Beteiligte
… Klägerin und Revisionsbeklagte |
… Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Schlechtwettergeld (SWG), Wintergeld (WG) sowie eines Zuschusses zu den Beiträgen zur Rentenversicherung (RV-Beitragszuschuß), ferner gegen die Rückforderung von 1.343,64 DM.
Die Klägerin, die ein Asphalt-Werk betreibt, beantragte am 10. Januar und 17. Februar 1983 die Auszahlung von WG und am 16. März 1983 neben WG auch SWG sowie einen RV-Beitragszuschuß für ihre Arbeitnehmer. In den jeweiligen Antragsformularen (Abrechnungslisten) bestätigte sie, daß sie die Angaben in der Liste nach bestem Wissen, sorgfältiger Prüfung und unter Beachtung der Anleitung und des Merkblattes über die Winterbauförderung erstellt habe; Arbeitnehmer ohne Anspruch auf SWG/WG seien nicht aufgeführt. In sämtlichen Abrechnungslisten hatte sie auch Leistungen für ihren Arbeitnehmer R. P. (P.) beantragt, der als Asphaltkocher nur nachts in ihrer stationären Betriebsstätte tätig war. Er bereitete den Gußasphalt vor, den die Baukolonnen auf den jeweiligen Baustellen benötigten. Außerhalb der stationären Betriebsstätte verrichtete P. keine Arbeiten.
Mit Bescheid vom 24. Januar 1983 bewilligte die Beklagte WG für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 1982, mit Bescheid vom 2. März 1983 WG für die Zeit vom 1. bis 31. Januar 1983, mit Bescheid vom 29. März 1983 SWG/WG und einen RV-Beitragszuschuß für den Zeitraum vom 1. bis 28. Februar 1983 unter dem Vorbehalt, daß zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzuzahlen seien, wenn sich nachträglich herausstelle, daß die Voraussetzungen für die Gewährung dem Grunde oder der Höhe nach nicht vorgelegen hätten oder weggefallen seien; die Beklagte wies darauf hin, daß sie die Abrechnungslisten mit den Arbeitszeit- und Lohnunterlagen des Betriebes noch nicht verglichen habe. Die Klägerin hatte schriftlich erklärt, daß sie zuviel erhaltene Beträge unverzüglich zurückzahlen werde, wenn und soweit die Prüfung der Abrechnungslisten anhand der Arbeitszeit- und Lohnunterlagen ergebe, daß das SWG/WG und der RV-Beitragszuschuß zu Unrecht gewährt worden sei. Die bewilligten Leistungen kamen allerdings nicht zur Auszahlung. Die Beklagte rechnete diese Forderung der Klägerin mit ihren Umlagerückständen nach § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) auf. Am 7. April 1983 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Die Prüfung der Abrechnungslisten für den Zeitraum vom 1. Dezember 1982 bis 28. Februar 1983 ergab eine Überzahlung in Höhe von 459,08 DM wegen teilweiser unrichtiger Angaben über geleistete Arbeitsstunden sowie unrichtiger Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden. Mit ihrem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 1983 änderte sie daher ihre Bescheide vom 2. März und 29. März 1983 ab und wies darauf hin, daß zur Befriedigung ihrer Erstattungsforderung eine Aufrechnung mit noch nicht abgerechneten Leistungen vorgenommen werde.
Entsprechend einer weiteren Abrechnungsliste vom 8. April 1983 bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 18. April 1983 WG für die Zeit vom 1. bis 31. März 1983. Auch in diesem Antrag war P. aufgeführt. Der Bescheid enthielt wiederum den oa Vorbehalt und nahm auf die Verpflichtungserklärung der Klägerin Bezug. Das WG würde an die Klägerin ebenfalls nicht ausgezahlt, da die Beklagte den WG-Anspruch mit rückständigen Winterbauumlageforderungen und ihrer Erstattungsforderung aufrechnete.
Anläßlich von Betriebsprüfungen im Mai/Juni 1983 stellte die Beklagte erstmalig den genauen Tätigkeitsbereich des P. fest. Mit dem Bescheid vom 14. Juli 1983 hob sie ihre Bewilligungsentscheidungen vom 24. Januar, 2. März, 29. März und vom 18. April 1983 bezüglich des Arbeitnehmers P. für die Zeit vom 1. Dezember 1982 bis 31. März 1983 auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.343,64 DM geltend. Zur Befriedigung dieser Forderung stellte sie eine Aufrechnung mit noch nicht abgerechneten Leistungen in Aussicht. Zur Begründung führte sie aus, daß P. auf keinem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt gewesen sei und die Klägerin daher in ihren Anträgen grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin und ihre Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3. August 1983, Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 30. März 1984).
Auf die vom SG zugelassene Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert und den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1983 aufgehoben. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen aufgeführt: Die Beklagte könne den angefochtenen Bescheid nicht auf die Vorbehalte in ihren Bewilligungsbescheiden und die Verpflichtungserklärung der Klägerin stützen, da sie deren Rahmen überschritten habe. Die Beklagte habe die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die begehrten Leistungen nachträglich als nicht erfüllt angesehen, weil sich anläßlich der Betriebsprüfung herausgestellt habe; daß der Arbeitnehmer P. nicht auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz iS von § 80 Abs 1 Satz 1 AFG und § 85 Abs 1 Nr 1 AFG beschäftigt worden sei. Vorbehalten habe sich die Beklagte hingegen die Rückzahlung ausschließlich für den fiktiven Fall, daß sich bei einem noch durchzuführenden Vergleich zwischen den Abrechnungslisten mit den Arbeitszeit- und Lohnunterlagen des Betriebes ein Fehlen oder ein Wegfallen der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung dem Grunde oder der Höhe nach ergeben würde. Einen dementsprechenden Inhalt enthalte auch die Verpflichtungserklärung der Klägerin. Der für die Entscheidung der Beklagten maßgebliche Grund stimme daher nicht mit dem Inhalt des Vorbehalts überein, so daß sowohl die auf den Vorbehalt gestützte Aufhebung der Bewilligungsentscheidung wie auch die Rückforderung rechtswidrig seien. Aus diesem Grunde könne offen bleiben, ob die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Zulässigkeit eines solchen Vorbehalts, die sich ausschließlich auf den Rechtszustand vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) beziehe, weiter Anwendung finde. Die Beklagte habe auch keinen Erstattungsanspruch gemäß 71 Abs 1 iVm §§ 81 Abs 3, 87 AFG. Zwar habe die Klägerin es unterlassen, in ihren Anträgen auf den Tätigkeitsbereich des P. hinzuweisen. Dadurch habe sie auch zu Unrecht Leistungen durch die Beklagte bewirkt. Die unrechtmäßige Leistungsgewährung sei jedoch nicht entsprechend § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X durch die Klägerin grob fahrlässig verursacht worden; sie habe bei der Erstellung der Anträge die erforderliche Sorgfalt nicht in einem besonders schweren Maße verletzt. Ihre Auffassung, wonach ihr Arbeitnehmer P. ebenfalls von einem witterungsbedingten Arbeitsausfall betroffen gewesen sei, weil wegen der witterungsbedingten Stillegung der Baustellen von ihm kein Asphalt habe vorbereitet werden können und sich sein Arbeitsausfall daher ebenfalls als Folge witterungsbedingter Gründe darstelle, erscheine nicht von vornherein unzutreffend. Unter diesen Umständen läge kein subjektiv schlechthin unentschuldbares Verhalten seitens der Klägerin vor. Ein Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X komme nicht in Betracht, da es aus den gleichen Gründen an den Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X fehle.
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision, das LSG habe § 71 Abs 1, 81, 87 AFG und § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X verletzt sowie die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze über Rückforderung von Leistungen im Bereich der produktiven Winterbauförderung aufgrund von Vorbehalten nicht beachtet. Sie trägt hierzu insbesondere vor: Entgegen der Ansicht des LSG sei die Rückforderung von SWG/WG durch den Vorbehalt gedeckt. Die Beklagte sei berechtigt, SWG/WG in Form von Vorbehaltsleistungen zu bewilligen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG habe der Arbeitgeber zu Unrecht gezahlte Beträge aufgrund des Vorbehalts zurückzuzahlen, sofern die Überprüfung der betrieblichen Unterlagen Umstände ergäbe, nach denen das SWG/WG zu Unrecht gewährt worden sei. Dies gelte auch nach Inkrafttreten des SGB X unabhängig davon, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung auf die einschlägigen Rückforderungs- bzw Erstattungsvorschriften gestützt werden könne. Durch die Gesetzesänderungen habe sich zwar der Wortlaut, nicht jedoch der Inhalt des § 71 AFG geändert. Zudem sei zu berücksichtigen, daß die Gewährung von Vorschüssen nach § 42 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) zulässig sei. Die Gewährung von Vorbehaltsleistungen diene dem Interesse der Arbeitnehmer, so daß die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 42 SGB I hierzu berechtigt sei. Der Auffassung des LSG, wonach die Rückzahlungsverpflichtung nicht vom Vorbehalt erfaßt werde, läge offenbar die Annahme zugrunde, daß die Prüfung der Betriebsunterlagen nur den Zweck verfolge, die Leistungshöhe festzustellen. Das LSG übersehe, daß eine Reihe von Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach - wie beispielsweise das Vorliegen eines witterungsabhängigen Arbeitsplatzes - nur anhand der Unterlagen, im Betrieb überprüft werden könne. Entgegen der Ansicht des OG sei auch ein Erstattungsanspruch nach § 71 Abs 1 AFG gegeben, da die Klägerin grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht habe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei das Außerachtlassen von gesetzlichen oder Verwaltungsvorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen werde, im allgemeinen grob fahrlässig. Die Beklagte habe die Klägerin ausführlich über Voraussetzungen und Verfahren beim WG/SWG-Bezug durch das "Merkblatt 4 - Winterbauförderung -" und die Anleitung zur Ausführung der Anträge auf WG/SWG unterrichtet. Hierzu macht die Beklagte nähere Ausführungen und meint: Bei einem sorgfältigen Lesen der Informationsschriften hätte die Klägerin erkennen müssen, daß P. nicht auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz eingesetzt gewesen sei. Da auch das Merkblatt die Begriffe des witterungsbedingten Arbeitsausfalles und des witterungsabhängigen Arbeitsplatzes deutlich unterscheide, hätten bei der Klägerin zumindest Zweifel an der Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung auftreten müssen. Ein verantwortungsbewußt handelnder Arbeitgeber hätte sich in diesem Falle zwecks Aufklärung an das zuständige Arbeitsamt gewandt. Außerdem habe die Klägerin P. in ihrer März-Abrechnungsliste einer Baustelle zugeordnet, obwohl das Wort Baustelle umgangssprachlich ein eindeutiger Begriff sei.
Die Beklagte beantragt,das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurück zuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1983. Der Bescheid enthält zwei Regelungen (Verfügungssätze), nämlich in bezug auf die für P. gewährten Leistungen die (teilweise) Aufhebung früherer Bewilligungsbescheide und die Rückforderung der entsprechenden Zahlungen. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid in vollem Umfange rechtswidrig ist.
