Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf Flugdienstuntauglichkeitsrente. Tarifauslegung
Orientierungssatz
- Eine bewusste Tariflücke, die von den Arbeitsgerichten nicht durch ergänzende Tarifvertragsauslegung geschlossen werden kann, liegt nur vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt gelassen haben.
- Eine bewusste Tariflücke liegt nicht vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine – auslegungsbedürftige und -fähige – Regelung getroffen haben, auch wenn über deren Auslegung bereits zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses unterschiedliche Auffassungen bestanden haben und die später schriftlich dokumentierten unterschiedlichen Auffassungen dem Tarifvertrag beigefügt worden sind.
- Die Tarifvertragsparteien verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht (Eigentumsschutz, Rückwirkungsverbot), wenn sie die Regelungen über die Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Flugdienstuntauglichkeitsrente für künftig eintretende Fälle zu Lasten der Mitarbeiter ändern.
- Die tarifliche Regelung über die – volle – Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Flugdienstuntauglichkeitsrente verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn in dem Tarifvertrag für Übergangsversorgung für Flugbegleiter, der von einer anderen Gewerkschaft geschlossen worden ist, eine abweichende Regelung getroffen worden ist; denn der allgemeine Gleichheitssatz bindet den Normgeber nur in seinem Zuständigkeitsbereich.
Normenkette
TVG § 1 Auslegung
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, auf die dem Kläger zustehende Flugdienstuntauglichkeitsrente (FDU-Rente) das von ihm bezogene Arbeitslosengeld anzurechnen.
Der bei Klageerhebung im Jahre 2002 44-jährige Kläger war in der Zeit vom 1. Februar 1979 bis 31. März 2001 bei der Beklagten beschäftigt, seit dem 1. Mai 1992 als Flugkapitän auf einer Boeing 737. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und der Vereinigung Cockpit e.V. geschlossenen Tarifverträge Anwendung. Der Kläger ist seit dem 7. August 2000 dauernd flugdienstuntauglich. Aus diesem Grund endete das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. März 2001. Seitdem erhält der Kläger die FDU-Rente nach § 7a Abs. 2 Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa in der Neufassung vom 15. Mai 2000 (TV ÜV-Cockpit 2000). Der Tarifvertrag enthält ua. folgende Bestimmungen:
“Zusatzrente und Flugdienstuntauglichkeitsleistungen
§ 5
(1) Der Mitarbeiter hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente, wenn er wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und zehn Dienstjahre vollendet hat; …
…
§ 6
(1) Steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit werden – vorbehaltlich des 2. Unterabsatzes – zu 50 % auf die Zusatzrente insoweit angerechnet, als die Summe dieser Einnahmen und der Zusatzrente höher ist als die letzten monatlichen Bezüge des ehemaligen Mitarbeiters vor seinem Ausscheiden bei DLH. …
(2) Auf die Zusatzrente sind Altersrenten oder Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit) von der GRV, der VBL sowie daran anknüpfende VBL-gleiche Betriebsrenten anzurechnen. Die Anrechnung dieser Renten erfolgt ab dem Zeitpunkt, in dem sie frühestmöglich bezogen werden bzw. hätten bezogen werden können. Sofern diese Renten wegen Hinzuverdienst nicht in Höhe der Vollrente gezahlt werden, werden – unabhängig von der tatsächlichen Rentenhöhe – die Renten in der Höhe angerechnet, wie sie ohne Hinzuverdienst bezogen würden.
…
Renten der Berufsgenossenschaft sind insoweit anzurechnen, als sie die bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zustehende Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz übersteigen. Entsprechendes gilt, wenn eine Abfindung der Berufsgenossenschaftsrente erfolgt ist; Anrechnungsgrundlage ist die Rente in der Höhe, in der sie gewährt worden wäre, wenn keine Abfindung erfolgt wäre.
…
(3) Ein Doppelbezug von Zusatzrente und Arbeitslosengeld ist ausgeschlossen.
