Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtswirksamkeit von Beiträgen.
Der 1938 geborene Kläger, ein Diplom-Physiker, nahm vom 22. Februar bis 11. März 1983, 25. Juni bis 27. Juli 1984 und vom 8. Juli bis 2. August 1985 an Wehrübungen teil. Mit Einverständnis seiner Arbeitgeberin, der beigeladenen Fa. Kurt E. GmbH (E. -GmbH), nahm er dafür Erholungsurlaub. Die E. -GmbH zahlte vereinbarungsgemäß das Gehalt als Urlaubsentgelt weiter und führte davon u.a. die Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze zur Angestelltenversicherung ab. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) beanstandete diese Beiträge mit dem streitigen Bescheid vom 11. Dezember 1985, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 21. April 1986, weil das Arbeitsverhältnis nach § 1 Abs. 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes (ArbPlSchG) während der Wehrübungen geruht habe und der Kläger deswegen nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), sondern nur nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 a.a.O. versicherungspflichtig gewesen sei; daher habe nicht die Beigeladene, sondern nur der Bund Pflichtbeiträge gemäß §§ 112 Abs. 3 Buchst d und Abs. 5 Satz 1, 32 Abs. 6 AVG (Bemessungsgrundlage: 70 v.H. des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts aller Versicherten i.S. von Satz 2 a.a.O.) wirksam abführen können.
Das Sozialgericht (SG) Lüneburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Juli 1987). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat durch Urteil vom 22. April 1988 die vorrinstanzliche Entscheidung und den streitigen Bescheid der Beklagten aufgehoben und ausgeführt: Für den Kläger, der außerhalb der Zeiten der Wehrübungen unzweifelhaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG versicherungspflichtig gewesen sei, könne während der Teilnahme an den Wehrübungen nichts anderes gelten, weil er in diesen Zeiten jeweils den ihm arbeitsrechtlich zustehenden Erholungsurlaub genommen habe. Das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis bestehe während des Urlaubs fort (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1227 Nr. 4). § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG regele nicht den Fall, daß ein bei einem privaten Arbeitgeber Beschäftigter während der Wehrübung seine vollen Bezüge weiter erhalte. Die Gesetzeslücke sei in Analogie zu § 2 Abs. 2 Satz 1 AVG dadurch zu schließen, daß das Beschäftigungsverhältnis als durch den Wehrdienst nicht unterbrochen gelte. § 1 Abs. 1 ArbPlSchG stehe nicht entgegen.
Zur Begründung der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt die Beklagte vor, ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis habe während der Wehrübungen - ungeachtet des vereinbarten Urlaubs nicht bestanden, weil der Kläger weder dienstbereit noch für die Beigeladene verfügbar, sondern ausschließlich zur Dienstleistung bei der Bundeswehr verpflichtet gewesen sei (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 4; § 788 Nr. 3; § 28 des Wehrpflichtgesetzes - WPflG). Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß das sozialrechtliche Beschäftigungsverhältnis während der Wehrübung ruhe. Die Folgen habe er für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst (denen der öffentliche Arbeitgeber Arbeitsentgelt wie bei einem Erholungsurlaub - § 1 Abs. 2 ArbPlSchG - zu zahlen habe und bei denen das Beschäftigungsverhältnis als durch den Wehrdienst nicht unterbrochen gelte - § 2 Abs. 2 Satz 1 AVG -), anders und günstiger geregelt als für solche der Privatwirtschaft, deren Lebensbedarf er im wesentlichen durch Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG) sichere und für die er die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG vorgeschrieben habe. Wie in dem - auf einem anderen Sachverhalt beruhenden - Fall, den das BSG mit Beschluß vom 25. August 1987 (11a RA 32/86) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt habe, stelle sich für den Kläger nur die Frage, ob es im Blick auf die Ungleichbehandlung mit Angestellten im öffentlichen Dienst verfassungsgemäß sei, daß er keine Möglichkeit hat, das aufgrund der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG zu berücksichtigende Bruttoarbeitsentgelt nach § 32 Abs. 6 AVG durch eigene Beiträge bis zur Höhe des ausgefallenen (bzw freiwillig weitergezahlten) Verdienstes, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze, aufzustocken.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung gegen das Urteil des SG Lüneburg vom 30. Juli 1987 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er sei auch während der Wehrübungen für die Beigeladene dienstbereit gewesen. Die Verfügbarkeit für den Arbeitgeber könne nicht anders beurteilt werden als in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs wegen unbekannten Aufenthalts unerreichbar sei; dann bestehe das Beschäftigungsverhältnis gleichwohl fort. Im übrigen bestimmten allein die Vertragsparteien die Hauptleistungspflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis. Sie seien hier für die Dauer der Wehrübungen von dem Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG erkannt, daß die streitbefangenen Beiträge rechtswirksam sind.
