Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsatz der Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Stadtviertel, in denen überwiegend Personen mit Roma-Herkunft wohnen. Anbringung von Stromzählern in einer Höhe von sechs bis sieben Metern an den Betonmasten des Freileitungsnetzes. Begriff der ‚unmittelbaren Diskriminierung’. und der ‚mittelbaren Diskriminierung’. Beweislast. Etwaige Rechtfertigung. Verhinderung von Manipulationen an den Stromzählern und von illegalen Stromentnahmen. Verhältnismäßigkeit. Allgemeiner Charakter der Maßnahme. Beleidigende und stigmatisierende Wirkung der Maßnahme. Unmöglichkeit für den Endverbraucher, seinen Stromverbrauch zu kontrollieren
Normenkette
Richtlinie 2000/43/EG; Richtlinie 2009/72/EG; Richtlinie 2006/32/EG
Beteiligte
CHEZ Razpredelenie Bulgaria |
CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD |
Komisia za zashtita ot diskriminatsia |
Tenor
1. Der Begriff der „Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft” im Sinne der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, insbesondere ihrer Art. 1 und 2 Abs. 1, ist dahin auszulegen, dass er auf einen Sachverhalt wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, in dem in einem Stadtviertel, in dem im Wesentlichen Personen mit Roma-Herkunft wohnen, sämtliche Stromzähler in einer Höhe von sechs bis sieben Metern an den Masten des Freileitungsnetzes angebracht sind, während solche Zähler in den übrigen Stadtvierteln in einer Höhe von weniger als zwei Metern angebracht sind, unterschiedslos anzuwenden ist, gleichviel ob die fragliche Maßnahme Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Personen anderer Herkunft betrifft, die durch diese Maßnahme zusammen mit Ersteren weniger günstig behandelt oder in besonderer Weise benachteiligt werden.
2. Die Richtlinie 2000/43, insbesondere ihr Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a und b, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, nach der, um das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie erfassten Bereichen bejahen zu können, die weniger günstige Behandlung oder die in besonderer Weise benachteiligende Maßnahme im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie in einer Beeinträchtigung von Rechten oder legitimen Interessen bestehen muss.
3. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43 ist dahin auszulegen, dass eine Maßnahme wie die in Nr. 1 des Tenors des vorliegenden Urteils beschriebene eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn sich erweist, dass diese Maßnahme aus Gründen eingeführt und/oder beibehalten wurde, die mit der ethnischen Herkunft des überwiegenden Teils der Bewohner des betroffenen Stadtteils zusammenhängen. Dies ist vom vorlegenden Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher relevanten Umstände des Falles und der in Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegten Regeln über die Beweislastumkehr zu beurteilen.
4. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 ist dahin auszulegen, dass
- diese Bestimmung einer nationalen Vorschrift entgegensteht, nach der eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft nur vorliegt, wenn die in besonderer Weise benachteiligende Maßnahme aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft ergriffen wurde;
- mit dem Begriff „dem Anschein nach neutrale” Vorschriften, Kriterien oder Verfahren im Sinne dieser Bestimmung solche Vorschriften, Kriterien oder Verfahren gemeint sind, die dem Anschein nach in neutraler Weise formuliert sind und angewendet werden, d. h. nach Maßgabe von Faktoren, die andere als das geschützte Merkmal und diesem auch nicht gleichwertig sind;
- der Begriff „in besonderer Weise benachteiligen” im Sinne dieser Bestimmung nicht besonders erhebliche, offensichtliche und schwerwiegende Fälle von Ungleichheit bezeichnet, sondern vielmehr bedeutet, dass es insbesondere Personen einer bestimmten Rasse oder mit einer bestimmten ethnischen Herkunft sind, die durch die Vorschrift, das Kriterium oder das Verfahren, welche in Frage stehen, benachteiligt werden;
- eine Maßnahme wie die in Nr. 1 des Tenors des vorliegenden Urteils beschriebene, falls in ihr keine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie liegen sollte, grundsätzlich geeignet ist, eine im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie dem Anschein nach neutrale Praxis darzustellen, die Personen mit einer bestimmten ethnischen Herkunft in besonderer Weise benachteiligt;
- eine solche Maßnahme durch das Bestreben, die Sicherheit des Elektrizitätsnetzes zu gewährleisten und ordnungsgemäß den Stromverbrauch zu erfassen, nur dann sachlich gerechtfertigt sein kann, wenn sie nicht über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Verwirklichung dieser rechtmäßigen Ziele angemessen und erforderlich ist, und wenn die verursachten Nachteile im Hinblick auf d...