Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Höhe des dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Elterngelds
Leitsatz (redaktionell)
- Beim Bezug von Elterngeld greift der Progressionsvorbehalt gemäß § 32b EStG.
- Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bezieher von Elterngeld (Art. 3 GG) sind diese Leistungen um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu vermindern.
Normenkette
EStG §§ 32a, 32b Abs. 2 Nr. 1, § 9a S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Elterngelds.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Kläger hatten in dem Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung. Der Kläger hatte daneben Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Nebentätigkeit. Im Streitjahr bezogen beide Kläger Elterngeld.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) legte der Besteuerung die Angaben in der Steuererklärung zugrunde. Dabei berücksichtigte er bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit beim Kläger Einnahmen von 35.970 € und die erklärten Werbungskosten von insgesamt 1.142 € und bei der Klägerin bei Einnahmen von 3.012 € statt der erklärten Werbungskosten von 329 € den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 €. Der Kläger hatte Elterngeld in Höhe von 1.359 €, die Klägerin in Höhe von 761 € bezogen. Für die Ermittlung des besonderen Steuersatzes erfasste das FA gem. § 32b Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) das dem Progressionsvorbehalt unterliegende Elterngeld beider Kläger in voller Höhe. Der Einkommensteuerbescheid datiert vom 26. August 2010.
Im Einspruchsverfahren änderte das FA den Bescheid mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2010 wegen im Klageverfahren nicht streitiger Besteuerungsgrundlagen. Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, das dem Progressionsvorbehalt unterliegende Elterngeld des Klägers sei um 920 € zu mindern, weil der Arbeitnehmer-Pauschbetrag noch nicht verbraucht sei. Deshalb unterlägen nur 439 € dem Progressionsvorbehalt.
Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 2. Dezember 2010 unter Verweisung auf den Gesetzeswortlaut zurück. Da bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigenden tatsächlichen Werbungskosten angesetzt worden seien, sei eine zusätzliche Berücksichtigung des Pauschbetrags beim Elterngeld ausgeschlossen. Das ergebe sich aus der Regelung in § 9a Satz 1 EStG.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren unter Wiederholung ihrer Auffassung weiter. Sie verweisen zudem auf die Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die andere Einkünfte als solche aus nichtselbstständiger Arbeit hätten und den Arbeitnehmer-Pauschbetrag im Rahmen des Progressionsvorbehalts in voller Höhe in Anspruch nehmen könnten.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über Einkommensteuer für 2009 vom 26. August 2010, geändert durch Bescheid vom 11. Oktober 2010, in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 2. Dezember 2010 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen an den Kläger (Elterngeld) von nur 439 € festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA wiederholt und vertieft die Begründung des Einspruchsbescheids.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Steuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Das FA hat zu Unrecht das vom Kläger bezogene Elterngeld in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Bei Berechnung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG ist das Elterngeld um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 € zu vermindern.
1. Gem. § 3 Nr. 67 EStG ist das vom Kläger nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz unstreitig bezogene Elterngeld in Höhe von 1.359 € steuerfrei zu belassen. Auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen, das unter Außerachtlassung der steuerfreien Beträge ermittelt wird, ist allerdings gem. § 32b Abs. 1 Satz 1 EStG bei Bezug von Elterngeld (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG) ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Nach § 32b Abs. 2 Nr. 1 EStG ist der besondere Steuersatz nach Abs. 1 der Steuersatz, der sich ergibt, wenn das zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um im Fall des Abs. 1 Nr.1 die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nr. 1 EStG), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar ist (Progressionsvorbehalt).
2. Unzweifelhaft greift wegen des vom Kläger bezogenen Elterngelds der Progressionsvorbehalt ein. Allein streitig ist, ob und ggfs. in welcher Höhe von dem Leistungsbetrag der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG abzuziehen ist. Das ist im zu entscheidenden Fall insofern problematisch, als der Kläger Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG hat und die über dem Arbeitnehmer-Pau...