Die BfA darf Beiträge, die ein Arbeitgeber (hier: die E. -GmbH) für einen bei ihm Beschäftigten (vorliegend: den Kläger) abgeführt und die sie zunächst entgegengenommen hat, nur beanstanden, d.h. deren Rechtsunwirksamkeit feststellen, wenn sie zu Unrecht entrichtet worden sind (vgl. §§ 143, 145 Abs. 2 Satz 1, 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AVG, § 27 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 4; BSG SozSich 1984, 357; SozR 5755 Art 2 § 1 Nr. 4; SozR 1300 § 31 Nr. 3 m.w.N.). Bei den von der Beklagten beanstandeten Beiträgen handelt es sich jedoch um rechtmäßig abgeführte Pflichtbeiträge. Die E. -GmbH hatte diese Beiträge gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 AVG als Arbeitgeberin zu entrichten; sie und der Kläger mußten sie nach § 112 Abs. 4 Buchst a) AVG je zur Hälfte tragen, weil der Kläger auch während der Teilnahme an den Wehrübungen bei der E. -GmbH versicherungspflichtig beschäftigt war.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG werden in der Rentenversicherung der Angestellten u.a. alle Personen versichert, die - wie der Kläger als Angestellte gegen Entgelt beschäftigt sind, d.h. in einem entgeltlichen (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis stehen (vgl. §§ 7, 14 SGB 4). Der Begriff des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses kann zwar nicht generalisierend oder gar mit Geltung für alle Versicherungszweige abschließend inhaltlich bestimmt werden, zumal er sogar im engeren Bereich der Rentenversicherung je nach dem Sinnzusammenhang, in den die einzelne ihn enthaltende Norm gestellt ist, unterschiedliche Bedeutungen erlangen kann (Großer Senats in BSGE 37, 10, 12 = SozR Nr. 62 zu § 1259 der Reichsversicherungsordnung -RVO- m.w.N.). Seine charakteristischen Merkmale sind aber die persönliche Abhängigkeit, die sich in die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und in die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausformt, sowie die Entgeltlichkeit (st Rspr; vgl. BSG SozR 2200 § 788 Nr. 3 S. 13; Großer Senat in BSGE 41, 41, 52f. = SozR 2200 § 1259 Nr. 13 S. 46ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen, von der Beklagten nicht angegriffenen und daher den Senat bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) Feststellungen des Berufungsgerichts hat zwischen dem Kläger und der Beigeladenen jeweils bis zum Beginn der Wehrübung und unmittelbar nach deren Ende ein angestelltenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG bestanden. Fraglich ist allein, ob es während der Wehrübung fortbestanden hat. Hierfür kommt es maßgeblich nicht auf arbeitsrechtliche Regelungen, sondern auf die tatsächliche Gestaltung an (vgl. für die gesetzliche Unfallversicherung: BSG SozR 2200 § 788 Nr. 3 S. 13 m.w.N.). Den - auch insoweit bindenden - Feststellungen des LSG zufolge hat die Beigeladene den Kläger jeweils für die Dauer der Wehrübung von der Arbeitsleistung freigestellt und ihm währenddessen wunschgemäß Erholungsurlaub gewährt, das Gehalt weitergezahlt und sich mit seiner Teilnahme an der Wehrübung in dieser Zeit einverstanden erklärt. Bei dieser Sachlage hat das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis fortbestanden:
Das BSG hat in st Rspr erkannt, daß die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung nicht stets notwendige Voraussetzung für das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist (Großer Senat in BSGE 37, 10, 13 = SozR Nr. 62 zu § 1259 RVO; Großer Senat in BSGE 41, 41, 52f. = SozR 2200 § 1259 Nr. 13; BSG SozR 2200 § 788 Nr. 3 S. 14; jew m.w.N. auch zum folgenden). u.a. wird das Beschäftigungsverhältnis während eines Erholungsurlaubs trotz Wegfall der Arbeitsleistung des Versicherten und der (aktuellen) Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers nicht unterbrochen (beendet), wenn Entgelt fortgezahlt wird; etwas anderes kann erst dann gelten, wenn eine Arbeitsruhe ohne Entgeltzahlung eintritt, insbesondere, wenn sie von unbestimmter Dauer ist (Großer Senat in BSGE 41, 41, 53 m.w.N. = SozR 2200 § 1259 Nr. 13). Vor allem lassen verhältnismäßig kurze Unterbrechungen der tatsächlichen Dienstleistung, deren Ende von vornherein absehbar ist, die entgeltliche Beschäftigung unberührt, sofern nur beide Seiten den grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen haben und der Arbeitgeber Entgelt zahlt (BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 4 S. 5; BSG SozR 6930 Art 1 Nr. 1 S. 3; jew m.w.N.). Dementsprechend hat der 11. Senat des BSG (BSGE 51, 234, 235f. = SozR 5745 § 3 Nr. 3) zu § 3 Abs. 1 der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO) bereits klargestellt, daß ein Beschäftigungsverhältnis durch eine von vornherein kurzfristige Wehrdienstzeit (Wehrübung bis zu drei Monaten) nicht unterbrochen, sondern nur suspendiert wird, wenn sie sich in Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber eingeschoben hat, die alle Regelmerkmale eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses erfüllen.
Nach dem Schutzzweck der Versicherungspflicht i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG, den Angestellten dazu anzuhalten, sich u.a. gegen die Risiken der Invalidität und des Alters aus seinem Arbeitsentgelt abzusichern, wenn und solange er im Arbeitsleben steht (vgl. Gagel, SGb 1981, 253, 254, 258; ders, SGb 1985, 268, 269, 271, 272, jew m.w.N.), ist es sachgerecht, die vorgenannten Grundsätze über den Fortbestand des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch in den Fällen einer in das Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltfortzahlung eingeschobenen Wehrübung anzuwenden. Denn der Versicherte ist jedenfalls dann schutzbedürftig i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 a.a.O., wenn er mit Einverständnis des Arbeitgebers die Arbeitsleistung lediglich vorübergehend und nur für kurze Zeit unterbricht und dem Arbeitgeber deswegen nicht zur Verfügung steht, dieser aber das Entgelt weiterzahlt. Deshalb kann in einem solchen Fall die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG nur entfallen, wenn sie durch eine vorrangige gesetzliche Vorschrift verdrängt wird oder die rentenversicherungsrechtliche Anerkennung des tatsächlichen Fortbestandes des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses seinem Gegenstand nach einem gesetzlichen Verbot (vgl. § 134 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-, BSGE 15, 89, 91 = SozR Nr. 25 zu § 165 RVO) bzw. - was hier nicht in Betracht kommt - den guten Sitten (vgl. § 138 Abs. 1 BGB) zuwiderläuft.
Nach diesen Maßstäben stand der Kläger auch während der Teilnahme an den Wehrübungen in einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG versicherungs- und deswegen beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur beigeladenen E. -GmbH. Denn die Wehrübungen des Klägers haben sich in Beschäftigungen bei der Beigeladenen eingeschoben, die - wie ausgeführt - alle Regelmerkmale eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllten; die Unterbrechung der Arbeitsleistung war von verhältnismäßig kurzer Dauer (weniger als drei Monate, der nach § 6 Abs. 1 WPflG zulässigen Höchstdauer einer Wehrübung), das Ende der Unterbrechung war von vornherein absehbar, auf beiden Seiten bestand der grundsätzliche Arbeits- und Fortsetzungswille (wie sich aus der Feststellung des Berufungsgerichts ergibt, daß "für die Wehrübungen" vereinbarungsgemäß "gesetzlicher Urlaub" in Anspruch genommen und "Urlaubsentgelt" gewährt werden sollte) und Gehalt in Form des "Urlaubsentgelts" ist tatsächlich weitergezahlt worden. Das fortgezahlte Gehalt war schließlich Arbeitsentgelt, zu dem alle Einnahmen aus einer Beschäftigung zu rechnen sind, die im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG i.V.m. § 14 Abs. 1 SGB 4). Anhaltspunkte dafür, dieses - von der Beklagten als freiwillige Leistung der Beigeladenen bezeichnetes - "Urlaubsentgelt" des Klägers könne in keinem inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung gestanden haben, liegen nicht vor. Sie ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht, sind auch nicht von der Beklagten dargetan oder sonst ersichtlich.
Entgegen der Ansicht der Beklagten enthält § 2 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AVG keine die Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 1 a.a.O. verdrängende Regelung der Versicherungspflicht von Wehrübungsteilnehmern. Das wäre allenfalls dann der Fall, wenn Nr. 8 a.a.O. bestimmte, Wehrübungsteilnehmer seien ausschießlich nach dieser Vorschrift versicherungspflichtig sogar dann, wenn sie während der Teilnahme an der Wehrübung zugleich die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach einer anderen Regelung des Abs. 1 a.a.O. erfüllen. Das ergibt sich hingegen weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der Nr. 8 a.a.O. Diese enthält vielmehr nur einen nachrangigen (subsidiären) Auffangtatbestand: Abs. 1 Nr. 8 a.a.O. bestimmt ua, daß Personen, die vor einer Wehrdienstleistung i.S. von § 4 Abs. 1 WPflG, also u.a. vor einer Wehrübung (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 WPflG), zuletzt - wie der Kläger - nach diesem Absatz versichert waren, bei Einberufung zu einem Wehrdienst von länger als drei Tagen für die Dauer der Wehrdienstleistung in der Rentenversicherung der Angestellten versichert werden. Für diese Versicherten trägt gemäß § 112 Abs. 4 Buchst d AVG der Bund die Pflichtbeiträge. Für deren Berechnung ist aber nach § 112 Abs. 3 Buchst d) AVG nicht etwa das fortgezahlte oder wegen des Wehrdienstes entgangene Bruttoarbeitsentgelt maßgebend, auch nicht die nach dem entfallenen bisherigen Nettoeinkommen - pauschalierend - zu berechnende Verdienstausfallentschädigung für Wehrübungsteilnehmer (§ 13 USG), die nur beansprucht werden kann, soweit ein Arbeitnehmer während der Wehrübung kein Arbeitsentgelt erhält (§ 1 Abs. 2 Satz 2 USG). Zugrunde zu legen sind vielmehr 70 v.H. des auf den Zeitraum, für den Beiträge vom Bund zu entrichten sind, berechneten durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter, der Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung ohne Lehrlinge und Anlernlinge i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 2 AVG. Ersichtlich bezwecken also diese Vorschriften, den Soldaten für die Dauer des Wehrdienstes ein Mindestmaß an rentenversicherungsrechtlichem Schutz zu gewährleisten, nicht aber, ihnen einen unabhängig davon bestehenden besseren Schutz zu nehmen.
Daß Abs. 1 Nr. 8 a.a.O. nur einen Auffangtatbestand enthält, nicht aber die Anwendung anderer, für die Soldaten günstigerer Vorschriften ausschließen soll, verdeutlicht außerdem § 2 Abs. 2 Satz 1 AVG. Danach gilt u.a. bei Wehrdienstleistenden, denen nach Vorschriften des ArbPlSchG während eines Wehrdienstes von mehr als drei Tagen (§ 11 ArbPlSchG) Entgelt weiterzugewähren ist, das Beschäftigungsverhältnis als nicht unterbrochen, besteht also Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG fort. Hintergrund von Abs. 2 Satz 1 a.a.O. ist, daß nach § 1 Abs. 1 ArbPlSchG das Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes ruht, d.h. weder Arbeitsnoch Entgeltpflicht besteht (Bundesarbeitsgericht -BAG- AP 1 zu § 1 ArbPlSchG; AP 1 zu § 78 des Zivildienstgesetzes - ZDG), jedoch den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst während einer Wehrübung vom Arbeitgeber Arbeitsentgelt wie bei einem Erholungsurlaub zu zahlen ist (Abs 2 a.a.O.). Außer Betracht kann bleiben, daß die Rechtsfolgen des § 1 Abs. 1 ArbPlSchG zugunsten des Arbeitnehmers in der Privatwirtschaft arbeitsvertraglich abbedungen werden können, also eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers trotz Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung vereinbart werden kann (Sahmer, Das Gesetz über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst, Kommentar, Stand: Mai 1987, Anm. 7 zu § 1 ArbPlSchG; zum Günstigkeitsprinzip Adomeit, NJW 1984, 26; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl 1986, S. 1335 ff; jew m.w.N.). Im Blick auf Sinn und Zweck von § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG gewinnt § 1 Abs. 1 ArbPlSchG vor allem