Das Merkmal Religion hat seine Bedeutung vor allem für das Kirchenarbeitsrecht. Nur dort findet die Regelung des § 9 AGG Anwendung. Diese Regelung erlaubt sogenannten Tendenzbetrieben, Mitarbeiter wegen der Religion, der sie angehören, unterschiedlich zu behandeln, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ein kirchlicher Tendenzbetrieb kennzeichnet sich dadurch, dass er überwiegend konfessionellen Zwecken dient. Hier hat der EuGH eingegriffen, weil der nationale Gesetzgeber § 9 Abs. 1 AGG zu kirchenfreundlich gefasst hat.

Außerhalb des Kirchenarbeitsrechts ist es eher selten dazu gekommen, dass die Religion als Diskriminierungsmerkmal eine Rolle spielt. Die meisten Fälle in der Privatwirtschaft drehen sich um die Frage, ob Arbeitgeber eine weltanschauliche Neutralitätspolitik anordnen dürfen. In allen Fällen entzündete sich der Streit über die Frage, ob muslimische Mitarbeiterinnen ein Kopftuch tragen dürfen oder nicht, obwohl der Arbeitgeber das verbietet. Solange Arbeitgeber ausnahmslos jede religiöse Bekleidung verbieten, diskriminieren sie Mitarbeiterinnen nicht, wenn sie ihnen verbieten, ein Kopftuch zu tragen.

Insgesamt gibt es nur wenig Rechtsprechung zum Merkmalpaar Religion und Weltanschauung. Das könnte damit zusammenhängen, dass es meist leicht ist, polarisierende religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu verbergen. Religiöse Überzeugungen sind ein privates Thema, über das Menschen im Arbeitsalltag wenig sprechen. Gerade beim Kundenkontakt bleiben private Themen meist außen vor. Für Arbeitgeber gibt es daher selten Anlass, auf etwas zu reagieren. Müssen Arbeitgeber Mitarbeitern nichts verbieten, haben diese auch keinen Grund zu klagen. Erklären kann man die geringere Menge an Fällen auch damit, dass Religion für viele Menschen keine Rolle mehr spielt und wenn, dann eben nur privat.

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