Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachteilsausgleich bei Betriebsänderung. Nachteilsausgleich. Versuch eines Interessenausgleichs. grundlegende Änderung der Betriebsorganisation. Betriebsverfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
- Die Wahrung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Interessenausgleichs.
- Wenn zwischen den Betriebsparteien kein wirksamer Interessenausgleich zu Stande kommt, muss der Arbeitgeber vor der tatsächlichen Durchführung der Betriebsänderung alle Möglichkeiten einer Einigung ausschöpfen und erforderlichenfalls die Einigungsstelle anrufen. Hiervon können ihn formlose Mitteilungen des Betriebsratsvorsitzenden nicht entbinden. Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nach, schuldet er den Arbeitnehmern, die infolge der Betriebsänderung entlassen werden, nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG einen Nachteilsausgleich.
Orientierungssatz
- Ein wirksamer Interessenausgleich setzt nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die schriftliche Niederlegung und die Unterzeichnung durch die Betriebsparteien voraus.
- Der Arbeitgeber muss vor der Durchführung einer Betriebsänderung alle Möglichkeiten zur Herbeiführung eines wirksamen Interessenausgleichs ausschöpfen. Mit formlosen Mitteilungen des Betriebsratsvorsitzenden, der Betriebsänderung werde zugestimmt oder ein Interessenausgleich sei überflüssig, darf er sich nicht begnügen. Falls der Betriebsrat die Zustimmung zur Betriebsänderung beschlossen hat, kann und muss der Arbeitgeber im eigenen Interesse die schriftliche Niederlegung verlangen. Erforderlichenfalls muss er die Einigungsstelle anrufen.
- Ausnahmen von der Verpflichtung des Arbeitgebers, notfalls die Einigungsstelle anzurufen, kommen in Betracht, wenn der Betriebsrat seine Tätigkeit gänzlich eingestellt hat oder der Betriebsratsvorsitzende trotz eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses über die Zustimmung zur Betriebsänderung dem Verlangen des Arbeitgebers nach schriftlicher Niederlegung nicht nachkommt.
Normenkette
BetrVG § 111 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 112 Abs. 1 S. 1, § 113 Abs. 3, 1; BGB § 288 Abs. 1, § 291 S. 1; ZPO § 717 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG.
Der 1964 geborene, verheiratete Kläger war bei der Beklagten vom 1. April 1996 bis zum 31. Dezember 2002 zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 9.291,75 Euro als Regionalleiter für die Region Nordwest tätig. Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen mit ca. 250 Beschäftigten, von denen rund 100 im Außendienst eingesetzt sind. Bis 2002 bestand ihre Vertriebsstruktur aus vier Hierarchieebenen. An der Spitze stand ein Marketing- und Vertriebsleiter. Ihm war der Außendienstleiter unterstellt, der wiederum acht Regionalleiter führte. Den Regionalleitern waren jeweils zwischen 10 und 18 Außendienstmitarbeiter zugeordnet.
Mitte des Jahres 2002 beschloss die Beklagte die Einführung einer neuen Organisationsstruktur. Die Ebene der Regionalleiter sollte vollständig entfallen und die fachliche Führung der Außendienstmitarbeiter direkt durch den Außendienstleiter erfolgen. Den bisherigen Regionalleitern sollten Änderungskündigungen ausgesprochen und eine Tätigkeit als Pharmareferent angeboten werden. In einem Gespräch am 7. August 2002 stellte die Beklagte das neue Konzept der Vorsitzenden des Betriebsrats vor und fragte diese, ob sie Verhandlungen über einen Interessenausgleich/Sozialplan für erforderlich halte. Die Betriebsratsvorsitzende erklärte, dass sie hierfür keine Notwendigkeit sehe. Am 26. August 2002 präsentierte die Beklagte das neue Konzept den Regionalleitern und übergab ihnen die Stellenausschreibung für die Tätigkeit als Pharmareferent. Diese sah ein monatliches Bruttogehalt von 4.000,00 Euro, eine Prämienregelung sowie die Gestellung eines Firmen-Pkw vor. Der Kläger bewarb sich auf keine der ausgeschriebenen Stellen. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24. September 2002 zum 31. Dezember 2002 und bot ihm zugleich die Weiterbeschäftigung als Pharmareferent an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung eines Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG durchgeführt, ohne zuvor mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nachteilsausgleich in Höhe von 32.556,49 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Wege der Widerklage hat sie ferner beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an sie 28.252,78 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, einen Interessenausgleich hinreichend versucht zu haben. Da sie dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich/Sozialplan angeboten, dessen Vorsitzende hierfür jedoch keine Notwendigkeit gesehen habe, sei sie zu keinen weiteren Anstrengungen verpflichtet gewesen. Außerdem habe die Betriebsratsvorsitzende am 20. September 2002 telefonisch mitgeteilt, dass eine Stellungnahme zu den beabsichtigten Änderungskündigungen nicht erfolgen werde, und erklärt, der Betriebsrat wolle an der Maßnahme insgesamt nicht mitwirken. Mit der zweitinstanzlich erhobenen Widerklage erstrebt die Beklagte die Rückzahlung der an den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil geleisteten Zahlungen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 27.875,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2003 verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung und verfolgt die Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
A. Die Vorinstanzen haben der Klage im zuerkannten Umfang zu Recht entsprochen. Der Kläger hat nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG einen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Er ist auf Grund einer Betriebsänderung entlassen worden, ohne dass hierüber ein Interessenausgleich geschlossen oder von der Beklagten hinreichend versucht worden wäre.