§ 7
(1) Für den Fall, daß das Arbeitsverhältnis deshalb vorzeitig endet, weil der Mitarbeiter im Sinne von § 20 Abs. (1) a) und b) MTV Cockpit DLH dauernd flugdienstuntauglich geworden ist, werden dem Mitarbeiter Flugdienstuntauglichkeitsleistungen nach Maßgabe der §§ 7 und 7 a) gewährt.
(2) DLH verpflichtet sich, den Mitarbeiter für den in Abs. (1) genannten Fall – soweit die Risiken im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages versicherbar sind – folgendermaßen zu versichern:
Die Versicherungssummen betragen:
mit Wirkung zum |
01.07.2000 |
01.01.2005 |
in den ersten 5 Dienstjahren |
100.000,00 DM |
115.000,00 DM |
ab 6. Dienstjahr |
135.000,00 DM |
155.000,00 DM |
…
§ 7a)
(1) Hat der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Feststellung der Flugdienstuntauglichkeit sowohl das 32. Lebensjahr als auch 10 Dienstjahre bereits vollendet, das 35. Lebensjahr aber noch nicht vollendet, wird ihm auf Antrag eine monatliche Übergangshilfe für die Dauer von sechs Jahren gezahlt.
(2) Hat der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Feststellung der Flugdienstuntauglichkeit sowohl das 35. Lebensjahr als auch 10 Dienstjahre vollendet, wird ihm auf Antrag eine Flugdienstuntauglichkeitsrente gezahlt.
…
(5) Die Regelungen über die Zusatzrente (Dynamisierung, Beendigung der Zahlung, Anrechnungstatbestände usw.) gelten – soweit vorstehend nichts anderes bestimmt ist – für die Übergangshilfe und die Flugdienstuntauglichkeitsrente entsprechend.”
Der bis zum 30. Juni 2000 geltende Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AG (DLH) und der Condor Flugdienst GmbH (CFG) in der Neufassung vom 1. Oktober 1989 (TV ÜV-Cockpit 1989) enthielt statt des späteren § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 die folgende Regelung:
Ҥ 6
…
(3) Meldet sich der unmittelbar Berechtigte nach dem vollendeten 56. Lebensjahr arbeitslos, so entfällt der Anspruch auf Zusatzrente.”
und statt des späteren § 7a Abs. 5 TV ÜV-Cockpit 2000 die Bestimmung:
Ҥ 7
…
(7) Die Regelungen über die Zusatzrente (Dynamisierung, Beendigung der Zahlung, Anrechnungstatbestände usw.) gelten – soweit vorstehend nichts anderes bestimmt ist – für die Übergangshilfe und die Flugdienstuntauglichkeitsrente entsprechend.”
Zu § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 erklärte die Beklagte gegenüber der Vereinigung Cockpit e.V. mit Schreiben vom 26. Mai 2000:
“… vor dem Hintergrund der tariflichen Regelung in § 6 Absatz 3 Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit, wonach ein Doppelbezug von Übergangsversorgungs-Zusatzrente und Arbeitslosengeld ausgeschlossen ist, wird folgende Erklärung abgegeben:
Falls die o.g. Regelung praktisch werden sollte, werden wir die Zahlung der Übergangsversorgungs-Zusatzrente nicht einstellen, sondern eventuell bezogenes Arbeitslosengeld darauf anrechnen.”
Die Vereinigung Cockpit e.V. antwortete unter dem 30. Mai 2000:
“… vor dem Hintergrund der tariflichen Regelung in § 6 (3) Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit, wonach ein Doppelbezug von Übergangsversorgungszusatzrente und Arbeitslosengeld ausgeschlossen ist, wird folgende Erklärung seitens der Vereinigung Cockpit abgegeben:
Die Vereinigung Cockpit beabsichtigt mit der Regelung in § 6 (3) Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit nicht, die Deutsche Lufthansa aus der Leistungsverpflichtung zur Zahlung der Zusatzrente nach dem Tarifvertrag Übergangsversorgung zu entlassen. Die Vereinigung Cockpit betrachtet die Formulierung des Paragraphen 6 Absatz 3 nur für den Fall als relevant, dass aufgrund entsprechender Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften eine Anrechnung der Zusatzrentenleistungen auf den Arbeitslosengeldbezug erfolgt.
