Leitsatz (redaktionell)
1. |
Die nach § 21 e GVG i.V.m. § 6 a ArbGG zulässige Errichtung einer wegen Arbeitsüberlastung des Landesarbeitsgerichts gebildeten Hilfskammer berechtigt auch zur Zuweisung von bereits zum Landesarbeitsgericht berufenen und anderen Kammern zugewiesenen ehrenamtlichen Richtern an die Hilfskammer. |
2. |
Eine Verteilung der Rechtsstreitigkeiten nach dem Datum ihres Eingangs bei dem Gericht begegnet keinen Bedenken aus Art. 101 GG, § 16 GVG. Das gilt auch, wenn einer im laufenden Geschäftsjahr gebildeten Hilfskammer eine bestimmte Anzahl der ältesten, nicht terminierten Sachen einer anderen Kammer zugewiesen werden. |
3. |
Öffentlich-rechtliche Arbeitszeitvorschriften verpflichten den Arbeitgeber zu einer Einsatzplanung, mit der gewährleistet wird, daß der Arbeitnehmer die vorgeschriebenen Ruhezeiten tatsächlich erhält. Die Gewährung von Ruhezeiten kann aber regelmäßig nicht durch eine Klage auf Unterlassung bestimmter Arbeitszeitplanung erreicht werden, sondern nur durch eine Feststellungsklage über den Inhalt der Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers. |
4. |
§ 9 Abs. 1 Satz 4 der 2. DV LuftBO berechtigt das Luftfahrtunternehmen zur Rückbeförderung des Besatzungsmitglieds an den dienstlichen Wohnsitz auch dann, wenn die Flugdienstzeit nicht über 14 Stunden hinausgeht. |
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Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 20.12.1996; Aktenzeichen 17/13 Sa 151/96) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.11.1995; Aktenzeichen 1 Ca 5109/94) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Umlaufplanung der Beklagten nach der 2. Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung zum Luftverkehrsgesetz vom 12. November 1974, BGBl 1974 I S. 3181 (2. DV LuftBO) und sich einen daraus ergebenden Unterlassungsanspruch des Klägers.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugkapitän beschäftigt mit dienstlichen Wohnsitz in Frankfurt/Main. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag Nr. 3 für das Bordpersonal der Beklagten (MTV) anzuwenden. Nach § 3 Nr. 7 MTV Nr. 3 gilt für die Arbeits- und Ruhezeiten vorbehaltlich einer hiervon abweichenden tariflichen Regelung die 2. DV LuftBO. Diese enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 4
Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)
(1) Die Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit) ist eine Zeit, die ein Besatzungsmitglied auf Anordnung des Unternehmers ohne eigene Dienstleistung an Bord eines Luftfahrzeuges verbringt, um zum Antritt eines Flugdienstes zu einem anderen als dem Flugplatz, an dem der vorhergehende Flugdienst beendet wurde, befördert zu werden. Das gleiche gilt für die entsprechende Beförderung mit einem anderen Verkehrsmittel.
(2) Beförderungszeit ist bis zu 4 Stunden zur Hälfte, die darüber hinausgehende Beförderungszeit voll als Flugdienstzeit anzurechnen, wenn zwischen Beförderung und Flugdienst keine Ruhezeit nach § 9 gewährt wurde. Beförderungszeit nach Satz 1, während der ein Besatzungsmitglied ein Fahrzeug selbst steuert, ist voll als Flugdienstzeit anzurechnen. Der Beförderungszeit sind die geplanten Abflug- und tatsächlichen Ankunftszeiten zu Grunde zu legen. § 3 Abs. 3 gilt entsprechend. Zeiten für eine Beförderung im Schlafwagen oder einer vergleichbaren Beförderung mit einem anderen Bodenverkehrsmittel sind nicht als Flugdienstzeit anzurechnen.
§ 6
Ruhezeit
(1) Ruhezeit ist eine zusammenhängende Zeit von mindestens 10 Stunden, während der ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. Bereitschaftszeit, in der das Besatzungsmitglied in der eigenen Wohnung oder einer entsprechenden Unterkunft Gelgenheit zur Bettruhe hat, kann vom Unternehmer als Ruhezeit angerechnet werden.
(2) Beförderungszeit nach § 4 Abs. 2 ist keine Ruhezeit.
§ 9
Ruhezeiten der Besatzungsmitglieder
(1) Innerhalb einer 24-Stunden-Periode ist jedem Besatzungsmitglied eine Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren. Eine 24-Stunden-Periode beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem eine Ruhezeit endet. Die Ruhezeit ist bei einer nach § 8 Abs. 4, § 10 oder § 12 Abs. 1 verlängerten Flugdienstzeit von mehr als 14 Stunden unmittelbar nach Beendigung des Flugdienstes zu gewähren. Eine Beförderung des Besatzungsmitgliedes vom Einsatzort an seinen dienstlichen Wohnsitz ohne Anrechnung auf die Ruhezeit ist zulässig.
(2) Die Mindestruhezeit ist nach einem nach § 8 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 4, § 10 oder § 12 Abs. 1 verlängerten Flugdienst von mehr als 11 Stunden auf 12 Stunden und von mehr als 12 Stunden auf 14 Stunden zu erhöhen.
(3) ...
Die Beklagte teilte den Kläger in der Vergangenheit für Flugdienstzeiten von bis zu 14 Stunden und anschließender Rückbeförderung an seinen dienstlichen Wohnort ein, u.a. am 20. Januar 1994. Dadurch wurde die 24-Stunden-Periode i.S. von § 9 Abs. 1 der 2. DV LuftBO nicht eingehalten. Zwischen der Rückkehr des Klägers am dienstlichen Wohnsitz und seinem am dienstlichen Wohnsitz beginnenden nächsten Flugdienst lagen deutlich mehr als 14 Stunden. Die Beklagte beabsichtigt derartige Flugumläufe auch für die Zukunft.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte verstoße mit ihrer Umlaufplanung gegen § 9 Abs. 1 der 2. DV LuftBO. Er hat sich ohne Erfolg an die Mitarbeitervertretung gewandt mit der Bitte, künftig die Zustimmung zu derartigen Einsatzplänen zu verweigern.
Der Kläger hat, soweit noch in der Revision anhängig, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Flugumläufe für ihn so zu planen, daß die Gewährung einer Mindestruhezeit von 10 Stunden innerhalb einer 24-Stunden-Periode nicht erreicht werden kann, ohne daß eine auch nur teilweise Anrechnung der Beförderungszeit nach § 4 der 2. DV LuftBO auf die Ruhezeit erfolgt,
für den Fall der Zuwiderhandlung, die Beklagte zur Zahlung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Der Kläger bittet um deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
I.1. Die von der Beklagten ordnungsgemäß (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO) erhobene Besetzungsrüge ist unbegründet. Die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts war nicht i.S. von § 551 Nr. 1 ZPO fehlerhaft besetzt. Das ergibt sich aus den beigezogenen Unterlagen des Präsidiums und der Geschäftsstelle der 17. Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts.
a) Die 17. Kammer ist wegen fortdauernder Überlastung mehrerer Kammern des Landesarbeitsgerichts aufgrund des Präsidiumsbeschlusses vom 18. November 1996 als Hilfskammer errichtet worden. Ihr sind die nach dem Eingangsdatum der Berufung 40 ältesten, zur Zeit nicht terminierten Berufungssachen der 13. Kammer zugewiesen worden mit Ausnahme der ruhenden oder ausgesetzten Verfahren. Zugleich wurden von den bereits zum Landesarbeitsgericht berufenen ehrenamtlichen Richtern der Kammern 3 bis 16 je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber der 17. Kammer zugeordnet. Die Geschäftsstelle der 17. Kammer hat die Namen der ehrenamtlichen Richter nach der bei dem Landesarbeitsgericht üblichen Handhabung in alphabetische Reihenfolge gebracht und sie entsprechend bei der Ladung berücksichtigt. Der Vorsitz der 17. Kammer war gemäß Beschluß des Präsidiums vom 2. Dezember 1996 dem Richter S. übertragen.
b) Diese Anordnungen sind nicht zu beanstanden; Art. 101 Abs. 1 GG und der inhaltsgleiche § 16 GVG sind nicht verletzt. Die Beklagte ist nicht ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden.
aa) Nach § 21 e Abs. 3 GVG, der nach § 6 a ArbGG auf die Gerichte für Arbeitssachen entsprechend anwendbar ist, darf der für das laufende Geschäftsjahr beschlossene Geschäftsverteilungsplan geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Das Präsidium kann aus einem dieser Gründe alle Maßnahmen treffen, mit denen eine geordnete Rechtspflege gewährleistet wird. Welche Änderungen nötig sind, um den Geschäftsbetrieb des Gerichts aufrechtzuerhalten, entscheidet das Präsidium nach pflichtgemäßen Ermessen. Auch Hilfskammern können errichtet werden (Kissel, GVG § 60 Rz 11 ff.). Mit ihrem Vortrag, die zur Vertretung der 13. Kammer berufenen Vorsitzenden hätten deren Aufgaben erledigen können, hat die Revision keine ermessensmißbräuchliche Geschäftsverteilung dargelegt. Die fehlende vorherige Anhörung der von der Änderung betroffenen Richter durch das Präsidium berührt die Wirksamkeit der Geschäftsverteilung nicht (Zöller-Gummer, ZPO, 19. Aufl., § 21 e GVG Rz 25, 51).
bb) Die 17. Kammer ist auch kein "Ausnahmegericht", wie die Revision annimmt. Ausnahmegerichte sind dadurch gekennzeichnet, daß sie zur Entscheidung einzelner konkreter oder individuell bestimmter Fälle berufen sind (BVerfGE 10, 200, 212). Das trifft hier nicht zu. Das Eingangsdatum der Rechtssachen bei einem Gericht ist ein zulässiges Merkmal, um die Zuständigkeit des Spruchkörpers zu bestimmen. Das gilt auch für eine im laufenden Geschäftsjahr gebildete Hifskammer. Die von der Beklagten angezogene Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 16. Januar 1984 (Vf. 85-VI/82 u.a., NJW 1984, 2813) ist nicht einschlägig. Sie betrifft die Einrichtung von Fachkammern für den öffentlichen Dienst. Der Hinweis in dieser Entscheidung, Spezialspruchkörper für besondere Sachgebiete seien zulässig und keine Ausnahmegerichte, wenn sich deren Zuständigkeit nach abstrakten Merkmalen aufgrund einer bestimmten Materie bestimme, schließt deshalb eine Geschäftsverteilung nach Eingangsdatum nicht aus.
cc) Nach § 39 ArbGG sind die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste heranzuziehen, die der Vorsitzende vor Beginn des Geschäftsjahres oder vor Beginn der Amtszeit neu berufener ehrenamtlicher Richter nach § 38 Satz 2 ArbGG aufgestellt hat.
Mit dem Begriff "vor Beginn des Geschäftsjahres oder der Amtszeit" werden alle Sachverhalte erfaßt, in denen ehrenamtliche Richter von einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans im laufenden Geschäftsjahr nach § 21 e Abs. 3 GVG betroffen sind. Das trifft auch bei der Errichtung einer Hilfskammer zu, die nach § 35 Abs. 2 ArbGG zwingend in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber tätig wird. Eine vom Vorsitzenden aufgestellte Liste liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn der Vorsitzende - wie hier - eine durch die Geschäftsstelle aufgestellte Liste anwendet und sie damit billigt (BAG Urteil vom 30. Januar 1963 - 4 AZR 16/62 - AP Nr. 2 zu § 39 ArbGG 1953).
