Leitsatz (amtlich)
Behält ein Landwirt bei der Hofübergabe an den Sohn von dem landwirtschaftlich genutzten Grund und Boden einen erheblichen Teil (im Streifall etwa 40 v. H.) zurück, um ihn anschließend an Dritte zu veräußern, so liegt in der Regel keine unentgeltliche Betriebsübertragung i. S. des § 7 Abs. 1 EStDV, sondern eine Betriebsaufgabe vor (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 1961 IV 295/60 U, BFHE 73, 679, BStBl III 1961, 514).
Normenkette
EStG §§ 14, 16, 34 Abs. 2; EStDV § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Eigentümer eines etwa 42,8 ha großen Hofes. Im Jahr 1960 verpachtete er 35,26 ha (ab 1965, 38,76 ha) nebst eisernem Inventar an seinen Sohn H.
Mit Vertrag vom ... 1969 überließ der Kläger H. 24,6954 ha Land nebst dem noch vorhandenen lebenden und toten Inventar (aber ohne Gebäude).
H. veräußerte anschließend das ihm überlassene Gelände zum Teil an die E-AG und an die I-G. Schon mit Kaufvertrag vom ... 1969 hatte er einen Ersatzhof erworben.
Über die Fläche von 15,806 ha verfügte der Kläger wie folgt: Durch Verträge vom ... 1969 schenkte er A. und dem Sohn S. unbebaute Teilflächen von 5,6801 ha und 5,7698 ha.
Die Restfläche von 4,3561 ha mit den Gebäuden (Wohnhaus, Rindviehstall, Hochsilo) verkaufte der Kläger mit Vertrag vom ... 1969 an die I-G.
Die Gebäude und Betriebsvorrichtungen der Hofstelle wurden später von H. abgerissen bzw. von dem Hofgrundstück getrennt und veräußert.
Im Eigentum des Klägers blieb ein an der Elbe befindliches Spülfeld von 2,36 ha.
Das FA ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, der Kläger habe im Streitjahr seinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben. Für das an H. überlassene Inventar und die der I-G überlassenen Gebäude sei ein Aufgabegewinn i. S. von § 14 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzen.
Der Einspruch hatte zum Teil Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger im Streitjahr seinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben hat.
a) Die Überlassung der Teilfläche von 24,6954 ha nebst dem noch vorhandenen Inventar an H. stellt keine unentgeltliche Betriebsübertragung i. S. des § 7 Abs. 1 EStDV dar.
Die Übertragung eines Betriebs im ganzen liegt im Sinne dieser Vorschrift nur dann vor, wenn alle wesentlichen Teile des Betriebsvermögens unentgeltlich übertragen werden (BFH-Urteile vom 27. Juli 1961 IV 295/60 U, BFHE 73, 679, BStBl III 1961, 514 und vom 7. August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181). Hieran fehlt es im Streitfall. Es kann dahinstehen, ob - wie der Kläger meint - H. auch wirtschaftlicher Eigentümer der Gebäude und Betriebsvorrichtungen der Hofstelle geworden ist. Durch den Übergabevertrag erhielt er von dem insgesamt etwa 42,8 ha großen Hof neben dem Inventar lediglich eine Fläche von 24,6954 ha, auf der sich nicht die Hofstelle befand. Das nicht übertragene Land von etwa 18,1 ha machte mehr als 40 v. H. der gesamten Hoffläche aus. Bereits hieran scheitert die Annahme, alle wesentlichen Teile des landwirtschaftlichen Betriebs seien übertragen worden. Unerheblich ist, daß der Grund und Boden im Streitjahr nicht in den Bestandsvergleich mit einzubeziehen war (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Er war gleichwohl Betriebsvermögen. Bei einem landwirtschaftlichen Betrieb stellt der landwirtschaftlich genutzte Grund und Boden einen wesentlichen Teil des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens dar. Er gehört zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Das gilt in der Regel auch, wenn es um erhebliche Teile dieses Grund und Bodens geht (BFH-Urteil vom 18. Februar 1971 IV R 206/67, BFHE 102, 49, BStBl II 1971, 485). Der Streitfall unterscheidet sich demnach vom Fall des BFH-Urteils vom 19. Februar 1981 IV R 116/77 (BFHE 133, 176, BStBl II 1981, 566) dadurch, daß dort die bei der Betriebsübergabe zurückbehaltenen Betriebsgrundstücke nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörten.