Insoweit wollen wir den Doppelbezug von Zusatzrente und Arbeitslosengeld nur ausgeschlossen sehen, als durch die Bundesanstalt für Arbeit eine Anrechnung etwaiger Zusatzrentenleistungen auf das Arbeitslosengeld erfolgt. Eine weitergehende Interpretation des Paragraphen 6 Absatz 3, der den gänzlichen Ausschluss oder aber auch nur die teilweise Anrechnung von Arbeitslosengeldleistung auf die Zusatzversorgungsrentenleistungen der DLH zulassen würde, ist unsererseits mit dieser Formulierung nicht gewollt.”
Mit Urteil vom 2. August 2000 entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (– 8 Sa 2009/98 – ZTR 2001, 184) in einem Rechtsstreit unter Beteiligung der Beklagten, dass § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 1989 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam sei.
Seit November 2001 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Die Beklagte brachte die Arbeitslosengeldbezüge von der dem Kläger gezahlten FDU-Rente in Abzug. Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Differenzbeträge zwischen der ungekürzten und der durch die Anrechung des Arbeitslosengeldes gekürzten FDU-Rente für die Zeit von November 2001 bis August 2002 iHv. insgesamt 17.288,35 Euro brutto.
Der Kläger ist der Ansicht, aus § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 ergebe sich kein Recht zur Anrechnung des Arbeitslosengeldes. Die Tarifvertragsparteien hätten über den Inhalt dieser tariflichen Regelung keine Einigung erzielt. Es bestehe eine Regelungslücke, die von den Arbeitsgerichten weder im Wege der ergänzenden Tarifauslegung noch durch Analogie geschlossen werden dürfe. Eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes würde im Übrigen gegen Art. 3 und Art. 14 GG sowie gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.288,35 Euro brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar auf 554,98 Euro seit dem 1. Dezember 2001, auf weitere 1.849,95 Euro seit dem 1. Januar 2002, auf weitere 1.850,19 Euro seit dem 1. Februar 2002, auf weitere 1.850,19 Euro seit dem 1. März 2002, auf weitere 1.850,19 Euro seit dem 1. April 2002, auf weitere 1.866,57 Euro seit dem 1. Mai 2002, auf weitere 1.866,57 Euro seit dem 1. Juni 2002, auf weitere 1.866,57 Euro seit dem 1. Juli 2002, auf weitere 1.866,57 Euro seit dem 1. August 2002 und auf weitere 1.866,57 Euro seit dem 1. September 2002.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, die Auslegung des § 7a Abs. 5 iVm. § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 ergebe, dass das Arbeitslosengeld auf die Flugdienstuntauglichkeitsrente angerechnet werden könne. Die Tarifvertragsparteien hätten vorliegend nicht bewusst von einer Regelung des Sachverhaltes abgesehen, sondern sich auf den Wortlaut des § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 geeinigt und den Tarifvertrag mit diesem Wortlaut abgeschlossen. Mit ihren nachträglichen Erklärungen hätten die Tarifvertragsparteien lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 unterschiedlich interpretierten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche vollumfänglich weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte konnte das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld auf die ihm zustehende FDU-Rente anrechnen.
1. Die Vorinstanzen ebenso wie die Parteien sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen Anspruch auf die FDU-Rente nach § 7a Abs. 2 TV ÜV-Cockpit 2000 hat. Er fällt unter den Geltungsbereich des nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren TV ÜV-Cockpit 2000. Die Anspruchsvoraussetzungen für die FDU-Rente nach § 7 Abs. 1, § 7a Abs. 2 TV ÜV-Cockpit 2000 sind erfüllt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat vorzeitig geendet, weil er iSv. § 20 Abs. 1 MTV Cockpit DLH dauernd flugdienstuntauglich geworden ist. Der Kläger hatte bei Eintritt der Flugdienstuntauglichkeit sowohl das 35. Lebensjahr als auch das 10. Dienstjahr vollendet.
