Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die von der Beklagten geforderten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung für Aushilfskräfte zu entrichten, deren Person und Beschäftigungsumfang nicht hinreichend festzustellen sind.
Anläßlich einer Betriebsprüfung (13. Januar 1972) stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin in ihrem Biergroßhandel in der Zeit vom 1. Dezember 1969 bis 30. November 1971 insgesamt 27.027,-- DM Nettolohn, an Aushilfskräfte gezahlt hatte. Die Personalien der zumeist nur wenige Tage tätigen Aushilfskräfte hatte die Klägerin nicht aufgezeichnet. Sie hatte lediglich den Lohnempfang auf einfachen Zetteln quittieren lassen, die nur den ausgezahlten Betrag, das Datum und die Unterschrift des Empfängers ausweisen, nicht aber den vollständigen Namen, die Anschrift und die Zeiten und sonstige Einzelheiten der Beschäftigung. Da die Klägerin diese Aushilfskräfte - vor allem darunter befindliche Studenten - für versicherungsfrei gehalten hatte, hatte sie sie der Beklagten nicht gemeldet.
Mit Bescheid vom 17. Februar 1972 stellte die Beklagte fest, "für den durch die Betriebsprüfung erfaßten Kreis von Aushilfskräften" bestehe Versicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen. Die Beklagte, die zur Beitragsanforderung keine weiteren Angaben machte, kündigte am Schluß des Bescheids an, der Klägerin werde eine Aufstellung über die nachberechneten Beiträge "in Kürze" zugehen. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Ihr Versuch, nachträglich für die von ihr beschäftigten Studenten Immatrikulations-Bescheinigungen zu beschaffen, scheiterte. Ein von der Klägerin unterbreiteter Vergleichsvorschlag, 30 v.H. der gebuchten Löhne als an versicherungsfreie Studenten gezahlt anzusehen, von den verbleibenden Löhnen aber Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, lehnte die Beklagte ab. Mit Schreiben vom 23. Februar 1973 stellte die Beklagte die nachzuzahlenden Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1969 bis 30. November 1971 auf 8.604,78 DM fest. Der Widerspruchsausschuß der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. März 1973). Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Februar 1975). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG Köln geändert und die Bescheide der Beklagten vom 17. Februar 1972 und 23. Februar 1973 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 1973 aufgehoben. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 29. Juli 1975).
Gegen dieses Urteil haben die Beklagte und die Beigeladene Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung der §§ 165, 318a, 1227, 1228ff., 1396, 1399, 1427 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sowie der Regeln der objektiven Beweislast.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 1975 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 3. Februar 1975 zurückzuweisen,hilfsweise,den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
II
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen sind begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Zutreffend wenden sich die Revisionen dagegen, daß das Berufungsgericht seine Feststellungen für ausreichend erachtet hat, die Pflicht der Klägerin zu verneinen, die von ihr von der Beklagten als Einzugsstelle geforderten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten. Die Beitragsforderung der Beklagten setzt voraus, daß die Beiträge für abhängig Beschäftigte zu entrichten waren, die gleichzeitig kranken- und rentenversicherungspflichtig waren (§§ 1399 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 393 Abs. 1 Satz 1 RVO). Insofern hängt die jeweilige Beitragspflicht von der jeweiligen Versicherungspflicht ab. Die Beitragspflicht ist die zwingende Rechtsfolge der Versicherungspflicht (BSGE 37, 114, 115; BSGE 15, 118, 122f. = SozR Nr. 2 zu § 1399 RVO). Wer in den Versicherungszweigen der Kranken- und Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, bestimmt allein das Gesetz in den §§ 165, 165a, 165b, 166, 1227 RVO, §§ 2, 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes. Wenn die in diesen Vorschriften gesetzlich verlangten Voraussetzungen erfüllt sind, tritt kraft Gesetzes die Versicherungspflicht ein. Sobald eine Person versicherungspflichtig ist, entsteht zwischen ihr und dem zuständigen Sozialversicherungsträger das öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsverhältnis. Das Sozialversicherungsverhältnis begründet die daraus folgende Hauptpflicht, Beiträge zu leisten (vgl. Bley, Sozialrecht, 1975, S. 70).
In der überwiegenden Zahl aller Fälle tritt die Einzugsstelle wegen der Eigenart des hierbei entwickelten Verfahrens beim Beitragseinzug nicht unmittelbar in Erscheinung. Der Arbeitgeber berechnet nämlich für die von ihm abhängig beschäftigten Personen ohne Mitwirkung der Einzugsstelle die Beiträge selbst. Er behält den Arbeitnehmeranteil vom Arbeitsentgelt der Beschäftigten ein und führt die vollen Beiträge an die Einzugsstelle ab, die sie regelmäßig - zumindest zunächst - ungeprüft entgegennimmt (§ 1399 Abs. 2 Satz 1 RVO) - Für die Einzugsstelle vollzieht sich der Beitragseinzug zumeist durch "schlichte Verwaltungshandlungen" , ohne daß sie durch Verwaltungsakt "über die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht und die Beitragshöhe" nach § 1399 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz RVO entscheidet (BSGE 15, 118, 124).
Wenn auch in der Heranziehung des Arbeitgebers bei der Beitragsberechnung und -abführung eine gesetzliche "Indienstnahme Privater" (vgl. BVerfGE 22, 380, 383; 30, 292, 311ff.; 33, 240, 244; Hans Peter Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater, in: Festgabe für Emil Kaufmann, S. 141ff.) liegt, so sind ihm damit noch nicht die Aufgaben der Einzugsstelle übertragen, die Versicherungspflicht, Versicherungsfreiheit, Versicherungsbefreiung, Beitragspflicht und Beitragshöhe eigenständig festzustellen. Eine derartige "Delegation", wie sie insbesondere die Beklagte annehmen möchte, besteht nicht. Dem Arbeitgeber ist durch die Heranziehung gemäß § 1399 Abs. 2 Satz 1 RVO nicht zugleich die Befugnis übertragen worden, die das Gesetz der Einzugsstelle in § 1399 Abs. 3 RVO zugewiesen hat, über die Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Auch wem der Arbeitgeber in der beschriebenen Weise tätig wird, setzt er keinen Verwaltungsakt. Wenn er Beiträge errechnet, den Beitragsanteil des abhängig Beschäftigten Anbehält und die vollen Beiträge an die Einzugsstelle abführt, hat dies alles nicht den Charakter einer Verwaltungsentscheidung. Das von dem Arbeitgeber auf Grund seiner Indienstnahme veranlaßte ist vorläufig und voll überprüfbar. Es steht unter dem Vorbehalt, daß die Einzugsstelle das Geschehene zu überprüfen und ggf. durch eigene Verwaltungsentscheidung richtigzustellen hat.
Gerade um eine derartige Entscheidung einer Einzugsstelle handelt es sich hier: Die Beklagte hat durch Beitragsbescheid über die Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe entschieden. Der Sache nach enthält diese Entscheidung drei zwingend voneinander abhängige und in ihrer Reihenfolge daher nicht austauschbare Einzelentscheidungen, nämlich zunächst über die Versicherungspflicht, dann diejenige über die Beitragspflicht, die aus der vorausgehenden Versicherungspflicht folgt, und schließlich, aus der Entscheidung über die Beitragspflicht folgend, diejenige über die Beitragshöhe.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung nur damit begründete bis zum Nachweis der von der Klägerin geltend gemachten Versicherungsfreiheit der Aushilfskräfte sei davon auszugehen, daß Versicherungspflicht bestanden habe. Die Beklagte und die Beigeladene ergänzen diese Begründung dahin, die Klägerin sei entgegen der Auffassung des LSG deshalb verpflichtet, die angeforderten Beiträge zu leisten, weil sie ihre Aufzeichnungs-, Melde- und Abführungspflichten verletzt habe. Die Beweislast kehre sich zu Lasten der Klägerin um.
Bei einer solchen Argumentation wird freilich, worauf schon das LSG hingewiesen hat, nicht hinreichend dem Grundsatz Rechnung getragen, daß Versicherungsfreiheit stets eine Ausnahme von der Versicherungspflicht ist und daher denkgesetzlich Versicherungspflicht voraussetzt. Um über die Versicherungspflicht der Aushilfskräfte entscheiden zu können, hätte die Beklagte die dazu erforderlichen Voraussetzungen feststellen müssen. An erster Stelle oblag es ihr zu ermitteln, wer jeweilig als Aushilfskraft beschäftigt war und wie das Beschäftigungsverhältnis der festgestellten Person im einzelnen gestaltet war. Ein Beschäftigungsverhältnis ist stets personenbezogen. Ebenso personenbezogen ist das - auf dem die Versicherungspflicht auslösende Beschäftigungsverhältnis beruhende - Sozialversicherungsverhältnis. Die Feststellung der Versicherungspflicht ist der Beklagten aber nach den mit den Revisionen nicht angefochtenen und daher das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) nicht möglich gewesen. Die Unmöglichkeit, den von der Beklagten behaupteten Tatbestand der Versicherungspflicht der Aushilfskräfte in der Kranken- und Rentenversicherung festzustellen, geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten als Einzugsstelle, die aus der von ihr behaupteten Versicherungspflicht ihre Beitragsforderung ableitet (vgl. zur objektiven Beweislast; BSGE 6, 70, 72, 73; 8, 245, 247; 15, 112, 114; 19, 52, 53; 24, 25, 27; 30, 121, 123). In seinem Urteil vom 6. Februar 1974 - 12 RK 30/72 - (BSGE 37, 114, 117) hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, daß die Einzugsstelle für die tatsächlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht die Beweislast trägt. Der Senat hält daran nach erneuter Prüfung fest. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der abhängig Beschäftigte ständig oder unständig (§ 441 RVO) beschäftigt ist.