I. Die Beklagte hat eine Betriebsänderung iSv. § 113 Abs. 3, § 111 Satz 1 BetrVG durchgeführt. Die Einführung der neuen Organisationsstruktur war eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG.
1. Eine Änderung der Betriebsorganisation iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG liegt vor, wenn der Betriebsablauf insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung umgewandelt wird. Grundlegend ist die Änderung, wenn sie sich auf den Betriebsablauf in erheblicher Weise auswirkt; maßgeblich ist dafür der Grad der Veränderung (BAG 18. November 2003 – 1 AZR 637/02 – EzA BetrVG 2001 § 118 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 1b der Gründe mwN).
2. Hiernach hat die Beklagte, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ihre Betriebsorganisation grundlegend geändert. Sie hat mit der Neuorganisation die hierarchische Ebene der Regionalleiter vollständig beseitigt und die Außendienstmitarbeiter unmittelbar dem Außendienstleiter unterstellt. Damit hat sie Zuständigkeiten und Unterstellungsverhältnisse verändert. Diese Änderung war grundlegend. Sie betraf sowohl die Regionalleiter, deren bisherige Beschäftigungsmöglichkeit entfiel, als auch die Außendienstmitarbeiter, die nun nicht mehr dezentrale Ansprechpartner haben, sondern unmittelbar dem Außendienstleiter zugeordnet sind. Die Beklagte hat die Würdigung des Landesarbeitsgerichts im Revisionsverfahren insoweit auch ausdrücklich nicht mehr gerügt.
II. Die Beklagte hat einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat weder geschlossen noch hinreichend versucht.
1. Ein wirksamer Interessenausgleich iSv. § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wurde zwischen den Betriebsparteien nicht vereinbart.
a) Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. Das Schriftformerfordernis dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BAG 9. Juli 1985 – 1 AZR 323/83 – BAGE 49, 160, 166 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 13, zu I 3 der Gründe). Es hat seinen Grund in der Bedeutung, die der Interessenausgleich nicht nur für Unternehmer und Betriebsrat hat. Vor allem die betroffenen Arbeitnehmer müssen wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen die geplante Betriebsänderung durchgeführt wird. Nur so erhalten sie eine verlässliche Auskunft darüber, mit welchen Nachteilen sie rechnen müssen. Nur so können sie prüfen, ob ein Interessenausgleich zustande gekommen ist und ob sich der Arbeitgeber an ihn hält (vgl. BAG 9. Juli 1985, aaO, zu I 3 der Gründe). Die Wahrung der Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Das mündliche Einverständnis des Betriebsrats mit der geplanten Maßnahme reicht nicht aus (BAG 9. Juli 1985, aaO, zu I 3 der Gründe; 20. April 1994 – 10 AZR 186/93 – BAGE 76, 255, 260 f. = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 27 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 22, zu II 2 der Gründe).
b) Hiernach ist ein wirksamer Interessenausgleich zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat nicht zustande gekommen. Eine schriftliche Vereinbarung über die geplante Betriebsänderung wurde nicht geschlossen. Ein etwa von der Betriebsratsvorsitzenden der Beklagten mündlich vermitteltes Einverständnis des Betriebsrats genügt nicht. Auch wenn der Betriebsrat mit der Betriebsänderung einverstanden gewesen sein und einen entsprechenden Beschluss gefasst haben sollte, hätten die Betriebsparteien die Einigung schriftlich niederlegen und beide unterschreiben müssen.
2. Die Beklagte hat nicht in ausreichendem Maße versucht, zu einem Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu kommen.
a) Wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kein wirksamer Interessenausgleich zustande kommt, muss der Arbeitgeber vor der tatsächlichen Durchführung der Betriebsänderung alle Möglichkeiten einer Einigung über den Interessenausgleich ausschöpfen (vgl. BAG 18. Dezember 1984 – 1 AZR 176/82 – BAGE 47, 329, 333 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 12, zu I 2b der Gründe; 9. Juli 1985 – 1 AZR 323/83 – BAGE 49, 160, 167 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 13, zu I 4 der Gründe; 20. November 2001 – 1 AZR 97/01 – BAGE 99, 377, 380 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 39, zu I 1d der Gründe). Ihn trifft dabei die Obliegenheit, erforderlichenfalls auch die Einigungsstelle anzurufen (BAG 18. Dezember 1984, aaO, zu I 2b der Gründe; 20. April 1994 – 10 AZR 186/93 – BAGE 76, 255, 260 f. = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 27 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 22, zu II 2a der Gründe; 20. November 2001, aaO, zu I 1d der Gründe). Dies gilt auch in Fällen, in denen der Betriebsrat mit der Maßnahme einverstanden ist, es für einen wirksamen Interessenausgleich jedoch an der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform fehlt (BAG 9. Juli 1985, aaO, zu I 4 der Gründe). Nur das weitere Verfahren vor der Einigungsstelle kann zu der notwendigen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit führen, auf welche die Beteiligten und die betroffenen Arbeitnehmer angewiesen sind.
Vom Arbeitgeber wird damit nichts Unzumutbares verlangt. Sofern eine Einigung mit dem Betriebsrat erfolgt ist, hat der Betriebsratsvorsitzende keinen Grund, das Verlangen des Arbeitgebers nach einer gemeinsamen schriftlichen Niederlegung abzulehnen. Tut er dies gleichwohl, kann die Ursache gerade darin liegen, dass ein entsprechender ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss noch fehlt. Sollte sich aber tatsächlich einmal ein Betriebsratsvorsitzender pflichtwidrig weigern, trotz eines Betriebsratsbeschlusses über die Zustimmung zur geplanten Betriebsänderung dem Verlangen des Arbeitgebers nach schriftlicher Niederlegung nachzukommen, mag ausnahmsweise der Weg zur Einigungsstelle entbehrlich sein. Diesen Ausnahmefall darzutun und erforderlichenfalls zu beweisen, ist freilich Sache dessen, der sich auf ihn beruft.
Mit formlosen Mitteilungen des Betriebsratsvorsitzenden, der Betriebsrat halte die Maßnahme nicht für mitbestimmungspflichtig, wolle sich an ihr nicht beteiligen, habe gegen sie keine Einwendungen oder stimme ihr zu, darf sich daher der Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse nicht begnügen. Der Betriebsrat ist verpflichtet, sich auf Verhandlungen mit dem Arbeitgeber einzulassen und sie ebenso wie dieser mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu führen (vgl. Fitting §§ 112, 112a Rn. 26). Diese gemeinsame Verpflichtung von Arbeitgeber und Betriebsrat besteht im Interesse der von der geplanten Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat kann deshalb auf seine gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an der Entscheidung über das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung auch nicht etwa wirksam verzichten. Ebenso wenig wird der Arbeitgeber durch das Desinteresse des Betriebsrats an einem Interessenausgleich von seiner Verpflichtung zu dessen Versuch befreit.