2. Der Kläger kann für den streitgegenständlichen Zeitraum von November 2001 bis August 2002 nicht mit Erfolg zusätzlich 17.288,35 Euro als FDU-Rente verlangen. Die Beklagte war nach § 7a Abs. 5 iVm. § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 berechtigt, das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld auf die ihm nach § 5 Abs. 3, § 7a Abs. 2 TV ÜV-Cockpit 2000 zustehende FDU-Rente anzurechnen. Auf den sich danach ergebenden Differenzbetrag beschränkt sich der Versorgungsanspruch des Klägers. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, über die hier zwischen den Parteien Streit besteht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zB Senat 14. Januar 2004 – 4 AZR 581/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Seniorität Nr. 11, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu A 2c aa der Gründe mwN).
b) Nach § 7a Abs. 5 TV ÜV-Cockpit 2000 gelten die Regelungen über die Zusatzrente (Dynamisierung, Beendigung der Zahlung, Anrechnungstatbestände usw.) – soweit nicht in § 7a anderes bestimmt ist – für die FDU-Rente entsprechend. Die Bestimmung des § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 findet danach auch auf das Verhältnis von Arbeitslosengeld und FDU-Rente Anwendung. § 7a TV ÜV-Cockpit 2000 enthält keine hiervon abweichende Regelung.
c) Nach § 7a Abs. 5 iVm. § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 ist ein Doppelbezug von FDU-Rente und Arbeitslosengeld ausgeschlossen. Danach ist es jedenfalls gerechtfertigt, das Arbeitslosengeld auf die FDU-Rente anzurechnen. Ob darüber hinaus der Anspruch auf die FDU-Rente ganz wegfällt, solange Arbeitslosengeld gewährt wird, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Die Beklagte hat entsprechend ihrer Erklärung vom 26. Mai 2000 auch bei dem Kläger nur eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes vorgenommen, also den Doppelbezug nur ausgeschlossen, soweit der Kläger Arbeitslosengeld bezogen hat.
aa) Für die Möglichkeit der Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die FDU-Rente sprechen neben dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 auch der Sinn und der Zweck der FDU-Rente. Sie soll den Arbeitnehmer vom Zeitpunkt seines Ausscheidens wegen Flugdienstuntauglichkeit nach § 20 MTV Cockpit DLH bis zum Zeitpunkt, in dem ein Anspruch auf Altersrente besteht, finanziell absichern (vgl. BAG 27. Februar 2002 – 9 AZR 38/01 – EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 5, zu II 3b bb (2) der Gründe, für die Zusatzrente). Dies ergibt sich auch aus § 7a Abs. 5 iVm. § 5 Abs. 2 TV ÜV-Cockpit 2000, wonach auch der Anspruch auf FDU-Rente grundsätzlich mit Vollendung des 65. Lebensjahres entfällt. Der durch die FDU-Rente abgedeckte Versorgungsbedarf besteht während des Bezugs von Arbeitslosendgeld fort, soweit dieses der Höhe nach unter der FDU-Rente liegt. Es wäre mit dem Zweck der FDU-Rente aber nicht vereinbar, wenn ein zusammen mit der FDU-Rente bezogenes Arbeitslosengeld nicht angerechnet würde, zumal nach § 6 Abs. 1 und 2 TV ÜV-Cockpit 2000 andere Leistungen auf die FDU-Rente ganz oder teilweise angerechnet werden.
bb) Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 sei nur für den Fall gedacht, dass auf Grund entsprechender gesetzlicher Vorschriften eine Anrechnung der Rentenleistungen auf das Arbeitslosengeld erfolge, so gibt es für diese Auslegung im Wortlaut keine Anhaltspunkte und sie entspricht auch nicht dem erkennbaren Zweck der Regelung. Eine Anrechnung von tariflichen Rentenleistungen auf das Arbeitslosengeld ist nach §§ 141 ff. SGB III nicht vorgesehen und war bei Tarifabschluss auch nicht zu erwarten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine Regelung ohne erkennbaren Anwendungsbereich treffen wollten.
cc) Der Kläger kann nicht unter Berufung auf das Schreiben der Vereinigung Cockpit e.V. vom 30. Mai 2000 mit Erfolg geltend machen, dass über den Inhalt der Regelung in § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 zwischen den Parteien keine Einigung erzielt worden sei und dass deshalb eine Regelungslücke vorliege, die von den Arbeitsgerichten nicht durch ergänzende Tarifvertragsauslegung geschlossen werden könne.
Der Kläger verkennt den Unterschied zwischen einer bewussten Nichtregelung und einer Regelung, die von den Tarifvertragsparteien unterschiedlich ausgelegt wird. Eine bewusste Tariflücke liegt vor, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und das in dem Tarifvertrag in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet (Senat 24. Februar 1988 – 4 AZR 614/87 – BAGE 57, 334, 342 mwN). Davon kann nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt nicht ausgegangen werden.
(1) Das Schreiben der Beklagten vom 26. Mai 2000 ebenso wie das Schreiben der Vereinigung Cockpit e.V. vom 30. Mai 2000 wurden nach Abschluss des TV ÜV-Cockpit 2000 vom 15. Mai 2000 verfasst. Es handelt sich um – voneinander abweichende – Erklärungen zur Auslegung von § 6 Abs. 3 des TV ÜV-Cockpit 2000, die nicht Inhalt des Tarifvertrages geworden sind. Zwar können die Tarifvertragsparteien auch nach Abschluss eines Tarifvertrages klarstellende oder ergänzende Regelungen zur Auslegung des Tarifvertrages treffen, die zum Inhalt des Tarifvertrages werden und damit für die Auslegung durch die Arbeitsgerichte verbindlich sind (vgl. Senat 17. September 2003 – 4 AZR 540/02 – BAGE 107, 304, 315 f.). Eine solche tarifliche Regelung liegt hier schon deshalb nicht vor, weil es bereits an einer übereinstimmenden Äußerung zu § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 fehlt.
(2) Im Schriftwechsel der Tarifvertragsparteien wird vielmehr nur die unterschiedliche Auslegung der tariflichen Regelung in § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 dokumentiert. Das steht der Wirksamkeit der darin getroffenen Regelung nicht entgegen, deren Inhalt durch Auslegung ermittelt werden kann. Ein Dissens der Tarifvertragsparteien über die Auslegung der tariflichen Regelung kann an der tarifrechtlichen Wirksamkeit eines gültig zustande gekommenen Tarifvertrages wegen dessen Normencharakters nichts ändern (Senat 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81 – BAGE 46, 61, 69; 9. März 1983 – 4 AZR 61/80 – BAGE 42, 86, 93), selbst wenn bereits zum Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses die abweichenden Vorstellungen zur Auslegung des Tarifvertrages bestanden haben. Maßgeblich ist der nach außen zum Ausdruck gekommene Normbefehl. Das gilt auch dann, wenn vorliegend diese schriftlich dokumentierten unterschiedlichen Auffassungen dem Tarifvertrag beigefügt worden sind, wie der Kläger vorgetragen hat.
(3) Angesichts dessen gehen die Verfahrensrügen des Klägers ins Leere. Ob und ggf. aus welchem Grund das Schreiben der Vereinigung Cockpit e.V. vom 30. Mai 2000 “aufgenommen” bzw. dem Tarifvertrag beigefügt worden ist, ist für Inhalt und Wirksamkeit der tariflichen Regelung ohne rechtliche Bedeutung. Insoweit ist die Verfahrensrüge nach § 286 ZPO wegen unterlassener Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises unbegründet. Der Charakter des Schreibens vom 30. Mai 2000 als Dokumentation der Auffassung der Vereinigung Cockpit e.V. zur Auslegung des § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf ebenso wie aus dem Inhalt des Schreibens. Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine erheblichen Anhaltspunkte für eine abweichende rechtliche Beurteilung. Deshalb ist auch die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe seine Frage- und Hinweispflicht (§ 139 ZPO) betreffend die rechtliche Bedeutung des Schreibens vom 30. Mai 2000 verletzt, jedenfalls unbegründet.