Die Beklagte ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß der Klägerin für P. weder das beantragte SWG noch WG und folglich auch nicht der von der Gewährung von SWG abhängige Anspruch auf einen RV-Beitragszuschuß (§ 166 Abs 3 Satz 2 AFG) zustand. P. erfüllte nämlich in den hier maßgeblichen Zeiten nicht die Voraussetzungen für Ansprüche auf SWG oder WG. Gemäß § 80 Abs 1 AFG ist die Gewährung von WG ua nur zulässig, wenn der Arbeiter auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt ist; ebenso hat nach § 85 Abs 1 Nr 1 AFG Anspruch auf SWG nur der Arbeitnehmer, der bei Beginn des Arbeitsausfalles auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz als Arbeiter in einer die Beitragspflicht begründenen Beschäftigung steht. Auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschriften war P. nicht eingesetzt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war P. ausschließlich in der stationären Betriebsstätte der Klägerin tätig. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen stationäre Dauerarbeitsplätze, wie beispielsweise der Einsatz auf einem Bauhof oder ständigen Betriebsstätten, in die SWG-Regelung nicht einbezogen werden, weil es den Unternehmern zuzumuten ist, solche Arbeitsplätze so einzurichten, daß die Arbeitnehmer gegen Witterungseinflüsse ausreichend geschützt sind (BR-Drucks 484/67 zu § 70 S 74). Wegen des identischen Begriffs des witterungsabhängigen Arbeitsplatzes gilt entsprechendes für den Anspruch auf WG.
Ein Arbeitsausfall, der - wie hier - nur mittelbar durch Witterungseinflüsse verursacht wird, kann den Anspruch auf SWG nicht begründen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist ein Arbeitsausfall nur dann ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe iS des § 84 Abs 1 Nr 1 AFG verursacht, wenn die Tätigkeit an dem jeweiligen Arbeitsplatz unmittelbar von entsprechenden Einwirkungen betroffen ist (BSG SozR 4100 § 84 Nr 10 mwN). Daß die Kausalität zwischen dem Arbeitsausfall und den zwingenden Witterungsgründen im Sinne einer unmittelbaren Ursächlichkeit zu verstehen ist, ergibt sich bereits aus dem Wortsinn des § 84 Abs 2 AFG, wonach ein den Anspruch auf SWG begründender Arbeitsausfall nur vorliegt, wenn die Fortführung der von einem Arbeitnehmer auf einer konkreten Baustelle begonnenen Arbeit dort ausschließlich aus zwingenden Witterungsgründen unmöglich oder unzumutbar wird. Diese Auffassung wird durch die Ausgestaltung des Anzeigeverfahrens nach § 84 Abs 3 Nr 3 iVm § 88 Abs 1 AFG bekräftigt. Diese Vorschriften sollen das Arbeitsamt in die Lage versetzen, ggf an Ort und Stelle festzustellen, ob tatsächlich Witterungsgründe vorliegen, die die Fortsetzung der begonnenen Bauarbeiten ausschlossen, und ob die Witterungsverhältnisse die einzige Ursache für den Arbeitsausfall auf der fraglichen Baustelle waren. Der Senat hat bereits zur Vorschrift des § 143e Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG), die sich weder von den Anspruchsvoraussetzungen nach § 84 Abs 1 Nr 1 AFG noch in der übrigen Ausgestaltung des Begriffs des witterungsbedingten Arbeitsausfalles (§§ 83, 85 AFG) unterschied, entschieden (BSG SozR 4670 § 2 Nr 2), daß es für einen Baumaterial herstellenden Betriebsteil keinen witterungsbedingten Arbeitsausfall darstellt, wenn Arbeitsausfälle in einem Bereich deshalb eintreten, weil auf den von ihm belieferten Baustellen witterungsbedingt nicht weitergearbeitet werden kann. Die einzige tatsächliche Abweichung in dem hier vorliegenden Sachverhalt besteht darin, daß nicht ein Betriebsteil, sondern ein einzelner Arbeitnehmer von witterungsbedingtem Arbeitsausfall auf den Baustellen mittelbar betroffen war. Eine abweichende rechtliche Beurteilung ergibt sich hieraus nicht.
Gleichwohl durfte die Beklagte nach den im vorliegenden Falle gegebenen Umständen die ausgesprochenen Leistungsbewilligungen nicht rückwirkend aufheben. Dieses Recht stand ihr nicht aufgrund der Regelung in § 45 SGB X zu. Nach Abs 4 dieser Vorschrift darf ein bestandskräftiger, rechtswidriger, begünstigender Verwaltungsakt - wie hier - für die Vergangenheit nur in Fällen von § 45 Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB X zurückgenommen werden. Letzterer Fall scheidet hier von vornherein aus, da er das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen entsprechend § 580 der Zivilprozeßordnung (ZPO) voraussetzt; dafür besteht kein Anhalt. Aber auch ein Fall nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nrn 1 - 3 SGB X ist nicht gegeben. Er läge nur vor, wenn die Leistungsbewilligung der Beklagten entweder auf arglistiger Täuschung, Drohung oder Bestechung durch den Arbeitgeber beruhte (Nr 1) oder durch Angaben bewirkt worden wäre, die dieser vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr 2) oder der Arbeitgeber die Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr 3). Anhaltspunkte für ein Vorliegen eines Tatbestandes nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 1 oder Nr 3 SGB X sind nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat allerdings in ihren Abrechnungslisten, speziell in der Abrechnungsliste März 1983, in der sie P. einer Baustelle zugeordnet hat, objektiv unrichtige Angaben gemacht; denn sie hatte P. in ihren Anträgen auf Auszahlung von SWG/WG aufgeführt, obwohl diesem kein Anspruch auf SWG/WG zustand. Hierdurch hat sie die Leistungsgewährung durch die Beklagte herbeigeführt. Ein Verschulden iS von § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X liegt jedoch nicht vor.
Vorsätzliches Handeln scheidet nach den Feststellungen des LSG ohne weiteres aus. Aber auch der Vorwurf grober Fahrlässigkeit ist nicht gerechtfertigt. Insoweit ist von der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals durch das LSG auszugehen; denn das LSG hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Die Entscheidung eines Tatsachengerichts darüber, ob im Einzelfalle leichte oder grobe Fahrlässigkeit vorgelegen hat, kann vom Revisionsgericht nur in bestimmten Grenzen nachgeprüft werden (BSGE 47, 180, 181 f = SozR 2200 § 1301 Nr 8). Hierzu gehört die Prüfung, ob der Tatrichter sich des Unterschiedes der Begriffe der gewöhnlichen und der groben Fahrlässigkeit bewußt gewesen ist. Insofern bestehen gegen das angefochtene Urteil keine Bedenken; denn dieses hat seiner Entscheidung den allgemein anerkannten Begriff der groben, Fahrlässigkeit zugrunde gelegt, wonach nur derjenige grob fahrlässig handelt, der die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und unbeachtet läßt. Ausgehend von dem hier maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff ist danach ein Verhalten schlechthin unentschuldbar, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muß (BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr 3). Das LSG hat bei der Beurteilung des Verschuldens der Klägerin weder gegen Rechtsvorschriften noch gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe, Denkgesetze oder Erfahrungen verstoßen. Soweit die Beklagte mit der Revision Gründe für ihre von der des LSG abweichende Auffassung hinsichtlich einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin vorbringt, kann sie nicht gehört werden. Eine schlüssige Rüge, daß das LSG zu seiner Erkenntnis unter Verletzung von Verfahrensvorschriften etwa durch Überschreitung seines Rechts zur freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 SGG) gelangt sei, ist darin nicht enthalten.
Auch durch § 48 SGB X ist die Aufhebungsentscheidung der Beklagten nicht gerechtfertigt. Die Vorschrift gilt nur in Fällen, in denen nach Erlaß eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wesentliche Änderungen in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eintreten. Das war hier nicht der Fall; wie ausgeführt, beruht die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligungen für P. auf jeweils anfänglicher Unrichtigkeit der Rechtsanwendung.
Die Beklagte kann die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Aufhebung früherer Leistungsbewilligungen ferner nicht darauf stützen, daß sie sich dies rechtswirksam vorbehalten habe. Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob ein derartiger Vorbehalt rechtswirksam wäre, denn er fehlt.
Die von der Beklagten aufgehobenen Bewilligungsbescheide haben zwar einen Vorbehalt enthalten; dieser betraf jedoch nicht die Aufhebung der Bewilligungen, wie sein Inhalt ergibt, den auszulegen auch dem Revisionsgericht obliegt (vgl BSGE 48, 56, 58 = SozR 2200 § 368a Nr 5; Urteil des BSG vom 10. August 1983 - 9a RV 33/82 -). Der Vorbehalt der Beklagten lautete, "daß zu Unrecht gezahlte Beträge an das Arbeitsamt zurückzuzahlen sind, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind". Aus der Verpflichtungserklärung der Klägerin ergibt sich nichts anderes. Vom Wortlaut her betrifft der in den Bewilligungsbescheiden enthaltene Vorbehalt allein die Berechtigung der Beklagten, die zu Unrecht geleisteten Beträge zurückfordern zu können (vgl BSGE 37, 155, 158 = SozR 4600 § 143f Nr 1, SozR 1500 § 77 Nr 20). Um einen Vorbehalt der Aufhebung der Leistung handelt es sich nicht. Zwar bedurfte es früher zur Geltendmachung eines Aufhebungsrechts eines Aufhebungsvorbehalts nicht; denn nach § 151 Abs 1 AFG in der bis zum Inkrafttreten des SGB X am 1. Januar 1981 geltenden Fassung war die Beklagte berechtigt, die Bewilligung von Leistungen ohne weiteres aufzuheben, sofern die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Der Vertrauensschutz des Leistungsbeziehers wurde danach durch die eingehende Regelung der Rückzahlungspflicht in § 152 AFG aF sichergestellt und abgegrenzt. Vor Inkrafttreten des SGB X konnte die Beklagte ihr Ziel, zu Unrecht bewilligte und ausgezahlte Leistungen zurückzuerlangen, folglich allein durch den Ausschluß der Rückforderungsvoraussetzungen nach § 152 AFG aF erreichen.
Seit Inkrafttreten des SGB X ist dies anders. Nunmehr gilt auch für den Leistungsbereich der Beklagten prinzipiell das durch den Vertrauensschutz des Begünstigten begrenzte Recht zur Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 45 SGB X, während das Recht zur Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen grundsätzlich ohne weiteres aus der wirksamen Aufhebung einer zugrundeliegenden Bewilligung folgt (§ 50 SGB X vgl dazu auch Urteil des Senats vom 13. Mai 1987 - 7 RAr 62/85 -). Zwar kann in der Geltendmachung einer Rückforderung regelmäßig die entsprechende Rücknahme (Aufhebung) des leistungsbewilligenden Verwaltungsaktes erblickt werden (BSGE 48, 120, 122 = SozR 4100 § 152 Nr 9 mwN; Urteil des BSG vom 10. März 1987 - 3 RK 7/86 -); das ist jedoch nur dann rechtmäßig, wenn sich die Rücknahme auf ausreichende Rechtsgrundlagen stützen läßt. Beruft sich die Beklagte dafür auf einen ihrer früheren Bewilligung beigefügten Vorbehalt, so muß dieser überhaupt die Wahrnehmung eines Rücknahme- bzw Aufhebungsrechts umfassen. Daran fehlt es hier.
Eine wörtliche Aussage des Inhalts, daß die Aufhebung von Leistungsbewilligungen vorbehalten sei, enthält der oa Vorbehalt nicht, wie schon ausgeführt wurde. Ein solcher Inhalt ist auch nicht durch Auslegung zu ermitteln. Jede Nebenbestimmung eines Verwaltungsaktes muß so ausgelegt werden, wie sie nach dem objektiven, im Ausspruch geäußerten Erklärungswillen und Erklärungswert von einem verständigen Empfänger aufzufassen ist. Sie muß inhaltlich bestimmt, klar, verständlich und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 f Nr 1). Läßt ein Vorbehalt mehrere Auslegungen zu, so muß sich die Verwaltung diejenige Auslegung entgegenhalten lassen, die der Leistungsempfänger vernünftigerweise, zugrunde legen darf, ohne die Unbestimmtheit oder Unvollständigkeit des Bescheides willkürlich zu seinen Gunsten auszunutzen (BSGE 42, 184, 189 = SozR 4100 § 152 Nr 3; BSGE 48, 120, 125 = SozR 4100 § 152 Nr 9). In Anbetracht dessen, daß die Rechtsprechung zum früheren Recht den von der Beklagten angebrachten Vorbehalt ausschließlich als Rückforderungsvorbehalt betrachtete (BSG SozR Nr 1 zu § 68 AFG; BSGE 37, 155, 158 = SozR 4600 § 143 f Nr 1; BSGE 40, 23, 24 f = SozR 4100 § 79 Nr 2) und die Beklagte den Wortlaut der Nebenbestimmung trotz der Änderung durch das SGB X gegenüber früheren Fassungen nahezu unverändert gelassen hat, kann sich die Klägerin mit Erfolg darauf berufen, daß die Beklagte sich nur die Rückforderung der zu Unrecht geleisteten Beträge vorbehalten hat.
