Leitsatz (amtlich)
Werden von den Herstellungskosten eines Zweifamilienhauses AfA nach § 7 Abs. 4 EStG in gleichen Jahresbeträgen vorgenommen, können von den Herstellungskosten der dazugehörigen freistehenden Doppelgarage AfA nach § 7 Abs. 5 EStG in fallenden Jahresbeträgen auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn die Garage auf dem Grundstück nachträglich errichtet wird.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4-5
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewohnt mit seiner Ehefrau, mit der er in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurde, und weiteren Familienmitgliedern eine Wohnung in seinem 1959 erbauten Zweifamilienhaus in A. Die andere Wohnung ist fremdvermietet.
Im September 1972 errichtete der Kläger auf diesem Grundstück einige Meter vom Wohnhaus entfernt eine freistehende Doppelgarage, deren Herstellungskosten 16 280 DM betrugen. Wohngebäude und Garage wurden bei der Einheitsbewertung als wirtschaftliche Einheit angesehen.
In der Garage stellt der Kläger ein Kfz unter, das beim Metallbauunternehmen X und Y (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts), bei dem der Kläger Mitinhaber und Betriebsleiter ist, bilanziert ist; die Garage selbst ist in die Bilanz nicht aufgenommen. Die andere Garage wird vom Wohnungsmieter genutzt.
Der Kläger machte in den Einkommensteuererklärungen für 1972 und 1973 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Garage Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in fallenden Jahresbeträgen geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah die Garage als Nebengebäude zum Wohnhaus an und bemaß die AfA für Wohnhaus und Garage einheitlich mit 2 v. H. der Herstellungskosten, und zwar bei der Einkommensteuerveranlagung für 1972 aus 86 280 DM mit einem Betrag von 1 726 DM und für 1973 aus 104 068 DM mit 2 082 DM. Außerdem erfaßte das FA den Mietwert der vom Kläger genutzten Garage in Höhe des privaten Nutzungsanteils des betrieblichen PKW mit 20 v. H. aus 360 DM (für 1972 in Höhe von 24 DM und für 1973 in Höhe von 72 DM).
Der Einspruch blieb in vollem Umfang, die Klage im wesentlichen ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt aus, dem Kläger stehe für die Garage keine AfA in fallenden Jahresbeträgen zu. Eine Garage sei ein Nebengebäude zum Hauptbau und deshalb kein selbständiges Wirtschaftsgut. Dieser zu § 7 b EStG entwickelte Grundsatz habe nicht nur in § 7 b Abs. 5 EStG einen gewissen gesetzlichen Niederschlag gefunden, sondern habe auch im Rahmen der Absetzungen nach § 7 EStG zu gelten, weil der Begriff des Gebäudes einheitlich zu verstehen sei.
Der unmittelbare Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Hauptgebäude werde auch nicht dadurch gelöst, daß die vom Kläger genutzte Garagenhälfte der Unterstellung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden PKW diene. Allein durch diese Nutzung sei die Garage weder ganz noch zur Hälfte Betriebsvermögen geworden.
Ein Nutzungswert für die Garage in Höhe des privaten Nutzungsanteils des betrieblichen PKW sei allerdings nicht anzusetzen.
Mit der Revision, die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde, rügt der Kläger Verletzung des § 7 Abs. 5 EStG und die fehlende Beiladung seiner Ehefrau zum Verfahren.
Der Kläger trägt vor, die Garage sei ein selbständiges Wirtschaftsgut. Die Rechtsprechung zu § 7 b EStG, daß Garagen regelmäßig als Teil des Wohngebäudes angesehen werden, sei nicht heranzuziehen, weil diese die besondere Zielsetzung des § 7 b EStG berücksichtige. Trotz wirtschaftlicher Einheit bei der Einheitsbewertung sei bei der Einkommensteuer vielfach ein gesondertes Wirtschaftsgut anzunehmen. Das ergebe sich deutlich aus der Rechtsprechung zur Selbstverbrauchsteuer nach § 30 des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) - UStG 1967 -.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Einkommensteuer für 1972 um 116 DM und die Einkommensteuer für 1973 um 110 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Für die Garage könne keine gesonderte AfA in Anspruch genommen werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Vorentscheidung enthält keinen Verfahrensfehler. Die Zusammenveranlagung von Ehegatten erfordert entgegen der Annahme des Klägers im vorliegenden Fall keine Beiladung des Ehegatten (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Dezember 1976 I R 240/74, BFHE 121, 142, BStBl II 1977, 321; vom 12. August 1977 VI R 61/75, BFHE 123, 172, BStBl II 1977, 870).
