6.1 Anspruch des Neugläubigers

Mit rechtswirksamer Abtretung tritt der Neugläubiger an die Stelle des Arbeitnehmers als Gläubiger der Forderung auf Zahlung des Arbeitseinkommens.[1] Er tritt aber nicht etwa in das Arbeitsverhältnis ein. Der Arbeitnehmer kann das Arbeits- oder Dienstverhältnis daher jederzeit kündigen oder (sonst) beenden. Wenn eine Forderung an den Arbeitgeber (pfändbar) nicht besteht, ist die Abtretung wirkungslos. Mit der abgetretenen Einkommensforderung gehen etwaige Sicherungsrechte ohne Weiteres auf den Neugläubiger über, insbesondere solche aus Bürgschaft.[2] Der neue Gläubiger kann in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz die Vorzugsrechte der Lohnforderung geltend machen.[3]

Leistungsort und Leistungszeit ändern sich durch die Abtretung nicht. Etwaige Bearbeitungs- und Überweisungskosten hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ohne besondere Regelung nicht zu ersetzen.

6.2 Geltendmachung und Beitreibung

Die Forderung auf Zahlung des abgetretenen Arbeitseinkommens bleibt ein arbeitsrechtlicher Anspruch. Für ihre Geltendmachung ist daher auch weiterhin das Arbeitsgericht ausschließlich zuständig.[1] Ein im Zeitpunkt der Abtretung über die Forderung auf Zahlung des Arbeitseinkommens bereits anhängiger Rechtsstreit wird durch die Abtretung nicht berührt.[2]

Hat der Neugläubiger den Arbeitgeber zur Zahlung einer wirksam abgetretenen Einkommensforderung aufgefordert, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis von der Abtretung erlangt hat, und zahlt der Arbeitgeber nicht, so kann der Neugläubiger beim Arbeitsgericht gegen den Arbeitgeber Klage auf Zahlung erheben. Zur Streitverkündung an den Arbeitnehmer ist der Neugläubiger gesetzlich nicht verpflichtet; gleichwohl ist diese[3] empfehlenswert. Denn nach Streitverkündung kann bei Abweisung der Lohnklage des Neugläubigers der Arbeitnehmer nicht geltend machen, der Prozess sei mangelhaft geführt worden.[4]

Zahlt der Arbeitgeber auch nach Verurteilung durch das Arbeitsgericht nicht, so kann gegen ihn die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Hierfür werden Urteile der Arbeitsgerichte von Amts wegen zugestellt.[5]

6.3 Besondere Verpflichtungen des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Neugläubiger die zur Geltendmachung des abgetretenen Einkommensanspruchs erforderliche Auskunft zu erteilen und ihm etwaige in seinem Besitz befindliche Urkunden auszuhändigen, z. B. eine über den Lohnanspruch besonders ausgestellte Schuldurkunde und Lohnabrechnungen des Arbeitgebers.[1] Der Anspruch auf Rechnungslegung (Auskunftserteilung) geht mit der Abtretung auf den Zessionar über. Der Neugläubiger kann daher auch vom Arbeitgeber (wie der Arbeitnehmer selbst) Lohnabrechnung verlangen.

6.4 Einwendungen des Arbeitgebers gegenüber dem Neugläubiger

Der Arbeitgeber kann dem Neugläubiger alle Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung gegen den Arbeitnehmer als den bisherigen Gläubiger begründet waren.[1] Denn die Stellung des Arbeitgebers, der bei einer Abtretung nicht mitwirkt, darf nicht verschlechtert werden. Auf Geltendmachung von Einwendungen kann der Arbeitgeber durch Vertrag mit dem Neugläubiger verzichten. Ein solcher Verzicht kann auch in der Anerkennung der Forderung nach Mitteilung ihrer Abtretung liegen.

6.5 Aufrechnungsmöglichkeiten

Der Arbeitgeber kann dem Neugläubiger nach § 404 BGB auch entgegenhalten, dass der Anspruch bereits durch Aufrechnung mit einer Forderung an den Arbeitnehmer[1] vor der Abtretung erloschen ist. Gleichermaßen muss der Zessionar auch eine nach der Abtretung erfolgte Aufrechnung mit einer Forderung an den Arbeitnehmer gegen sich gelten lassen, wenn der Arbeitgeber bei der Aufrechnung von der Abtretung noch keine Kenntnis hatte.[2] Wenn die Abtretung bereits wirksam erfolgt ist und der Arbeitgeber auch Kenntnis davon hat, kann er mit einer ihm gegen den Arbeitnehmer zustehenden Forderung abgetretene Einkommensteile auch dem neuen Gläubiger (Zessionar) gegenüber unter den Voraussetzungen des § 406 BGB aufrechnen. Ausgeschlossen ist diese Aufrechnung mit einer (Gegen-)Forderung, die der Arbeitgeber nach Kenntnis der Abtretung noch erworben hat, sowie mit einer Forderung, die erst nach Erlangung der Kenntnis von der Abtretung und später als die abgetretene Einkommensforderung fällig geworden ist.

Ist erst nach wirksamer Einkommensabtretung (Kenntnis[3]) Vorschuss gewährt worden, so geht die Abtretung der Vorschussabwicklung vor.

Bei einer Darlehensgewährung vor Abtretung (Kenntnis des Arbeitgebers davon[4]), ermöglicht die Aufrechnung (Gleiches gilt infolge bereits mit Aufrechnungsvertrag festgelegter Aufrechnungswirkungen) die Verrechnung der fälligen Rückzahlungsraten aus dem Darlehen mit dem abgetretenen (pfändbaren) Einkommensteil.[5] Auch die Aufrechnung kann dabei nur hinsichtlich der pfändbaren Einkommensanteile erfolgen, da nach § 394 Satz 1 BGB die Aufrechnung gegen unpfändbare Forderungen nicht stattfindet. Dem Arbeitnehmer sollen unter allen Umstän...

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