Die im angefochtenen Verwaltungsakt ausgesprochene Aufhebung von Leistungsbewilligungen läßt sich schließlich nicht auf § 151 Abs 1 AFG idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) stützen. Danach darf die Beklagte zwar in bestimmten Fällen Verwaltungsakte über die Regelungen in §§ 47, 48 SGB X hinaus widerrufen, nämlich, wenn die gewährte Leistung nicht oder nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet wird oder eine Auflage nicht erfüllt wird. Die Vorschrift betrifft ihrem Wortlaut nach nur den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte, worum es hier gerade nicht geht. Unabhängig davon ist sie wegen ihrer Beschränkung auf einer Zweckbindung unterliegende Leistungen allgemein für den Bereich SWG/WG nicht anwendbar, soweit nicht ausnahmsweise die Bewilligung unter Erteilung einer Auflage erfolgen kann und erfolgt ist; letzteres ist hier nicht der Fall (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 25).
Steht nach alledem fest, daß die Beklagte kein Recht hatte, die Bewilligungen von Leistungen - wie geschehen - aufzuheben, erweist sich im Ergebnis auch die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Rückforderung von Leistungen als rechtswidrig. Der § 50 SGB X bietet dafür keine Rechtsgrundlage. Die in dieser Vorschrift angeordnete Pflicht zur Erstattung von Leistungen setzt voraus, daß der Verwaltungsakt, aufgrund dessen die Leistungen erbracht worden sind, wirksam aufgehoben worden ist (§ 50 Abs 1 SGB X). Das ist hier jedoch, wie ausgeführt, nicht der Fall.
Eine Ersatzpflicht der Klägerin in bezug auf das geleistete SWG/WG läßt sich auch nicht auf § 71 Abs 1 AFG - in der hier maßgeblichen Fassung der Änderung durch das SGB X - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - Art II § 2 - vom 4. November 1982 (BGBl I 1450) - iVm den §§ 81 Abs 3 Satz 4, 87 AFG stützen. Nach dieser Vorschrift ist ein Arbeitgeber ersatzpflichtig, wenn er oder eine von ihm bestellte Person entsprechend § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X bewirkt, daß WG oder. SWG zu Unrecht geleistet worden ist. Von seiner Rechtsnatur her handelt es sich bei § 71 Abs 1 AFG um einen öffentlich-rechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber (vgl BT-Drucks 8/2034 S 37 zu Art II § 2; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG § 71 Anm 3; Gemeinschaftskomm zum AFG § 71 Anm 1; Knigge/Ketelsen/ Marschall/Wittrock, Komm zum AFG § 71 Anm 4; aA Geffers/Schwarz, Komm zum AFG, § 71 Anm 2). Diese Auffassung wird bekräftigt durch die Änderung des Wortlauts des § 71 AFG. Mit der begrifflichen Unterscheidung zwischen dem "Ersetzen" beim Arbeitgeber und einem "Erstatten" beim Arbeitnehmer (Abs 2) hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, daß es sich bei der Vorschrift des § 71 Abs 1 AFG nicht um einen Erstattungsanspruch iS von § 50 SGB X handelt. Der Anspruch der Beklagten ist durch Verwaltungsakt festzusetzen (Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG § 71 Anm 2a; Schieckel, Komm zum AFG § 71 Anm II 1; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock aaO § 71 Anm 4). Auch wenn daraus folgte, daß § 71 Abs 1 AFG der Beklagten die Befugnis gibt, den Schadensersatzanspruch durch einen Leistungsbescheid geltend zu machen, ohne zuvor den Bewilligungsbescheid nach §§ 45 ff SGB X aufheben zu müssen (vgl Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 71 Ahm 2a; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, aaO, § 71 Anm 10; Krebs, Komm zum AFG § 71 Anm 5; aA Geffers/Schwarz, aaO § 71 Anm 2), rechtfertigte dies nicht den angefochtenen Bescheid, soweit er als Leistungsbescheid in diesem Sinne anzusehen wäre. Es fehlt nämlich jedenfalls an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift. Die Erstattungspflicht des Arbeitgebers verlangt das Vorliegen einer der Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X. Das ist hier aber nicht der Fall, wie schon ausgeführt wurde.
Schließlich begründet der von der Beklagten in den Bewilligungsbescheiden angebrachte Vorbehalt allein nicht den geltend gemachten Rückerstattungsanspruch. Die Beklagte hatte SWG/WG und Rentenzuschüsse bewilligt, ohne zuvor das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen vollständig überprüft zu haben. Zahlungen leistete sie unter dem Vorbehalt, daß zu Unrecht geleistete Beträge an das Arbeitsamt zurückzuzahlen sind, sofern die nachträgliche Überprüfung der Abrechnungslisten eine Überzahlung ergeben sollte. Vor Inkrafttreten des SGB hat der erkennende Senat die Zulässigkeit solcher Vorbehaltszahlungen im Bereich der SWG-Regelung anerkannt und entschieden, daß sich die Beklagte in Fällen dieser Art auf die Zahlung unter Vorbehalt als ausreichende Rechtsgrundlage für einen Rückforderungsanspruch berufen kann (vgl SozR Nr 1 zu § 68 AFG, BSGE 37, 155, 158 = SozR 4600 § 143 f Nr 1; BSGE 40, 23, 24 f = SozR 4100 § 79 Nr 2; SozR 1500 § 77 Nr 20). Der Rückforderungsvorbehalt unterlag danach den gleichen Grundsätzen wie der Vorbehalt des Widerrufs (vgl BSGE 37, 155, 158).