Die Beklagte und die Beigeladene wollen allerdings die daraus abzuleitende Rechtsfolge, daß gegen die Klägerin keine Beitragsforderung besteht, durch den Hinweis abwenden, die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten als Arbeitgeber beim Beitragseinzug nicht erfüllt, insbesondere keine brauchbaren Aufzeichnungen über die von ihr Beschäftigten gemacht, und dadurch jeden Beweis für die Versicherungspflicht vereitelt. Sie meinen, bei einer Beweisvereitelung kehre sich die Beweislast um. Daher gehe die fehlende Aufklärbarkeit nicht zu Lasten der Einzugsstelle, sondern umgekehrt zu Lasten der Klägerin.
Damit greifen die Revisionen den bereits vom erkennenden Senat in seinem Urteil vom 6. Februar 1974 gegebenen Hinweis auf eine "sog. Umkehrung der Beweislast" (BSGE 37, 114, 117) auf. Während der Senat in jenem Urteil (vgl. Kiemann, OKK, 1974, 671, 672ff.; Pohlmann, Beiträge, 1974, 289, 293; Schneider, SozVers, 1974, 91) die Frage der "sog. Umkehrung der Beweislast" nicht zu entscheiden hatte, gibt der vorliegende Fall hierzu Anlaß.
In der gerichtlichen Praxis hat es sich eingebürgert, bei der Beweiswürdigung in bestimmten Fällen - freilich ungenau - von der "Umkehr der Beweislast" zu sprechen, (vgl. BSG SozR Nr. 60 zu § 128/SGG; Zeihe SGG, § 103, Anm. 3 B; Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 6. Aufl. 1975, S. 216; Rosenberg, Beweislast, § 14 Nr. 5; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl. 1974, § 118 III 6, S. 614f.; Thomas/Putzo, ZPO, 8. Aufl. 1975, § 286, Anm. 4; Zöller/Stephan ZPO, 11. Aufl. 1974, § 282 V 4; Schneider, DRiZ 1966, 281). Das Gemeinte kann in zwei Falltypen enthalten und beachtlich sein: Bei dem Beweis des ersten Anscheins und wenn die in der Sache erforderliche Aufklärung absichtlich oder schuldhaft vereitelt wird (vgl. Zeihe, a.a.O., mit weiteren Nachweisen; Eyermann/Fröhler, VwGO, 6. Aufl. 1974, § 86, Rd. Ziff. 10; Ule, a.a.O., S. 216f.; BSGE 37, 114, 117). Der Senat trägt keine Bedenken, diese im Prozeßrecht entwickelten Grundsätze auch auf das Verwaltungsverfahren bei der Feststellung von Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe im Rahmen der dort der Einzugsstelle obliegenden Beweiswürdigung für anwendbar zu erklären. Da der Beweis des ersten Anscheins sich nur auf Fälle eines bestimmten typischen Geschehensablaufs erstreckt, dies hier aber nicht zutrifft, könnten die Beklagte und die Beigeladene mit ihren Vorstellungen nur dann durchdringen, wenn die Klägerin die ihr als Arbeitgeber gesetzlich auferlegten Mitwirkungspflichten bei der zunächst festzustellenden Versicherungspflicht absichtlich oder schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig), also nicht nur absichtlich, wie dies das Berufungsgericht rechtsirrig angenommen hat, verletzt und so die insoweit erforderliche Aufklärung vereitelt hätte. Die Einzugsstellen können nämlich den von ihnen verlangten Beweis der für die Versicherungspflicht notwendigen Tatsachen nur führen, wenn die Arbeitgeber ihren für den Beitragseinzug entscheidenden Mitwirkungspflichten nachkommen. Diese aus der besonderen "Indienstnahme Privater" abgeleiteten Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers umfassen die Einzelpflichten zur Aufzeichnung, Auskunft, Meldung, Vorlage und Beitragsabführung. Wenn auch die Aufzeichnungspflicht als solche nicht ausdrücklich im Gesetz aufgeführt ist, so ergibt sie sich doch zwingend am dem Zusammenhang der übrigen gesetzlich bestimmten Melde- (§§ 317 Abs. 1, 449 Abs. 1, 1427 Abs. 1 RVO), Auskunfts- (§§ 318a Abs. 1 Satz 1, 1427 Abs. 1 Satz 1, 1427 Abs. 5 RVO i.V.m. § 2 der Verordnung über die Überwachung der Entrichtung der Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen [Beitragsüberwachungs-Verordnung -BÜVO- ] vom 28. Juni 1963 [BGBI I S. 445, berichtigt S. 768]) und Vorlagepflichten (§§ 318 Abs. 1 Sätze 2, 3, 1427 Abs. 1 Sätze 2, 3, 1427 Abs. 5 RVO i.V.m. § 3 BÜVO). Es ist nämlich ausgeschlossen, die zuletzt genannten Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, wenn nicht vorher der Arbeitgeber vor allem die in § 2 BÜVO im einzelnen aufgeführten Angaben aufgezeichnet hat. Diese gesamten Mitwirkungspflichten treffen den Arbeitgeber auch dann, wenn er Personen lediglich unständig beschäftigt (§§ 416, 441 RVO; noch anders für die Meldepflicht unständig Beschäftigter: BSGE 17, 182, 185 = SozR Nr. 2 Bl. Aa 4 Rückseite, 5 zu § 441 RVO). Wird die allen anderen Mitwirkungspflichten zugrunde liegende und alle Beschäftigten ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Versicherungspflicht umfassende Aufzeichnungspflicht absichtlich oder schuldhaft von dem Arbeitgeber verletzt und dadurch von ihm die der Einzugsstelle obliegende; Beweisführung zur Versicherungspflicht der Beschäftigten vereitelt, ist der Beweis als von der Einzugsstelle geführt anzusehen.
Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten, vor allem die Aufzeichnungspflicht, schuldhaft verletzt und so der Beklagten den Beweis der Versicherungspflicht der Beschäftigten unmöglich gemacht hat. Allerdings haben die Angestellten der Klägerin, M … und P …, als Zeugen bekundet, über die Beschäftigten um unvollständige Angaben, lediglich die Namen und die gezahlten Löhne, aufgezeichnet zu haben. Da die Klägerin eine Kommanditgesellschaft ist, kann die denkbare schuldhafte Vereitelung der Aufzeichnungspflicht nur dann abschließend beurteilt werden, wenn auch der (die) geschäftsführende(n) Gesellschafter dazu gehört wird (werden), ob die Angestellten auf Weisung der Geschäftsführung oder ohne eine solche gehandelt haben oder ob die Übung im Geschäftsgang der Klägerin, die Aufzeichnungspflicht stark zu vernachlässigen, auf einen von der Klägerin zu verantwortenden Organisationsmangel beruht oder etwa auf eine Auskunft der Einzugsstelle oder eines Versicherungsträgers zurückzuführen ist. Die insoweit fehlenden tatsächlichen Feststellungen zu treffen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Dies ist Aufgabe des Tatsachengerichts. Daher ist es erforderlich, das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Da bereits der Arbeitgeber, der fahrlässig seine Mitwirkungspflichten mißachtet, mit der vollen Beitragsforderung rechnen muß, wird er gegenüber dem Arbeitgeber, der seine Mitwirkungspflichten getreu erfüllt, entgegen der Meinung der Revisionen nicht bevorzugt. Die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung durch unterbliebene Beitragszahlungen des absichtlich oder schuldhaft unkorrekt handelnden Arbeitgebers besteht nicht. Im übrigen liegt es nach dem derzeitigen Recht darüber hinaus in der Hand der Einzugsstellen und der beteiligten Versicherungsträger, durch häufigere Überwachungen und Prüfungen, durch Geldbußen (§§ 530, 532, 1429, 1430, 1431 RVO, § 21 RVO), durch Zwangsgelder (§§ 318a Abs. 2, 1427 Abs. 4 RVO, § 11 BÜVO) sowie Auferlegung von Barauslagen der Beitragsüberwachung (§§ 318a Abs. 2, 1427 Abs. 6 RVO) denkbaren Mißständen bei unkorrekt handelnden Arbeitgebern Entgegenzuwirken.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.12/3 RK 66/75
Bundessozialgericht
Verkündet am 29. April 1976
Fundstellen
Haufe-Index 518766 |
BSGE, 297 |