2. Zu Recht rügt die Beklagte, daß das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob die Gerichte für Arbeitssachen für den Rechtsstreit zuständig sind. Dieser Verfahrensfehler führt aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, § 65 ArbGG stehe einer Rechtswegprüfung in der 2. Instanz entgegen. Hierzu hat es auf den Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Juli 1996 (- 5 AZB 6/96 - AP Nr. 24 zu § 17 a GVG) hingewiesen. Die angezogene Entscheidung hat nicht den hier vorliegenden Sachverhalt zum Gegenstand. Dort ist die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht vor dem Arbeitsgericht, sondern erstmals in der Berufungsinstanz gerügt worden. Hier hat die Beklagte die Rüge bereits vor dem Arbeitsgericht erhoben. Hierüber hätte das Arbeitsgericht vorab durch Beschluß nach § 17 a GVG entscheiden müssen. An seine Ausführungen zur Zulässigkeit des Rechtswegs in den Urteilsgründen war das Landesarbeitsgericht nicht gebunden. Es hätte auf die Berufung der Beklagten vorab über den Rechtsweg durch Beschluß entscheiden müssen (BAG Urteil vom 26. März 1992 - 2 AZR 443/91 - AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979).
b) Der Erste Senat hat in seinem Beschluß vom 28. April 1992 (- 1 ABR 68/91 - AP Nr. 11 zu § 50 BetrVG 1972) angenommen, das Revisionsgericht könne den Rechtsweg nach §§ 93, 65 ArbGG auch dann nicht überprüfen, wenn die Vorinstanzen trotz rechtzeitiger Rüge keine Vorabentscheidung getroffen haben. Ob dem zu folgen ist, kann offenbleiben. Denn das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen im Ergebnis zu Recht bejaht.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis. Bürgerlich-rechtlich ist eine Streitigkeit, wenn der behauptete Rechtsanspruch dem Privatrecht angehört.
Mit der Klage verfolgt der Kläger das Ziel, die Beklagte über die Umlaufplanung dazu anzuhalten, ihm die nach seiner Behauptung zustehenden Ruhezeiten auch tatsächlich zu gewähren. Grundlage hierfür ist sein Arbeitsverhältnis.
Für den Anspruch ist es, entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, daß die Dauer und die Lage der Ruhezeiten in der 2. DV LuftBO geregelt sind, deren Vorschriften öffentlich-rechtlichen Inhalt haben. Die Beklagte erkennt nicht, daß sie mit der Festlegung von Dienst- und Beförderungszeiten dem Kläger gegenüber nicht hoheitlich handelt. Sie übersieht außerdem, daß nach § 7 Nr. 3 MTV Nr. 3 die Vorschriften der 2. DV LuftBO auf das Arbeitsverhältnis entsprechend anzuwenden sind.
II. Der von dem Kläger zuletzt gestellte Antrag beruht auf einem Vorschlag des Arbeitsgerichts. Mangelnde Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat die Beklagte nicht gerügt; auch in der Revision erhebt sie insoweit keine Bedenken. Das ist im Ergebnis zutreffend; der Klageantrag ist auslegungsfähig.
1. Die im Antrag verwendeteten Begriffe "Flugumläufe" und "24Stunden-Periode" sind zwischen den Parteien nicht streitig. Das gilt nicht ohne weiteres für die Anforderungen, die an eine "Mindestruhezeit" zu stellen sind und auch nicht für den Begriff "Beförderungszeit nach § 4 2. DV LuftBO", die auch nicht teilweise auf die Ruhezeit angerechnet werden soll. Im Ergebnis ist das aber unschädlich. Das von dem Kläger verfolgte Ziel wird hinreichend deutlich. Der Beklagten soll eine Umlaufplanung untersagt werden, mit der nicht gewährleistet ist, daß er innerhalb einer 24-Stunden-Periode eine Ruhezeit von mindestens 10 Stunden hat. Eine Rückbeförderung an den dienstlichen Wohnsitz ist nach Auffassung des Klägers keine Ruhezeit und deshalb unzulässig. Auch die Beklagte versteht das Begehren des Klägers nicht anders.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zu Recht ein Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht. Es ergibt sich bereits aus dem behaupteten Unterlassungsanspruch. Die hiergegen von der Beklagten angeführte Verantwortung des Klägers als Flugkapitän (§ 3 Luftverkehrs-Ordnung) betrifft seine Kompetenz, im Einzelfall von dem durch die Beklagte vorgesehenen Arbeitsablauf im Interesse der Flugsicherheit abzuweichen. Demgegenüber soll die Klage klären, ob die von der Beklagten generell gehandhabte und auch künftig beabsichtigte Einsatzplanung zulässig ist.