Der Senat hält diese Form der Gewährung von SWG/WG ohne abschließende Ermittlung und Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auch nach Inkrafttreten des SGB I und X für zulässig. Die grundsätzliche Ermächtigung für Vorwegzahlung eines Leistungsträgers ergibt sich aus § 32 Abs 1 SGB X. Diese Vorschrift regelt die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen unterschiedlich danach, ob es sich um einen gebundenen Verwaltungsakt (Abs 1) oder um einen Verwaltungsakt handelt, der in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt ist (Abs 2). Beim SWG/WG handelt es sich um Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§§ 38, 19 SGB I). Die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen in SWG/WG-Bewilligungsbescheiden richtet sich daher nach § 32 Abs 1 SGB X. Während nach § 81 Abs 5 AFG WG-Bewilligungsbescheide mit Bedingungen und Auflagen versehen werden dürfen, enthalten die Vorschriften über die Gewährung von SWG eine derartige Regelung nicht, so daß eine Nebenbestimmung nur zulässig ist, wenn sie sicherstellen soll, daß die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Da ein Verwaltungsakt grundsätzlich erst ergehen darf, wenn seine gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, könnte die Sicherstellung in diesem Sinne auf die Fortdauer dieser Voraussetzung zu beziehen sein (vgl Erichsen, VerwArch 66, 299, 307; Platzer SGb 1983, 277, 278; Verbandskomm, SGB X i 32 Anm 6). Diese Auslegung würde jedoch dazu führen, daß die Beklagte ihre Bewilligungsbescheide bereits dann mit einem Vorbehalt versehen dürfte, wenn die bloße Möglichkeit einer späteren Rechts- oder Tatsachenänderung bestände. Dies hätte zur Folge, daß sich die Beklagte praktisch die Aufhebung jeder Leistungsbewilligung vorbehalten dürfte, da jeder Sachverhalt, der einen Leistungsanspruch gegen die Beklagte begründet sich in einer den Anspruch berührenden Weise verändern kann. Für die Regelung des § 48 SGB X bliebe dann kein Raum mehr (vgl BSGE 42, 184, 190 = SozR 4100 § 152 Nr 3). Der Senat schließt sich daher der überwiegenden Meinung in der Literatur an (Schroeder-Printzen, Engelmann, Wiesner, von Wulffen, Komm zum SGB X, § 32 Anm 2.1; Kopp, Komm zum VwVfG § 36 RdNr 9; Schneider-Danwitz in Gesamtkomm zum SGB X, § 32 Anm 15, 18 mwN), wonach der Begriff Sicherstellung dahingehend auszulegen ist, daß ein Verwaltungsakt vor Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen der in ihm getroffenen Regelung mit einer Nebenbestimmung ergehen darf, wenn eine abschließende Entscheidung dem Grunde nach noch nicht möglich ist, so daß durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden muß, daß diese Regelung nur bei Eintritt dieser Voraussetzungen wirksam wird oder wirksam bleibt. Aus der Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen folgt auch, daß der Gesetzgeber der Verwaltung die Befugnis einräumt, Verwaltungsakte bereits dann zu erlassen, wenn noch nicht alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale zu ihrer Überzeugung erfüllt sind. Im Bereich der gebundenen Entscheidungen läßt sich daher die generelle Befugnis zu Vorwegzahlungen aus § 32 Abs 1 SGB X herleiten.
Dem steht nicht die Regelung des § 42 SGB I entgegen, wonach der zuständige Versicherungsträger Vorschüsse zahlen kann, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Der § 42 SGB I betrifft den Fall, daß zwar die Höhe des Anspruchs noch offen, die Leistungspflicht des Leistungsträgers hingegen geklärt ist. Dies ist der Fall, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen zur Überzeugung des Leistungsträgers festgestellt sind (Burdenski/von Maydell, Schellhorn, Gemeinschaftskomm zum SGB AT, § 42 Anm 11 f; Bochumer Komm, § 42 SGB I Anm 5; Rohwer-Kahlmann/Ströer, Komm zum SGB I, § 42 RdNr 2; zurückhaltender: Peters/Hommel, Komm zum SGB I, § 42 Anm 4, Wannagat, Komm zum SGB I, § 42 Anm 2b). Deshalb folgt hieraus nicht, daß Sozialleistungen überhaupt nur erbracht werden dürften; wenn feststeht, daß ihre gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen (so Bley in Gesamtkomm SGB I, § 42 S 407, Anm 1e). Zweck der Vorschußregelung nach § 42 SGB I ist es, zu vermeiden, daß der Leistungsberechtigte bei längerer Dauer des Verfahrens zur Feststellung der Höhe seines Anspruchs Nachteile dadurch erleidet, daß er die ihm dem Grunde nach zustehende Sozialleistung zunächst nicht erhält (BT-Drucks 7/868 zu § 42 S 29; Bochumer Komm zum SGB I, § 42 RdNr 1; Hauck/Haines Komm zum SGB I, § 42 RdNr 1). Außerdem soll durch eine rechtzeitige und ausreichende Vorschußgewährung verhindert werden, daß sich zwei Leistungsträger mit derselben Angelegenheit befassen und zusätzlich einen Ausgleich untereinander herbeiführen müssen (Bley aaO § 42 SGB I Anm 1c mwN). Neben dem Wortlaut spricht dieser Sinn des § 42 SGB ) dagegen, die Regelung auch in Fällen anzuwenden, in denen fraglich ist, ob ein Leistungsanspruch dem Grunde nach überhaupt besteht. Bei derartigen Sachlagen erweist sich die Regelung des § 32 Abs 1 SGB X nach Auffassung des Senats als die geeignete Grundlage für Vorwegzahlungen, denn diese zur sachgerechten Erfüllung eines Gesetzesauftrags erforderlich sind. Dies gilt jedenfalls für den Bereich der Regelungen über SWG und WG.
