Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenznaher Sozialplan
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche aus Sozialplänen, die innerhalb von 3 Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurden, sind keine Massenverbindlichkeiten, sondern einfache Insolvenzforderungen i. S. d. § 38 InsO.
Normenkette
InsO §§ 38, 123-124
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2000 – 4 Ca 5308/00 – abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Es wird festgestellt, daß die dem Kläger aus dem zwischen der Bilo GmbH & Co. KG und dem Betriebsrat am 21.04.1999 geschlossenen Sozialplan zustehenden Abfindungsansprüche einfache Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO sind.
2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Rang einer Sozialplanabfindung.
Der am 03.06.1955 geborene Kläger war seit 28.08.1978 bei der Firma B. GmbH & Co. KG beschäftigt. Diese stellte am 19. März 1999 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 21 Abs. 2 2 InsO wurde der Beklagte bestellt.
Am 21.04.1999 schloss die Firma B. GmbH & Co. KG mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Sozialplan ab. Am 03.05.1999 wurde über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 17.04.2000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Ansprüche aus dem Sozialplan lediglich einfache Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO seien. Der Kläger vertritt den gegenteiligen Standpunkt. Er ist der Ansicht, es handle sich bei der Sozialplanabfindung um eine Masseverbindlichkeit.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass es sich bei den im Sozialplan der Insolvenzschuldnerin vom 21.04.1999 festgeschriebenen Abfindungsansprüchen des Klägers um sogenannte Masseverbindlichkeiten handle.
Der Beklagte hat beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Widerklagend festzustellen, dass die dem Kläger aus dem am 21.04.1999 zwischen der B. GmbH & Co. KG und dem Betriebsrat der B. GmbH & Co. KG abgeschlossenen Sozialplan zustehenden Abfindungsansprüche einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO sind.
Er ist der Ansicht, dies ergebe sich aus der gesetzlichen Regelung in §§ 123, 124 InsO.
Durch Urteil vom 12.09.2000 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben mit der Begründung, die Forderungen des Klägers aus dem am 21.04.1999 abgeschlossenen Sozialplan seien Masseverbindlichkeiten mit der relativen und absoluten Grenze des § 123 Abs. 1 und 2 InsO. Zwar regele das Gesetz nicht ausdrücklich den Rang von Forderungen aus einem sogenannten insolvenznahen Sozialplan. Die sich damit ergebende Regelungslücke sei aber entsprechend den Gesetzesmaterialien dahingehend zu schließen, dass Ansprüche aus einem im Zeitraum von drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossenen Sozialplan rechtlich genauso zu behandeln seien wie Ansprüche aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossenen Sozialplan. Damit seien sie Masseverbindlichkeiten. Deshalb sei die von dem Beklagten erhobene Widerklage abzuweisen.
Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 29 bis 36 d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 13.11.2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 01.12.2000 Berufung eingelegt und diese am 29.12.2000 begründet.
Er bleibt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages dabei, dass es sich bei den Forderungen aus dem Sozialplan vom 21.04.1999 um Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO handele.
Der Beklagte beantragt,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2000 4 Ca 5308/00 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
- Es wird festgestellt, dass die dem Kläger aus dem zwischen der B. GmbH & Co. KG und dem Betriebsrat der B. GmbH & Co. KG am 21. April 1999 geschlossenen Sozialplan zustehenden Abfindungsansprüche einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO sind.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens dem angefochtenen Urteil bei.
Wegen des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Einzelnen und im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist an sich zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 ArbGG, 518, 519 ZPO).
In der Sache hat sie Erfolg. Das Landesarbeitsgericht beurteilt die Rechtslage anders als das angefochtene Urteil. Ansprüche aus Sozialplänen, die innerhalb von drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurden (§ 124 InsO), sind keine Masseverbindlichkeiten, sondern einfache Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO.
Dies ist alle...