Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialpolitik – Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – Zugang zur Beschäftigung und Arbeitsbedingungen – Gleichbehandlung – Entlassungsbedingungen
Beteiligte
Bankhaus Hermann Lampe KG |
Tenor
Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen stehen einer Auslegung einer nationalen Bestimmung wie § 1 Absatz 3 des Kündigungsschutzgesetzes in der bis zum 30. September 1996geltenden Fassung nicht entgegen, nach der teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bei der sozialen Auswahl, die der Arbeitgeber bei der betriebsbedingten Streichung eines Teilzeitarbeitsplatzes vorzunehmen hat, generell nicht vergleichbar sind.
Tatbestand
In der Rechtssache C-322/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Landesarbeitsgericht Hamburg (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Bärbel Kachelmann
gegen
Bankhaus Hermann Lampe KG
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter L. Sevón, P. J. G. Kapteyn (Berichterstatter), H. Ragnemalm und M. Wathelet,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Frau Kachelmann, vertreten durch Rechtsanwalt K. Bertelsmann, Hamburg,
- der Bankhaus Hermann Lampe KG, vertreten durch Rechtsanwalt I. Heydasch, Hamburg,
- der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat W.-D. Plessing und Regierungsdirektor C.-D. Quassowski, Bundesministerium für Finanzen, als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Hillenkamp und A. Aresu, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte C. Jacobs und R. Karpenstein, Hamburg,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Frau Kachelmann, der Bankhaus Hermann Lampe KG und der Kommission in der Sitzung vom 20. Januar 2000,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 24. Juli 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 20. August 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40; im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Bärbel Kachelmann (im Folgenden: Klägerin) und ihrer früheren Arbeitgeberin, der Bankhaus Hermann Lampe KG (im Folgenden: Beklagte), wegen der betriebsbedingten Kündigung der Klägerin.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der Bestimmungen der Richtlinie, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand – erfolgen darf.
4. Artikel 5 der Richtlinie lautet:
(1) Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen beinhaltet, dass Männern und Frauen dieselben Bedingungen ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gewährt werden.
(2) Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen,
- dass die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden;
- dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Bestimmungen in Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen, in Betriebsordnungen sowie in den Statuten der freien Berufe nichtig sind, für nichtig erklärt oder geändert werden können;
- dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften, bei denen der Schutzgedanke, aus dem heraus sie ursprünglich entstanden sind, nicht mehr begründet ist, revidiert werden; dass hinsichtlich der Tarifbestimmungen gleicher Art die Sozialpartner zu den wünschenswerten Revisionen aufgefordert werden.
Deutsches Recht
5. § 1 Absätze 1 bis 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG, BGB...