III. Die Klage ist nicht begründet. Damit entfällt auch die Möglichkeit, ein Ordnungsgeld anzudrohen.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, von ihr bestimmte Planungen der Flugumläufe zu unterlassen.
Der Kläger übersieht, daß ein Unterlassen nur verlangt werden kann, wenn dem Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten untersagt ist. Das trifft für die Verpflichtung der Beklagten, nach Maßgabe von § 9 der 2. DV LuftBO Ruhezeiten zu gewähren, nicht zu. Vielmehr wird dem Luftfahrtunternehmen damit ein Gebot erteilt, also eine Handlungspflicht auferlegt. Dem Kläger mag daher ein Anspruch auf Erfüllung, nämlich auf Gewährung von Ruhezeiten zustehen, nicht aber auf Unterlassung einer bestimmten Umlaufplanung.
Dem entspricht auch der Klageantrag. Das wird aus der doppelten Verneinung deutlich, die der Kläger verwendet: Der Beklagten soll ein Handeln untersagt werden, welches dazu führt, daß ihm keine 10 Stunden Ruhezeit zur Verfügung stehen. Mit anderen Worten, die Beklagte soll ihm die 10 Stunden Ruhezeit gewähren.
IV. Gleichwohl ist die Klage nicht ohne weitere Sachprüfung abzuweisen. Über den im Klageantrag mitenthaltenen Feststellungsantrag, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm innerhalb einer 24Stunden-Periode eine Mindestruhezeit von 10 Stunden zu gewähren und daß er während dieser Zeit auch nicht an seinen dienstlichen Wohnsitz befördert werden darf, kann entschieden werden. § 308 ZPO wird hierdurch nicht verletzt.
1. Dieser Feststellungsantrag begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse besteht auch dann, wenn ein Teil eines bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien streitig ist und die gerichtliche Klärung geeignet, diesen Streit zu klären (BAG Urteil vom 12. Februar 1992 - 5 AZR 566/90 - BAGE 69, 317 = AP Nr. 20 zu § 15 BAT; BAG Urteil vom 23. Juni 1992 - 1 AZR 57/92 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Arbeitszeit).
Die Beklagte hält sich für berechtigt, den Kläger nach Beendigung seiner Flugdienstzeit noch an den dienstlichen Wohnsitz zu befördern. § 9 Abs. 1 Satz 4 2. DV LuftBO lasse es zu, daß der Beginn der Ruhezeit planmäßig verschoben werde. Das Feststellungsinteresse des Klägers entfällt nicht wegen der Möglichkeit einer Leistungsklage. Eine auf Erfüllung gerichtete Klage wäre unzulässig, weil hier die Lage der Ruhezeit nicht hinreichend bestimmt würde.
2. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist berechtigt, den Kläger nach Beendigung eines Flugdienstes noch an seinen dienstlichen Wohnsitz zu befördern, auch wenn dadurch die 24-Stunden-Periode überschritten wird.
a) Ausgehend von § 20 ArbZG über die Geltung der Arbeitszeitvorschriften der 2. DV LuftBO für Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen hat das Landesarbeitsgericht § 9 Abs. 1 Satz 1 2. DV LuftBO als verletzt angesehen. Die 24-Stunden-Periode sei einzuhalten, wenn die Flugdienstzeit bis zu 14 Stunden betrage. Die nach § 9 Abs. 1 Satz 4 der 2. DV LuftBO ohne Anrechnung auf die Ruhezeit zulässige Beförderung des Besatzungsmitglieds an den dienstlichen Wohnsitz beziehe sich ausschließlich auf die in Abs. 1 Satz 3 genannten Fälle einer Flugdienstzeit von mehr als 14 Stunden. Die Beförderungszeit zum dienstlichen Wohnsitz sei keine Ruhezeit, die planmäßig verschoben werden dürfe.
