Statistik als Indiz

Dieses Urteil[1] bedeutet für Arbeitgeber, dass sie auf ihre bisherige Beförderungshistorie Acht geben müssen. Haben sie in der Vergangenheit so gut wie ausschließlich Männer für die jeweilige Position befördert, begründet das die Vermutung gem. § 22 AGG, dass künftige Entscheidungen für Männer aufgrund des Geschlechts fallen. An die Statistik stellt das Gericht aber hohe Anforderungen. Die Statistik muss aussagekräftig sein und sich auf die konkrete Beförderungspraxis beziehen. Es reicht nicht, wenn der Männeranteil in der Führungsriege höher ist als der Frauenanteil und dies seit Bestehen des Unternehmens so ist. Im konkreten Fall bezog sich die Klägerin auf die Geschlechterverteilung im Unternehmen. Danach bestand im Unternehmen insgesamt ein Frauenanteil von 69 %. Die ersten drei Führungsebenen waren allerdings ausschließlich von Männern besetzt. Das reichte dem Gericht aber nicht, ebenso wenig wie die Behauptung der Klägerin, auf eine "gläserne Decke" in der Hierarchie des Unternehmens gestoßen zu sein, die ihr die Beförderung verwehre. Das BAG befand, dass die Vorinstanz vorschnell ein Indiz angenommen habe, und sich mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen, ob die Geschlechterverteilung auch andere Gründe haben könnte. Die Entscheidung mag man kritisieren. Sie stammt aus dem Jahr 2011 und ist damit 12 Jahre alt. In derselben Zeit hat sich die Mentalität der Arbeitsgerichte in Bezug auf sexuelle Belästigung und deren arbeitsrechtliche Folgen stark gewandelt.[2] Man kann also daran zweifeln, dass das BAG den Fall heutzutage gleich entscheiden würde.

[1] NZA 2011, 93.
[2] Siehe oben.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge