Leitsatz (amtlich)
1. Aus dem Umfang der Dienstleistungen allein läßt sich grundsätzlich nicht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses herleiten.
2. Ob wirtschaftliche Unselbständigkeit im Sinne des § 2 BUrlG und damit ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliegt, ist allein nach dem Beschäftigungsverhältnis, aus dem der Urlaubsanspruch hergeleitet wird, zu beurteilen. Nicht entscheidend kommt es hierbei auf die Gesamttätigkeit des Dienstleistenden an.
Normenkette
BUrlG § 2; BGB § 611
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 03.05.1972; Aktenzeichen 2 Sa 304/72) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in Köln vom 13. September 1972 – 2 Sa 304/72 – aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 3. Mai 1972 – 7 Ca 6347/71 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist seit mehreren Jahren ständig bei dem Beklagten als Nachrichtensprecher und Ansager tätig. Er wird nach dem bei dem Beklagten bestehenden Sendeplan an durchschnittlich fünf Tagen in der Woche eingesetzt. Außerdem wird er nach Bedarf von Fall zu Fall als Sprecher bei Hörspielen, Features, Kommentaren u.a. verwendet.
Außer bei dem Beklagten ist der Kläger beim Zweiten Deutschen Fernsehen als Sprecher bei Filmsendungen tätig. In der Zeit von August 1970 bis Juli 1971 war er bei dem Beklagten an 290 Tagen tätig und erzielte in dieser Zeit einen Verdienst von 34.527,– DM. Beim Zweiten Deutschen Fernsehen verdiente er in dieser Zeit 17.208,50 DM.
Unter dem 1. August 1971 beantragte der Kläger Urlaub für die Zeit vom 22. August bis 8. September 1971 und bat um entsprechende Zahlung des Urlaubsentgelts. Der Beklagte beschied den Kläger mit Schreiben vom 24. August 1971 wie folgt:
„Leider können wir Ihnen das beantragte Urlaubsentgelt nicht zahlen. Sie sind vom WDR nicht wirtschaftlich abhängig, weil Ihnen ausreichend Gelegenheit bleibt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden und Sie diese Tätigkeit auch tatsächlich nutzen. Nach Ihren eigenen Angaben haben Sie in den letzten 12 Monaten ein monatliches Durchschnittseinkommen von DM 1.400,– bei anderen Auftraggebern erzielt.
Sie sind daher keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 des Bundesurlaubsgesetzes.”
Mit der am 24. Dezember 1971 erhobenen Klage begehrt der Kläger, die in der Zeit vom 22. August bis 8. September 1971 genommene Freizeit als zu bezahlenden Urlaub für das Jahr 1971 anzuerkennen. Er stützt sein Verlangen darauf, daß er als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 BUrlG anzusehen sei. Die Tätigkeit bei dem Beklagten bilde seine hauptsächliche Existenzgrundlage.
Der Kläger hat demgemäß beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die oben genannte Freizeit als zu bezahlenden Urlaub für 1971 anzuerkennen. Hilfsweise hat er beantragt, ihm einen bezahlten Urlaub von 15 Werktagen zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Seiner Auffassung nach ist der Kläger nicht als arbeitnehmerähnliche Person im gesetzlichen Sinne anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten gemäß dem Hauptantrag verurteilt.
Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat den erstrebten Erfolg.
1. Das Landesarbeitsgericht hat das Urlaubsbegehren des Klägers zu Unrecht allein unter dem rechtlichen Gesichtspunkt geprüft, ob er arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 BUrlG sei. Allerdings hat der Kläger – ausdrücklich nochmals in der Revisionsinstanz – erklärt, er wünsche nicht die Prüfung der Klageforderung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Diese Beschränkung kann jedoch entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Richter nicht binden. Denn Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Frage, ob der Kläger im Verhältnis zum Beklagten entweder Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person sei, sondern ob er aus dem bestehenden Verhältnis gegen den Beklagten einen gesetzlichen Urlaubsanspruch gemäß den §§ 1 bis 3 BUrlG habe. Der Richter ist verpflichtet, das Bestehen eines solchen Anspruchs unter allen in Frage kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Er kann, je nach den Erklärungen der rechtsuchenden Partei, nicht auf die Prüfung unter einzelnen rechtlichen Gesichtspunkten beschränkt werden. Da die genannten Gesetzesvorschriften auch arbeitnehmerähnliche Personen als Arbeitnehmer mit zwingendem gesetzlichem Urlaubsanspruch behandeln (§ 2 Satz 2 BUrlG), muß die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhalts notwendigerweise beide mögliche Anspruchsgrundlagen ins Auge fassen. Für die rechtliche Würdigung aus arbeitsrechtlicher Sicht gilt dies um so mehr, als weder die rechtliche Ansicht noch die Absprache der beteiligten Parteien allein darüber entscheidet, ob jemand Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person ist. Auch entgegen einer ausdrücklichen Abrede der Parteien kann angesichts der tatsächlichen Durchführung des vertraglichen Verhältnisses das Bestehen eines echten Arbeitsverhältnisses anstelle eines freien Dienstvertrages angenommen werden (vgl. Urteil des Senats BAG 19, 324 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
Die demnach gebotene allseitige rechtliche Prüfung des Sachverhalts ergibt hier, daß der Klageanspruch nicht auf Grund eines zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist. Dies kann bereits in der Revisionsinstanz abschließend festgestellt werden. Es ist nicht erforderlich, die vom Landesarbeitsgericht unterlassene rechtliche Würdigung zunächst in der Tatsacheninstanz vornehmen zu lassen. Denn der Kläger hat – offenbar in Einklang mit seinem Wunsch nach beschränkter rechtlicher Würdigung des Klagebegehrens – auch sein tatsächliches Vorbringen von vornherein entsprechend beschränkt. Über die Art und Weise, wie das beiderseitige Verhältnis praktiziert wird, hat er Näheres nicht vorgetragen; dies muß nach zivilprozessualen Grundsätzen hingenommen werden. Es ist daher nicht näher bekannt, in welchem Umfang der Kläger bei seinen Dienstleistungen örtlich und zeitlich gebunden und dabei Weisungen von Seiten des Beklagten unterliegt. Damit läßt sich eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers, nämlich seine persönliche Abhängigkeit vom Dienstempfänger, nicht hinreichend feststellen.
Der rechtlich uneingeschränkt nachprüfbare unstreitige Sachverhalt ergibt hierfür keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der Kläger ist danach zwar in erheblichem Umfang für den Beklagten – allein im Zeitraum von August 1970 bis Juli 1971 an 290 Tagen – tätig, wenn auch die zeitliche Beanspruchung je Tag häufig gering sein mag. Dies spricht jedoch allenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch mit dem gebotenen Grad an Gewißheit dafür, daß der Kläger die Dienste in persönlicher Abhängigkeit vom Beklagten verrichtet. Denn jedenfalls im Grundsatz läßt sich aus dem Umfang von Dienstleistungen allein nicht das Bestehen eines echten Arbeitsverhältnisses herleiten. Auch Dienste erheblichen Ausmaßes können, wie die Lebenserfahrung zeigt, in freier Selbstbestimmung und unabhängig von Einzel- oder Pauschalanweisungen des Dienstempfängers verrichtet werden. Insbesondere für den Streitfall läßt sich nicht mit Sicherheit ausschließen, daß der Zeitpunkt jedes einzelnen Auftretens des Klägers mit Rücksicht auf seine Verpflichtungen durch Vereinbarung festgelegt wird.
Es besteht kein Anlaß, den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung in dem hier erörterten Punkt an die Vorinstanzen zurückzuverweisen. Denn der Kläger hatte bereits in zwei Vorinstanzen die von ihm nicht genutzte Möglichkeit, das tatsächliche Vorbringen zu ergänzen. Nicht ohne Grund könnte daher das Landesarbeitsgericht im Falle der Zurückverweisung der Sache etwaiges neues Vorbringen als verspätet ablehnen.
2. Nach dem vorliegenden Sachverhalt läßt sich auch die rechtliche Annahme des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger stehe als arbeitnehmerähnliche Person der begehrte Urlaubsanspruch zu, nicht aufrecht erhalten.
In allgemeiner Hinsicht hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff der arbeitnehmerähnlichen Person zwar zutreffend bestimmt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sieht das Landesarbeitsgericht das wesentliche Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit in der wirtschaftlichen Unselbständigkeit und Abhängigkeit von der Person, in deren Auftrag Dienste geleistet werden. Mit dem erkennenden Senat fordert das Landesarbeitsgericht weiterhin zu Recht, der wirtschaftlich Abhängige müsse auch seiner gesamten sozialen Stellung nach unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung schutzbedürftig sein (vgl. BAG 14, 17 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
Rechtlich nicht zutreffend hat das Landesarbeitsgericht jedoch den allgemeinen Begriff der wirtschaftlichen Unselbständigkeit bestimmt. Seiner Auffassung nach bedeutet wirtschaftliche Unselbständigkeit nicht wirtschaftliche Abhängigkeit von nur einem Auftraggeber. Maßgebend sei vielmehr, so führt das Landesarbeitsgericht im einzelnen aus, das Gesamtbild. Sei jemand wirtschaftlich von mehreren Auftraggebern abhängig, so kann die Arbeitnehmerähnlichkeit nicht deshalb verneint werden, weil schon die Tätigkeit bei einem Auftraggeber ein „auskömmliches” Einkommen sichere. Arbeitnehmerähnlich sei, wer von seiner Gesamttätigkeit her als wirtschaftlich unselbständig anzusehen sei. Von der Grundlage dieser begrifflichen Bestimmung aus bezweifelt es das Landesarbeitsgericht, ob die Möglichkeit, mittels anderer Einkünfte „auskömmlich” leben zu können, als Abgrenzungskriterium für den Tatbestand der wirtschaftlichen Unselbständigkeit geeignet sei. Es sieht in der wirtschaftlichen Abhängigkeit keinen „absoluten” Begriff, sondern nur einen „relativen” insofern, als schon ein beträchtlicher Verlust von Einkommensquellen wirtschaftlich unselbständig machen könne; das muß nach seiner Ansicht jedenfalls dann gelten, wenn die mehreren Einkommensquellen unmittelbar auf Diensten für andere beruhten.
Auf den vorliegenden Streitfall wendet das Landesarbeitsgericht die vorstehenden Grundsätze wie folgt an: In seiner Gesamttätigkeit stehe der Kläger wirtschaftlich nicht anders da als ein Arbeitnehmer, der seine Existenz durch Tätigkeit bei mehreren Arbeitgebern sichere. Nur im Hinblick auf die persönliche Abhängigkeit bestehe ein rechtsunerheblicher Unterschied. Ein Gesamteinkommen von über 50.000,– DM sei auch bei Arbeitnehmern anzutreffen. Als rechtlich unerheblich bezeichnet es das Landesarbeitsgericht dabei, daß der Kläger im Verhältnis zu festangestellten Sprechern einen „nicht unerheblich höheren Verdienst” habe; dem stehe seine geringere soziale Sicherheit gegenüber.
Die vorstehende Bestimmung des Begriffs der wirtschaftlichen Abhängigkeit und damit der Arbeitnehmerähnlichkeit ist rechtlich nicht haltbar. Es ist nicht zulässig, den Tatbestand der Arbeitnehmerähnlichkeit an eine nach der Gesamttätigkeit sich bestimmende wirtschaftliche Abhängigkeit zu knüpfen. Dies steht im Widerspruch zu der gesamten bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und ist mit den vorliegenden gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar. Wenn insbesondere die §§ 1, 2 BUrlG den Mindesturlaubsanspruch auch der arbeitnehmerähnlichen Person „wegen deren wirtschaftlicher Unselbständigkeit” zusprechen, so wird eine Regelung für ein zwischen bestimmten Personen bestehendes Beschäftigungsverhältnis getroffen. Sie entspricht der zwingenden Einführung des Urlaubsanspruchs in das gleichfalls zwischen bestimmten Personen bestehende Arbeitsverhältnis. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist allein aus den Beziehungen dieser Personen zueinander zu ermitteln, nicht aber etwa nach der „Gesamttätigkeit” oder dem „Gesamtbild” der beschäftigten Person; ein Arbeitsverhältnis liegt also nur bei persönlicher Abhängigkeit gerade von dem jeweiligen Arbeitgeber vor.
Nicht anders kann bei rechtssystematischer Betrachtung die Rechtslage für die Voraussetzungen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses sein. Das Begriffsmerkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit tritt hier an die Stelle des das Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Merkmals der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit. Wirtschaftliche Unselbständigkeit muß dabei im Verhältnis der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses zueinander gegeben sein, nicht nur bei einer allgemeinen Betrachtung der Verhältnisse des Dienstleistenden. Ein Urlaubsanspruch kann somit nur dem als arbeitnehmerähnliche Person zugesprochen werden, der sich gerade gegenüber dem, von dem der Urlaub begehrt wird, in wirtschaftlich abhängiger Stellung befindet.
Wirtschaftlich unselbständig gegenüber einem bestimmten Auftraggeber ist aber im Regelfalle nicht derjenige, der aus meist wirtschaftlich bestimmten Gründen frei darüber entscheiden kann, für welche Auftraggeber und in welchem Umfang er sonst noch tätig sein kann. Wirtschaftliche Abhängigkeit in einem ganz allgemeinen Sinn mag zwar auch in solchen Fällen bestehen; gegenüber den einzelnen Auftraggebern jedoch erscheint sie nur als relative und beschränkte. Damit ist nicht gesagt, daß die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber die wirtschaftliche Unselbständigkeit im Sinne des § 2 BUrlG gegenüber einem oder mehreren von ihnen immer ausschließt. Mit dem Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person ist nicht gänzlich unvereinbar, daß Tätigkeit für mehrere Auftraggeber vorliegt (Dersch-Neumann, Bundesurlaubsgesetz, 4. Auflage, § 2 Anm. 69). Voraussetzung ist dabei jedoch, daß die Beschäftigung für einen der Auftraggeber die wesentliche ist und die hieraus fließende Vergütung die entscheidende Existenzgrundlage darstellt (BAG 19, 324 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts). Alle sonstigen Tätigkeiten müssen daher als solche von wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung erscheinen.
Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß die Annahme eines echten Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Arbeitgeber rechtlich in jedem Falle völlig unabhängig davon ist, ob der Arbeitnehmer – haupt- oder nebenberuflich – arbeitsrechtlich noch an andere Arbeitgeber gebunden ist. Das ist nur die Folge des allgemein anerkannten Begriffs des Arbeitsverhältnisses, bei dem es auf die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Empfänger der Dienste nicht entscheidend ankommt. Im übrigen ist das gleichzeitige Bestehen mehrerer Arbeitsverhältnisse auch nicht sozialtypisch. Die große Masse der auf persönlich abhängige Arbeit angewiesenen Personen bezieht ihren Lebensunterhalt aus einem einzigen Arbeitsverhältnis.
Der Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person im Sinne des § 2 BUrlG unterscheidet sich somit nicht wesentlich von dem entsprechenden Begriff in § 5 ArbGG. Auch dort ist im Grundsatz anerkannt, daß wirtschaftliche Unselbständigkeit nach dem Verhältnis zu dem jeweiligen Auftraggeber zu bestimmen ist und daher z.B. bei Handelsvertretern meist ausscheiden wird, wenn diese für mehrere Auftraggeber tätig sind (Dersch-Neumann, a.a.O., § 2 Anm. 69 mit weiteren Nachweisen). Ob die weitere Einschränkung des Begriffs der arbeitnehmerähnlichen Personen durch § 5 ArbGG und Art. 3 Handelsvertretergesetz vom 6. August 1953 (BGBl. I S. 771) i.V. mit der Verordnung vom 30. Oktober 1967 (BGBl. I S. 998) auch für § 2 BUrlG zu übernehmen wäre, bedarf für den vorliegenden Streitfall keiner Erörterung.
Aus den vorstehend dargelegten Grundsätzen folgt eine dem Landesarbeitsgericht entgegengesetzte Beurteilung der Rechtsstellung des Klägers. Der Kläger ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht als urlaubsberechtigte arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 BUrlG anzusehen. Er hat aus freier Entscheidung die Stellung eines persönlich unabhängigen freien Mitarbeiters beim Beklagten gewählt. Diese Freiheit verschafft ihm die Möglichkeit, insgesamt erheblich mehr zu verdienen als die fest angestellten Sprecher des Beklagten; dies hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich festgestellt und schlägt sich darin nieder, daß der Kläger – offenbar auf Grund seiner freien Stellung – die Möglichkeit hat, einen wesentlichen Teil seiner Einkünfte – nämlich etwa ein Drittel im streitbefangenen Zeitraum – bei einem anderen Auftraggeber zu erzielen. Dabei kommt es letzten Endes nicht einmal entscheidend auf das Zahlenverhältnis im streitbefangenen Zeitraum an; wichtiger ist, daß der Kläger auf Grund seiner unabhängigen Stellung die ständige und von ihm auch genutzte Chance hat, für mehrere Auftraggeber in jeweils wesentlichem Umfang tätig zu werden.
Es widerspricht – entgegen manchen Ansichten in der Literatur, vgl. zuletzt Woltereck in Arbeit und Recht 1973 S. 129 ff. – nicht dem Gebot einer sozialstaatlichen Ordnung, wenn echte freie Mitarbeiter, wie es der Kläger ist, nicht dem arbeitsrechtlichen Schutz unterstehen. Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG gebietet nicht unmittelbar, den Sozialschutz des Arbeitsrechts auf alle jene Personen auszudehnen, die für andere in einer dauernden Beziehung Dienste leisten. Die Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips im Arbeitsrecht ist im einzelnen dem Gesetzgeber anvertraut. Dieser hat jedenfalls in § 2 BUrlG erkennbar freie Mitarbeiter aus dem Schutzbereich des Urlaubsrechts herausgenommen; anders ist nicht zu erklären, daß nur arbeitnehmerähnliche Personen und eben nicht alle, die für andere Dienste leisten, den Arbeitnehmern gleichgestellt worden sind. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist im Grundsatz zu respektieren. Es ist nicht angängig, die gezogene Grenze völlig aufzulösen und damit alle, die für andere in einer auf Dauer angelegten Beziehung Dienste leisten, den Arbeitnehmern gleichzustellen, wie dies mit der Auffassung des Landesarbeitsgerichts praktisch geschehen würde.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war somit aufzuheben. Werden die vorstehenden rechtlichen Grundsätze angewendet, so sind sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag unbegründet, ohne daß es noch auf weitere Erörterungen ankäme. Demgemäß war die Klage sofort in der Revisionsinstanz in vollem Umfang abzuweisen.
Unterschriften
gez. Dr. Schröder, Siara, Bichler, Schumacher, Krebs
Fundstellen
Haufe-Index 1490038 |
BAGE, 248 |
NJW 1973, 1994 |
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