b) Diesen Ausführungen stimmt der Senat nur in den Ausgangsüberlegungen, nicht im Ergebnis zu.
aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den geltend gemachten Anspruch nach den Bestimmungen der 2. DV LuftBO beurteilt. Die Anwendbarkeit der Verordnung ergibt sich aus § 20 ArbZG, wonach für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Besatzungsmitgliedern von Luftfahrzeugen anstelle der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes über Arbeits- und Ruhezeiten die Vorschriften über Flug-, Flugdienst- und Ruhezeit gelten. Die zum 1. Juli 1994 in Kraft getretene gesetzliche Regelung schließt die noch auf der Grundlage der Arbeitszeitordnung vom Bundesarbeitsgericht (Beschluß vom 4. Mai 1993 - 1 ABR 57/92 - BAGE 73, 118 = AP Nr. 1 zu § 105 a GEWO) vertretene Auffassung aus, die 2. DV LuftBO bezwecke ausschließlich die Sicherheit des Flugverkehrs und enthalte keine arbeitsschutzrechtliche Zielrichtung.
Die Revision übersieht, daß der Arbeitgeber die öffentlichrechtlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht nur gegenüber der Aufsichtsbehörde einhalten muß. Die Arbeitnehmer können ihre Beachtung auch arbeitsvertraglich verlangen. Sie erwerben einen dem öffentlichen Recht entsprechenden Anspruch auf Einhaltung des Arbeitsschutzes. Die Geltung der 2. DV LuftBO folgt außerdem aus § 3 Nr. 7 MTV Nr. 3. Auch die Beklagte behauptet nicht, sie sei aufgrund des Tarifvertrags berechtigt, von den Ruhezeitvorschriften der Verordnung zu Lasten des Klägers abzuweichen.
bb) Der Kommandantenentscheid nach § 10 der 2. DV LuftBO und die Verantwortlichkeit des Klägers als Flugzeugführer nach § 3 Luftverkehrs-Ordnung befreien die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht von ihren Pflichten als Arbeitgeber. Aufgrund ihres Weisungsrechts ist sie berechtigt, die Einsätze des Klägers zu planen und festzulegen. Hiervon macht sie nur dann zulässig Gebrauch, wenn sie von vornherein die zwingenden Vorschriften über einzuhaltende Ruhezeiten berücksichtigt.
cc) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verstößt die Beklagte mit der vom Kläger beanstandeten Umlaufplanung nicht gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 2. DV LuftBO. Die nach § 9 Abs. 1 Satz 4 2. DV LuftBO zulässige Beförderung zum dienstlichen Wohnsitz ist nicht nur bei einer Flugdienstzeit von mehr als 14 Stunden rechtens. Sie betrifft vielmehr auch Flugdienstzeiten bis zu 14 Stunden.
(1) Dem Wortlaut läßt sich eine nur begrenzte Anwendung der Ausnahmevorschrift nicht entnehmen. Inhalt der Bestimmung ist, daß die Beförderung des Besatzungsmitglieds vom Einsatzort an seinen dienstlichen Wohnsitz ohne Anrechnung auf die Ruhezeit zulässig ist. Mit der Formulierung "ohne Anrechnung auf die Ruhezeit" wird sichergestellt, daß dem Besatzungsmitglied die ihm je nach Dauer der Flugdienstzeit zustehende Ruhezeit von 10 bis 14 Stunden in vollem Umfang verbleibt.