3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Regelung in § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 bestehen, auch wenn im Hinblick auf die Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes eine Verschlechterung gegenüber der Regelung in § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 1989 vorgenommen worden ist. Denn der § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 1989 betraf nur die ehemals Beschäftigten, die sich nach Vollendung des 56. Lebensjahres arbeitslos meldeten, während in § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 diese – einschränkende – Altersgrenze weggefallen ist, so dass die Beklagte beim Kläger nunmehr anders als nach der früheren tariflichen Regelung eine Anrechnung vornehmen konnte.
a) Die Tarifvertragsparteien können eine Tarifnorm sowohl zugunsten wie auch zum Nachteil der betroffenen Arbeitnehmer ändern (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – BAGE 100, 377, zu II 2c bb der Gründe mwN). Dabei ist nicht gerichtlich zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde. Tarifverträge sind allein darauf zu untersuchen, ob sie rechtswidrig sind, weil sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstoßen (st. Rspr. vgl. Senat 19. Februar 2003 – 4 AZR 11/02 – BAGE 105, 148, zu I 1e bb (1) der Gründe; BAG 6. November 1996 – 5 AZR 334/95 – BAGE 84, 282, zu I 2a aa der Gründe).
b) § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 verstößt nicht gegen Grundrechte.
aa) Dabei kann offen bleiben, ob die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung unmittelbar an Grundrechte gebunden sind. Überwiegend wird eine unmittelbare Grundrechtsbindung abgelehnt, da die Tarifvertragsparteien als Vereinigungen des privaten Rechts keine Staatsgewalt iSv. Gesetzgebung, Rechtsprechung und vollziehende Gewalt sind (BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 = EzA GG Art. 3 Nr. 101, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 1 der Gründe mwN; Senat 14. Januar 2004 – 4 AZR 581/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Seniorität Nr. 11, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu A 2c bb (2) (e) der Gründe mwN).
(1) Selbst wenn man weitergehend von einer unmittelbaren Bindung der Tarifvertragsparteien an Art. 14 GG ausginge, wäre durch die Regelung des § 6 Abs. 3 iVm. § 7a Abs. 5 TV ÜV-Cockpit 2000 die Eigentumsfreiheit nicht verletzt. Jede Vermögensposition genießt nur soweit Eigentumsschutz, wie dies ihrem Inhalt entspricht. Es besteht kein Anspruch auf unveränderten Fortbestand von Regelungen über Beiträge und Leistungen (BVerfG 16. Oktober 1968 – 1 BvL 7/62 – BVerfGE 24, 220, zu C I der Gründe; 21. Juni 1960 – 1 BvL 10/58, 1 BvL 25/58 – BVerfGE 11, 221, zu C I der Gründe, für durch Gesetz oder Satzung festgelegte Leistungen). Es ist deshalb im Hinblick auf Art. 14 GG unbedenklich, wenn die Tarifvertragsparteien im Rahmen der Neuregelung des TV ÜV-Cockpit 2000 vorsehen, dass das Arbeitslosengeld anders als früher generell auf die FDU-Rente anzurechnen ist.
(2) Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht gegeben.
(a) Es besteht weitgehend Einigkeit, dass auch die Tarifvertragsparteien den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten haben (BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 = EzA GG Art. 3 Nr. 101, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II der Gründe; Senat 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – BAGE 99, 31, zu I 4a der Gründe; BAG 27. Februar 2002 – 9 AZR 38/01 – EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 5, zu II 3b bb (1) der Gründe). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – aaO, zu B II 3c cc der Gründe mwN).
