Zusammenfassung
Als Antwort auf die steigenden Gesundheitsausgaben im Gesundheitswesen und die zunehmenden Fehlzeiten in der Arbeitswelt trat 2015 das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) in Kraft. Darin sieht der Gesetzgeber neben der finanziellen Aufstockung für die betriebliche Gesundheitsförderung vor, insbesondere Kleinstbetriebe sowie kleine und mittlere Unternehmen stärker einzubeziehen, die Gesundheitsförderung mit dem Arbeitsschutz zu verknüpfen und Maßnahmen zur Bewältigung der demografischen Herausforderung anzugehen. Hier wird sich zeigen, welche Möglichkeiten in der betrieblichen Praxis realistisch umsetzbar sind und welche Konzepte und Programme akzeptiert werden. Dieser Beitrag zeigt, welche wesentlichen Inhalte und Ziele das PrävG verfolgt, welche organisatorischen Strukturen sowohl auf nationaler, aber auch auf Bundes- und Landesebene für die Umsetzung vorhanden sind, wer die Konzepte prüft und an welcher Stelle diese einzureichen sind und wie der erst Ende Dezember 2014 verabschiedete Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes zum Präventionsgesetz passt.
1 Gesundheitliche Situation und Herausforderungen in Deutschland
Betrachtet man das Thema Gesundheit in der deutschen Bevölkerung nur aus Sicht der Gesundheitsausgaben, so kommt man schnell zum Schluss, dass die gesundheitlichen Herausforderungen gewaltig sind. 2015 erschien nach 1998 und 2006 der dritte bundesweite Gesundheitsbericht des Robert Koch Instituts (RKI) und des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS). Dieser stellt neben der Gesundheitssituation und dem -verhalten der Bevölkerung auch die ökonomische Seite dar. Demnach belief sich das gesamte Finanzvolumen des Gesundheitswesens im Jahr 2013 auf 422,5 Mrd. EUR. Die Gesundheitsausgaben im engeren Sinne aber, d. h. ausschließlich die laufenden Gesundheitsausgaben und Investitionen, betrugen im Jahr 2013 314,9 Mrd. EUR. In Summe betrachtet gehören das Gesundheitswesen und die angrenzenden Bereiche zu den umsatzstärksten Wirtschaftsbereichen in Deutschland. Die Ausgaben von 11,2 % des Bruttoinlandsprodukts zeigen, dass dieses auch einen wichtigen Beschäftigungsfaktor darstellt. Die Zahlen machen aber auch deutlich, dass einerseits die Sozialsysteme durch die Ausgaben, vorrangig für Krankheit, belastet werden, das Gesundheitswesen andererseits aber auch Verdienstpotenziale ermöglicht.
Wie steht es nun um die Gesundheit der Deutschen? Laut dem Gesundheitsbericht 2015 schätzen drei Viertel der Frauen und Männer ihre Gesundheit als sehr gut oder gut ein, die Lebenserwartung ist kontinuierlich gestiegen, die Neuerkrankungsrate bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist in den letzten 2 Jahrzehnten gesunken und für die Heilung vieler Krebsarten sind Erfolge zu verzeichnen. Sorge, so der Gesundheitsbericht, macht der Anstieg von Diabetes mellitus, welcher nur zum Teil durch die demografische Alterung erklärt werden kann. Insgesamt hat aber der Faktor Alter, ebenso wie die soziale Lage, einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit. Hinsichtlich des Gesundheitsverhaltens spielen eine ungesunde Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität sowie Alkohol- und Tabakkonsum eine Rolle. Zwar sind zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland sportlich aktiv, jedoch erreicht nur jeder Fünfte das empfohlene Aktivitätsniveau von 2,5 Stunden pro Woche. Die Folgen werden zunehmend sichtbar: der Anteil Übergewichtiger ist auf einem hohen Level, der Anteil Adipöser steigt. Auf Basis von Studiendaten schätzt man, dass rund ein Drittel aller Erwachsenen in Deutschland von Bluthochdruck betroffen sind. Zu einer ähnlich negativen Bewertung des Aktivitätsverhaltens kommt der DKV Report 2016 "Wie gesund lebt Deutschland?". Die bereits zum 4. Mal durchgeführte Studie zieht das Fazit, dass viele sich für gesund halten, das Bewusstsein für ausgewogene Ernährung steigt, ein Trend zum Nichtrauchen festzustellen ist, dass die körperliche Aktivität jedoch sinkt.
Aus Sicht der Unternehmen spielen in diesem Zusammenhang die Krankmeldungen eine Rolle. Aufgrund der Lohnfortzahlung innerhalb der ersten 6 Wochen entstehen den Unternehmen hohe Kosten, zudem besteht bei besonders betroffenen Mitarbeitern das Risiko länger andauernder Ausfälle bis hin zur Erwerbsminderung und damit dem frühzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben. Dadurch können den Unternehmen Kosten für Ersatzkräfte während der Erkrankungszeit entstehen, im Falle des Ausscheidens eines Kollegen auch für die Rekrutierung eines ähnlich qualifizierten Mitarbeiters. Mit jedem Ausscheidenden wächst auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des damit in bestimmten Branchen vorhandenen Fachkräftemangels das Risiko eines Wissensverlustes im Unternehmen.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) berechnet jährlich die volkswirtschaftlichen Produktionsausfallkosten durch Arbeitsunfähigkeit anhand der Lohnkosten und des Verlustes an Arbeitsproduktivität. Auf Basis des Arbeitsunfähigkeitsvolumens von rund 30 Mio. GKV-Versicherten schätzt die BAuA die volkwir...