für das Urlaubskassenverfahren geforderten Eintragungen in Spalte 7 des Teils C der Lohnnachweiskarte dienen der Klärung, welchen urlaubsmäßigen Wert die vom letzten Bauarbeitgeber gewährten Urlaubstage haben. Wäre eine quittungsähnliche Bescheinigung gewollt, müßte sie nicht der Arbeitgeber, sondern eher der Arbeitnehmer ausstellen. Anhand der vorgeschriebenen Angaben des Arbeitnehmers soll hier festgestellt werden können, in welchem Umfang der nächste Bauarbeitgeber Leistungen für noch offene Resturlaubsansprüche im beitragsfinanzierten Urlaubskassenverfahren erbringen soll. Ziel dieses Verfahrens ist es, den Bauarbeitnehmern trotz ihrer häufigen Fluktuation einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu ermöglichen (§ 13 Abs. 2 BUrlG). Dazu gehört nicht, dem nächsten Bauarbeitgeber oder der Urlaubskasse bei Insolvenz des urlaubsgewährenden Bauarbeitgebers das Risiko zu übertragen, für Schulden des insolventen Bauarbeitgebers zu haften. Weder haben die Tarifvertragsparteien diesen Regelungszweck mit der Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern verfolgt, noch hat der Bundesgesetzgeber in § 13 Abs. 2 BUrlG die Insolvenzsicherung als Grund für eine tarifliche Sonderregelung zugelassen.
cc) Der Kläger kann seine Ansprüche auf Urlaubsvergütung für 1996 und 1997 unmittelbar gegenüber dem Beklagten verfolgen. Dazu bedarf es keiner Berichtigung der Lohnnachweiskarten. Das gilt auch für die Ansicht der Revision, der Beklagte sei durch die sog. Gleichwohl-Gewährung des Arbeitslosengeldes nach § 143 Abs. 3 SGB III und durch die aus der Konkursmasse geleisteten Zahlungen nicht von der Pflicht zur vollständigen Zahlung der tariflichen Urlaubsvergütung freigeworden.
II. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Leinemann, Reinecke, Düwell, Kappes, Ott
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.09.2000 durch Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 599794 |
BAGE, 312 |
BB 2000, 2051 |
BB 2001, 1156 |
DB 2000, 1972 |
ARST 2001, 21 |
ARST 2001, 214 |
FA 2000, 362 |
NZA 2002, 221 |
SAE 2001, 199 |
AP, 0 |
AuA 2000, 545 |
DZWir 2001, 319 |
AuS 2000, 68 |