(b) Hiervon ausgehend begründet keiner der vom Kläger angeführten Gesichtspunkte einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
(aa) Eine rechtswidrige Ungleichbehandlung kann nicht darin gesehen werden, dass eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes nach § 7a Abs. 5 iVm. § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 nur bei der FDU-Rente nach § 7a Abs. 2 und bei der Übergangshilfe nach § 7a Abs. 1 TV ÜV-Cockpit 2000 erfolgt und nicht bei den Versicherungsleistungen nach § 7 Abs. 2 TV ÜV-Cockpit 2000. Die Flugdienstuntauglichkeitsleistungen gem. §§ 7, 7a TV ÜV-Cockpit 2000 richten sich nach dem Alter und der Anzahl der Dienstjahre bei Eintritt der Flugdienstuntauglichkeit. In den ersten zehn Dienstjahren wird nur eine einmalige Versicherungssumme gewährt, bei Vollendung von zehn Dienstjahren und mit dem 32. Lebensjahr eine Übergangshilfe für die Dauer von sechs Jahren und bei Vollendung von zehn Dienstjahren und dem 35. Lebensjahr die FDU-Rente. Schon die unterschiedliche Art der Leistung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung bezüglich der Anrechnung des Arbeitslosengeldes. Bei den Versicherungsleistungen handelt es sich um einmalige pauschale Zahlungen als Ausgleich für die durch die Flugdienstuntauglichkeit bedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20 MTV Cockpit DLH, auf die schon wegen des unterschiedlichen Charakters der Leistungen die Anrechnung des regelmäßig und wiederkehrend zu zahlenden Arbeitslosengeldes nicht angezeigt ist. Sie steht dem Mitarbeiter auf Grund des zugrunde liegenden Gruppenversicherungsvertrages im Übrigen versicherungsrechtlich unabhängig von dem gewährten Arbeitslosengeld in voller Höhe zu. Demgegenüber handelt es sich bei der FDU-Rente, deren Kapitalwert auch deutlich höher liegt als der Wert der Einmalleistungen nach § 7 Abs. 1 TV ÜV-Cockpit 2000, ebenso wie bei der Übergangshilfe um eine monatliche Rente, die ebenso wie das Arbeitslosengeld die wirtschaftliche Existenzgrundlage des früheren Arbeitnehmers sichern soll, allerdings auf einem gegenüber dem bisherigen Erwerbseinkommen geminderten Niveau.
(bb) Es verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass nach § 6 Abs. 1 TV ÜV-Cockpit 2000 Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nur teilweise, das Arbeitslosengeld nach § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 aber voll angerechnet wird. Die Beklagte hat durch eigene Beiträge zur Finanzierung des Arbeitslosengeldes beigetragen. Demgegenüber beruhen die nach § 6 Abs. 1 TV ÜV-Cockpit 2000 zu berücksichtigenden Einnahmen allein auf Leistungen der Arbeitnehmer ohne Beitrag der Beklagten. Dies rechtfertigt eine Differenzierung bei der Anrechnung (so bereits BAG 27. Februar 2002 – 9 AZR 38/01 – EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 5, zu II 4a der Gründe, hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge zu Renten).
(cc) Soweit sich der Kläger darauf beruft, es liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zum Kabinenpersonal vor, so kann dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deswegen nicht begründen, weil die Vereinigung Cockpit e.V. nicht Tarifvertragspartei des Tarifvertrages Übergangsversorgung für Flugbegleiter ist. Der Gleichheitssatz bindet jeden Normgeber allein in seinem Zuständigkeitsbereich (BVerfG 23. November 1988 – 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 – BVerfGE 79, 127, 158; BAG 5. Oktober 1999 – 3 AZR 230/98 – BAGE 92, 310, zu IV der Gründe). Deshalb unterliegt die Normsetzung durch unterschiedliche Normgeber auch keiner übergreifenden Überprüfung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Normen von verschiedenen Tarifverträgen können ebenfalls nicht nach Art. 3 Abs. 1 GG geprüft werden, wenn die jeweiligen Tarifvertragsparteien nicht identisch sind.
