Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Behandlung des Steigerungsbetrags der Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Über- und Doppelbesteuerung im Zusammenhang mit privaten Rentenversicherungen
Leitsatz (redaktionell)
- Erbringt ein Steuerpflichtiger neben seinen verpflichteten Beitragszahlungen in ein berufsständisches Versorgungswerk, die den Sonderausgabenabzug auszuschöpfen, freiwillig Beiträge in eine gesetzliche Rentenversicherung, die demzufolge aus versteuertem Einkommen gezahlt werden, ist die gezahlte Leibrente aus einer gesetzlichen Rentenversicherung gleichwohl mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3a aa EStG und nicht nach § 22 Nr. 1 S. 3a bb S.1 EStG zu besteuern.
- Die Prüfung einer etwaigen Doppelbesteuerung kann sich nur auf das einheitliche Rentenstammrecht beziehen und nicht isoliert auf den begünstigt besteuerten Steigerungsbetrag der Höherversicherung.
- Bei der Prüfung und Berechnung, ob bezüglich einer gesetzlichen Rente, einer Rüruprente und privaten Leibrenten eine Doppelbesteuerung vorliegt ist wegen der vielen Unwägbarkeiten bei der Ermittlung eine geringfügige über Besteuerung hinzunehmen.
- Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und im Hinblick auf die nach dem Willen des Gesetzgebers gewünschte administrierbare Einkommensteuerveranlagung ist eine Überbesteuerung von ca. 20 % als geringfügig anzusehen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3a aa, § 22 Nr. 1 S. 3a bb S. 2, § 22 Nr. 1 S. 3a bb S. 4, § 10
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Ertragsanteil (EA) von 20 % auf den gesamten Steigerungsbetrag Höherversicherung (HV) und welcher Besteuerungsanteil (BA) beim Anpassungsbetrag (Rürup-Rente) anzuwenden ist sowie die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe Doppelbesteuerung bei 14 privaten Rentenversicherungen sowie der Rürup-Rente und der gesetzlichen Rente ohne Steigerungsbetrag HV vorliegt und ob, falls diese Fragen ganz oder teilweise zu bejahen wären, dies zu einer Änderung des angefochtenen Bescheides führt.
Der am xx.xx.1946 geborene Kläger war zunächst Zeitsoldat und wurde später nachversichert. In der Folge war er als angestellter Lehrbeauftragter tätig sowie 1978-1980 als angestellter .... Bereits ab 07.08.1978 war er von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. Bis Oktober 2006 betrieb er selbstständig eine ...praxis, leistete aber zwischenzeitlich freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung, Nachzahlungen nach dem Rentenreformgesetz (RRG) 1992 sowie Beiträge zur HV. Hinsichtlich der eingezahlten Beiträge wird auf die vom Kläger eingereichte Übersicht und die Übersichten der Deutschen Rentenversicherung -DRV- Bezug genommen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger Beitragszahlungen an die DRV in Höhe von (€ Pflichtbeiträge + [€=] € freiwillige Beiträge + € Nachzahlungen lt. RRG 1992 + € Beiträge zur HV =) insgesamt € geleistet hat. Daneben entrichtete er für die Zeit vom 7.8.1978 - 21.12.2009 Beiträge in Höhe von € an das Versorgungswerk der ...Kammer.
Seit xx.xx.2009 (mit 63 Jahren) bezog der Kläger von der DRV eine vorgezogene 2/3-Teilaltersrente (mtl. €, Jahresbetrag 2009: €) und Steigerungsbeträge der HV (mtl. €, Jahresbetrag 2009: €).
Ferner hatte der Kläger über die Jahre 22 private Rentenversicherungsverträge jeweils gegen Leistung eines Einmalbetrages abgeschlossen, aus denen er seither private Leibrenten bezieht. Hinsichtlich der hier streitbefangenen 14 privaten Leibrenten incl. einer Rürup-Rente (Basisrente) bei der X wird insbesondere auf die dem Schriftsatz vom 7.6.2017 beigefügte Aufstellung des Bevollmächtigten Bezug genommen.
Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom xx.xx.2011 unterwarf der Beklagte die Rente aus der DRV ( €) nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa EStG dem Jahr des Rentenbeginns entsprechend einem Besteuerungsanteil von 58 % (= €) und gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchstabe bb S. 4 EStG den Steigerungsbetrag HV ( €) einem Ertragsanteil von 20 % (= €, zusammen also €). Wegen der weiteren Renten wird auf die Aufschlüsselung der Renteneinkünfte des Beklagten vom Bezug genommen.
Im Einspruchsverfahren wandte sich der Kläger u.a. zunächst gegen die Besteuerung der sog. Bardividende bei seinen privaten Leibrenten. Seiner Ansicht nach seien diese – wie bereits in diversen früheren Gerichtsverfahren vom Kläger geltend gemacht – als Einjahresrenten nach § 55 Abs. 2 EStDV mit einem Ertragsanteil von 0 % anzusetzen. Ferner machte er die Überbesteuerung der Steigerungsbeträge HV und einiger privater Rentenversicherungen geltend. Auch sei die volle Besteuerung von Rentenpassungsbeträgen (X-Rente) nicht rechtmäßig. Der Kläger beantragte das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss der beim Hessischen Finanzgericht anhängigen Klageverfahren hinsichtlich der Jahre 1995-1997.
Nach Abschluss dieses Verfahrens,...