Es liegt auch keine unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs i. S. des § 7 Abs. 1 EStDV vor. Die H. übertragenen Flächen nebst lebendem und totem Inventar stellten für sich allein keinen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten, organisatorisch geschlossenen und für sich allein lebensfähigen Teil des Gesamtbetriebs des Klägers dar. Selbst wenn man - entsprechend der Meinung des Klägers - wirtschaftliches Eigentum des H. an den Baulichkeiten annähme, könnten die Voraussetzungen eines Teilbetriebs nicht bejaht werden. Denn das Vorliegen eines Teilbetriebs entscheidet sich nach den tatsächlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Veräußerung (BFH-Urteile vom 19. Februar 1976 IV R 179/72, BFHE 118, 323, BStBl II 1976, 415; vom 16. Juli 1970 IV R 227/68, BFHE 99, 535, BStBl II 1970, 738). Zu diesem Zeitpunkt waren indes die H. übertragenen und die vom Kläger zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter nicht in der Weise voneinander getrennt, daß selbständige Teile eines Gesamtbetriebs angenommen werden könnten. Der Betrieb war vielmehr einheitlich bewirtschaftet und geführt. Die H. überlassenen Ländereien waren nicht der Nutzung für einen besonderen landwirtschaftlichen Zweig vorbehalten, die von der auf den übrigen Flächen betriebenen Landwirtschaft abgrenzbar gewesen wäre.
b) Eine Betriebsaufgabe i. S. des § 14 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 EStG liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit die wesentlichen Grundlagen des Betriebs an verschiedene Abnehmer veräußert oder ganz oder teilweise in das Privatvermögen überführt. Entscheidend ist dabei - im Gegensatz zur Betriebsveräußerung, bei der die wesentlichen Grundlagen eines Betriebs an einen einzigen Erwerber veräußert werden und anders als bei der Betriebsverlegung, bei der der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen an anderer Stelle fortgeführt wird -, daß der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört (BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 200/72, BFHE 119, 430, BStBl II 1976, 672; Beschluß vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168).
Das FG geht mit Recht davon aus, daß die teilweise Verpachtung durch den Kläger an H. im Jahr 1960 diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Auch die Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durch den Kläger vor Bekanntwerden des BFH-Urteils vom 13. November 1963 GrS 1/63 S. BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, kann nicht als Betriebsaufgabe gewertet werden, zumal offensichtlich keine stillen Reserven aufgedeckt werden sollten und er der Mitteilung des FA vom... 1965, es nehme weiterhin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an, nicht widersprochen hat.
Eine Betriebsaufgabe liegt vielmehr erst im Streitjahr vor. Der Kläger hat in engem zeitlichem Zusammenhang die wesentlichen Grundlagen seines Betriebs unentgeltlich seinen Kindern übertragen bzw. entgeltlich an die I-G veräußert. Mit der Überlassung der Fläche von 24,6954 ha nebst Invetar an H. und weiterer Flächen von 5,6801 ha bzw. 5,7698 ha an A. und S. sowie der entgeltlichen Veräußerung der Restfläche von 4,3561 ha mit den Gebäuden an die I-G hat er seinen Entschluß, den Betrieb als selbständigen Organismus nicht mehr unverändert fortbestehen zu lassen, verwirklicht. Das von ihm zurückbehaltene Spülfeld von 2,36 ha war nach den Feststellungen des FG allenfalls eingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar. Es stellte deshalb keine wesentliche Betriebsgrundlage dar, bei deren Zurückbehaltung im Betriebsvermögen die Annahme einer Betriebsaufgabe ausgeschlossen wäre.
c) Fehl geht der Einwand des Klägers, er habe den Betrieb nicht aufgegeben, sondern lediglich an einen anderen Ort verlegt und gleichzeitig unentgeltlich an H. übertragen. Es kann dahinstehen, ob er die steuerliche Erfassung der stillen Reserven, soweit sie auf das Inventar entfallen, dadurch hätte vermeiden können, daß er dieses auf einen von ihm erworbenen Ersatzhof überführt hätte und diesen anschließend unentgeltlich auf H. übertragen hätte. Mit dieser Sachgestaltung ist der Streitfall nicht vergleichbar. Denn der Kläger hat - ohne daß die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 EStDV vorlagen - einen Teil der Flächen und das Inventar zunächst auf H. übertragen. Dieser hat erst im Anschluß hieran das Inventar auf einen Ersatzhof überführt.
d) Nicht entscheidend ist auch, daß die vom Kläger zurückbehaltenen Flächen dazu verwandt wurden, die Erbabfindungsansprüche der Kinder A. und S. abzugelten und die Alterssicherung des Klägers und seiner Ehefrau zu verbessern. Der Gesichtspunkt der Erbfolgeregelung führt nur dann zur Vermeidung der Aufdekkung stiller Reserven, wenn - anders als im Streitfall - die Voraussetzungen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs im ganzen oder eines Teilbetriebs gemäß § 7 Abs. 1 EStDV gegeben sind.
Fundstellen
BStBl II 1982, 20 |
BFHE 1981, 110 |