(dd) Auch soweit der Kläger geltend macht, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Arbeitslosengeld zwar von seiner tarifvertraglichen Flugdienstuntauglichkeitsversorgung, nicht aber von “privatrechtlichen Zusatzleistungen” bei anderen Kollegen abgezogen werden dürfen, kann dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht begründen. Die Anordnung einer Anrechnung von Arbeitslosengeld auf privatrechtliche Zusatzleistungen wäre von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG nicht gedeckt.
c) Ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbots liegt ebenfalls nicht vor.
aa) Das Verhältnis zwischen dem früheren und dem späteren Tarifvertrag richtet sich nach dem Ablösungsprinzip. Eine Tarifnorm steht stets unter dem Vorbehalt, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen werden zu können. Ein dem entgegenstehender Vertrauensschutz kann grundsätzlich nicht entstehen (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – BAGE 100, 377, zu II 2c bb der Gründe; Senat 8. September 1999 – 4 AZR 661/98 – BAGE 92, 259, zu I 2 der Gründe).
bb) Soweit Änderungen der Tarifnorm Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen, haben die Tarifvertragsparteien allerdings dieselben Grenzen für eine zulässige Rückwirkung einzuhalten, wie sie vom Gesetzgeber zu beachten sind (Senat 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – BAGE 78, 309, zu II 2c dd der Gründe). Die Beschränkung der Rückwirkung von Gesetzen und sonstiger Rechtsnormen beruht außerhalb des Art. 14 Abs. 1 GG auf dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfG 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 – BVerfGE 95, 64, 82). Dabei unterscheiden die Regeln über die Zulässigkeit rückwirkender Normen zwischen Fällen echter und unechter Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Rechtsnorm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Von einer unechten Rückwirkung spricht mann, wenn eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (BVerfG 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 – aaO S. 86).
(1) Eine echte Rückwirkung liegt nicht vor. Soweit sich der Kläger darauf beruft, er habe über viele Jahre seine Arbeitsleistung in Erwartung einer jederzeit möglichen Flugdienstuntauglichkeitsleistung erbracht, verkennt er, dass der relevante Tatbestand für den Gesichtspunkt der Rückwirkung der Bezug der FDU-Rente auf Grund der Flugdienstunfähigkeit und nicht die Erbringung der Arbeitsleistung ist.
(2) Hiervon ausgehend haben die Tarifvertragsparteien mit § 6 Abs. 3 TV ÜV-Cockpit 2000 auch keine Regelung mit unechter Rückwirkung geschaffen. Durch die Geltung des TV ÜV-Cockpit 2000 ab 1. Juli 2000 wurde jedenfalls im Falle des Klägers nicht auf eine bestehende Anspruchsbeziehung eingewirkt. Der Kläger ist erst seit dem 7. August 2000 dauernd flugdienstuntauglich und erhält nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 31. März 2001 seit April 2001 eine FDU-Rente. Der TV ÜV-Cockpit 2000 ist schon ab 1. Juli 2000 in Kraft getreten. Die Änderung der tariflichen Regelung hat sich demnach nur auf die später eintretende und den Anspruch auf FDU-Rente begründende Flugdienstuntauglichkeit des Klägers ausgewirkt (vgl. BAG 15. November 2000 – 5 AZR 310/99 – BAGE 96, 249, zu B III 4c der Gründe).
Selbst wenn man im Hinblick auf die vom Kläger erworbene “Anwartschaft” auf die FDU-Rente von einer unechten Rückwirkung ausginge, wäre die Änderung zulässig. Die Änderung betrifft nicht den Anspruch selbst, sondern nur mittelbar dessen Höhe, in dem generell ohne Beschränkung auf die Altersgrenze des vollendeten 56. Lebensjahres die mindernde Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes eröffnet wird. Das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der alten Regelung, nach der eine Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes nicht hätte erfolgen können, ist nicht schützenswert, zumal die Differenzierung nach dem Alter wohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen hatte.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Bott, Wolter, Dassel, Kiefer
Fundstellen
NZA 2005, 1264 |
ZTR 2005, 646 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 23 |
EzA |
NJOZ 2005, 4439 |