2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß für die Garage nicht gesondert in fallenden Jahresbeträgen AfA vorgenommen werden kann.
Nach § 7 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Bei Gebäuden sind nach § 7 Abs. 4 EStG, sofern nicht eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer in Betracht kommt, jährlich 2 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als AfA abzuziehen, wenn das Gebäude nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden ist, und jährlich 2,5 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn das Gebäude vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden ist. Abweichend von dieser Regelung kann der Bauherr nach § 7 Abs. 5 EStG AfA in fallenden Jahresbeträgen geltend machen, wenn das Gebäude nach dem 31. Dezember 1964 fertiggestellt wurde.
Aus § 7 Abs. 1 EStG ist zu entnehmen, daß Gegenstand der AfA das abnutzbare Wirtschaftsgut im ganzen ist. Wer ein Gebäude errichtet, hat dieses grundsätzlich als einheitliches Wirtschaftsgut mit dem Gesamtbetrag der Herstellungskosten zu bewerten und einheitlich AfA der Nutzungsdauer entsprechend vorzunehmen (vgl. BFH-Beschluß vom 22. August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; BFH-Urteil vom 20. Februar 1975 IV R 241/69, BFHE 115, 133, BStBl II 1975, 412). AfA von unselbständigen Teilen des Gebäudes sind unzulässig, sofern es sich nicht um gesetzlich ausdrücklich zugelassene Sonderabschreibungen (wie z. B. nach § 7 b EStG) handelt (BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß getrennt - ohne bautechnische Verbindung - auf einem Grundstück stehende Baulichkeiten gesonderte Wirtschaftsgüter sind (BFH-Urteile vom 20. Oktober 1965 VI 62/65 U, BFHE 84, 234, BStBl III 1966, 86; vom 20. November 1980 IV R 8/78, BFHE 132, 262, BStBl II 1981, 201). Dem entspricht die vom Kläger angezogene Rechtsprechung zur Selbstverbrauchsteuer, die bei fehlender baulicher Verschachtelung eines Neubaus mit dem Altbau den Neubau als ein selbständiges Wirtschaftsgut angesehen hat (ständige Rechtsprechung des V. Senats seit dem BFH-Urteil vom 23. März 1972 V R 104/71, BFHE 105, 409, BStBl II 1972, 681; zuletzt BFH-Urteil vom 15. September 1977 V R 14/76, BFHE 123, 531, BStBl II 1978, 123). Das Bewertungsrecht, das den Grund und Boden und die aufstehenden Gebäude als eine wirtschaftliche Einheit auffaßt (§ 68 Abs. 1 Nr. 1, §§ 70, 2 des Bewertungsgesetzes - BewG -), ist insoweit einkommensteuerrechtlich unmaßgeblich. Wie der Große Senat des BFH ausgeführt hat, gebietet für die Einkommensteuer § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG, zwischen dem (nicht abnutzbaren) Grund und Boden und den aufstehenden (abnutzbaren) Gebäuden zu unterscheiden (Beschluß vom 16. Juli 1968 GrS 7/67, BFHE 94, 124, BStBl II 1969, 108).
Hieran ändert sich nichts, wenn die mehreren Gebäude einheitlich genutzt werden (z. B. für Zwecke einer Landwirtschaft) oder gemeinsame Versorgungsanlagen haben (BFH-Urteil vom 30. Juli 1981 IV R 37/78, BFHE 134, 32, BStBl II 1981, 783). Verschiedene Nutzungs- und Funktionszusammenhänge können zwar dazu führen, Teile eines Gebäudes als verschiedene Wirtschaftsgüter aufzufassen (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang ist jedoch regelmäßig nicht geeignet, mehrere getrennt stehende Baulichkeiten zu einem Wirtschaftsgut zusammenzufassen. Dem BFH-Urteil vom 26. Oktober 1982 VIII R 74/81 (BFHE 138, 23, BStBl II 1983, 364) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden.
Anders verhält es sich, wenn bei fehlender baulicher Verbindung eine Baulichkeit oder eine sonstige Einrichtung dem auf dem gleichen Grundstück befindlichen Hauptgebäude derart dient, daß dieses ohne die Einrichtung als unvollständig erscheint. Der Senat hat demgemäß eine Umzäunung als Teil des durch den Zaun geschützten Gebäudes behandelt, weil ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen Gebäude und Umzäunung in der Weise bestand, daß das Fehlen des Zaunes dem Gebäude ein negatives Gepräge gegeben hätte (Urteil vom 15. Dezember 1977 VIII R 121/73, BFHE 124, 193, BStBl II 1978, 210). Für Baulichkeiten und insbesondere Garagen ist bereits in dem BFH-Urteil vom 19. Dezember 1956 VI 85/56 U (BFHE 64, 173, BStBl III 1957, 66) ausgeführt, daß die bauliche Verbindung nicht ausschlaggebend ist, wenn es sich nicht um zwei wirtschaftlich selbständige Gebäude, sondern um ein Haupt- und ein übliches Nebengebäude handelt, wie es z. B. bei Garagen der Fall ist. Hieran wird festgehalten. Die ausschließlich dienende Funktion von Nebengebäuden ordnet diese dem Hauptgebäude unter und zu. Es ist, wie im Urteil in BFHE 64, 173, BStBl III 1957, 66 dargelegt ist, mehr oder minder zufällig und in erster Linie ein bautechnisches Problem, ob Garagen und andere Nebengebäude in das Hauptgebäude einbezogen werden oder als Anbauten oder freistehend errichtet werden. Maßgeblich ist die Erwägung, daß nach heutigen Wohnvorstellungen eine Wohnung ohne Garage oder Stellplatz unvollständig ist. Die Bauordnungen ordnen durchgängig die Errichtung von Garagen im Zusammenhang mit Wohnungsbauten an. § 7 b Abs. 6 EStG in der ab 1960 geltenden Fassung (§ 7 b Abs. 4 EStG 1977) behandelt die "zum Gebäude gehörenden Garagen" als Wohnzwecken dienend, ohne freistehende Garagen auszuschließen.
Die freistehende Doppelgarage des Klägers ist danach ein unselbständiges Nebengebäude des Zweifamilienhauses. Eine Übergröße im Verhältnis zum Wohngebäude, die der Garage eine selbständige Funktion geben könnte, ist nicht gegeben. Zu jeder Wohnung gehört lediglich eine Garage (s. § 7 b Abs. 6 EStG 1960, § 7 b Abs. 4 EStG 1977).
Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der Tatsache, daß die Garage erst nachträglich errichtet wurde. Auch ein Gebäude, das in mehreren Bauabschnitten errichtet wird, ist in der Regel eine Bewertungseinheit. Das gilt insbesondere für den Fall, daß ein nach dem ersten Bauabschnitt bereits in sich geschlossenes und nutzbares Gebäude in späteren Bauabschnitten durch Zubauten ergänzt wird. Solche Ergänzungen verändern ein Gebäude in der Regel nicht in seinem Wesen (Urteile in BFHE 115, 133, BStBl II 1975, 412, und vom 7. Juni 1977 VIII R 105/73, BFHE 122, 300, BStBl II 1977, 606).
Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Zusammenhang der Garage mit dem Wohngebäude nicht dadurch gelöst wurde, daß die vom Kläger genutzte Garagenhälfte der Unterstellung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden PKW dient. Für die Prüfung, ob eine Garage Nebengebäude des Wohngebäudes ist oder nicht, ist es grundsätzlich unerheblich, ob der in der Garage untergestellte PKW von einem Gewerbetreibenden oder selbständig Tätigen für Fahrten zu seinem Betrieb, von einem Arbeitnehmer für Fahrten zur Arbeitsstätte oder von einem nicht beruflich Tätigen ausschließlich für Privatfahrten genutzt wird.
Das FG hat auch mit Recht darauf hingewiesen, daß eine Garage allein durch die Unterstellung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden PKW weder ganz noch zur Hälfte Betriebsvermögen wird. Ob eine andere Beurteilung dann geboten ist, wenn es sich um Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers handelt, hat der Senat nicht zu entscheiden, weil diese Frage im Rahmen des Feststellungsverfahrens für die Einkünfte einer Mitunternehmerschaft zu prüfen ist.
Fundstellen
BStBl II 1984, 196 |
BFHE 1984, 509 |