Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Nationale Regelung, die ein an keine Bedingungen geknüpftes Recht gewährt, bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs zu arbeiten, und die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses am Ende des Monats gestattet, in dem der Arbeitnehmer dieses Alter erreicht. Keine Berücksichtigung der Höhe der Altersrente
Beteiligte
Tenor
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die einem Arbeitgeber erlaubt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers aus dem bloßen Grund zu beenden, dass dieser das 67. Lebensjahr vollendet hat, und die nicht die Höhe der Rente berücksichtigt, die ein Einzelner beanspruchen können wird, nicht entgegensteht, sofern sie objektiv und angemessen ist, durch ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik gerechtfertigt ist und ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Södertörns tingsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 18. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 21. März 2011, in dem Verfahren
Torsten Hörnfeldt
gegen
Posten Meddelande AB
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von T. Hörnfeldt,
- der Posten Meddelande AB, vertreten durch L. Bäckström,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und K. Simonsson als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Herr Hörnfeldt gegen seinen früheren Arbeitgeber Posten Meddelande AB führt, weil sein Arbeitsverhältnis am letzten Tag des Monats, in dem er das 67. Lebensjahr vollendete, beendet wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 8, 9 und 11 der Richtlinie 2000/78 lauten:
„(8) In den vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien für 2000 wird die Notwendigkeit unterstrichen, einen Arbeitsmarkt zu schaffen, der die soziale Eingliederung fördert, indem ein ganzes Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen getroffen wird, die darauf abstellen, die Diskriminierung von benachteiligten Gruppen, wie den Menschen mit Behinderung, zu bekämpfen. Ferner wird betont, dass der Unterstützung älterer Arbeitnehmer mit dem Ziel der Erhöhung ihres Anteils an der Erwerbsbevölkerung besondere Aufmerksamkeit gebührt.
(9) Beschäftigung und Beruf sind Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind.
…
(11) Diskriminierungen wegen … des Alters … können die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Freizügigkeit.”
Rz. 4
Art. 6 („Gerechtfertigte Ungleichbehandlung”) der Richtlinie 2000/78 bestimmt in Abs. 1 Buchst. a:
„Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:
- die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingun...