Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann die Beteiligung einer ausländischen Körperschaft an einer inländischen Körperschaft als Betriebsvermögen einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen Körperschaft zuzurechnen ist.
Orientierungssatz
Weitet ein ausländisches Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten seine wirtschaftliche Betätigung im Inland durch die Gründung einer inländischen Kapitalgesellschaft aus, die sich an einer Gesellschaft beteiligt, die ähnliche Geschäfte betreibt wie das ausländische Unternehmen, so folgt hieraus keineswegs ohne weiteres, daß die Beteiligung an der neu gegründeten inländischen Kapitalgesellschaft wirtschaftlich einer bestehenden inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden muß. Um dies annehmen zu können, müßten vielmehr konkrete Feststellungen getroffen werden, wonach die Beteiligung nicht dem Gesamtunternehmen, sondern gerade den inländischen Betriebsstätten (einer inländischen Betriebsstätte) dient (Anschluß an das RFH-Urteil vom 19.12.1935 I A 236/35).
Normenkette
BewG 1974 § 97 Abs. 3, § 121 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Die Klägerin, eine nach dem Recht eines Bundesstaates der USA errichtete Körperschaft, unterhält in verschiedenen Städten der Bundesrepublik Deutschland --Bundesrepublik-- (im Handelsregister eingetragene) Zweigniederlassungen, in denen sie Bankgeschäfte betreibt.
1973 gründete die Klägerin eine GmbH, deren Anteile sie sämtlich nach der Gründung übernahm. Außerdem beteiligte sie sich an dieser GmbH als stille Gesellschafterin. Die GmbH ihrerseits erwarb eine Kommanditbeteiligung an einer inländischen Privatbank, ferner eine Mehrheitsbeteiligung an einer inländischen Teilzahlungsbank.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, daß sowohl die GmbH-Anteile als auch die stille Beteiligung zum inländischen Betriebsvermögen der Klägerin gehörten. Durch geänderte Bescheide erhöhte es demgemäß den auf den 1.Januar 1974 festgestellten Einheitswert.
Die gegen die Hinzurechnung gerichtete Sprungklage hat Erfolg gehabt.
Entscheidungsgründe
Die vom FA eingelegte Revision ist unbegründet.
Dem FG ist darin zu folgen, daß weder die GmbH-Anteile noch die stille Beteiligung inländisches Betriebsvermögen der Klägerin sind. Sie bleiben deshalb bei der Feststellung des Einheitswertes für das inländische Betriebsvermögen (vgl. § 19 Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 97 Abs.3 des Bewertungsgesetzes --BewG--) unberücksichtigt.
Welche Wirtschaftsgüter zum inländischen Betriebsvermögen gehören, regelt § 121 Abs.2 Nr.3 BewG dahin, daß sie einem im Inland betriebenen Gewerbe dienen müssen und hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. Dies bedeutet jedoch nicht, daß alle Wirtschaftsgüter, die eine Beziehung zum Inland aufweisen, einer bestehenden inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind (vgl. das vom Bundesfinanzhof --BFH--bestätigte Urteil des Niedersächsischen FG vom 26.Juni 1970 I 115-122/67, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1970, 593; 1973, 3; ferner Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebsstätten von Steuerausländern, S.107).
Hat danach eine inländische Betriebsstätte keine "Attraktivkraft" in dem Sinne, daß ihr das gesamte inländische Vermögen der ausländischen Körperschaft ungeachtet des wirtschaftlichen Zusammenhangs zugeordnet werden dürfte (vgl. auch Vogel, DBA, Kommentar, Art.7 Rz.32), so kommt es für die Zuordnung einzelner Wirtschaftsgüter zu einer inländischen Betriebsstätte allein darauf an, ob das jeweilige Wirtschaftsgut dieser Betriebsstätte dient, mit anderen Worten, ihr wirtschaftlich zuzuordnen ist.
Bereits der Reichsfinanzhof --RFH-- (vgl. sein Urteil vom 19.Dezember 1935 I A 236/35, RFHE 39, 1) hat die Auffassung vertreten, daß Wirtschaftsgüter, die ihrer Zweckbestimmung nach nicht ohne weiteres einer bestimmten Betriebsstätte zuzuordnen sind, die ihnen im Rahmen des Gesamtunternehmens zugewiesene Funktion sowohl als Bestandteil des Betriebsvermögens der Zentrale als auch einer Betriebsstätte ausüben können. In derartigen Fällen hänge es entscheidend von dem erkennbaren Willen der Geschäftsleitung ab, welchem Betriebsvermögen diese Wirtschaftsgüter zuzuordnen sind. Dieser Wille ist allerdings dann nicht zu beachten, wenn er im Widerspruch zu kaufmännischen und wirtschaftlichen Erfordernissen steht.
An diese Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, hat sich das FG gehalten. Es hat im einzelnen ausgeführt, daß die Klägerin die Geschäftsanteile und die stille Beteiligung zu keinem Zeitpunkt ihren inländischen Betriebsstätten zugeordnet habe. Sie habe sie vielmehr eindeutig ihrer Zentrale zugeordnet. Das FG hat darüber hinaus keine Feststellungen treffen können, die die Schlußfolgerung erlaubt hätten, die Willensentscheidung der Klägerin über die Zuordnung der Geschäftsanteile und der stillen Beteiligung zur Zentrale widerspreche den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Den hiergegen erhobenen Angriffen der Revision vermag der Senat nicht zu folgen.
Weitet ein ausländisches Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten seine wirtschaftliche Betätigung im Inland durch die Gründung einer inländischen Kapitalgesellschaft aus, die sich an einer Gesellschaft beteiligt, die ähnliche Geschäfte betreibt wie das ausländische Unternehmen, so folgt hieraus keineswegs ohne weiteres, daß die Beteiligung an der neu gegründeten inländischen Kapitalgesellschaft wirtschaftlich einer bestehenden inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden muß. Um dies annehmen zu können, müßten vielmehr konkrete Feststellungen getroffen werden, wonach die Beteiligung nicht dem Gesamtunternehmen, sondern gerade den inländischen Betriebsstätten (einer inländischen Betriebsstätte) dient. Derartige Feststellungen aber hat das FG nicht treffen können. Daß sich die inländische Holding wiederum an Banken beteiligt hat, beweist nur, daß die Klägerin damit ihre Aktivitäten im inländischen Bankgeschäft ausgeweitet hat, nicht aber, daß diese Aktivitäten gerade den bestehenden inländischen Betriebsstätten zuzuordnen sind.
Auch aus der sog. isolierenden Betrachtungsweise folgt entgegen der Auffassung des FA nichts anderes. Diese Betrachtungsweise, die in § 49 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes 1974 für das Einkommensteuerrecht eine gesetzliche Ausformung gefunden hat, besagt nur, daß ausländische Unternehmen Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG auch dann haben können, wenn die Voraussetzungen des § 121 Abs.2 Nr.3 BewG nicht erfüllt sind (vgl. Kumpf, a.a.O., S.238). Sie besagt aber nicht, daß derartiges Vermögen, das unter die übrigen Vorschriften des § 121 Abs.2 (ausgenommen Nr.3) BewG fällt, immer dann inländisches Betriebsvermögen ist, wenn eine inländische Betriebsstätte besteht. Eine derartige Annahme widerspräche dem § 121 Abs.2 Nr.3 BewG, wonach die Wirtschaftsgüter einer inländischen Betriebsstätte dienen müssen, um zum inländischen Betriebsvermögen gehören zu können.
Fundstellen
Haufe-Index 61803 |
BStBl II 1987, 550 |
BFHE 150, 65 |
BFHE 1987, 65 |
BB 1987, 1657 |
BB 1987, 1657-1658 (ST) |
DB 1987, 2079-2080 (ST) |
DStR 1987, 696-696 (ST) |
HFR 1987, 509-510 (ST) |