Zu Unrecht hat sich die Beklagte für ihre gegenteilige Auffassung auf das Senatsurteil vom 6. August 1991 (– 1 AZR 642/90 –) berufen. In dieser Entscheidung hat der Senat zwar eine Ausnahme von der Verpflichtung, die Einigungsstelle anzurufen, dann erkannt, wenn sich der Betriebsrat generell weigert, Betriebsratsaufgaben noch wahrzunehmen. Die Entscheidung betraf jedoch einen Fall, in dem der Betriebsrat seine Tätigkeit gänzlich eingestellt hatte und es an jeglicher Bereitschaft fehlte, überhaupt noch von seinen Rechten als Betriebsrat Gebrauch zu machen und entsprechende Pflichten zu erfüllen. Er ist nicht vergleichbar mit Fallgestaltungen, in denen ein Betriebsrat im Übrigen seine Aufgaben durchaus wahrnimmt, aber – aus welchen Gründen auch immer – meint, sich an einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Betriebsänderung nicht beteiligen zu sollen.
b) Hiernach hat die Beklagte keinen hinreichenden Versuch eines Interessenausgleichs unternommen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, war hierfür das Gespräch zwischen der Beklagten und der Betriebsratsvorsitzenden am 7. August 2002 nicht ausreichend. Die mündliche Mitteilung der Betriebsratsvorsitzenden, sie halte einen Interessenausgleich nicht für notwendig, entband die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung, einen schriftlichen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu versuchen. Dies gilt umso mehr, als der Beklagten klar sein musste, dass die Betriebsratsvorsitzende in diesem Gespräch keine Erklärung für den Betriebsrat abgab, sondern lediglich ihre persönliche Auffassung mitteilte.
Auch die nach der Behauptung der Beklagten von der Betriebsratsvorsitzenden am 20. September 2002 abgegebene Erklärung, eine Stellungnahme zu den Kündigungen werde nicht erfolgen, der Betriebsrat wolle an der Maßnahme insgesamt nicht mitwirken, entband die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung zum Versuch eines Interessenausgleichs. Es kommt dabei nicht darauf an, ob mit dieser Äußerung der Betriebsratsvorsitzenden das Desinteresse des Betriebsrats an seiner Beteiligung, eine Distanzierung von der Betriebsänderung, das Einverständnis mit dieser oder die – fehlerhafte – rechtliche Beurteilung zum Ausdruck gebracht werden sollte, die Maßnahme sei nicht mitbestimmungspflichtig. Selbst wenn der Betriebsrat der Betriebsänderung zugestimmt haben sollte, hätte die Einigung schriftlich niedergelegt und von der Beklagten und der Betriebsratsvorsitzenden unterschrieben werden müssen. Dass die Beklagte die Betriebsratsvorsitzende hierzu aufgefordert und diese das Verlangen entgegen einem entsprechenden Betriebsratsbeschluss pflichtwidrig abgelehnt hätte, behauptet auch die Beklagte nicht.
III. Der Kläger ist auf Grund der Betriebsänderung entlassen worden.
IV. Die Höhe des vom Arbeitsgericht dem Kläger zugesprochenen Nachteilsausgleichs begegnet nach § 113 Abs. 1 Halbsatz 2 BetrVG iVm. § 10 KSchG keinen Bedenken. Die Beklagte hat insoweit Einwendungen auch nicht erhoben.
V. Der vom Arbeitsgericht dem Kläger zuerkannte Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2003 folgt aus § 291 Satz 1 Halbsatz 2, § 288 Abs. 1 BGB.
B. Der auf § 717 Abs. 2 ZPO gestützte Widerklageantrag, mit dem die Beklagte die Rückzahlung des erstinstanzlich zuerkannten und zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bezahlten Klagebetrags begehrt, ist, wie die gebotene Auslegung ergibt, nur für den Fall der Abweisung der Klage gestellt und daher gegenstandslos.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Wißmann, Kreft, Linsenmaier, Federlin, Olaf Kunz
Fundstellen
Haufe-Index 1285386 |
BAGE 2006, 260 |
BB 2005, 559 |
DB 2005, 115 |
DStR 2005, 387 |
EBE/BAG 2005, 1 |
EBE/BAG 2005, 19 |
EWiR 2005, 453 |
FA 2005, 80 |
FA 2005, 89 |
NZA 2005, 237 |
SAE 2005, 254 |
ZIP 2005, 272 |
AP, 0 |
AuA 2005, 246 |
EzA-SD 2005, 12 |
EzA |
MDR 2005, 580 |
ZInsO 2005, 167 |
AUR 2005, 78 |
ArbRB 2005, 34 |
ArbRB 2005, 76 |
BAGReport 2005, 122 |