(2) Die Satzfolge in § 9 Abs. 1 2. DV LuftBO rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar bauen Satz 1 und Satz 2 aufeinander auf. Denn in Satz 2 wird bestimmt, wann die in Satz 1 vorgeschriebene Zeitspanne von 24 Stunden beginnt, innerhalb derer eine Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren ist. Eine derartige Abhängigkeit besteht zwischen den Sätzen 3 und 4 jedoch nicht. Satz 3 durchbricht die "10 in 24" Regel, auch wenn das nicht ausdrücklich angesprochen wird. Mit ihm wird berücksichtigt, daß die Zeitspanne von 24 Stunden zwangsläufig dann nicht eingehalten werden kann, wenn bereits die Flugdienstzeit mehr als 14 Stunden beträgt. In diesem Fall muß sich die Ruhezeit unmittelbar an die Beendigung der Flugdienstzeit anschließen. Die Verpflichtung zu einer sich "unmittelbar" anschließenden Ruhezeit schließt nach der Systematik der Verordnung auch eine Beförderung an den dienstlichen Wohnsitz aus. Diese wird erst durch Satz 4 ermöglicht. Damit wird die Regelung in Satz 4 jedoch nicht auf die Fälle des Satzes 3 beschränkt. Daß sie vielmehr auch den "Normalfall" der Flugdienstzeit von bis zu 14 Stunden betrifft, ergibt sich umgekehrt gerade aus ihrem Ausnahmecharakter. Wenn die Rückbeförderung des Besatzungsmitglieds sogar dann zulässig ist, wenn es mehr als 14 Stunden Flugdienstzeit hinter sich gebracht hat, ist die Beförderung zum dienstlichen Wohnsitz auch bei einer kürzeren Flugdienstzeit zulässig.
(3) Der Revision ist außerdem auch zuzustimmen, wenn sie den Schutzzweck der Vorschriften über die Ruhezeiten betont. Die über die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes hinausgehenden Beschränkungen der Arbeitszeit in der Luftfahrt dienen der Sicherheit des Luftverkehrs. Sie gehen deshalb den arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen vor. Daraus ergibt sich andererseits, daß die Vorschriften der 2. DV LuftBO auch unter dem Gesichtspunkt der Flugsicherheit auszulegen sind. Die Flugsicherheit ist durch die Praxis der Beklagten, die auch von der bei ihr gebildeten Personalvertretung gebilligt wird, hinreichend gewährleistet. Dem Besatzungsmitglied ist die Ruhezeit im Anschluß an die Beförderungszeit ungeschmälert zur Verfügung zu stellen.
(4) Die Erwägungen des Klägers rechtfertigen kein anders Ergebnis.
a) Entgegen seiner Auffassung wird er durch § 9 2. DV LuftBO nicht gegenüber der Aufsichtsbehörde verpflichtet, seine Arbeit innerhalb der 24-Stunden-Periode so rechtzeitig zu beenden, daß er eine Ruhezeit von mindestens zehn Stunden in Anspruch nehmen kann. Adressat der Arbeitszeitvorschriften ist vielmehr nach § 1 der 2. DV LuftBO das Luftfahrtunternehmen. Seine weiteren Befugnisse ergeben sich aus seiner Stellung als Flugkapitän.
b) Eine über die Regelungen der 2. DV LuftBO hinausgehende generelle Verpflichtung der Beklagten zur strikten Einhaltung der "10 in 24" Stunden Regel ergibt sich auch nicht aus § 315 BGB. Zwar darf der Arbeitgeber das ihm zustehende Direktionsrecht nur nach billigem Ermessen ausüben. Ob die Grundsätze der Billigkeit beachtet worden sind, bestimmt sich aber nach den jeweiligen Umständen der Einzelweisung und kann deshalb nicht - wie vom Kläger gewünscht - generell beantwortet werden. Der Kläger beachtet zudem nicht, daß die von ihm hervorgehobene Flugsicherheit nicht nur durch die Lage und Dauer von Ruhezeiten nach § 9 2. DV LuftBO gewährleistet wird, sondern - beispielhaft - auch durch die Begrenzung der höchstzulässigen Flugstunden im Jahr oder durch die Verlängerung von Ruhezeiten auf 36 Stunden.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 441761 |
BB 1998, 1956 |
DB 1998, 2376 |
DB 1998, 2536 |
FA 1998, 292 |
FA 1998, 296 |
NZA 1999, 107 |
RdA 1998, 379 |
ZTR 1998, 518 |
AP, 0 |
PersR 1998, 441 |
ZLW 1999, 481 |