Der Anspruch auf SWG/WG entsteht, soweit die Voraussetzungen nach den §§ 83 ff, 80 AFG vorliegen (§ 40 Abs 1 SGB I). Abweichend von § 41 SGB I werden diese Leistungen der Beklagten nicht mit dem Entstehen der Ansprüche fällig, da sie gemäß § 72 Abs 4 iVm §§ 81 Abs 3, 88 Abs 4 AFG erst nachträglich für den beantragten Zeitraum ausgezahlt werden. Dieser Zeitraum beträgt nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG mindestens vier Wochen. In ihren Abrechnungslisten wählte die Klägerin einen monatlichen Lohnabrechnungszeitraum, so daß jeweils nach Ablauf desselben ein fälliger Anspruch auf SWG/WG entstanden ist. Aufgrund der Besonderheiten des SWG/ WG-Verfahrens ist die Beklagte jedoch zu diesem Zeitpunkt generell nicht in der Lage, über den vom Arbeitgeber durch Antrag und Einreichung der Abrechnungslisten glaubhaft gemachten Anspruch abschließend zu entscheiden. Erst das Ergebnis einer Betriebsprüfung, bei der ua das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen nach § 85 AFG und damit auch das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach geprüft wird, verschafft der Beklagten die notwendige Gewißheit über die Richtigkeit der Angaben des Arbeitgebers und damit auch über die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung. Zu einer zeitnahen Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mittels einer Betriebsprüfung ist die Beklagte angesichts der in den Wintermonaten massiv anfallenden Leistungsanträge regelmäßig nicht in der Lage. Die Verneinung der Zulässigkeit von Vorwegzahlungen hätte zur Folge, daß die betroffenen Arbeitnehmer, die bereits auf Grund des vorgeschriebenen Verwaltungsverfahrens nach § 72 Abs 4 AFG eine nachträgliche Auszahlung in Kauf zu nehmen haben, daneben eine weitere nach Lage des Falles unterschiedlich lange Zeit ohne die ihnen zustehenden Sozialleistungen zu überbrücken hätten.
An dieser Sachlage hat sich übrigens durch das Inkrafttreten des SGB nichts geändert, so daß die Erwägungen des Senats, die zur Bestätigung des Rechts der Beklagten für Vorbehaltsleistungen während des früheren Rechtszustandes geführt haben (BSG aaO), unverändert Geltung besitzen. Nach wie vor können vor einer Betriebsprüfung die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach von der Beklagten nicht abschließend festgestellt werden. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 42 SGB I eine Regelung für die Gewährung von Vorschüssen geschaffen, so daß daraus zu folgern ist, daß, soweit deren Voraussetzungen vorliegen, die Gewährung von Vorwegzahlungen unzulässig ist. Fehlen aber, wie hier, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vorschußgewährung nach § 42 SGB I, verbleibt der Verwaltung die Befugnis zur Vorwegzahlung. Die gegenteilige Ansicht löste den Interessenkonflikt, zwischen den Belangen des betroffenen Sozialleistungsempfängers und der Verwaltung einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar ist nicht zu verkennen, daß der Sozialleistungsträger, sofern er Vorwegleistungen erbringt, bei der Realisierung von Erstattungsansprüchen nicht selten Schwierigkeiten begegnet. Zu berücksichtigen ist auch, daß der Bürger, solange über seinen Leistungsanspruch noch nicht abschließend entschieden ist, für die Übergangszeit Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erlangen kann. Dann wären aber Ausgleichsansprüche zwischen den Leistungsträgern, die der Gesetzgeber durch die Regelung des § 42 SGB I aus Gründen der Verwaltungsökonomie ausschließen wollte, unvermeidbar. Nur die Zulassung von Vorwegzahlungen ermöglicht im Bereich des SWG/WG eine zeitnahe Gewährung von Sozialleistungen, wie es generell dem Zweck von Sozialleistungen entspricht. Vorwegzahlungen und die Beifügung von Nebenbestimmungen in SWG/WG-Bewilligungsbescheiden erscheinen daher grundsätzlich nach § 32 Abs 1 SGB X zulässig.
Fraglich ist jedoch, in welcher Form hier eine solche Nebenbestimmung zu ergehen hat. Eine Befristung iS von § 32 Abs 2 Nr 1 SGB X kommt augenscheinlich nicht in Betracht, weil einem derartigen Vorbehalt unter keinen Umständen die Bedeutung beizulegen ist, daß die Rechtswirkung des Verwaltungsaktes von einem zukünftigen gewissen Zeitpunkt abhängen soll (Stelkens/Bonk/Leonhardt, Komm zum VwVfG § 36 Anm 9). Ebenso scheidet eine Bedingung iS von § 32 Abs 2 Nr 2 SGB X aus. Bei dem hier erforderlichen Vorbehalt handelt es sich nicht um eine Regelung, wonach ein vom Adressaten unabhängiges Ereignis eintreten muß, um den Verwaltungsakt entweder wirksam oder unwirksam zumachen. Weder die Betriebsprüfung noch der Wegfall der Unaufklärbarkeit noch ihr Ergebnis bedingen automatisch die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Bescheides. Vielmehr stellt das Ergebnis der Betriebsprüfung die Grundlage für den anschließenden Entscheidungsakt der Behörde dar (vgl BVerwGE 67, 99, 102, Schneider-Danwitz aaO § 32
Anm 32bb). Auch ein Widerrufsvorbehalt iS von § 32 Abs 2 Nr 3 SGB X wäre verfehlt. Der von der Beklagten anzubringende Vorbehalt soll je nach Ausgang der Prüfung eine Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit ermöglichen. Nach § 47 SGB X in der hier zu beachtenden Fassung durch Art II § 17 Nr 3 des SGB X - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehung zu Dritten - vom 4. November 1982 (BGBl I 1450), in Kraft seit dem 1. Juli 1983, ist der Widerruf nur mit Wirkung für die Zukunft möglich (vgl dazu Schneider-Danwitz aaO § 47 SGB X Anm 1a; Jahn, Komm zum SGB X 47 RdNr 11 Zwar läßt § 151 Abs 1 AFG abweichend hiervon den Widerruf für die Vergangenheit zu, soweit ua die auf Grund des Verwaltungsaktes gewährte Leistung nicht oder nicht mehr ihrem Zweck entsprechend verwendet wird. Diese Regelung ist jedoch, wie schon ausgeführt wurde, in Fällen der vorliegenden Art nicht anwendbar.
Der von der Beklagten im vorliegenden Falle ihren Bewilligungsbescheiden beigefügte Rückforderungsvorbehalt entspricht keinem der Tatbestände iS von § 32 Abs 2 AFG, sondern ist offenbar eine Nebenbestimmung eigener Art; In der Literatur ist es streitig, ob die Aufzählung von Nebenbestimmungen in § 32 Abs 2 SGB X abschließend ist (verneinend: Schneider-Danwitz aaO § 32 Anm 3 f; Stelkens/Bonk/Leonhardt, Komm zum VwVfG § 36 RdNr 6; Schachel, Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten S 19, 47; aA: Schroeder-Printzen, Engelmann, von Wulffen aaO § 32 Anm 3; Knack, Komm zum VwVfG § 36 RdNr 3).
Der Senat neigt dazu, auf der Grundlage von § 32 Abs 1 SGB X Nebenstimmungen eigener Art zur Lösung der sich im SWG/WG-Verfahren stellenden Probleme für zulässig zu erachten. Im Bereich der SWG- und WG-Regelungen erscheinen sie zur Gewährleistung des Gesetzeszweckes unumgänglich. Davon abhängige Vorwegzahlungen liegen nicht nur im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber. Eine verzögerliche Bewilligungspraxis ginge ebenso zu ihren Lasten. Zwar besteht weder ein arbeitsrechtlicher noch ein sozialrechtlicher Anspruch gegen den Arbeitgeber, SWG/WG zu verauslagen. In der Praxis sind Verauslagungen seitens der Arbeitgeber jedoch nicht unüblich. Eine verzögerliche Bewilligungspraxis würde daher zwangsläufig zu einem Schwinden der unternehmerischen Bereitschaft führen, eine ganzjährige Auslastung ihrer Baubetriebe anzustreben. Eine späte Gewährung würde die Liquidität der Firmen in unzumutbarer Weise beeinträchtigen. Dadurch wäre auch die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft beeinträchtigt.
Einer abschließenden Entscheidung bedarf es jedoch nicht. Der den Bewilligungsbescheiden im vorliegenden Falle beigefügte Vorbehalt deckt den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch der Beklagten jedenfalls nicht. Vorbehalten hat sich die Beklagte die Rückzahlung (Rückforderung) zu Unrecht gezahlter Beträge. Dieser Erklärungsinhalt ist eindeutig und deshalb, wie schon ausgeführt wurde, für die rechtliche Bedeutung des Vorbehalts maßgebend. Die der Klägerin für P. zugeflossenen Leistungen sind jedoch nicht zu Unrecht gezahlt worden. Dies folgt daraus, daß die Beklagte die den Zahlungen zugrundeliegenden Bewilligungen, wie ausgeführt, nicht mehr aufheben kann. Auf die materielle Rechtslage allein kommt es insoweit nicht an. Die Bestandskraft der Bewilligungen für P. hindert den Eintritt der Voraussetzung für das Wirksamwerden des vorbehaltenen Rückforderungsrechts, daß die Leistungen zu Unrecht gezahlt worden sind; denn die Bindungswirkung eines Bescheides hat zur Folge, daß die getroffene Regelung unabhängig von den materiell-rechtlichen Voraussetzungen zwischen den Beteiligten verbindlich, der darauf gegründete Leistungsbezug rechtmäßig ist (vgl dazu BSGE 47, 241, 245 = SozR 4100 § 134 Nr 11; BSG SozR 4100 § 105b Nr 6; Urteil des Senats vom 13. Mai 1987 - 7 RAr 62/85 u).
Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erweist sich mithin in vollem Umfange als rechtswidrig, so daß die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist. Es bedurfte aus diesem Grunde keines Eingehens auf die Frage, ob die Beklagte für den Fall, daß ihr Vorbehalt eindeutig auf eine Aufhebung der Leistung bezogen gewesen wäre, die Teilaufhebung der Bewilligungsbescheide vom 24. Januar, 2. März, 29. März 1983, die den Leistungszeitraum vom 1. Dezember 1982 bis 28. Februar 1983 betrafen, auf eine derartige Nebenbestimmung stützen könnte. Vorbehalten hatte sich die Beklagte die Rückforderung für den Fall, daß die Betriebsprüfung ein Fehlen oder einen Wegfall der Leistungsvoraussetzungen dem Grunde oder der Höhe nach ergeben sollte. Eine Betriebsprüfung, den oa Leistungszeitraum betreffend, hatte die Beklagte jedoch am 7. April 1983 durchgeführt. Ein Fehlen oder ein Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung von SWG/WG bezüglich P. wurde dabei von ihr nicht festgestellt. Weiterhin kann offen bleiben, ob die Beklagte berechtigt war, die SWG/WG-Forderung der Klägerin, die diese als Prozeßstandschafter ihrer Arbeitnehmer geltend gemacht hat, jeweils mit Umlageforderungen zu verrechnen. Der Widerspruch und die Klage der Klägerin betreffen ausschließlich den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten und nicht die in den vorhergehenden Bewilligungsbescheiden vorgenommenen Verrechnungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 518053 |
BSGE, 32 |
DVBl. 1988, 449 |