Das AGG differenziert zwischen unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen.

Unmittelbare Benachteiligungen

Eine unmittelbare Benachteiligung liegt gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn jemand wegen eines der Merkmale eine schlechtere Behandlung erfährt oder erfahren würde als jemand in einer vergleichbaren Situation. Die unmittelbare Benachteiligung ist der Regelfall bei Benachteiligungen im Bewerbungsprozess.

Mittelbare Benachteiligungen

Eine mittelbare Benachteiligung liegt gem. § 3 Abs. 2 AGG vor, wenn scheinbar neutral wirkende Verhaltensweisen des Arbeitgebers Diskriminierungen verbergen. Dazu zählen Stellenausschreibungen, Entlohnung, Beförderungen, also jegliches mögliche Verhalten des Arbeitgebers, das sich auf Mitarbeiter auswirkt. Dieses Feld ist also deutlich schwieriger zu überblicken als das der unmittelbaren Benachteiligungen.

 
Praxis-Beispiel

Praxisbeispiel

Ein Beispiel aus der Praxis für eine geschlechtsbezogene mittelbare Benachteiligung findet sich im kollektiven Arbeitsrecht.[1] In diesem Fall ging es um einen Sozialplan, der für einen pauschalen Zuschlag auf die Abfindung für unterhaltsberechtigte Kinder an die Eintragung des Kindes auf der Lohnsteuerkarte anknüpfte. Das Finanzamt trägt Kinder nicht in die Lohnsteuerkarte ein, wenn der Träger der Karte zur Lohnsteuerklasse V gehört. Das führte dazu, dass Personen, die zur Lohnsteuerklasse V gehören, keinen (Kinder-)Zuschlag auf ihre Abfindung bekamen. Grund hierfür war, dass der Arbeitgeber sich auf die in der Lohnsteuerkarte enthaltenen Informationen stützte. Was nicht auf der Lohnsteuerkarte stand, konnte er nicht berücksichtigen. Weshalb sich aus der Vorenthaltung der Abfindung für Personen der Lohnsteuerklasse III eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts ergibt, erklärt sich mit der demographischen Verteilung der jeweiligen Klassen.[2] In die Lohnsteuerklasse III kommen verwitwete Personen und verheiratete Personen, wenn deren Ehepartner die Lohnsteuerklasse V gewählt haben. Diese Wahl ist nur möglich, wenn einer der Ehepartner deutlich mehr verdient als der andere. Der besserverdienende Ehepartner kommt in die Lohnsteuerklasse III, der schlechter verdienende Ehepartner in die Lohnsteuerklasse V. Frauen verdienen nach wie vor oft schlechter als ihre Ehepartner. Daher sind sie überdurchschnittlich oft in der Lohnsteuerklasse III. Hier setzt die Rechtsfigur der mittelbaren Benachteiligung an. Zunächst scheint die Abfindungsregel auf Basis der Informationen der Lohnsteuerkarte neutral. Da aber viel öfter Frauen von ihr betroffen sind als Männer, weil Frauen viel öfter als Männer in der Lohnsteuerklasse III sind, liegt hierin eine mittelbare Benachteiligung. So entschied es das Gericht.

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