Christoph Mundt, Sarah Staut
Für viele Bewerber spielen neben dem Gehalt auch das Arbeitsumfeld, ein spannendes Aufgabengebiet sowie Maßnahmen zur Gesundheitsförderung eine enorme Rolle bei der Wahl eines potenziellen Arbeitgebers. Gerade von den jüngeren Generationen wird eine Berücksichtigung der Work-Life-Balance gewünscht bzw. sogar gefordert. Dennoch darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Generationen Y und Z nur Leistungen von den Arbeitgebern fordern, weil sie durchaus leistungsorientiert sind und eine Arbeit suchen, die sinngebend ist und zur Selbstverwirklichung beiträgt. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen eine "Synthese aus Leistung und Lebensgenuss". Hierbei ist auch zu beachten, dass nicht unbedingt weniger gearbeitet werden soll, sondern anders.
Durch das Angebot von Work-Life-Balance-Maßnahmen drücken Unternehmer ihre soziale Verantwortung für die Beschäftigten aus, womit auch die Verbundenheit mit dem Unternehmen gefördert werden soll. Daher nutzen immer mehr Unternehmen Work-Life-Balance-Maßnahmen und eine familienfreundliche Personalpolitik als Wettbewerbsvorteil und platzieren ihre jeweiligen Angebote in der Stellenanzeige.
Neue Arbeitsformen und New Work als Flexibilitätsbooster?
Beim Blick auf das Thema Work-Life-Balance findet zunehmend in den Organisationen insbesondere die Thematik der "neuen Arbeitsformen" Berücksichtigung. Dabei sind Veränderungen, die durch eine tiefgreifende digitale Arbeitswelt und -möglichkeiten entstehen, berücksichtigt.
Im Vordergrund der Chancen von neuen Arbeitsformen wird die Form der Arbeitsgestaltung genannt. Mitarbeitende können Ort und Zeit der Arbeit selbst steuern. In einer Studie zeigte sich, dass Mitarbeitende, die diese Form der Selbstbestimmung in ihre Arbeit integrieren konnten, produktiver und weniger gestresst waren. Allerdings ist dies in der Datenlage nicht immer eindeutig. Eine weitere Studie ergab zwar, dass Pendelzeiten erfolgreich reduziert werden konnten, was grundsätzlich eine bessere Work-Life-Balance zulässt, jedoch zeigten sich auch mittlere negative Ausprägungen in der Selbsteinschätzung der Gesundheit.
Insgesamt werden durch die "Neuen Arbeitsformen" Chancen sichtbar, welche jedoch von den Organisationen gut durchdacht und mit entsprechenden Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen begleitet werden sollten. Neue Arbeitsformen sind kein Selbstläufer. Nehmen Organisationen diese Verantwortung jedoch an, entstehen neue Potenziale für die Work-Life-Balance.
Ferner rückt ein weiteres Konzept seit einigen Jahren in die besondere Beachtung der Organisationen. "New Work" ist ein Konzept von dem Begründer Frithjof Bergmann (2004), der in seine Betrachtung von Erwerbsarbeit nicht nur das Geldverdienen, sondern auch das Gemeinwohl und die persönliche Erfüllung der Menschen in den Vordergrund stellte.
Zirkler (2023) betont die Anstrengungen, die mit einer Organisationsentwicklung im Sinne eines tatsächlichen New-Work-Wandels einhergehen. Dies sollte bei einer Entscheidung nicht ohne die offene Diskussion der Herausforderungen solch eines Wandels erfolgen. Eine Transformation in diesem Ausmaß muss ebenfalls mit intensiven Einzel- und Teamcoachings begleitet werden. Nur dann wird das Ziel einer hohen Selbststeuerung und Selbstverantwortung wahrscheinlicher erreicht. Und darin liegen besondere Chancen auf Zufriedenheit und Wohlbefinden.
Insgesamt lassen sich über die neuen Arbeitsformen allgemein und speziell über New Work Flexibilität und Eigenverantwortung in Organisationen aufbauen. Dies sollte jedoch unter Berücksichtigung einer klaren und partizipativen Entwicklungsarbeit geschehen. Denn mit der "neuen" Organisationsform müssen die Mitarbeitenden umgehen können. Ansonsten sind die Gefahren von Stress durch Entgrenzung und Überforderung durch ein Maß an Selbstverantwortung, welches nicht bewältigt werden kann, nicht auszublenden.
Daher empfiehlt sich ein ganzheitlicher Blick auf Möglichkeiten zur Förderung einer gesunden Work-Life-Balance.