Dr. Nina Springer, Dr. Adrian Löser
Die eigentliche Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln dient dazu, das durch die Übermacht des Verwenders (Arbeitgebers) gestörte Verhandlungsgleichgewicht auszugleichen, wie es regelmäßig auftritt, wenn der Arbeitgeber Formulararbeitsverträge verwendet, denn diese bieten ihm die Möglichkeit, für den Arbeitnehmer belastende Vertragsregelungen zu diktieren. Daher sind diese Klauseln nicht immer unwirksam, sondern eben nur in Formulararbeitsverträgen. Klauseln, die in Formulararbeitsverträgen unwirksam sind, können in individuell – gewissermaßen auf "Augenhöhe" – ausgehandelten Verträgen wirksam sein.
Gesetzliche Grundlage der Inhaltskontrolle sind zunächst die Spezialregelungen der §§ 308 und 309 BGB, die eine Vielzahl unzulässiger Regelungen beinhalten. Dabei sind insbesondere folgende Ziffern der §§ 308 und 309 BGB für die arbeitsrechtliche Praxis von Relevanz:
§ 308 Nr. 4 für Widerrufsvorbehalte, Vergütungsflexibilisierung, Freiwilligkeitsvorbehalte, Erweiterungen des Direktionsrechts, Versetzungsklauseln
§ 308 Nr. 5 Fingierte Erklärungen
§ 308 Nr. 6 Zugangsfiktionen von Kündigungen oder anderen Erklärungen des Arbeitgebers
§ 309 Nr. 2 Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers
§ 309 Nr. 5 Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen
§ 309 Nr. 6 Vertragsstrafe
§ 309 Nr. 7 Haftungsausschluss des Arbeitgebers
§ 309 Nr. 13 für Ausschlussfristen
Von weitaus größerer Bedeutung ist im Arbeitsrecht aber die Generalklausel des § 307 BGB. Sie legt den allgemeinen Maßstab für die Inhaltskontrolle fest und kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn sich aus § 308 und § 309 BGB keine Einschränkung ergeben.
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. § 307 Abs. 2 BGB konkretisiert die unangemessene Benachteiligung dahingehend, dass eine solche vermutet wird, wenn die jeweilige Bestimmung des Vertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Voraussetzung ist daher immer, dass ein gesetzlich vorgegebener Rahmen ausgefüllt oder von einer gesetzlichen Ermächtigung zur Abweichung Gebrauch gemacht wird. Klauseln, die den Gesetzeswortlaut nur wiederholen, aber auch Entgelt und Leistungsbeschreibungen, also vertragliche Abreden über die Arbeitszeit, die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt, d. h. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung und des dafür zu zahlenden Entgelts, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle.
Im Einzelnen kann die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB insbesondere bei folgenden Regelungen von Bedeutung sein:
Abtretungsverbote
Abwicklungsvertrag
Änderungsvorbehalte aller Art: Vergütung, Inhalt der Arbeitsleistung, Ort der Arbeitsleistung
Annahmeverzug
Arbeitszeitregelungen
Aufrechnungsverbot
Aufwendungsersatz
Ausschlussfristen, Verjährungsfristen
Befristung einzelner Arbeitsbedingungen
Betriebsrisiko
Beweislastklauseln
Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge
Darlehen
Dienstwagenregelungen, Rückforderung des Dienstwagens
Direktionsrecht
Freistellung des Arbeitnehmers
Freiwilligkeitsvorbehalt
Haftung im Arbeitsverhältnis, Schadenspauschalierungen
Kurzarbeitsklauseln
Mankoabreden
Mehrarbeitsregelungen und Pauschalierungen
Nebentätigkeit
Rückzahlungsklauseln
Salvatorische Klauseln und Schriftformklauseln
Versetzungsvorbehalte
Vertragsstrafe
Wettbewerbsverbote
Widerrufsvorbehalte
Zielvereinbarungen
Zurückbehaltungsrechte