Birgit Frank, Sarah Staut
Abschn. 2 und 3 zeigten bereits einige Belastungen auf, denen sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte ausgesetzt sind. Tab. 3 geht auf psychische Belastungen und mögliche negative Beanspruchungen speziell von Führungskräften ein.
Belastungen |
Beanspruchungen |
- Starke psychische Belastungen
- Hohes Arbeitspensum
- Starker Verantwortungs- und Konkurrenzdruck
- Rollenkonflikte ("zwischen den Stühlen")
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- Störungen der psychischen Befindlichkeit (u. a. Schlafstörungen, Erschöpfungszustände, Müdigkeit).
- Weibliche Führungskräfte waren von psychischen Beschwerden häufiger betroffen.
- Führungskräfte im mittleren Management hatten signifikant häufiger Beschwerden als das Topmanagement.
- Team-, Abteilungs- und Bereichsleiter zeigten häufiger depressive Symptome (u. a. Niedergeschlagenheit, Appetitlosigkeit) als Geschäftsführer.
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Tab. 3: Exemplarische Gesundheitsrisiken von Führungskräften
Im Vergleich zur "Allgemeinbevölkerung" lassen sich bei Führungskräften erhöhte Raten an psychischen Störungen wie Depressionen finden. Allerdings existieren auch Studien, die von einem durchschnittlichen bis unterdurchschnittlichen Stresslevel ausgehen. Im Zuge einer Befragung zu Gesundheitsrisiken berichteten knapp 300 Führungskräfte, dass sie häufig ein hohes Arbeitspensum und ein großer Verantwortungs- und Konkurrenzdruck belastete. Zudem waren Rollenkonflikte stark verbreitet, z. B. berichteten sie, bei Entscheidungen "zwischen den Stühlen" zu sitzen. Psychische Beschwerden, wie Niedergeschlagenheit und Appetitlosigkeit, ließen sich v. a. auf emotionale Anforderungen (z. B. eigene Gefühle verbergen zu müssen), auf Rollenkonflikte und eine fehlende Work-Life-Balance zurückführen.
Dennoch muss beachtet werden, dass einige Risiken "hausgemacht" sind; das bedeutet, dass Beschwerden nur zum Teil auf Arbeitsanforderungen und -belastungen und somit auf das Unternehmen zurückzuführen sind. Führungskräfte können auch selbst für diese Risiken verantwortlich sein, wenn z. B. ungünstige Bedingungen, wie starkes Leistungsstreben, Perfektionismus und ausgeprägte Verausgabungsbereitschaft, hinzukommen. Auch ein ungesunder Lebensstil, wie körperliche Inaktivität, ungesunde Ernährung sowie Gewichtsprobleme, kann Beschwerden verursachen. Solche Personen sind dann stärker gesundheitsgefährdet.
So sind Führungskräfte zwar höheren Anforderungen ausgesetzt, verfügen aber auch über größere Ressourcen. Beispielsweise können ein höherer sozialer Status, eine bessere Bezahlung, mehr Tätigkeitsspielräume oder Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten zumindest teilweise für den Mehraufwand entschädigen. Weitergehend gelten Führungskräfte als robuster im Vergleich zu ihren Mitarbeitern, verfügen über eine höhere Stressschwelle und günstigere persönliche Voraussetzungen, um ihre Belastungen positiv zu bewältigen. Zudem spielt Präsentismus eine nicht zu unterschätzende Rolle: im Rahmen einer Studie wurden die Arbeits- und Gesundheitssituation von Führungskräften der mittleren und unteren Führungsebenen (n=221) erhoben, bei der u. a. nach Gesundheitsindikatoren, wie Absentismus und Präsentismus, gefragt wurde. Besonders beachtlich ist dabei das Ergebnis, dass Führungskräfte mit durchschnittlich 4,8 Tagen krankheitsbedingter Abwesenheit zwar sehr geringe Fehlzeiten aufweisen, jedoch der Präsentismus hervorsticht. Dabei gaben die Befragten an, an 8,3 Tagen trotz Krankheit zur Arbeit gegangen zu sein – ein Wert, der die Zahl des Absentismus mit 4,8 Tagen in ein anderes Licht rückt.