1 Abgrenzung zu Ermahnung und Betriebsbuße
Ermahnung
Die Ermahnung, Verwarnung oder der Verweis enthalten lediglich die Mitteilung des Arbeitgebers, dass eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt wurde und weshalb. Diese Begriffe werden teils synonym, teils auch in Stufen zunehmend stärkerer Disziplinierungsmaßnahmen verstanden.
Im Gegensatz zur Abmahnung enthalten sie für den Fall der Wiederholung des beanstandeten Verhaltens keine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (v. a. Kündigung). Sie stellen deshalb im Vergleich zur Abmahnung ein milderes Mittel dar.
Betriebsbuße
Betriebsbußen sind unter Beteiligung des Betriebsrats verhängte Sanktionen des Arbeitgebers zur Ahndung von Verstößen von Arbeitnehmern gegen die Ordnung des Betriebs aufgrund einer mit dem Betriebsrat vereinbarten Bußordnung.
Im Gegensatz dazu rügt die Abmahnung die Verletzung jedweder arbeitsrechtlicher Pflichten und enthält auch keinen über den Warnzweck hinausgehenden Sanktionscharakter.
Die Abgrenzung, ob eine Rüge des Arbeitgebers als Abmahnung oder als Betriebsbuße anzusehen ist, bedarf im Zweifel der Auslegung der Erklärung unter Berücksichtigung ihres Wortlauts, ihres Gesamtzusammenhangs und ihrer Begleitumstände. Soll die Missbilligung eine Abmahnung und keine Betriebsbuße sein, darf sie keinen Sanktionscharakter haben, d. h. sie darf kein Unwerturteil über die Person des Arbeitnehmers enthalten.
2 Funktionen der Abmahnung
Die Abmahnung soll das pflichtwidrige Verhalten konkret bezeichnen und beanstanden (Rüge- bzw. Dokumentationsfunktion). Der Arbeitnehmer muss dabei genau erkennen können, was ihm konkret zum Vorwurf gemacht wird. Pauschale Formulierungen, wie z. B. "Sie haben wiederholt Ihre Arbeitspflichten verletzt" oder Schlagworte wie "Schlechtleistung", "Störung des Betriebsfriedens" reichen nicht aus. Vielmehr muss das zum Vorwurf gemachte Fehlverhalten hinreichend konkret (z. B. nach Ort, Zeit und Datum) beschrieben werden.
Zusätzlich soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer aufzeigen, dass für den Fall weiterer Pflichtverletzungen Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sind (Warnfunktion). Es reicht nicht aus, allein "arbeitsrechtliche Konsequenzen" anzudrohen. Stattdessen sollten "kündigungsrechtliche Konsequenzen" angedroht werden oder "arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses".
3 Verhältnis zur Kündigung
Während die verhaltensbedingte Kündigung davon ausgeht, dass aufgrund mangelnder Anpassungswilligkeit des Arbeitnehmers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, das beanstandete Verhalten zu ändern, um eine Kündigung zu vermeiden.
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass in der Regel vor Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber eine vorherige, vergebliche Abmahnung erforderlich ist. Die Abmahnung ist insoweit Vorstufe und milderes Mittel gegenüber der Kündigung. Die für eine verhaltensbedingte Kündigung immer erforderliche negative Zukunftsprognose kann regelmäßig erst nach Ausspruch einer oder mehrerer einschlägiger Abmahnungen gestellt werden.
Eine Abmahnung kann aber aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise entbehrlich sein. Das ist der Fall, wenn eine Abmahnung von vornherein erfolglos erscheint, etwa weil sich der Arbeitnehmer eindeutig nicht vertragsgerecht verhalten will oder es um eine so schwere Pflichtverletzung geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist.
Hat sich der Abmahnende entschieden, ein beanstandetes Verhalten mit einer Abmahnung zu sanktionieren, ist dieser Vorfall kündigungsrechtlich verbraucht. Er kann dann wegen des abgemahnten Verhaltens nicht zugleich die Kündigung aussprechen. Das wäre ein unzulässiges, widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB).
4 Voraussetzungen der Wirksamkeit der Abmahnung
4.1 Kein Anhörungsrecht des Arbeitnehmers
Eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Abmahnung ist grundsätzlich (rechtlich) nicht erforderlich.
Etwas anderes gilt, wenn der Bundesangestellten-Tarifvertrag auf das Vertragsverhältnis noch Anwendung findet. Nach § 13 Abs. 2 BAT muss der betroffene Arbeitnehmer vor Aufnahme der Abmahnung in die Personalakte gehört werden. Im TV-L sieht § 3 Abs. 6 Satz 4 TV-L eine Anhörung des Arbeitnehmers vor, wenn Behauptungen tatsächlicher Art, die für ihn ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, in die Personalakte aufgenommen werden sollen. Im TVöD fehlt dazu eine vergleichbare Regelung.
4.2 Verhältnismäßigkeit der Abmahnung
Die Abmahnung muss im Vergleich zum beanstandeten Verhalten verhältnismäßig sein. D. h. die in der Abmahnung vorgeworfene Pflichtverletzung darf nicht völlig geringfügig sein. An die Verhältnismäßigkeit der Abmahnung sind jedoch keine strengen Voraussetzungen zu stellen, auch geringfügige Pflichtverletzungen können abgemahnt werden. Insgesamt dürfte eine Abmahnung daher nur im Ausnahmefall und in sog. Bagatellfällen unverhältnismäßig sein.
Teilweise gibt...