dadurch Bedeutung, daß Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes Arbeitsentgelt in aller Regel nicht weiterzahlen, also typischerweise die Entgeltlichkeit der durch Wehrdienst unterbrochenen Beschäftigungen entfällt. Dadurch entsteht jene Lücke im rentenversicherungsrechtlichen Schutz der Soldaten, die § 2 Abs. 1 Nr. 8 AVG schließen soll. Sie tut sich aber gerade nicht auf, wenn der Arbeitgeber während einer in das Beschäftigungsverhältnis eingeschobenen Wehrübung Arbeitsentgelt weiterzahlt. Gerade weil den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst während einer Wehrübung Arbeitsentgelt nach § 1 Abs. 2 ArbPlSchG, also kraft Gesetzes und deshalb sogar dann zu gewähren ist, wenn die og weiteren Merkmale eines Fortbestands des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses (z.B. der Fortsetzungswille) im Einzelfall tatsächlich nicht vorliegen, mußte das Gesetz rentenversicherungsrechtlich in Rechnung stellen, daß uU nicht alle Angestellten im öffentlichen Dienst trotz Entgeltfortzahlung schon unmittelbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AVG versicherungspflichtig sind. Unnötige Verwaltungsverfahren vermeidend unterstellt deshalb § 2 Abs. 2 Satz 1 AVG ausnahmslos alle Fälle gesetzlich angeordneter Entgeltfortzahlung der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 1 a.a.O., indem im Wege der Fiktion bestimmt wird, daß das Beschäftigungsverhältnis als durch den Wehrdienst nicht unterbrochen gilt. Nichts anderes, d.h. Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG tritt ein, wenn - wie hier - das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis tatsächlich fortbesteht, weil der Arbeitgeber für die Dauer der Wehrübung Gehalt nicht wegen gesetzlicher Verpflichtung, sondern nach Vereinbarung mit dem Versicherten fortzahlt.
Die rentenversicherungsrechtliche Anerkennung des tatsächlichen Fortbestandes des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses während einer eingeschobenen Wehrübung widerstreitet keinem gesetzlichen Verbot. Zwar hat der Arbeitgeber nach § 4 Abs. 5 ArbPlSchG den Erholungsurlaub voll zu gewähren, wenn ein Arbeitnehmer zu einer Wehrübung einberufen wird. Hierdurch wird arbeitsrechtlich klargestellt, daß der Arbeitgeber den Erholungsurlaub eines Arbeitnehmers, der an einer Wehrübung teilnimmt, anders als nach § 4 Abs. 1 bis 4 ArbPlSchG bei einem Grundwehrdienst Leistenden nicht einseitig kürzen darf (Sahmer, a.a.O., Anm. 6 zu § 4 ArbPlSchG). Es kann jedoch offen bleiben, ob die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen getroffene Vereinbarung von Erholungsurlaub für die Dauer der Wehrübungen gemessen an § 4 Abs. 5 ArbPlSchG arbeitsrechtlich wirksam war. Diese Vorschrift enthält nämlich kein auf die Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung ausstrahlendes Verbotsgesetz (§ 134 Abs. 1 BGB), weil sie ausschließlich dem Schutz des Arbeitnehmers vor einem Verlust des Urlaubsanspruchs dient, es aber nicht für schlechthin unzulässig erklärt, rentenversicherungsrechtlich die wirklich abgelaufenen Ereignisse zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Gleiches gilt für § 8 des Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz - BUrlG), nach dem der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten darf. Dahingestellt bleiben kann, ob die Teilnahme an einer Wehrübung überhaupt eine i.S. von § 8 BUrlG urlaubswidrige Erwerbstätigkeit ist. Von diesem dem Schutz des Arbeitgebers dienenden Tätigkeitsverbot (stellvertretend: Schaub, a.a.O., S. 671f. m.w.N.) kann arbeitsvertraglich zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG), d.h. auch eine gesetzlich verbotene Urlaubstätigkeit erlaubt werden. Erst recht verbietet § 8 BUrlG nicht, rentenversicherungsrechtlich an die im beiderseitigen Einverständnis durchgeführte Urlaubsgestaltung anzuknüpfen.
Da nach alledem die Pflichtbeiträge rechtmäßig entrichtet worden sind, konnte die Revision der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen